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Zwillingsparadoxon

Thema erstellt von Derfragende 
Derfragende
"Leider" hat man so viele Einträge im Diskussionsforum, dass man sehr schnell den Überblick verliert. Ich sehe da einen Nachteil, wenn man die ganze Zeit diskutiert und doch zu keinem Schluss kommt. Von mir ausgesehen ist das dann ein simpler Meinungsaustausch.

Ich habe noch eine kleine Frage an Manu (Alex, Webmaster). Zeitdilatation kommt zu Stande, weil der Betrachter bzw. die Quelle die Information in einem anderem Tempo (langsämer oder schneller) aufnimmt. Habe ich dich (also dein DOS-Programm) richtig verstanden? Wenn das der Fall ist, dann wieso muss der Betrachter, bzw. die Quelle älter oder jünger sein, wenn sie sich wieder mit gleicher Geschwindigkeit bewegen, natürlich im Bezug auf ein Intertialsystem. Die "Zeitdilatation", so wie ich sie verstehe, kommt nur beim Beobachten eines Objekts vor, weil die Information und nicht das Objekt selber langsämer oder schneller erscheint. Also wie kommt es zum Zwillingsparadoxon genau?
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Manu (Administrator) https://wasistzeit.de
Beiträge: 715, Mitglied seit 18 Jahren
Ja, es handelt sich hier auch nur um einen Meinungsaustausch. Unsere Welt ist ausschließlich von ihrer Interpretation abhängig und eine allgemein gültige Realität gibt es vermutlich nicht. Darum halte ich den Austausch von Meinungen für notwendig und sehr interessant. Wenn du nach einer einzig wahren und "richtigen" Interpretation von Zeit suchst, wirst du hier leider wie bei so vielen anderen Informationsquellen enttäuscht werden. Selbst die größten Philosophen und besten Wissenschaftler versuchen bisher erfolglos, sich in ihrer Definition von "Zeit" einig zu werden. Einer der in diesem Bereich führenden Wissenschaftler, der körperbehinderte Physiker und Bestseller-Autor "Stephen W. Hawking" hielt bis vor kurzem noch Zeitreisen für unmöglich, während er seine Meinung inzwischen öffentlich reviderte.
Zu deiner Frage bezüglich dem Zwillingsparadoxon (freut mich, daß ich dazu Stellung nehmen darf):
Wenn sich die Objekte mit annähernder Lichtgeschwindigkeit entfernen, vergeht die Zeit aus der Sicht des jeweils anderen langsamer (Betonung auf "Sicht"). Zeit ist vom Beobachter abhängig, das haben wir inzwischen ja gelernt. Es gibt keine absolute Zeit. Wenn sich beide Objekte ihrem Inertialsystem dann wieder anpassen, sich also nicht mehr relativ voneinander oder zueinander bewegen, vergeht die Zeit für beide wieder gleich schnell, doch hat es für beide den Anschein, daß der jeweils andere jünger ist als er selbst, da die Informationen des anderen ja noch auf dem langen Weg sind, bis sie die jeweils andere Person erreichen. Für uns als unbeteiligten Beobachter beider Objekte hat es einen anderen Anschein als für die beiden Objekte, doch genau das macht Einsteins Theorie aus: Für jedes Objekt vergeht die Zeit anders, uns mit eingeschlossen. Wir lassen uns zu gerne von der Annahme irre führen, es gäbe eine universell und überall gültige, einzig wahre, absolute Zeit. Das Gegenteil ist heute bewiesen und ist wichtiger Bestandteil der heutigen Physik. Beispielsweise würden Satelliten ohne dieses Wissen gar nicht funktionieren. Zurück zu unserem Gedankenspiel mit den beiden Objekten. Würden sich nun beide Objekte mit annähernder Lichtgeschwindigkeit wieder aufeinander zubewegen, würde für beide die Zeit aus der Sicht des jeweils anderen schneller vergehen und der Altersunterschied von zwei reisenden Zwillingen würde sich wieder aufheben. Nun ist es aber so, daß jede Bewegungsumkehr (das Beschleunigen, Wenden, Herunterbremsen eines Objektes) bleibende Auswirkungen auf das Alter des Objektes hätte, das sie verursacht (im Bezug zu anderen Objekten). Diese Auswirkungen sind es, die das Zwillingsparadoxon eigentlich erst verursachen, so wie wir es kennen. Nämlich daß sich am Ende beide wieder treffen und der Verreiste um einige Jahre jünger ist als der andere.
Generell bleibt noch zu erwähnen, daß es sich hier um ein Paradoxon handelt. Ein Paradoxon ist die Bezeichnung für einen unlösbaren Widerspruch, wie zum Beispiel: "der gesunde Kranke". Ein Paradoxon besteht nämlich bereits darin, daß bei beiden Objekten, wenn sie sich voneinander entfernen, die Uhren langsamer ticken als beim jeweils anderen (wird auch "Uhrenparadoxon" genannt). Trotzdem müssen wir die Folgen der Zeitdilatation anerkennen, sie haben auch für uns Gültigkeit. Erklärbar ist das eben, wenn wir akzeptieren, daß "Zeit" nichts ist, das überall und für jeden gleich vergeht. Hast du eine feste Vorstellung davon, was "Zeit" ist?
Gruß, Manu
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Lehmann Volker
Gedanken zum Zwillingsparadoxon

Es gibt ein Zwillingspärchen Uwe und Klaus. Uwe setzt sich in das Raumschiff und fliegt mit 90 % von c nach Apha-Centauri, und anschließend wieder zurück. Er nimmt einen Kalender mit, und hakt jeden Tag ab. Parallel dazu hakt Klaus auf der Erde seinen Kalender ab. Nach Uwe’s Rückkehr die Überraschung, er hat wesentlich weniger Tage abgehakt als Klaus. Den genauen Wert möge bitte jeder selber nachrechnen, darauf kommt es im Beispiel nicht an.

Was passiert, wenn Uwe und Klaus sich jeweils in einem tollen Raumschiff aufhalten, die Raumschiffe sich in einer so entlegenen Gegend des Weltalls befinden, dass kein Bezugspunkt erkennbar ist, und sie sich nun mit 90 % von c voneinander fort- und anschließend wieder aufeinander zu bewegen?

Ich weiß nicht wer von beiden sich wirklich bewegt hat, geschweige denn, wer von beiden älter oder jünger ist! Kann jemand dieses Problem für einen physikalischen Laien verständlich erklären und lösen? Oder muss man einfach sagen, weil es sich beim Zwillingsparadoxon um ein Paradoxon handelt gibt es keine Lösung? Andererseits ist der experimentelle Nachweis der Zeitdilatation nach meinem Kenntnisstand mit Atomuhren und flotten Fliegern schon gelungen. Wer weiß Rat?
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Manu (Administrator) https://wasistzeit.de
Beiträge: 715, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Volker,

das Zwillingsparadoxon wirft uns tatsächlich einige Probleme auf, die nicht alleinig mit den Konsequenzen des Dopplereffekts (siehe dazu: http://wasistzeit.de/wasistzeit/a4.htm) erklärbar sind. Zeit ist relativ, ebenso wie der Raum. Daran besteht kein Zweifel. Demnach hast du mit deinen Einwänden vollkommen recht... wäre da nicht eine Kleinigkeit. Die Zeitdilatation ist nur sekundär mit dem Dopplereffekt erklärbar. Der würde nämlich bewirken, daß sich der Altersunterschied beider Personen aufhebt, wenn sich beide wieder einander nähern. Des Rätsels Lösung: Es sind die Bewegungskräfte, die für den Altersunterschied beider Zwillinge verantwortlich sind (siehe http://www.wasistzeit.de/wasistzeit/a1.htm ...der Abschnitt kurz nach dem Bild mit der Schultüte!).
Demnach findet die Zeitdilatation für Uwe und Klaus, wenn sie sich beide mit 0,9 * c voneinander fort- und anschließend wieder aufeinander zu bewegen nicht statt. Lediglich, wenn einer von beiden den Bewegungskräften (beispielsweise Beschleunigungs-, Zentrifugal- und Umkehrkräfte) nicht oder in anderem Maße ausgesetzt ist, altern beide unterschiedlich schnell.

Dieser Aspekt trägt leider nichts dazu bei, daß wir das Wesen der Zeit besser oder einfacher verstehen können. Zudem glauben manche Leute an ein statisches Universum, daß die Raumzeit demnach nicht relativierbar sei und sich daraus die beobachtbaren Effekte des Zwillingsparadoxons ergeben würden. Das Thema ist schwierig und die Wissenschaft wird oft überschätzt, ist sich jedoch in so vielen Dingen nicht einig. Bleibt nur, sich eine eigene Meinung zu bilden. Ich hoffe, daß ich evtl. einen Teil dazu beigetragen habe.

Gruß,
Manu
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Nadine
Dieser Beitrag stammt ursprünglich aus einem anderen Thementhread
BITTE UNBEDINGT LESEN UND MEINE HILFLOSEN FRAGEN BEANTWORTEN :)
hallo zusammen
(erstmals ein grosses dankeschön an timeout! dein beispiel hat mir wirklich weitergeholfen)
trotzdem sind noch einige fragen offen:
-habe ich das richtig verstanden, dass der wegfliegende zwilling zimlich schnell (annähernd lichtgeschwindigkeit) fliegen muss und zimlich lang weg bleiben muss, damit ein einigermassen feststellbarer zeitunterschied vorhanden ist?
-wenn der reisende zwilling auf die erde zurückkehrt, (sagen wir mal, nach 10 jahren ->für ihn, und auf der erde sind zb. 40 jahre vergangen) lebt er dann so weiter, als ob nur 10 jahre vergangen wären; also, wenn er mit 20 jahren die reise antrat und 10 jahre fort war, lebt er auf der erde noch ungefähr weitere 50 jahre und stirbt dann mit 80 jahren? oder lebt er nur noch etwa 20 jahre und stirbt dann mit 40 jahren gleichzeitig wie sein 80 jähriger bruder?
-ist diese reise wirklich möglich, oder sind das alles nur theoretische überlegungen?
-sieht der zwilling, der mit 20 jahren wegflog und mit 30 jahren zurückkehrt (da er ja 10 jahre weg war) auch wirklich wie ein 30-jähriger aus?
-gehört das zwillingsparadoxon nicht zur allg. rel.theorie, da ja der reisende zwilling eine beschleunigung erfuhr? und da man ja eindeutig sagen konnte, wer sich bewegt hat und wer nicht.
-der auf der erde gebliebene bruder hat sich doch eigentlich mit der gleichen beschleunigten bewegung vom reise-bruder wegbewegt. wieso ist er dann nicht auch jünger?
-wieso war das ZP eines der grössten argumente gegen einsteins rel. theorie? (weil hier eindeutig gezeigt wird, wer die reise macht und wer in ruhe blieb, und einstein ja eigentlich gesagt hat, dass man das nicht feststellen kann->immer relativ)??
-der reise-bruder wechselt ja das bezugssystem: hat dies einen einfluss auf sein weniger schnell alterndes alter?

ok, ich glaube das wars etwa :)
es wäre nett, wenn ich möglichst bald antwort bekommen würde, da mein anstehender physikvortrag schon übermorgen ist!!

grüsse nadine
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Äitschiwells
Dieser Beitrag stammt ursprünglich aus einem anderen Thementhread
Das leuchtet mir auch nicht ein. Schließlich bewegt sich dort draußen ständig etwas in unterschiedlichen Geschwindigkeiten relativ zu mir betrachtet. Woher sollte denn ein sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegender Körper wissen, dass er mit mir ein Bezugssystem bildet? Umgekehrt, woher sollte mein Zeit-System denn wissen, dass es in Beziehung zu einem solchen Körper steht??? Das muss Einstein anders meinen! Aber ich denke, das ist das Problem, wenn man die hochkomplexen Erkenntnisse von „Cracks“ auf unser Niveau herunter transformiert..., dann geht einfach zu viel Information verloren. Wir sind doch nur kleine Fische, die den stark vereinfachenden Modellen und Vergleichen auf den Leim gehen! Und was kommt dann dabei heraus??? STAR TREK...! ;)
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Dieser Beitrag stammt ursprünglich aus einem anderen Thementhread
Ok, ich hoffe, der Beitrag kommt noch rechtzeitig.

Der Zwilling muß schon ziemlich schnell reisen, wenn er zu seinen Lebzeiten einen deutlichen Effekt haben will. Der Grund ist derselbe, wie daß man schon einen deutlichen Umweg machen muß, um auf seinem Kilometerzähler einen deutlichen Effekt zu sehen – ein kleines Überholmanöver auf der Autobahn reicht da nicht aus.

Der Zwilling, der nach seiner Zeit 10 Jahre unterwegs war, hat dann wirklich nur 10 Jahre gelebt, dementsprechend hat sich seine Restlebenserwartung nicht geändert (wenn man mal davon absieht, daß er eine ziemliche Dosis harter radioaktiver Strahlung abbekommen haben dürfte :-)). Und dementsprechend sieht er auch wie ein dreißigjähriger aus (vielleicht aber auch nicht, wenn man die psychischen Belastungen einer 10jährigen Isolation auf ekinem Raumschiff fern der Erde bedenkt ...)

Was die tatsächliche Möglichkeit angeht:
– Ein Raumschiff zu bauen, das annähernd Lichtgeschwindigkeit erreicht, ist bisher reine Utopie. Nicht, weil irgendein Naturgesetz dagegen spräche, sondern weil wir dazu eine unglaubliche Menge Energie bräuchten.
– Daß ein Mensch die nötigen Beschleunigungen überleben würde, ist auch praktisch ausgeschlossen.

Was allerdings schon heute möglich ist, ist
a) die Messung schon sehr kleiner Zeitunterschiede (Atomuhren in Flugzeugen)
b) die Beschleunigung instabiler Elementarteilchen auf sehr hohe Geschwindigkeiten, und Messung ihrer Lebenszeit (die in der Tat entsprechend der Voraussage verlängert ist)

Was den zurückgebliebenen Zwilling angeht: Nein, er hat absolut keine Beschleunigung erlebt (abgesehen von der Erdbeschleunigung, versteht sich). Das kannst Du Dir klar machen, indem Du Dir vorstellst, was bei einer zu starken Beschleunigung passiert: Der reisende Zwilling wird plattgedrückt und überlebt es garantiert nicht, der auf der Erde zurückgebliebene Zwilling trägt hingegen keinerlei körperliche Schäden davon.

Wäre der zurückgebliebene Zwilling nach einer Weile selbst aufgebrochen, um dann seinen Bruder einzuholen, dann wäre er beim Zusammentreffen der jüngere.

Ich finde jetzt momentan den vorherigen Thread nicht, aber ich glaube, ich hatte da schon die beschleunigungslose Version mit unbeschleunigten Raumschiffen und Uhrenvergleich erklärt:
1. Raumschiff 1 fliegt an der Erde vorbei, und Erd- wie Borduhr werden gestartet.
2. Raumschiff 2 begegnet Raumschiff 1 und stellt seine Borduhr nach der von Raumschiff 1.
3. Raumschiff 2 passiert die Erde, und vergleicht seine Borduhr mit der Erduhr. Die Borduhr zeigt eine frühere Zeit an als die Erduhr.

Da hier keinerlei Beschleunigung vorkommt, ist klar, daß die SRT hier voll anwendbar ist.

Indem beim reisenden Zwilling die Beschleunigungsphase kurz gegenüber der Flugphase gemacht wird, kann man eventuelle Beschleunigungseffekte (in Bezug auf die vergangene Zeit) klein halten.

Als Argument gegen die SRT kann das Zwillingparadoxon nur von jemand gebracht werden, der nicht verstanden hat, daß die beiden Zwillinge nicht äquivalent sind: Der eine beschleunigt (wechselt das Bezugssystem), der andere tut dies nicht. Was Einstein gefordert hat, ist die Äquivalenz von Intertialsystemen, und der (beschleunigende) Zwilling ist definitiv kein solches.

Der Bezugssystemwechsel hat genau den Effekt auf die Zeit wie das Abbiegen auf die Strecke: Die Zeit (Strecke) wird nicht etwa beim Beschleunigen gewonnen (beim Abbiegen verloren), aber die Zeit mit Beschleunigung=Bezugssystemwechsel (der Weg mit Abbiegen=Richtungswechsel) ist stets kürzer (länger) als ohne.

Und an Äitschiwells: Der fast lichtschnelle Körper weiß ungefähr genausoviel vom "ruhenden" Beobachter, wie die gekippte Leiter von der Tür weiß, durch die sie plötzlich durchpaßt, obwohl sie doch eigentlich viel länger ist als diese. Die Zeitdilatation entspricht ziemlich genau der perspektivischen Verkürzung der Leiter – und ist genauso wie diese ein physikalisch realer Effekt: Die perspektivisch verkürzte Leiter paßt real durch die eigentlich viel zu kurze Tür. Wenn aber unteres und oberes Ende gleichzeitig durch die Tür sollen (entspricht dem erneuten Zusammentreffen beim Zwillingsparadoxon), dann muß die Leiter irgendwo geknickt werden. Damit ist aber die Symmetrie zwischen (geknickter) Leiter und (ungeknickter) Tür zerstört, und niemand wird sich darüber wundern, daß die geknickte Leiter kürzer ist als die ungeknickte.

Das Zwillingsparadoxon ist letztlich nichts anderes als das Raumzeit-Äquivalent zur Dreiecksungleichung: Für ein Raum-Dreieck ist die Summe zweier Seiten (der Umweg; die Gesamtlänge der geknickten Leiter) größer als die dritte Seite (der direkte Weg; die Tür). Entsprechend ist es auch für das Zwillingsaparadoxon, nur daß hier die Summe der beiden "Umweg-Zeiten" kürzer ist als die dritte (direkte) Seite.
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Nadine
Dieser Beitrag stammt ursprünglich aus einem anderen Thementhread
juhuuuuuiii, danke vilmals timeout!
der beitrag kam rechtzeitig und hat mir wirklich super geholfen!
hatte den vollen Durchblick und habe meine Vortrag mit Bravour gemeistert (Note: 5,5 oder in Deutschland glaube 1,5!!!)
Danke vielmals, war wirklich sehr interessant!!
liebe grüsse
nadine
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Beiträge: 683, Mitglied seit 17 Jahren
Dieser Beitrag stammt ursprünglich aus einem anderen Thementhread
Ich hoffe, nadine, Du schaust trotzdem nochmal hier rein.
Du hast da viele Fragen aufgeworfen.
Selbst Einstein hat die Relativitätstheorie nicht an einem Tag erfunden.
Der Film 'Contact', der kürzlich im Fernsehen lief, hatte hervorragende Sätze, und ein zentraler davon lautet:
"Small steps, small steps!"

Ich hätte nichts dagegen, wenn wir hier jeden einzelnen Deiner Punkte ausführlich besprechen könnten. Wenn wir alle sie danach zu wenigstens 90% verstehen, wären wir schon sehr gut...

Die wichtigsten Punkte hat Timeout schon beantwortet, und in Anbetracht der Kürze auch sehr gut erklärt. Aber selbst nach jahrelanger Beschäftigung mit dem Thema wird es immer noch Punkte geben, die man noch besser verstehen könnte.

Wichtig ist auf alle Fälle, daß die Zeit in jedem Sinne des Wortes tatsächlich langsamer vergeht - es ist keine 'optische Täuschung'.
Alles, was man zur Messung der Zeit heranziehen kann, seien es Kirchturmuhren, Atomuhren oder die Alterung von Lebewesen - alle zeigen da dasselbe an.

Die Reise ist tatsächlich möglich, aber sehr teuer (egal ob man jetzt mit Energie oder mit Geld bezahlt), wenn man einen Menschen hin-und herschicken will. Wenn man sehr genaue Uhren hat (wie wir heute), reicht allerdings ein Flug mit einem normalen Flugzeug, um den Unterschied zu messen (obwohl er da sehr klein ist).
Bei sehr kleinen Dingen wie Elektronen oder Neutrinos ist es jedoch gang und gebe, daß sie sich oft so schnell bewegen, daß man nur mit der Relativitätstheorie die richtigen Voraussagen machen kann.

Und ein SEHR wichtiger Punkt ist der, daß das Zwillingsparadox nichts, rein gar nichts mit Beschleunigungen zu tun hat.
Wenn jemand behauptet, man bräuchte die Allgemeine(!) Relativitätstheorie, um das angebliche Paradox zu lösen, so sagt er damit gleichzeitig, die SPEZIELLE RT wäre in sich inkonsistent (widersprüchlich). Selbst diese Behauptung wurde von professionellen Denkern gemacht. Dicht daneben ist aber auch vorbei...

Es ist mir übrigens ebenfalls schleierhaft, warum das Zwillingsparadox so hartnäckig gegen die SRT angeführt wurde (und immer noch wird).
Man kann diesem 'Paradox' bereits auf klassischer Ebene den Boden entziehen - noch bevor man über spezielle oder gar allgemeine RT überhaupt nachdenken muß.
Das zeigt nur mal wieder, daß selbst die einfachsten Sachen in unserem Kopf , ja in den Köpfen berühmter Denker, plötzlich wahnsinnig kompliziert werden.
Man denke nur mal an die 5 simplen Axiome, die die natürlichen Zahlen definieren. Die sind nun wirklich sowas von simpel. Aber versteht deswegen jemand die Primzahlen? Niemand - und das bis heute! Obwohl in den 5 Axiomen bereits alles enthalten ist, was man wissen muß...
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Nadine
Dieser Beitrag stammt ursprünglich aus einem anderen Thementhread
hallo modran und alle andern!
selbstverständlich werde ich auch weiterhin noch des öfteren diese homepage besuchen und die vielen interessanten Beiträge lesen. (auch wenn ich oft keine Ahnung habe, um was es geht ;) )
ganz simpel erklärt: was genau ist die ART? (so mit gravitation und so??)
und wieso wird sie nicht gebraucht beim Zwillingsparadoxon? aufgrund der beschleunigung kann man doch eigentlich nicht mehr von der SRT sprechen?!...
was mir auch nicht ganz einleuchtet ist timeputs bsp. mit den raumschiffen:
-Raumschiff 1 fliegt an der Erde vorbei, und Erd- wie Borduhr werden gestartet.
-Raumschiff 2 begegnet Raumschiff 1 und stellt seine Borduhr nach der von Raumschiff 1.
-Raumschiff 2 passiert die Erde, und vergleicht seine Borduhr mit der Erduhr. Die Borduhr zeigt eine frühere Zeit an als die Erduhr.

Da hier keinerlei Beschleunigung vorkommt, ist klar, daß die SRT hier voll anwendbar ist.

wieso ist das so? raumschiff 1 kann doch genau so von behaupten, dass sich die erde wegbewegt hat, somit weniger zeit auf der erde vergangen ist.
raumschiff 2 behauptet nun auch, dass es sich während der ganzen zeit in ruhe befunden hätte und raumschiff 1 und die erde sich beide auf raumschiff 2 zubewegt hätten.
die folge davon wäre, dass auf der erde weniger zeit vergangen wäre!

und nun noch meine letzte frage: 5 axiome???
habe noch nie davon gehört; kannst du mir diese kurz erläutern? (hmm, komme mir doch ein wenig fehl am platz vor auf dieser seite, mit all den vielen profis ;) )

grüsse nadine
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Dieser Beitrag stammt ursprünglich aus einem anderen Thementhread
Die ART ist in der Tat die Sache mit der Gravitation.

Beim Zwillingsparadoxon kann man (genügend Energie und beschleunigungsresistenten Zwilling mal vorausgesetzt) die Beschleunigungsphasen zeitlich beliebig kurz machen. Das bedeutet, die Zeit, die der Zwilling beschleunigt, spielt im Ergebnis keine Rolle.

Was die Sache mit den drei Raumschiffen angeht, so kann man das Rätsel lösen, wenn man sich einen anderen Effekt der Raumzeit anschaut (der eigentlich grundlegender ist in dem Sinne, daß man die Zeitdilatation daraus ableiten kann): Die Relativität der Gleichzeitigkeit. Das heißt, wenn sich die beiden Raumschiffe begegnen, dann ist tatsächlich aus Sicht des 1. Raumschiffes auf der Erde viel weniger Zeit vergangen. Nur, daß der Zeitpunkt auf der Erde, den Raumschiff 1 als "jetzt" ansieht, aus Sicht des Raumschiffs 2 schon lange vergangen ist.

Und damit kehren wir wieder zur Frage zurück, warum man keine ART braucht, um das Zwillingsparadoxon (mit beschleunigten Zwillingen) zu betrachten, diesmal mit einer allgemeineren Antwort: Wenn wir beschreiben wollten, was für den reisenden Zwilling während der Beschleunigung "jetzt woanders" bedeutet, dann müßten wir uns mit Dingen beschäftigen, die normalerweise erst in der ART relevant werden (man "braucht" also in gewissem Sinne die ART, in Form von allgemeinen Koordinatensystemen). Aber für die Eigenzeit brauchen wir nichts weiter, als die Länge der Weltlininie (das ist die Kurve, die man erhält, wenn man den Ort über der Zeit aufträgt) zu bestimmen. Und das geht problemlos ohne ART.

Ich rate Dir, die schon einmal erwähnte Seite "spezielle Relativitätstheorie" in der deutschen Wikipedia anzuschauen (auf de.wikipedia.org in die Box oben rechts "spezielle Relativitätstheorie" (ohne Anführungszeichen) eingeben und Enter drücken).

Was die Axiome der natürlichen Zahlen angeht, dürften wohl die Peano-Axiome gemeint sein:

1. Null ist eine natürliche Zahl.

Das braucht wohl nicht weiter erläutert zu werden :-)

2. Der Nachfolger einer natürlichen Zahl ist wiederum eine natürliche Zahl.

Der Nachfolger ist einfach die nächste natürliche Zahl. Beispielsweise ist der Nachfolger der Null die Eins, und der Nachfolger von 42 ist 43.

3. Null ist nicht der Nachfolger einer natürlichen Zahl.

Sollte klar sein.

4. Zwei Zahlen, deren Nachfolger gleich ist, sind gleich.

Kann man sioch auch recht leicht klarmachen.

5. Eine Menge, die Null enthält, und zudem zu jeder enthaltenen Zahl auch ihren Nachfolger, enthält alle natürlichen Zahlen.

Dieses Axiom ist vielleicht nicht unmittelbar klar. Deshalb hier eine Erläuterung:
Nehmen wir an, M ist si eine Menge, die 0 enthält, und mit jeder enthaltenen Zahl ihren Nachfolger.

Da M 0 enthält, enthält sie auch den Nachfolger von 0, also 1.
Da M 1 enthält, enthält sie auch den Nachfolger von 1, also 2.
Da M 2 enthält, enthält sie auch 3.
Daher enthält sie auch 4.
Daher enthält sie auch 5.
Daher enthält sie ...

Jetzt sollte klar sein, daß alle natürlichen Zahlen in M vorkommen.

Dieses Axiom ist so wichtig, daß es einen eigenen Namen trägt: Induktionsaxiom.

Diese 5 Axiome reichen nun vollständig aus, um das zu definieren, was wir "natürliche Zahlen" nennen. Das heißt, aus diesen Axiomen folgen alle Aussagen, die über die natürlichen Zahlen überhaupt beweisbar sind.
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Genau, die Peano-Aximo. Danke, Timeout. Wunderschön simpel, diese Dinger, oder?
Trotzdem haben wir erst einen Bruchteil der Gesetze entdeckt, die daraus automatisch hervorgehen. Man darf also behaupten, daß selbst der gelehrteste Professor diese Axiome nur zu einem Teil versteht.

Zurück zum Thema:
Angenommen, die Zwillinge Antonia und Bert haben dieses Experiment gemacht, und zeigen mir hinterher ihre Versuchsprotokolle.
Dummerweise sind beide in verschiedenen Kulturen aufgewachsen. Deshalb mißt Antonia ihre Zeit in Quasteln, während Bert seine Zeit in Frumdeln mißt.
Ich habe leider nicht die geringste Ahnung, wieviele Frumdel einen Quastel ergeben (oder umgekehrt) - interessanterweise kann mir das auch völlig egal sein.

In Antonias Protokoll steht:
Start: ich stelle meine Uhr auf 0 Quasteln, die Rakete startet.
Quastel 137,8: Bis jetzt hat sich Bert von mir wegbewegt. Ab jetzt sehe ich ihn wieder auf mich zukommen.
Quastel 275,6: Ich bin wieder bei Bert, er steht direkt neben mir.

In Berts Protokoll steht:
Start: ich stelle meine Uhr auf 0 Frumdeln, die Rakete startet.
Frumdel 23: Bis jetzt hat sich Antonia von mir wegbewegt. Ab jetzt sehe ich sie wieder auf mich zukommen.
Frumdel 40: Ich bin wieder bei Antonia, sie steht direkt neben mir.

Bemerkst Du den kleinen, aber wesentlichen Unterschied in den Protokollen?

Preisfrage: wer von beiden saß in der Rakete?
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Nadine
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manno, ich arme gymnasiastin werde wieder mal total überfordert.
ok; zuerst zu timeout.

"Die Relativität der Gleichzeitigkeit. Das heißt, wenn sich die beiden Raumschiffe begegnen, dann ist tatsächlich aus Sicht des 1. Raumschiffes auf der Erde viel weniger Zeit vergangen. Nur, daß der Zeitpunkt auf der Erde, den Raumschiff 1 als "jetzt" ansieht, aus Sicht des Raumschiffs 2 schon lange vergangen ist."
...hm, begreif ich nicht ganz. dass das 1.raumschiff denkt, auf der erde wäre weniger zeit vergangen, dass ist mir klar. aber den zweiten satz begreif ich nicht ganz.

die peano-axiome sind, so wie ihr sie erklärt, wirklich "wunderschön simpel" ;)

nun zu modran:
ich würde sagen, bert sass in der rakete. da er auf dem rückweg weniger zeit verbrauchte als auf dem hinweg, aufgrund der zeitdilatation... oder ist das jez ein fataler denkfehler von mir?!
falls meine annahme jedoch stimmt, muss ich gleich zurückfragen: wieso ist nur berts rückreisezeit kürzer? es müssten doch beide zeiten kürzer sein? oder?
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Ja, das ist ein Denkfehler. Aber mach Dir nichts draus: aus Fehlern lernt man.

Laß die ganze Relativitätstheorie beiseite. Stell Dir vor, 275,6 Quasteln WÄREN 40 Frumdel, so wie es war, bevor Einstein kam.
Wichtig ist nur, daß das Licht Zeit braucht, egal wieviel.
Einer von beiden sieht die Rakete erst umkehren, lange nachdem sie umgekehrt ist (weil das Licht halt Zeit braucht).
Hilft Dir das weiter?
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Um die Relativität der Gleichzeitigkeit zu verstehen, ist das Zwillingsparadoxon auch nicht ganz das geeignete Mittel. Es ist umgekehrt so, daß ein Verständnis der Relativität der Gleichzeitigkeit hier nötig ist, um zu verstehen, warum die gegenseitige Verlangsamumg hier kein Problem ist. In der Tat ist die Relativität der Gleichzeitigkeit so etwas wie die Essenz der Relativitätstheorie; wenn man sie verstanden hat, dann ist der Rest kein großes konzeptionelles Problem mehr.

Nun aber zur Relativität der Gleichzeitigkeit. Dieses wird üblicherweise anhand eines Gedankenexperiments mit einem Zug erläutert, der durch einen Bahnhof mit einer Lampe in der Mitte des Bahnsteigs fährt. Irgendwann wird diese Lampe eingeschaltet. Für jemand, der am Bahnsteig steht (für den sich der Bahnsteig also nicht bewegt) ist klar, daß das Licht an beiden Bahnsteigenden gleichzeitig ankommt, denn schließlich steht die Lampe in der Mitte, so daß das Licht in beide Richtungen gleich lange braucht.

Nun fährt aber gerade in diesem Moment ein Zug (mit konstanter Geschwindigkeit) durch den Bahnhof. Im Bahnsteig sitzt ein Fahrgast, der ebenfalls beobachtet, wie die Lampe angeht. Nun bewegt auch für ihn das Licht mit Lichtgeschwindigkeit (Grundpostulat der SRT!), aber außerdem bewegt sich für ihn auch der Bahnsteig nach hinten. Das heißt, das vordere Bahnsteigende (also das, das in Fahtrichtung des Zuges liegt) bewegt sich auf das von der Lampe kommende Licht zu, während sich das hintere Ende in dieselbe Richtung bewegt wie das von der Lampe darauf zukommende Licht. Als Folge ist für den Fahrgast klar: Das Licht erreicht das vordere Ende des Bahnsteigs früher als das hintere.

Das heißt, die Ereignisse, die vom Bahnsteig aus gleichzeitig sind (das Licht erreicht das vordere Ende des Bahnsteigs/das Licht erreicht das hintere Ende des Bahnsteigs), sind aus dem relativ dazu bewegten Zug heraus nicht gleichzeitig. Das Licht erreicht das vordere Ende des Bahnsteigs zuerst.

Das gilt übrigens nur in (relativer) Bewegungsrichtung: Für zwei Ereignisse, die an verschiedenen Stellen auf gleicher Höhe des Bahnsteigs passieren, stimmen Bahnsteig-Beobachter und Zug-Beobachter in Bezug auf die Gleichzeitigkeit überein.

Ok, wie wirkt sich das jetzt auf das Zwillingsparadoxon aus? Nun, um das zu verdeutlichen, erweitere ich das Gedankenexperiment: Ab gegenüberliegenden Gleis fahre ebenfalls gerade ein Zug durch, mit derselben Geschwindigkeit, aber in die entgegengesetzte Richtung. Aus Symmetriegründen ist nun sofort klar, daß für einen Fahrgast in diesem Zug ebenfalls der für ihn vordere Teil des Bahnsteigs (also der für den Fahrgast im ersten Zug hintere Teil) zuerst vom Licht beleuchtet wird.

Nun sitzen die Fahrgäste aber zufällig gerade so, daß sie beide das eine Ende des Bahnsteigs gleichzeitig passieren, das für den Fahrgast in Zug 1 das hintere, für den Fahrgast in Zug 2 das vordere Ende ist, und dies zudem gerade zu dem Zeitpunkt, als auch das Licht dort ankommt. Da sie sich zu diesem Zeitpunkt also auf gleicher Höhe des Bahnsteigs (eben an besagtem Ende) befinden, sind sie sich auch einig, daß sie beide gleichzeitig, und auch gleichzeitig mit dem Licht, dieses Bahnsteigende passieren (d.h. die Aussage ist trotz Relativität der Gleichzeitigkeit unabhängig vom Bezugssystem sinnvoll). Der Reisende in Zug 2 wird eine gewisse Zeit später auch das andere Bahnhofsande passieren, während der Reisende in Zug 1 es bereits passiert hat. Beide stellen fest, daß zwischen "jetzt" und ihrem Passieren des anderen Bahnsteigendes für sie mehr Zeit vergeht als die dort befindliche Bahnhofsuhr in dieser Zeit voranschreitet (wegen der Zeitdilatation). Allerdings verstehen sie unter "jetzt" etwas völlig anderes:

Für den Reisenden in Zug 2 erreicht ja das Licht das andere (für ihn vordere) Bahnsteigende früher als das hintere Bahnsteigende. Da "jetzt" der Moment ist, an dem das Licht das für ihn hintere Bahnsteigende erreicht, ist also "jetzt am anderen Bahnsteigende" ein Zeitpunkt dort, nachdem das Licht dieses Bahnsteigende erreicht hat.

Für den Reisenden in Zug 1 hingegen ist das andere Bahnsteigende das hintere. Da also "jetzt" das Licht das für ihn vordere Bahnsteigende erreicht, ist für ihn "jetzt am anderen Bahnsteigende" ein Zeitpunkt dort, bevor das Licht dieses Bahnsteigende erreicht hat.

Die Gesamtzeit am "Uhr-Bahnsteigende", die auf der am anderen Bahnsteigende befindlichen Bahnhofsuhr zwischen dem Passieren des 1. Reisenden und dem 2. Reisenden setzt sich also aus folgenden drei Zeitspannen zusammen:

1. Die Zeit, zu der der 1. Reisende dieses Ende des Bahnsteigs passiert, bis zu dem Zeitpunkt am Uhr-Bahnsteigende, den der 1. Reisende beim Passieren des anderen Bahnsteigendes für das Uhr-Bahnsteigende als "jetzt" bezeichnet (wie erläutert, liegt dieser Zeitpunkt vor Eintreffen des Lichtes).
2. Die Zeit, die von diesem Zeitpunkt bis zum Eintreffen des Lichtes vergeht. Das ist derselbe Zeitpunkt, an dem aus Bahnsteigsicht sich die beiden Reisenden begegnen.
3. Die Zeit, die von diesem Zeitpunkt bis zu jenem Zeitpunkt vergeht, die der Reisende 2 für das Uhr-Ende beim Zusammentreffen als "jetzt" versteht.
4. Die Zeit, die von desem Moment bis zum Passieren des zweiten Reisenden an diesem Bahnsteigende vergeht.

Die Zeitspanne 1 ist kürzer als die Zeit, die für den ersten Reisenden zwischen dem Passieren beider Bahnhofenden vergeht (Zeitdilatation des Bahnsteigs für den Reisenden 1). Die Summe von Zeit 1 und Zeit 2 ist jedoch länger als die für den Reisenden 1 vergehende Zeit zwischen den Bahnsteigenden (Zeitdilatation des Reisenden 1 aus Bahnsteigsicht). Und analoges gilt natürlich auch für den Reisenden 2.

Daraus folgt aber, daß die Summe der vier Zeiten länger ist als die Summe der zwei Zeiten der Reisenden.

Würde man hingegen die jeweils für den jeweiligen Reisenden während der Vorbeifahrt am Bahnsteig vergangene "Uhrbahnsteigende-Zeit" für die beiden Reisenden addieren, dann bekäme man zwar eine kürzere Zeit heraus – aber dann hätte man ja auch nur die Zeiten 1 und 4 addiert, und die Zeiten 2 und 3 unter den Tisch fallen lassen.
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Ich stimme Dir zu: das Zwillingsparadox ist kein geeignetes Lehrmittel, um die Relativität darzustellen.
Es ist vielmehr ein Prüfstein, an dem man feststellen kann, ob man sie verstanden hat (dabei sind schon große Denker durchgefallen).
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Hallo Leute,

ich möchte das Zwillingsparadoxon in einem Computerprogramm unterbringen.
Das Programm soll ausrechnen wie viel Zeit in einem Raumschiff bei annährender Lichtgeschwindigkeit vergeht. Und wie viel Zeit auf der Erde vergeht.
Ich habe zwar einige Formeln im Internet gefunden die werden auch schön erklärt , nur das wichtigste wird nicht erklärt wie man mit der Formel rechnen soll. Währe toll wenn sich jemand die Zeit nehmen könnte und mir genau erklären könnte wie ich das ausrechnen kann?

Cu...
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RuhemasseNull schrieb in Beitrag Nr. 237-13:
Hallo Leute,

ich möchte das Zwillingsparadoxon in einem Computerprogramm unterbringen.
Das Programm soll ausrechnen wie viel Zeit in einem Raumschiff bei annährender Lichtgeschwindigkeit vergeht. Und wie viel Zeit auf der Erde vergeht.
Ich habe zwar einige Formeln im Internet gefunden die werden auch schön erklärt , nur das wichtigste wird nicht erklärt wie man mit der Formel rechnen soll. Währe toll wenn sich jemand die Zeit nehmen könnte und mir genau erklären könnte wie ich das ausrechnen kann?

Hallo RuhemasseNull,

ich weiß nicht, welche Formeln du im Internet gefunden hast und wieso du mit diesen Formeln nicht rechnen kannst. Den Zeitverlängerungsfaktor, der angibt, wieviel mal langsamer die Zeit in einem bewegten System gegenüber ein ruhendes Bezugssystem vergeht, kann man jedenfalls mit dem Lorentzfaktor ermitteln.
Dieser lautet: Zeitverlängerungsfaktor = ( 1 - v2/c2)-0,5
Zur Erklärung falls notwendig: hoch minus 0,5 bedeutet, dass der Term in der Klammer unter der Wurzel steht und der Kehrwert gebildet werden muss.
Hier brauchst du für "v" nur die Geschwindigkeit des Raumschiffes einsetzen.
Schaut man sich die Formel näher an, so erkennt man, dass bei Geschwindigkeiten, die sehr klein gegenüber der Lichtgeschwindigkeit c sind, sich ein Wert ergibt, der nur unwesentlich von eins verschieden ist. Erst bei relativistischen Geschwindigkeiten ergibt sich ein nennenswerter Zeitverlängerungsfaktor größer als eins.
Leider habe ich meinen Taschenrechner an der Arbeit gelassen, sonst hätte ich noch ein Rechenbeispiel angefügt. Bestimmt ist jemand anderes im Forum dazu in der Lage und schiebt das vielleicht nach.
Ich hoffe, die Formel stimmt, habe sie so aus dem Kopf heraus formuliert und mich nicht vergewissert, bin mir aber ziemlich sicher. Ansonsten wird mich sicher jemand berichtigen.

Wenn man deinem Namen Glauben schenken darf, bist du wohl der einzige im Forum, der die Lichtgeschwindigkeit erreichen kann. Sag doch einmal Bescheid, wie das so ist. :-)

mfg okotombrok
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Okotombrok schrieb in Beitrag Nr. 237-14:
Hallo RuhemasseNull,

ich weiß nicht, welche Formeln du im Internet gefunden hast und wieso du mit diesen Formeln nicht rechnen kannst.mfg okotombrok

Hallo Okotombrok ,

ich kann mit den Formeln nicht rechnen weil ich von Gleichungen keine Ahnung habe.
Das übersteigt leider meine Fähigkeiten. Bis vor kurzem wuste ich ja noch gar nicht das es solche Formeln gibt:-)

Also ein Beispiel: Von der Erde fliegt eine Rakete z.B. zum Andromedanebel. Sagen wir mal mit 150.000 m/s und das etwas 10 Jahre lang. Wie viel Zeit vergeht dann in der Rakete. Und wie viel Zeit vergeht dann auf der Erde.

Währe wirklich tool wenn du mir ganz genau Schritt für Schritt erklären könntest wie ich das genante Beispiel mit der Formel ausrechen kann.


Also Lichtgeschwindigkeit kann ich nicht erreichen. Wenn ich sie erreichen könnte dann könnte ich es dir vermutlich leider nicht mitteilen. Da meine Zeit dann stehen würde. Wie soll ich dann mein Raumschiff unter Lichtgeschwindigkeit abbremsen. Ich glaube das geht nicht.

cu...
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Hallo RuhemasseNull,

bei deinem Beispiel hast du wahrscheinlich nicht berücksichtigt, dass die Lichtgeschwindigkeit c ca. 300000 Km/s beträgt und nicht m/s. Du müßtest also die 150000 m/s erst in Km/s umrechnen und kämst dann auf einen Wert von lediglich 41,67 Km/s. Der daraus resultierende Zeitverlängerungsfaktor beträgt lediglich 1,00000001, kann also getrost vernachlässigt werden.
Rechnet man hingegen mit halber Lichtgeschwindigkeit, also mit 150000 Km/s, ergibt sich ein Verlängerungsfaktor von 1,1547. Multipliziert mit 10 Jahre ergibt sich eine Zeitdauer von 11,547 Jahren. Ist der Raumfahrer also mit halber Lichtgeschwindigkeit 10 Jahre unterwegs, sind auf der Erde 11,547 Jahre vergangen.
Der Rechenvorgang ist folgender:
Da sich die Einheiten herauskürzen, lassen wir sie der Einfachheit halber weg, sie können sowieso nicht im Taschenrechner eingegeben werden.
Die Geschwindigkeit v, 150000 wird quadriert (mit sich selber malnehmen), der erhaltene Wert wird durch die Lichtgeschwindigkeit 300000, ebenfalls quadriert, geteilt. Der damit erhaltene Quotient wird von 1 abgezogen und von dem Ergebnis die Wurzel gezogen. Von dem nun erhaltenen Wert wird lediglich noch der Kehrwert gebildet und wir erhalten den Faktor 1,1547. Ein immer noch nicht umwerfgender Faktor.
Rechnet man mit einer Geschwindigkeit von 290000 Km/s erhält man einen Faktor von 3,9. Ist also ein Astronaut mit 290000 Km/s 10 Jahre lang unterwegs, sind auf der Erde immerhin 39 Jahre vergangen.

Sollten noch Unklarheiten bestehen, scheue nicht weiter nachzufragen.

mfg okotombrok
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