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Quantenmechanik

Thema erstellt von Timeout 
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Beiträge: 1.360, Mitglied seit 18 Jahren
"Erst im Augenblick der Messung in München muß sich Teilchen 2 für up oder down entscheiden. Und Teilchen 1 in Hamburg muß "sofort" den entgegengesetzten Wert annehmen."

Aber das Teilchen in Hamburg muß auch gemessen werden, um Gewißheit zu haben???
Und bei einer neuen Messung mit gedrehtem Meßkopf beginnt das Spiel von vorne???
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Es gibt keine Urknall-Singularität.
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Also, wenn Du den Kollegen in München anrufst, dann gibt es definitiv eine Wechselwirkung zwischen München und Hamburg: Das Telefon. Hättest Du nicht telefoniert (und damit eine Wechselwirkung zwischen München und Hamburg hergestellt), dann wüßtest Du nichts über den Spin Deines Teilchens. Genauer gesagt: Der Kollege in München wechselwirkt (vermutlich indirekt per Meßapparat) mit seinem Teilchen, und dann (per telefonischer Mitteilung) mit Dir. Und erst nach dieser Wechselwirkung weißt Du den Spin Deines Teilchens.

Was natürlich nicht stattgefunden hat, ist eine Wechselwirkung Deines Teilchens mit Hamburg (oder mit Dir). Insofern ist natürlich die Frage berechtigt, woher das Teilchen in Hamburg weiß, welchen Spin es haben soll.

Meine Ansicht (also die der Viele-Welten-Interpretation :-)) ist: gar nicht. Du bist es, der sich verändert hat (durch das Telefonat).
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Aber es gibt keine Wechselwirkung mit Teilchen 1 in Hamburg. Dieses wollte ich wechselwirkungsfrei messen, nicht das in München.
Natürlich bleibt mein "Teilchen" in Hamburg nicht unberührt von der Messung in Mü., aber dabei handelt es sich nicht um eine physikalische Wechselwirkung. Das ist ja der Gag an der Sache.
@Bernd
Das Teilchen in Hamburg muß theoretisch nicht mehr gemessen werden. Die Messung brächte nichts Neues.
Wenn man einen Teilchenstrahl nacheinander durch verschieden ausgerichtete "Messköpfe" schickt, passieren absolut verblüffende Dinge. Leider kann ich keine entsprechende Zeichnung ins Forum stellen. Vielleicht erzähl ich später mal was davon. Ich bilde mir ein, damit plausibel machen zu können, daß das der Welt zugrundeliegende nicht Materie in Form von Elementarteilchen ist, sondern Information. Doch doch, das muß ich irgendwann mal noch loswerden.
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Manu (Administrator) https://wasistzeit.de
Beiträge: 715, Mitglied seit 19 Jahren
@Zara
Wenn du möchtest, kannst du mir eine entsprechende Zeichnung per E-Mail senden. Ich würde sie dann einbinden.
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Der Witz bei der Viele-Welten-Interpretation (im Folgenden kurz MWI für Many Worlds Interpretation) ist: Das Teilchen weiß es nicht! Das Teilchen in Hamburg hat sich durch die Messung in München um keinen Deut verändert. Aber Du hast Dich verändert und dadurch ist in "Deiner Welt" der Spin des Teilchens festgelegt.

Der Punkt ist, daß nach MWI-Interpretation Du selbst - von außen gesehen - in die Superposition eingebunden wirst, sobald Du vom Ergebnis der Messung in München erfährst. Dadurch spaltet sich Deine Welt in zwei Welten auf, jede für eines der Ergebnisse. Und in jeder Welt hat "Dein" Teilchen genau das entgegengesetzte Ergebnis.

Für den unbeteiligten Beobachter, der das Ergebnis der Messung nicht erfährt, ändert sich am Teilchen in Hamburg gar nichts. Nur Dein Zustand wird unbestimmt: Es ist jetzt für ihn nicht mehr definiert, ob Du nun Spin Up oder Spin Down erfahren hast. Allerdings ist Dein Zustand mit dem des Hamburg-Teilchens verschränkt, so daß er durch Messung dieses Teilchens wiederum aus seiner Sicht die Superposition zerstört und sowohl das Teilchen in Hamburg als auch das Teilchen in München, als auch den Kollegen in München, als auch Dich, in einen bezüglich des gemessenen Spins eindeutigen Zustand "zwingt". Dasselbe passiert, wenn er Dich oder den Kollegen in München nach dem Ergebnis fragt. Natürlich wieder nur aus seiner Sicht, ein weiterer unbeteiligter Beobachter wird wiederum nur feststellen, daß er nun auch an der Superposition teilhat.

Ach ja, unabhängig von der verwendeten Interpretation wird durch die Messung die Verschränkung zerstört. Das heißt, ganz egal, welche Messungen man anschließend macht, sie liefern keinerlei Information mehr über das andere Teilchen. Wenn der Kollege in München z.B. nach der z-Spin-Messung noch eine x-Spin-Messung macht, dann sagt diese nichts mehr über das Hamburger Teiclhen aus. Nach der z-Spin-Messung sind es (in der Welt des Experimentators) einfach nur noch zwei unabhängige Teilchen in jeweils einem bestimmten Zustand. Wäre dem nicht so, dann könnte man das Ergebnis zur Kommunikation mit Überlichtgeschwindigkeit nutzen. Durch geeignete Meßfolgen kann man nämlich den Spin auch mit beliebig geringer Fehlerrate umdrehen, und wenn das andere Teilchen folgen würde, dann könnte man damit Information übertragen.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Danke Manu für das Angebot.
Demnächst aber mach ich erst mal Uraub. Danach werd ich auf dein Angebot zurückommen.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Timeout,
wann und warum entstehen neue Universen ?
Etwa in dem Moment in dem der Singulettzustand zerfällt ? Oder erst wenn ich die Messung durchführe ?
Der Zeitpunkt des Zerfalls ist ja auch nicht diskret, streng genommen müßten andauernd neue Welten entstehehen, nach dem Strickmuster :zum Zeitpunkt t1 zerfallen, zum Zeitpunkt t2 zerfallen......zum Zeitpunkt tn zerfallen. Und was ist wenn die Zeit kontinuierlich ist ? Entstehen dann in jedem noch so kleinen Zeitintervall unendlich viele Welten ?
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Zunächst einmal: Ich mag den Begriff "neue Universen" nicht. In der Tat hat mich die Vorstellung, daß das physikalische Universum in viele unabhängige "Paralleluniversen" aufspaltet, früher eher zum Gegner der MWI gemacht. Bis ich verstanden habe, worum es in der MWI überhaupt geht: Es gibt immer nur ein Universum. Aber weil wir, die Beobachter, Teil des Universums sind, können wir nicht das Universum an sich wahrnehmen, sondern nur gewisse "Sichten" des Universums, eben die "Welten".

Etwas vereinfacht funktioniert das folgendermaßen:

Der Beobachter ist - als Teil der Welt - selbst ein Quantensystem. Deshalb sollte man ihn prinzipiell auch durch quantenmechanische Zustände beschreiben können. Stark vereinfacht z.B. durch die Zustände "ich weiß, ich habe das Teilchen noch nicht gemessen" (den nenne ich jetzt |?>), "ich weiß, ich habe das Teilchen im Zustand Spin up gemessen" (den ich jetzt |"up"> nenne), und "ich weiß, ich habe das Teilchen im Zustand Spin down gemessen" (oder |"down">).

Nun erwartet man natürlich von einer Messung, daß sie den Zustand |↑,?> (das Teilchen hat Spin up, aber ich habe es noch nicht gemessen) in den Zustand |↑,"up"> (das Teilchen hat den Spin up, und genau das habe ich gemessen) umwandelt, und analog den Zustand |↓,?> in den Zustand |↓,"down">. Einen Vorgang, der dieses nicht leistet, würde man wohl kaum Messung des Spins nennen.

Was passiert aber nun, wenn das Teilchen z.B. den Spin in x-Richtung hat? Nun dieser Zustand wird durch die Überlagerung |↑>+|↓> beschrieben, bzw. wenn ich den Beobachter hinzufüge, durch den Zustand |↑,?>+|↓,?>. Nun kommen aber die Regeln der Quantenmechanik zum Zug: Aus |↑,?> wird |↑,"up"> und aus |↓,?> wird |↓,"down">. Das heißt, wir haben einen verschränkten Zustand aus Beobachter und Teilchen. Weder der Beobachter noch das Teilchen hat einen definierten Zustand! Das Universum als Ganzes stört das natürlich nicht.

Betrachten wir nun den Zustand, so sehen wir, daß dort "ich habe up gemesen" und "ich habe down gemessen" vorkommt, aber nicht etwa "ich habe eine Überlagerung von up und down gemessen". Die Innenansicht eines Beobachters ist aber immer definiert, z.B. "ich habe up gemessen". Die MWI sagt nun, daß jeder der Summanden aus Sicht des Beobachters eine Welt beschreibt. Das heißt, für den Beobachter hat sich die Welt gespalten in eine, in der er up gemessen hat, und eine, in der er down gemessen hat. Diese Spaltung ist aber nur für diesen Beobachter gültig; für den Rest der Welt (und insbesondere für das Universum als Ganzes) hat sich gar nichts verändert, insbesondere hat sich das Universum als Ganzes nicht irgendwie gespalten. Die "Parallelwelten" sind nur durch Bezugnahme auf den Beobachter definiert. Nicht umsonst hat Everett die von ihm entwickelte Interpretation "relative state interpretation" genannt. Der Name MWI ist erst später erfunden worden.

Und das ist das schöne an der MWI: Das Universum als Ganzes interessiert nicht die Bohne, was Du mißt. Das Teilchen in Hamburg verhält sich genau so, wie man es von einem Teilchen ohne Wechselwirkung erwartet: es verändert sich nicht. Aber der Beobachter verändert sich durch die Information, und daher "spaltet" sich seine Welt in zwei Welten, wobei in der einen Welt das Teilchen Spin up, in der anderen das Teilchen Spin down hat.

Insofern kann man sagen: Für den Kollegen in München "entstehen" die neuen Welten in dem Moment, in dem er das Teilchen mißt (genauer: in dem Moment, in dem er das Ergebnis zur Kenntnis nimmt), und für Dich in dem Moment, in dem Du das Ergebnis von ihm hörst (und in Bezug auf die Teilchen stimmen dann eure Welten überein, weil sie sich auf dieselbe Information beziehen).

Im Prinzip ist das auch eine Art Relativitätsprinzip: So wie in der Relativitätstheorie die Beschreibung von Raum und Zeit vom Bewegungszustand des Beobachters abhängt, hängt in der MWI die Beschreibung des quantenmechanischen Zustands vom Wissen des Beobachters ab. Und in beiden Fällen gibt es dennoch ein objektives Etwas (RT: Raumzeit, MWI: Zustand des Universums), welches die Realität unabhängig vom Beobachter beschreibt.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Guten Morgen Timeout !
Hab ich das richtig verstanden ?
Das Universum verzweigt sich dann und nur dann, wenn eine Messung durchgeführt wird.
Falls deine Antwort ja lautet, gleich noch eine Frage : Was ist in der MWI die Definition von Messung ?
Wenn sich das Universum verzweigt, sollte es sich so verzweigen, daß auch das unwahrscheinlichste mögliche Messergebniss noch verwirklicht wird. Die wahrscheinlicheren Ergebnisse müssten dann aber gleich mehrfach identisch verwirklicht werden, um wieder ( als Experimentator ) eine korrekte Statistik zu bekommen. ( In den unwahrscheinlichen Zweigen dieser Welt aber sitzen dann völlig verzweifelte Quantenphysiker, die nie eine sinnvolle Statistik hinbekommen. )
Sowas wie Willensfreiheit existiert dann wohl nicht mehr ?
Böte es sich nicht an, als "Substrat" dieser Universen nicht Materie/Energie, sondern reines Bewußtsein zu nehmen ? Andernfalls mußt du Bewußtsein irgendwie entstehen lassen oder gänzlich leugnen.
Wir haben also vielleicht eine "Many Conscious Interpretation" !??
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Ich versuch mal die "Freiheit" zu retten.
Alle Weltenzweige sind nur Potentialität. Mit den Ausnahmen ( oder der einzigen ), die sich das Bewußtsein ( hier sollte vorsichtshalber weder Singular noch Plural stehen ) ausgewählt hat. Diese Zweige werden zu Faktizität.
Gefällt dir wahrscheinlich nicht. Hmm. Mir auch noch nicht so richtig. Zu dualistisch.
Bis bald
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Zitat:
Hab ich das richtig verstanden ?
Das Universum verzweigt sich dann und nur dann, wenn eine Messung durchgeführt wird.
Nein, hast Du nicht.
Das Universum verzweigt sich überhaupt nicht. Das genau war der Punkt, den ich gleich am Anfang hinüberbringen wollte. Das einzige, was sich verzweigt, ist die Welt, die nur über den Beobachter definiert ist.

Sprich: In der MWI existiert ein Universum mit einer Wellenfunktion. In diesem Universum lassen sich Beobachter finden, und bezüglich dieser Beobachter gibt es dann mehrere Welten.

Wenn ein Beobachter auf Andromeda eine Messung macht, dann ändert das für mich nicht das geringste, meine Welt wird dadurch nicht aufgespalten (nicht einmal in Bezug auf die Andromeda-Messung). Nur wenn diese Messung irgendeinen Unterschied macht (sei es, daß der Andromedaner eine Mitteilung Richtung Erde geschickt hat, und ich zufällig diese Mitteilung finde, sei es, daß er aufgrund der Messung entscheiden wollte, ob er einen Stern vernichten soll, und ich schaue zufällig mit dem Fernrohr auf diesen Stern (bzw. die Stelle, an der der Stern wäre, hätte nicht der Andromedaner ihn vor langer Zeit vernichtet), spaltet sich auch meine Welt.

Zur Frage, was eine Messung ausmacht: Die Tatsache, daß eine Wechselwirkung (oder eine Kette von Wechselwirkungen) bewirkt, daß der Zustand des Beobachters vom Zustand des gemessenen Systems abhängt (wobei in diesem Sinne auch als Messung zu werden ist, wenn im Spin-Up-Fall z.B. dem Beobachter eine Ohrfeige gegeben wird und im Spin-Down-Fall nicht, auch wenn der Beobachter keinerlei Ahnung hat, daß das etwas mit irgendeinem Spin zu tun hat). Für diesen Beobachter spaltet sich seine Welt dann auf.

Bewußtsein ist für mich gewissermaßen die "Innenansicht" der Gehirntätigkeit. Es ist also kein eigenständiges, losgelöstes Phänomen, sondern wie die Information an die Materie gekoppelt. Wie die Information und die Temperatur existiert es nur auf einer höheren Beschreibungsebene.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Verzweigt sich das eine Universum in viele Welten?
Was ist ein Beobachter ?
Wie sähe das Universum aus, wenn es keine Beobachter gäbe ?
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Beiträge: 1.360, Mitglied seit 18 Jahren
Ich bin wieder zurück vom Urlaub, und muß sagen, da haben sich interessante Entwicklungen in der Diskussion zwischen zara.t und Timeout ereignet. Da komme sogar ich teilweise mit. Zeitweise dachte ich, ich wäre zu blöd, um es zu begreifen. Aber die nachfolgend zitierten Abschnitte von Timeout sind völlig auf der Linie meines Weltbildes:


„…Zunächst einmal: Ich mag den Begriff "neue Universen" nicht. In der Tat hat mich die Vorstellung, daß das physikalische Universum in viele unabhängige "Paralleluniversen" aufspaltet, früher eher zum Gegner der MWI gemacht. Bis ich verstanden habe, worum es in der MWI überhaupt geht: Es gibt immer nur ein Universum. Aber weil wir, die Beobachter, Teil des Universums sind, können wir nicht das Universum an sich wahrnehmen, sondern nur gewisse "Sichten" des Universums, eben die "Welten"….
…So wie in der Relativitätstheorie die Beschreibung von Raum und Zeit vom Bewegungszustand des Beobachters abhängt, hängt in der MWI die Beschreibung des quantenmechanischen Zustands vom Wissen des Beobachters ab. Und in beiden Fällen gibt es dennoch ein objektives Etwas (RT: Raumzeit, MWI: Zustand des Universums), welches die Realität unabhängig vom Beobachter beschreibt…“


Es gibt also „…nur ein Universum… und …ein objektives Etwas unabhängig vom Beobachter…“
Na das ist doch mal was! Ich interessiere mich für dieses materielle Etwas, und nicht für für die vielen verschiedenen Wahrnehmungen des Etwas, die in den Köpfen der Beobachter herumspuken. Ist schon klar, daß ein Blinder, ein Tauber und ein Gesunder verschiedene Eindrücke der Realität haben (Welten). Aber deshalb darf man doch diese Realität nicht wie eine Illusion behandeln.

Bei der Sache mit der Verzweigung habe ich aber noch Verständnisprobleme. Zitat:


„…Hab ich das richtig verstanden ?
Das Universum verzweigt sich dann und nur dann, wenn eine Messung durchgeführt wird.

Nein, hast Du nicht.
Das Universum verzweigt sich überhaupt nicht. Das genau war der Punkt, den ich gleich am Anfang hinüberbringen wollte. Das einzige, was sich verzweigt, ist die Welt, die nur über den Beobachter definiert ist….“
„...Der Punkt ist, daß nach MWI-Interpretation Du selbst - von außen gesehen - in die Superposition eingebunden wirst, sobald Du vom Ergebnis der Messung in München erfährst. Dadurch spaltet sich Deine Welt in zwei Welten auf, jede für eines der Ergebnisse…“


Daß sich das Universum überhaupt nicht verzweigt, gefällt mir. Andererseits wird dann wieder gesagt „…spaltet sich Deine Welt in zwei Welten auf…“ Und zwar soll diese Aufspaltung NACH einer Messung erfolgen, …. also wenn ich das Ergebnis weiß.
Ich verstünde es eher, daß ich in 2 Welten lebe, wenn ich das Ergebnis noch nicht weiß. Wenn ich im Großraumbüro an die Thermoskanne gehe, um mir eine Tasse Kaffee zu holen, dann weiß ich nicht, ob der Inhalt noch reicht, oder nicht. Bis zum Öffnen der Kanne lebe ich in der Ungewißheit reicht/reicht nicht (also sozusagen in 2 Welten). Und dann, wenn ich die Kanne geöffnet habe, fällt eine der Welten weg. Das ist eigentlich genau andersrum wie in der Diskussion zwischen zara.t und Timeout.
Hallo Timeout, kannst Du mir das noch mal in einfachen Worten erklären, wie das mit der Aufspaltung in mehrere Welten zu verstehen ist? Also ganz einfach, für Ottonormalverbraucher, der wo nich´ studiert hat.
Signatur:
Es gibt keine Urknall-Singularität.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Timeout,
du hast dir nun ausreichend Timeout gegönnt. Über ein Lebenszeichen würde ich mich freuen. Wir lösen hier die letzten Rätsel des Universums und du bist nicht dabei?!
zara.t.
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Sorry für die lange Pause, aber bei mir war die letzte Zeit so viel Stress, dass ich einfach nicht wieder dazu gekommen bin, hier zu schreiben (und über gewisse Zeitstrecken war ich auch rein technisch dazu gar nicht in der Lage).

Aber jetzt wieder zur Diskussion:

Was die Aufspaltung in mehrere Welten angeht, läßt sich das vielleicht am besten mittels eines Gedankenexperiments erklären, das als "Wigners Freund" bekannt ist:

Du machst das bekannte Experiment mit der Schrödingerkatze, aber mit einer kleinen Veränderung: Anstatt selbst nach der besagten Zeit in die Kiste zu schauen, bittest Du einen freund, dies zu tun. Dieser wird dann mitsamt der Katzen-Kiste in eine größere, ebenfalls "informationsdichte" Kiste gesetzt. Diese Kiste wird erst geöffnet, nachdem der Freund nachgesehen hat, ob die Kiste geöffnet wurde.

Die Frage ist nun, was ist, nachdem der Freund die Katzen-Kiste geöffnet hat, aber bevor die äußere Kiste geöffnet wurde?

Nun, aus Sicht des Freundes ist die Sache klar: Als er die Kiste geöffnet hat, fand er entweder eine lebende oder eine tote Katze vor.

Aus Deiner Sicht hingegen ist die Sache auch klar: Da das gesamte System aus Freund, innerer Kiste, Katze und Katzenkillermechanismus ein Quantensystem ist, und Du ja noch keine Information über dieses Quantensystem hast, befindet sich dieses System immer noch in einer Superposition. Nur, dass sich diese Superposition geändert hat von (|Katze tot> + |Katze lebendig>)|Freund hat nicht nachgesehen> in |Katze tot, Freund hat tote Katze gesehen>+|Katze lebendig, Freund hat lebendige Katze gesehen>.

Das bedeutet also, dass aus Deiner Sicht beide Möglichkeiten immer noch gleichberechtigt sind. Wenn man nun also davon ausgeht, dass die Wellenfunktion real ist (im Sinne von "eine Beschreibung eines Elements der Realität darstellt"), dann sind also beide Möglichkeiten real vorhanden. Der Freund nimmt aber nur eine der beiden Möglichkeiten wahr (entweder hat er nur eine lebende oder nur eine tote Katze gesehen), also nimmt er nur einen Teil dieser Realität wahr, nämlich einen der beiden Summanden der Superposition. Da aber beide Summanden gleichberechtigt sind, muß, wenn der die lebende Katze gesehen habende Freund real ist, auch der die tote Katze gesehen habende Freund real sein. Aus Sicht des Freundes hat sich also die Welt aufgespalten: In den Freund, der die lebende Katze gesehen hat, und den Freund, der die tote Katze gesehen hat. Deine Welt hat sich hingegen noch nicht aufgespalten: Für Dich existiert die Superposition weiter, Du kannst immer noch beide Ergebnisse erhalten (während der Freund, der die tote Katze gesehen hat, bei nochmaligem Hinsehen wieder nur die tote Katze sehen wird).

In dem Moment, in dem Du die äußere Kiste öffnest und Deinen Freund nach seinem Ergebnis fragst (oder alternativ selber nachsiehst, ob die Katze noch lebt), wird hingegen auch für Dich das Ergebnis festliegen. Da aber das Universum als Ganzes auch einen informationsundurchlässigen Behälter darstellt (nur eben einen, der nie geöffnet wird), muß also die Superposition im Universum als Ganzes weiterbestehen (das Universum spaltet sich nicht auf). Aber Du nimmst nur einen der beiden real vorhandenen "Realitätszweige" wahr. Somit hat sich "Deine" Welt jetzt auch gespalten: In eine mit lebender Katze und einem eine lebende Katze gesehen habenden Freund, und eine mit toter Katze und einem eine tote Katze gesehen habenen Freund.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Streng genommen dürfte es eigentlich gar kein Interpretationsproblem mit der Qu.Th. geben, da der mathematische Formalismus der selbigen in der Lage ist, sich seine eigene Interptetation zu geben - nämlich die der MWI.
Ich glaube allerdings Anlass zur Vermutung zu haben, die Qu.Th. sei unvollständig.
Sie beschreibt ja nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit, das Bewußtsein lässt sie aus, kann sie nicht beschreiben, kommt in ihr nicht vor. Das Universum der MWI ist bewußtseinsfreie Zone.
Wenn wir einmal eine Theorie des Bewußtseins haben werden, wird das auch einen modifizierten mathematischen Formalismus erfordern. Ihm wird dann die MWI nicht mehr adäquat sein. ( hoffe ich ganz unwissenschaftlich )

Frage: Sobald Wigners Freund in Schrödingers Kiste guckt, spaltet er sich auf. Bisher dachte ich Wigner würde sich mitaufspalten in zwei identische Wigners. Jedem dieser identischen Wigner aber sei schon vorausbestimmt, wie es in seiner Welt der Katze gehe.

höchst vergnügt, dass es weitergeht
zara.t.
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Nun ja, das kommt darauf an, ob man es aus Sicht des Freundes oder aus Sicht des äußeren Beobachters sieht, denn natürlich ist (|tot,"tot">+|lebend,"lebend">)|""?""> derselbe Zustand wie |tot,"tot">|""?"">+|lebend,"lebend">|""?""> (das ist simples Kommutativgesetz). Das heißt, aus Sicht des Freundes in der Kiste ist - da er nur einen der Summanden sieht - natürlich auch der außenstehende Beobachter (der noch nichts weiß - angedeutet durchs Fragezeichen) "mitgespalten": In jeder der beiden Welten existiert ein äußerer Beobachter, der noch nichts weiß, aber für den bereits feststeht, was er beobachten wird, wenn er hineinschaut. Aber für den außenstehenden Beobachter hat sich die Welt noch nicht gespalten (für seinen Zustand gibt die erste Form nur einen Summanden!), und der Kisteninhalt samt Freund befindet sich noch immer in einer Superposition.

Hier sieht man übrigens auch sehr schön, dass die Welten nur über den jeweiligen Beobachter definiert sind: Dasselbe Universum hat sich für den einen Beobachter (den Freund in der Kiste) bereits in zwei Welten aufgespalten, während der zweite immer noch in einer "ungespaltenen" Welt lebt. Das löst auch das Rätsel, woher beim EPR-Experiment das eine Meßgerät "weiß", was es zu messen hat, wenn auf der anderen Seite bereits gemessen wurde: Es weiß es nicht. Es hat sich für es (und für einen eventuell dort sitzenden Beobachter) nicht das Geringste verändert. Es ist für einen dort befindlichen Beobachter immer noch unbestimmt, was herauskommen wird, bis er entweder seine eigene Messung gemacht hat, oder aber die Information über die andere Messung bei ihm angekommen ist (wobei es keine Rolle spielt, ob er diese Information als Information über das Meßergebnis erkennt - wenn ein Terrorist das andere Meßgerät so präpariert hat, dass es eine Bombe zündet, wenn ein bestimmter Zustand gemessen wird, und der Experimentator von der Bombenexplosion erfährt (oder erfahren hätte, falls sie stattgefunden hätte), dann ist seine Welt auch schon gespalten, obwohl er noch keine Ahnung hat, dass diese Explosion (bzw. die Nichtexplosion, die er bewußt nicht einmal als Information erkennt) vom Ausgang des anderen Experiments abhängt.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Wigners Freund sagt: Wigner existiert in 2 Welten.
Wigner sagt : Ich existiere in einer Welt.
Ist die Anzahl der Zweigwelten demnach beobachterabhängig?
Ist es eine realistische Theorie? Falls ja, was ist ihre ontische Basis. Materie oder irgendwelche (immateriellen ) Vektoren eines Hilbertraumes?

Wie würdest du das Doppelspaltexperiment interptetieren?
Gesetzt der Fall eine Messung fände erst auf dem Schirm hinter dem Doppelspalt statt.
A : Spalten sich dann erst die Welten auf, je nach den möglichen Treffern, oder
B : haben die Welten sich schon zuvor aufgespalten in Welt1 in der das Teilchen durch Spalt1 ging und Welt2 in der das Teilchen durch Spalt2 ging?
Im Falle A stellt sich wieder die ontologische Frage nach der zugrundeliegenden Wirklichkeit.
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Die Zahl der Zweigwelten ist in der Tat beobachterabhängig (aber in dem Sinne nicht subjektiv, als man die Welten unabhängig von den Details des Beobachters bestimmen kann: Es reicht, dass ich weiß, daß der Freund in der äußeren Kiste sitzt und die innere Kiste geöffnet hat - ich muß z.B. nicht wissen, wie sein Hirn funktioniert, um zu bestimmen, welche Welten es für ihn gibt; die Frage, wie er diese Welt dann im Einzelnen wahrnimmt, ist unabhängig davon).

Ob es eine realistische Theorie ist, hängt natürlich etwas davon ab, was genau Du unter einer realistischen Theorie verstehst :-) Ich würde sie als realistische Theorie bezeichnen, denn es gibt ja ein - eindeutiges, in einem bestimmten Zustand befindliches - Universum, und bei Kenntnis dieses Universums und seines Zustandes könnte man alle Beobachter und das, was sie beobachten, aus diesem Zustand bestimmen.

Was eine ontische Basis ist, weiß ich leider nicht.

Im Fall des Doppelspaltexperiments würde ich ganz klar Alternative B ausschließen: Eine Aufspaltung kann hier noch nicht stattgefunden haben, sonst würden wir ja keine Interferenz sehen (wenn wir natürlich eine Welcher-Weg-Messung an den Löchern gemacht haben sollten, dann sieht die Sache schon wieder anders aus). Eine Aufspaltung der Welt für einen Beobachter setzt ja voraus, dass zumindest im Prinzip beim Beobachter Information über das Ereignis vorhanden ist (wenngleich diese für ihn nicht als solche erkennbar sein muß), und wenn Information über den Weg in einer anderen Eigenschaft vorhanden wäre (unabhängig davon, wo und in welcher Form), dann gäbe es ja keine Interferenz mehr. Im Fall A muß die Frage natürlich lauten: für wen? Für den Außerirdischen im Andromedaneben, der gar nichts mitbekommt, sicher nicht. Für den Forscher, der danebensteht und beispielsweise gerade den Lichtblitz beobachtet hat, den das Elektron gemacht hat, definitiv. Allerdings nicht in eine Welt "das Elektron ist links durchgelaufen" und eine Welt "das Elektron ist rechts durchgelaufen", sondern "das Elektron ist an dieser Stelle am Schirm aufgetroffen" oder "das Elektron ist an jener Stelle am Schirm aufgetroffen".
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
David Deutsch soll es für möglich halten, die MWI zu falsifizieren. Allerdings bräuchte er dazu einen Quantencomputer. Weißt du näheres?

Nehmen wir an, Para - Phänomene ließen sich auf hohem Signifikanzniveau im Experiment nachweisen. ( was meines Erachtens tatsächlich der Fall ist ) Wäre das ein Hinweis darauf, dass die Quantenmechanik unvollständig, oder nur ein Spezialfall der Wirklichkeit ist? Oder kann man sagen, laut MWI muss es zwangsläufig Weltenzweige geben in denen so etwas perfekt funktioniert. Weltenzweige in denen ich mir nur etwas zu wünschen brauche und schwupps ist es auch schon da. Ein Statistiker, der einen solchen Weltenzweig bewohnen würde, müßte sich doch sagen, es sei statistisch völlig ausgeschlossen, dass ausgerechnet er eine so extrem unwahrscheinliche Welt bewohne und demzufolge müßte es da wohl "nicht mit rechten Dingen zugehen".

Hast du schon mal was von Quantenrente gehört ? Die diesbezüglichen Überlegungen zeigen, dass es durchaus einen Unterschied ( allerdings keinen wissenschaftlichen ) machen kann, ob die MWI stimmt oder nicht.

Bewußtsein:
Timeout schrieb: "Bewußtsein ist für mich gewissermaßen die "Innenansicht" der Gehirntätigkeit."
Ich weiß, das ist die gängige Ansicht, das muss man sagen, wenn man sich nicht lächerlich machen will. Aber soviel ich auch drüber nachdenke, ich seh nicht wie das funktionieren soll. Umgekehrt schon eher .
Das hieße dann: Gehirntätigkeit ist für mich die Innenansicht von Bewußtsein. Das Gehirn ist Materie und als solche kein eigenständiges losgelöstes Phänomen, sondern an das Bewußtsein gekoppelt.
Die ontische Basis der MWI ist nicht Materie in Form von Elementarteilchen, sondern Bewußtsein in Form von Bewußtseins- oder Informationsquanten.
Denn, wenn wir uns das Doppelspaltexperiment betrachten, wo ist da das Elektron, solange es nicht gemessen wird?
Materie kann nicht die Bausteine liefern mit denen das Universum der MWI gebaut werden kann.
Meines Erachtens beschreibt die MWI ein sich verzweigendes Bewußtsein.
Diese Ansicht gefällt mir persönlich aber noch viel weniger.

Sorry armer Leser, war jetzt etwas viel und vor allem durcheinander.
Ceterum censeo MWI esse delendam .Oder so.
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