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Wahrnehmung + Wirklichkeit II

Thema erstellt von |-|ardy 
Beiträge: 683, Mitglied seit 18 Jahren
Hier im Forum ist oft die Rede von einer Theorie, die besagt, jedes Ich erschaffe sein eigenes Universum. Das klingt an sich plausibel, aber damit ist das wirkliche Universum gemeint, nicht irgendeine Illusion oder Suggestion. Wirklichlichkeit, Fiktion, Wahrnehmung sei ein und dasselbe. Die gesamte wirkliche Welt sei eine Projektion, erschaffen vom Ich allein. Das Ich beherrsche letztlich "Alles".


Dazu habe ich ein paar neue, ehrlich gemeinte Fragen.


1.
Weshalb ist das Ich in seiner Welt permanent Überraschungen, Unkenntnis und Hilflosigkeit ausgesetzt, wenn doch selbige Welt einzig und allein von niemand anderem als vom Ich höchstpersönlich erschaffen wurde? Warum kann ich meine selbstgewählten Lottozahlen nicht vorraussehen? Warum verstehe ich kein Chinesisch, wo ich doch selbst diese Sprache erfunden habe? Warum erschaffe ich mir unerträgliche Zahnschmerzen und liefere mich hilflos jenem Zahnarzt aus, den ich selbst in die Welt gesetzt habe?


Die Antwort mag lauten: Weil das eigene Ich absichtlich auch Rätsel produziert; weil das Ich auch Dinge vor sich selbst verstecken kann, so wie etwa die Kreuz-Dame in einem Stapel Karten, das das Ich selbst gemischt hat.


2.
Da muss ich mich aber über den Begriff "Alles" wundern. Wenn Alles dem Ich entspränge -- nicht fast alles, sondern ausnahmslos Alles -- wie kann sich dann so das Ich selbst ein Rätsel aufgeben? Nichts bliebe doch dem Ich verborgen. Denn auch die exakte Position der Kreuz-Dame-Karte wäre ein Teil von "Allem" -- vom Ich!


Die Antwort mag lauten: Das Ich ist unterteilt. Der eine Teil ist die schaffende Macht. Der andere Teil ist unwissend. Mit anderen Worten, im Ich-System verbleibt manches im Dunkeln.


3.
Dann aber frage ich mich, wenn der unwissende Teil des eigenen Ichs so weit entfernt ist vom Kern-Ich, dass es sich selbst überraschen kann, dass es selbstgeschriebene Rätsel nicht lösen kann, und den eigenen Kräften hilflos ausgeliefert ist, dann frage ich mich wahrlich, ist es nicht arg größenwahnsinnig, auch diesem dunklen Riesen-Anteil noch den Namen "Ich" zu geben?


4.
Und wie allmächtig ist der schaffende, helle Teil des Ichs? Ich kann ein Steichholz ausblasen. Ich kann aber nicht die Sonne ausblasen. Selbst wenn die Sonne mir im Tagtraum erscheint -- ich kann sie nicht ausblasen. Das Ich ist also doch nicht allmächtig. Jetzt hat das "Alles" schon zwei Einschränkungen.


Das Gegenargument mag lauten: Die Triebe, wie Hunger, Neugier etc. kann das Ich auch nicht völlig abschalten, und doch sind sie Teil des Ichs.


5.
Hier erhebe ich Einspruch. Es geht um das Bewusstsein, das geistige Ich, nicht um angeborene Automatismen wie Triebe, Zellteilung, Reflexe und dergleichen. Diese Debatte dreht sich nur um das Ich-Bewusstsein, zumal dieses Ich ausdrücklich Macht über "Alles" haben soll. Das ist oben mit Argument Nr. 3 sowieso bereits abgehakt.


Meine Schlussfolgerung:
Der größte Teil des Universums wurde nicht vom Ich erschaffen; bestenfalls ein minimaler Anteil. Es gibt viel zuviele dunkle Stellen. Es wäre anmaßend, diese dunklen Stellen ebenfalls als Ich zu bezeichnen. Wirklichkeit und Wahrnehmung sind eben doch zwei unterschiedliche Dinge. Äpfel sind Äpfel. Birnen sind Birnen.

Das ist meine Theorie.


Ich bin neugierig auf Gegenargumente. Was habe ich übersehen?
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Beiträge: 169, Mitglied seit 18 Jahren
...ich glaube ,dass du zwar auf den richtigen Weg bist ,aber dir so manches nicht erklären kannst.
Denk doch einfach darüber nach ,warum du die "Tatsachen" so siehst. Siehst du die "Tatsachen" nicht einfach nur so ,weil die anderen es so sehen? Was ist überhaupt die "Wirklichkeit"? Gibt es eine "allgemeine Wirklichkeit"?
Wahrnehmung ist doch auch nur ein Teil der "Wirklichkeit" ,oder etwa nicht?
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|-|
Ja, Wahrnehmung ist ein Teil der Wirklichkeit. Aber erstens, müssen wir, wenn wir eine Erklärung diskutieren, die Begriffe für das benutzen, wofür sie von uns erfunden wurden.

Der Apfelstiel ist ein Teil des Apfels.

Aber: Der Apfelstiel und der Apfel sind zwei unterschiedliche Sachen.

Wahrnehmung ist ein Teil der Wirklichkeit.

Aber: Die Wahrnehmung und die Wirklichkeit sind zwei unterschiedliche Sachen.

Zweitens:
Was ist Wirklichkeit? In meiner Definition lohnt es sich nur dann über die Wirklichkeit zu diskutieren, wenn es sich um die objektive Wirklichkeit handelt. Subjektive Wirklichkeit ist nicht diskutabel, die ist x-beliebig.

Wenn ich es nicht explizit anders angebe, rede ich immer von der objektiven Wirklichkeit.

Was ist objektive Wirklichkeit, bzw. objektive Wahrheit? Darüber habe ich kürzlich hier geschrieben.


Siehst du die "Tatsachen" nicht einfach nur so ,weil die anderen es so sehen?

In diesem Fall nicht. Man kann empirisch und/oder logisch analysieren. Hier habe ich rein logisch analysiert. Logik ist objektiv (2+2=4). Empirie ist subjektiv ("der Apfel ist saftig").
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Catlan
der weg ist das ziel


tatsachen, logik, gesetze ...
alles nur mittel, um "der nackten wahrheit" näherzukommen, dennoch bleibt der versuch einer erklärung immer ein labyrinth mit gegensätzen und immer neuen (um-)wegen
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|-|
Exakt meine Meinung. Cheers!
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Das "Ich" ist ein relativ modernes Konstrukt der menschlichen Evolution. Etwa 3000 Jahre alt. Davor gab es noch gar kein Ich.
Das "Ich" hat keine schöpferische Potenz. Es kann noch nicht einmal die eigenen Träume erschaffen, beherrschen.....
Von allen Daten, die der Mensch über seine Sinne aufnimmt, wird nur 1/1 000 000 an das Ich weitergeleitet, und dieses Millionstel ist manipuliert und gefälscht.
Zu diesen Manipulationen gehört z.B., dem Ich einzureden, es wäre die Ursache von Handlungen, es würde Handlungen veranlassen.
Und dieses von Illussionen umnebelte, magisch impotente Konstrukt soll die Welt erschaffen ???

Das, was wir "Realität" nennen, entstammt dem gleichen Quellgrund, dem auch unsere Träume entstammen.
Realität und Traum sind immer noch unentwirrbar miteinander verbunden.
In der Realität ist Traumartiges, in den Träumen Realität zu entdecken.
Realität ist das Ergebniss der Evolution eines traumartigen Chaos. Es ist das Ergebniss von Sebstorganisation. Aber nicht die der Materie!!! Materie ist ja selbst ein spätes Produkt dieser Selbstorganisation.
Man lese nur die Schöpfungsmythen unterschiedlichster Völker.
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Luna
Schöne Gedankenspiele Hardy.
Aber Begriffe wie das "Ich", das "Überich", "Bewußtsein", "Überbewußtsein" und "Unterbewußtsein" sind in der Psychologie schon vor Jahrzehnten definiert worden.
Das Ich besteht nicht nur aus einem bewußten Persönlichkeitsteil, es besteht aus Bewußtsein, Unterbewußtsein und Überbewußtsein, bzw. auch bewußtem Ich, Überich und unbewußtem Ich.
Das alleine ist den meisten Menschen schon zu kompliziert gestrickt, da sie sich gar keine Gedanken über das machen möchten, was uns unbewußt motiviert im Handeln und Empfinden.
So etwas wie das Überich ist ihnen noch suspekter, denn daß es uns z.B. nachts Träume eingibt, in denen wie verlorene Gegenstände auffinden, oder in die Zukunft sehen, das muß ja nun wirklich Hokuspokus sein. Und überhaupt ist es etwa nicht die allgemeine Ansicht, daß Psychologen selbst einen an der Klatsche haben, Astrologie Humbug ist, weil sich ein paar populäre Blättchen einen Spaß daraus machen täglich völlig an den Haaren herbei gezogene Tageshoroskope abzudrucken. Was davon soll also schon wirklich sein, bzw. wahr?
Sind wir nicht alle manipulierbar und täuschbar?
Wir als die Entwickler und Erzeuger dieses Universums, oder auch als die das Universum so sehr projizierend, daß es Simsalabim vor unser aller Augen erscheint und man sich in dieser äußerst seltsamen Gegend, die ja nur pure Fiktion ist auch noch den Kopf an einer Wand anhauen können, ohne Sonne das bibbern anfangen und nicht in der Lage sind sie auszuknipsen?
Und dann bleibt ja da auch noch die Tatsache, daß wir uns alle so erschreckend einig sind über das, was wir projizieren und diese Simulation der Welt nicht etwa den einen eine Sonne und den anderen zwei oder drei am Himmel sehen läßt.
Wir sollen das entschieden haben uns solch einer Massensuggestion auszuliefern?
Das Universum als als Wunderland von Alice, als von uns gesteuerter menschlicher Wahnsinn mit Weltraummüll und Kanarienvögeln?
Alles ist und wir sind alles und alles ist in uns? Oder nichts ist, nicht mal in uns und wir sind rein absolut gar nichts?
Die Wahrheit dürfte wohl dazwischen liegen.
Ein wenig sind wir wie bunte Kanarienvögel, ein wenig wie Weltraummüll und doch sind wir nichts von alle dem, wenn wir eines Tages als Skelett von den Würmern gefressen und kompostiert enden.
Bleibt wirklich nur das offensichtliche, oder werden wir auch dann noch per Anhalter durch die Galaxis reisen ;-)
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Beiträge: 683, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Luna. Worauf bezieht sich das "Aber" in Deinem ersten Satz?
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Q Luna,
Das Überich gibt uns Träume? Meinst du wirklich das Freud'sche Überich?
In diesem Zusammenhang würde ich C.G.Jungs Terminologie bemühen und sagen, es ist das Selbst, oder Freuds ES.
Wenn es dann drum geht im Traum in die Zukunft zu schauen, sollten wir aber am besten gleich das transpersonale Unbewußte nehmen.
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Luna
Ich bezog mich auf Punkt 3 Hardy ;-)
Und Zara man hat es unterschiedlich benannt in der Psychologie, gemeint ist aber immer doch das Selbe. So fasse ich das zumindest auf. Natürlich könnte man immer feinsinniger definieren und unterscheiden, ich denke jedoch, daß es so zumindest auch allen begreiflich ist, die nicht viel Ahnung von Freud und Jung haben ;-)
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Ralfsolymp
damit der geist die dinge bewgt muss er sie von sich weisen
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