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Ontologie

Thema erstellt von Zara.t. 
Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Ontologie ist die Lehre vom Seienden als solchem., oder einfacher ausgedrückt, die Beschäftigung mit der Frage: "Woraus besteht die Welt?" ( Was ist Zeit? )
In der Tat keine Frage, die sich naturwissenschaftlich beantworten läßt. Nichtsdestotrotz trägt jeder Naturwissenschaftler seine Ontologie tief im Busen versteckt mit sich herum und orientiert sein privates wie wissenschaftliches Handeln an ihr.
Desweiteren ist hier im Forum keine ängstliche Seriosität angesagt, sondern Platz zum Spielen.

Ich will mit einer uns allen vertrauten, uns quasi in Fleisch und Blut übergegangenen Ontologie beginnen.

I.Newton: "Nach all den Betrachtungen ist es mir wahrscheinlich, dass Gott im Anfange der Dinge die Materie in massiven, festen, harten, undurchdringlichen und beweglichen Partikeln erschuf, von solcher Grösse und Gestalt, mit solchen Eigenschaften und in solchem Verhältniss zum Raume, wie sie zu dem Endzweck führten, für den er sie gebildet hatte, dass ferner diese primitiven Teilchen, weil sie fest sind, unvergleichlich härter sind, als irgendwelche aus ihnen zusammengesetzte poröse Körper, ja so hart, dass sie nimmer verdeben oder zerbrechen können, denn keine Macht von gewöhnlicher Art würde im Stande sein, das zu zerteilen, was Gott selbst bei der ersten Schöpfung als Ganzes erschuf."
Desweiteren glaubte Newton an einen unendlichen, grenzenlosen und absoluten Raum und eine ewige ebenfalls absolute Zeit, deren Existenz ( Raum und Zeit ) unabhängig sein sollte von den oben beschriebenen Objekten, die sich in ihnen tummeln sollten.

Diese newtonsche Ontologie wurde zum Paradigma der klassischen Physik. Davor herrschten andere Ontologien ( Paradigmen ) . Was uns heute so selbstverständlich und unbezweifelbar richtig erscheint war einmal neu und unglaublich, schwer verständlich und revolutionär, ist aber heute bereits nicht mehr gültig, weil unvereinbar mit den Kernaussagen der Relativitätstheorien und der Quantenmechanik.

Woraus besteht die Welt der modernen Physik? Woraus könnte sie bestehen?
In diesem Forum wurden schon diverse Antworten auf diese Frage gegeben. Aber immer in Zusammenhang mit anderen Themen. Nun also ein Thread speziel zu diesem Schwerpunkt.
Auf geht`s!
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, ob die Frage überhaupt sinnvoll ist: Kann man sinnvoll sagen, die Welt besteht "aus" etwas?

Man kann natürlich sagen, Dinge bestehen "aus" Atomen. Aber was ist ein Atom? Nun, ein Atom ist ein Atomkern mit Elektronen, also wieder durch seine Teilöe definiert. Den Atomkern kann man weiter zerlegen, bis man zu den Quarks kommt. Aber was sind Quarks und Elektronen? Nun, sie sind nach heutigem Wissen elementar, das heißt, sie bestehen nicht aus etwas anderem. Aber kann ein Elektron aus einem Elektron bestehen? Ganz davon abgesehen, daß das Konzept "ein Elektron" im Rahmen der Quantenmechanik ohnehin problematisch ist. Was geht beim Doppelspaltexperiment durch den linken Spalt? Ein halbes Elektron?

Aristoteles (oder war's ein anderer? jedenfalls ein alter griechischer Philosoph) hat einmal vier Ursachen aufgelistet: Materialursache (weil da Quarks und Elektronen sind), Wirkursache (Weil Quarks sich mit der starken Wechselwirkung anziehen, und Quarks und Elektronen mit der elektromagnetischen Wechselwirkung), Formursache (weil die Elektronen in der Nähe des Kerns sind) und Zielursache (damit .... was auch immer der Zweck eines Atoms sein mag :-)). (Aristoteles hat natürlich von Atomen, Elektronen und Quarks keine Ahnung gehabt, die Beispiele stammen von mir :-))

Mit der Zielursache hat die Physik schon länger aufgeräumt: In die physikalischen Gesetze geht kein "damit" mehr ein. Der Mond umkreist nicht die Erde, damit wir an ihm die Zeit ablesen können, er ist eben einfach entstanden, weil zufällig ein anderer Körper in die Erde hineingerast ist und dabei den Mond aus der Erde herausgerissen hat (vielleicht wird aber auch zur Zeit eine andere Theorie bevorzugt). Ich denke, wir sind derzeit dabei, zumindest auf dem fundamentalen Level auch die Materialursache abzuschaffen: Wir definieren ein Elektron nicht dadurch, was es ist, sondern wie es mit anderen Teilchen wechselwirkt (z.B.: es hat die elektrische Ladung -e, d.h. es wechselwirkt mit dem elektromagnetischen Feld in einer Stärke, die durch die Ladung -e beschrieben wird). Insofern denke ich, daß hier letztlich die Materialursache (woraus besteht es) durch die Wirkursache (was wirkt darauf: welchen Wechselwirkungen unterliegt es) ersetzt wird. Übrig bleiben also noch Formursache (das, was man in der Physik mittels Anfangs- und Randbedingungen beschreibt) und Wirkursache (das, was die physikalischen Gleichungen beschreiben).

Insofern ist es vielleicht gar nicht sinnvoll, danach zu fragen, aus was das Universum besteht, weil das Material, wenn es denn als solches existiert, keinerlei Bedeutung für die Funktion der Welt hat. Wichtig ist nicht, was das elektromagnetische Felf ist, sondern wie es wirkt (es wechselwirkt mit anderen Quantenfeldern, die wir aufgrund dieser Wechselwirkung als "geladen" bezeichnen).

In einem anderen Thread hatte ich geschrieben, daß das Universum aus Quantenfeldern besteht. Aber ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, ob das nicht letztlich die Frage nur verschiebt: Denn was sind Quantenfelder? Nun, alles, was wir darüber sagen können, ist, daß unsere Gleichungen sie offensichtlich recht gut beschreiben, so daß wir daraus korrekte Vorhersagen für unsere Experimente machen können. Sprich, wir können wiederum nur sagen, wie sie (wechsel)wirken. Und zwar mit anderen Quantenfeldern.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
"Kann man sinnvoll sagen, die Welt besteht "aus" etwas?"
Kommt wahrscheinlich auf den Kontext an. In Bezug auf eine fertige physikalische Theorie ist die Frage wohl sinnlos. Um eine neue Theorie zu entwickeln, können ontologische Modelle aber hilfreich sein.( z.B: Maxwell ließ sich bei der Entwicklung seines Gleichungssystems aus dem dann die elektromagnetischen Felder folgten von ontologischen Ideen leiten. Seine Ontologie wanderte nach Erreichen des Ziels in den Papierkorb. ) Ich glaube, dass kein Naturwissenschaftler tatsächlich ontologisch neutral denkt. Insofern ist es wahrscheinlich kein Fehler, dies Feld mal zu beackern.

Grundsätzlich ist die Frage "Besteht die Welt aus irgendetwas?" natürlich spannend. Kann man positivistisch argumentieren und sagen, etwas das ich nicht messen kann existiert auch nicht? Da ich nicht messen kann woraus die Welt besteht, hätte sie demnach auch keine ihr eigene Qualität, keine eindeutige Substanz, kein was weiß ich....
Ich neige dazu diese Frage zu bejahen.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
"Kann man sinnvoll sagen, die Welt besteht "aus" etwas?"
Gibt es überhaupt eine richtige Antwort auf die Frage woraus die Welt bestehe? Mal ganz abgesehen davon, dass wir selbst, auch wenn wir diese Antwort vorliegen hätten, nicht imstande wären sie als die richtige zu erkennen. Könnte irgendeine uns überlegenene Superintellegenz die Frage beantworten? Könnte Gott es?
Ich glaube, all diese Fragen verneinen zu müssen.
Wat nu?
Das Wesen der Welt, ihr Wahrheitsgehalt sind nicht positiv zu beschreiben. Von niemandem und in keiner Sprache. Es läßt sich nur sagen was die Welt nicht ist. Und die Welt ist all das nicht, was ich überhaupt sagen kann. Unter allen möglichen Sätzen zur Ontologie ist kein absolut wahrer.
====> die Welt hat gar kein ihr eigenes Sein.
Paradox? Ja!

Die Welt hat kein Sein, sie IST nicht, sie lebt. Sie lebt als schillerndes Chamäleon, als eine Fata Morgana, als Maya. Das Sein der Welt ist Illusion.
Schade, daß Hardy nicht mehr mitmischt, ich weiß schon was der auf meinen Mist geantwortet hätte.
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Herzilein
"Kann man sinnvoll sagen, die Welt besteht "aus" etwas?"

Das gibt mir neue Hoffnung, vielleicht gibt es die Tante zarah.t überhaupt nicht, und ich ärgere mich völlig umsonst über ihre Sprüche.

Aloso ich gebe Euch 250 Beiträge. Den 251. Beitrag werde ich mir dann ansehen, sollte die Frage dann sinnvoll beantwortrt sein, werde ich Euch ein nettes Kompiment machen.

Auf geht´s !
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
SEIN und WERDEN
Bereits die klassische Physik kannte den Begriff des Elementarteilchens. Damals gedacht als kleine Billardkugeln, mit oder ohne Ladung.
Das waren "wohldefininierte Entitäten", die alle ihre Eigenschaften stets bei sich führten - unter anderem auch die der Identität, des sich selbst Gleichbleibens. Diese klassischen Teilchen waren natürlich Individuen und als solche im Prinzip unterscheidbar. Die Welt bestand aus solchen Teilchen. War ein Zusammengesetztes.
Letzte Vollendung erfuhr dieses Weltbild in Einsteins RT.
Der Minkowskiraum ist doch die Beschreibung des SEINS an sich.

Reines SEIN und kein WERDEN.

Alles ist fertig - Zukunft und Vergangenheit - das Jetzt und somit das WERDEN eine Illusion.
Und dann kam die Quantenrevolution. Max Planck hatte gezündelt und erschrak wie plötzlich die gesamte physikalische Welt Feuer fing.
Der starre Minkowskiraum ist nicht mehr möglich. Die Zukunft wird zu reiner Potentialität. Das, was mal Faktizität WERDEN wird ist hier und jetzt indeterminiert. Nur der Raum der Möglichkeiten (Hilbertraum) ist determiniert.
Teilchen werden zu potentiellen Antworten von Quantenfeldern auf Fragen in Form von Experimenten. Die Art der Antworten hängt davon ab wie gefragt wird.

Den Teilchen kommt kein SEIN an sich mehr zu.

Der Minkowskiraum ist nur noch näherungsweise und lokal zu gebrauchen.
SEIN schrumpft zu Faktizität = GEMESSENSEIN. Oder wie Bischof Berkeley schon lange vorher zu belieben meinte:
ESSE est percipii.
Dieses SEIN hat natürlich mit dem klassischen SEIN nichts mehr gemein.
Das WERDEN hat sich zurückgemeldet. Das WERDEN dargestellt im PROZESS ( progredere ) der Verwandlung von Potentialität in Faktizität.
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Beiträge: 1.177, Mitglied seit 18 Jahren
Zitat: "Das, was mal Faktizität WERDEN wird ist hier und jetzt indeterminiert."

Was meinst du damit, wenn du so etwas schreibst?

Mario Bunge schreibt in dem Buch "Kausalität, Geschichte und Probleme":

---
Selbst der Zufall, auf den ersten Blick geradezu das Gegenteil von Determination, hat seine Gesetze , und zufällige Ereignisse ergeben sich aus bereits bestehenden Umständen. Infolgedessen hat auch der Zufall seinen Platz in dem, was wir "Allgemeinen Determinismus" nennen.
...
Bei Glücks- oder Zufallsspielen ergeben sich die Resultate aus klar definierten Vorbedingungen im Verein mit ebensolchen Gesetzen. Sie lassen sich infolgedessen auch nicht dazu benutzen, den Indeterminismus zu veranschaulichen oder zu stützen, wie das so häufig geschieht.
...
In Wirklichkeit folgen solche Spiele nur nicht einem vertrauten Gesetzestyp, dem Newtonschen, sondern statistischen Gesetzen, sie sind statistisch determiniert.
..
Diese Sachlage führt zu der Frage, ob die Quantentheorie, wie man so oft hört, zu einem Bankrott.
---

Das, was mal Faktizität werden wird, ist eben nur nicht eindeutig durch die Vergangenheit determiniert... im großen und ganzen aber schon, würde ich sagen. Auf der Ebene der Planeten ist dies bereits so eindeutig, dass man in bestimmten Fällen tausende von Jahren vor und zurück rechnen kann.

Na ja, und davon abgesehen bleiben ja auch noch die Ganzen anderen Sätze, wie die Erhaltungssätze etc. die bei der Determination eine Rolle spielen.

Und selbst der altbekannte Kausale Determinismus ist nicht tot... ansonsten würde unsere Fähigkeit, Kausale Zusammenhänge in Ereignisketten zu finden (natürlich auf den Mesokosmos bezogen) überhaupt keinen Sinn ergeben.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
"Das, was mal Faktizität werden wird, ist eben nur nicht eindeutig durch die Vergangenheit determiniert... im großen und ganzen aber schon, würde ich sagen. Auf der Ebene der Planeten ist dies bereits so eindeutig, dass man in bestimmten Fällen tausende von Jahren vor und zurück rechnen kann."
Auf der Ebene der Planeten sind tausend Jahre nicht viel. Ein System mit mehr als drei Körpern kann schon von der klassischen Mechanik nur noch näherungsweise berechnet werden. Kann ins Chaos abtrudeln.

"Und selbst der altbekannte Kausale Determinismus ist nicht tot... ansonsten würde unsere Fähigkeit, Kausale Zusammenhänge in Ereignisketten zu finden (natürlich auf den Mesokosmos bezogen) überhaupt keinen Sinn ergeben. "

In vielen Fällen bildet er ein gutes Modell. Wenn wir z.B. einen Automotor reparieren oder einen Satelitten in eine Umlaufbahn schießen wollen. In Strenge gilt er nie.
Wir finden nie "Kausale Zusammenhänge", wir erfinden sie immer. UUn dwie gesagt, sehr oft ist das auch sinnvoll.
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Beiträge: 1.177, Mitglied seit 18 Jahren
Zitat: "Wir finden nie "Kausale Zusammenhänge", wir erfinden sie immer."

Radikale Konstruktivisten Zählen aber ein paar Dinge zuviel auf, wenn sie davon reden, was alles erfunden wäre.

Dabei sollte man nicht übersehen, warum die Welt in unserem Kopf gerade so strukturiert wird, wie sie strukturiert ist und eben nicht anders - denn so viele erfolgsversprechende Möglichkeiten gibt es nicht, wenn man die reale Welt nicht leugnen will.
Und wenn die Welt so "fehlertolerant" ist, warum schließen Experimente dann eindeutig bestimmte Beschreibungen aus? Und warum sind andere, die sich natürlich rein "zufällig" ähneln stets immer so erfolgreich?

Es liegt an der realen Struktur der Welt und ihren Gesetzen dort draußen, dass man in der Regel den Blitz sieht und erst dann den Donner hört.

Die damit verbundenen physikalischen Zusammenhänge sind also alle erfunden? Ich kenne den Konstruktivisumus und finde auch die radikale Version beeindruckend.

Aber am sinnvollsten finde ich seine Anwendung auf Psychologie und Soziologie.
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Wenn man die real
wenn man die reale Welt nicht leugnen will....................

wird man sehr schnell feststellen,

dass unheimlich viel von der Dummheit regiert wird
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
ich kenn euch, die ihr nicht müde werdet über die moralische Verkommenheit und Dummheit der Welt zu klagen.
Einer von euch hat dieses Forum zerstört.
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