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Alles sinnlos?

Thema erstellt von Manuel 
Manuel
Der Titel ist provokativ, ich weiss... Trotzdem möchte ich eure Meinung dazu hören. Gemeint sind in diesem Zusammenhang Forscher und Theoretiker und alle, die sich über die Natur und dessen Aufbau und Wesen interessieren:



"Die sehen nur, was sie sehen wollen."


Zitat aus dem Film 'The sixth sense'
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Zitat: "Die [Forscher etc.] sehen nur, was sie sehen wollen."

Wäre dem so, dann würden wir heute noch glücklich in einem Newtonschen Universum leben, weil Michelson und Morley den Ätherwind gesehen hätten, den sie sehen wollten. Niemand hätte jemals Myonen, Tauonen oder Teilchen mit Strangeness (schon der Name spricht Bände!) gesehen.

Und natürlich hätten die SETI-Forscher längst Signale von Außerirdischen aufgefangen!
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Beiträge: 139, Mitglied seit 18 Jahren
Der computer mit soundsoviel gigaherz, der vor deiner nase steht, GPS, handys, die fotografieren können, internet, mikrowelle, etc.,das alles sehen wir dann wohl auch nur, weil wir es sehen wollen? interessant.
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Beiträge: 683, Mitglied seit 17 Jahren
Ich glaube, der Satz enthält zumindest einen wahren Kern.

Forscher und Theoretiker sind auch nur Menschen.
Ihr Forschertherz wird zuallererst vom WILLEN angetrieben, und von VISIONEN.

Auf einen Forscher, der auch das sieht, was er eigentlich nicht sehen will, kommen evtl. hundert, die blind für alles sind, was ihnen nicht in den Kram paßt.
Im Internet wimmelt es von Publikationen dieser Leute.
Aber da sie nichts sinnvolles beizutragen haben, wird man sie schnell vergessen.

Diejenigen, die zu unserem heutigen (nachweislich funtionierendem) Wissen beigetragen haben, haben entweder über den Tellerrand hinausgeschaut, oder sie hatten das große Glück (was sehr selten ist), daß sie etwas sehen wollten, was sich dann tatsächlich auch gezeigt hat.
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Ich leide nicht unter Realitätsverlust - ich genieße ihn!
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Beiträge: 1.360, Mitglied seit 18 Jahren
Siehe auch den Thread "Sinn des Lebens", gestartet am 25.12.2003
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Es gibt keine Urknall-Singularität.
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Beiträge: 139, Mitglied seit 18 Jahren
hi modran,

ich möchte dir hier heftig widersprechen. was einen wissenschaftler antreibt ist die NEUGIER! natürlich braucht ein wissenschaftler auch einen willen, aber was will er eigentlich? er will herausfinden, wie es denn nun eigentlich um eine bestimmte sache bestellt ist. das ist neugierde. und visionen, das ist doch die aufgabe der scifi und der populärwissenschaftlichen gemeinde. visionen haben natürlich auch wissenschaftler, aber für die wissenschaftliche arbeit (d.h. produktion von erkenntnis) sind visionen eher zweitrangig.

auch würde ich das verhältnis zwischen den zwei typen wissenschaftlern relativieren. zitat: "Auf einen Forscher, der auch das sieht, was er eigentlich nicht sehen will, kommen evtl. hundert, die blind für alles sind, was ihnen nicht in den Kram paßt." es ist doch so, dass ein wissenschaftler gezwungener massen mit einer vorstellung, einem bild, einem modell der wirklichkeit arbeiten muss und es kann nicht aufgabe jedes wissenschaftlers sein, diese modelle zu hinterfragen, weil das absolut nicht produktiv wäre. (was nicht bedeutet, dass die modelle nicht oft genug hinterfragt werden, sonst wären die etablierten modelle sicher nicht so erfolgreich. zudem wimmelt das internet auch von seriösen publikationen. vergleichen zu können, wovon denn nun mehr vorhanden ist, traue ich mir ehrlich gesagt nicht zu.

diejenigen, die zu unserem heutigen wissen beigetragen haben, ist eine unüberschaubar grosse schar von wissenschaftlern. es ist naiv, zu glauben, unser heutiges wissen bestünde aus der relativitätstheorie und der quantenmechanik allein. (das könnte unser heutiges leben sicher nicht erklären.) ausserdem wäre die relativitätstheorie heute nicht eine der fundiertesten theorien, gäbe es da nicht hunderte von wissenschaftlern, die ständig versuchen, sie auf herz und nieren zu prüfen.

du tust den wissenschaftlern unrecht, wenn du behauptest, dass sie blind für alles sind, was ihnen nicht in den kram passt.
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Beiträge: 1.177, Mitglied seit 18 Jahren
Pepe, ich glaube du hast da etwas übersehen... es geht nicht darum, ob die Modell hinterfragt werden oder nicht, sondern ob ein Wissenschaftler die Modelle für die Wirklichkeit selbst hält bzw. sie mit der Natur verwechselt, was nur allzu vielen Wissenschaftlern passiert... die glauben, sie würden da eine ontologische Wirklichkeit erfassen.

Solche Wissenschaftler sind einfach nur verwirrt! Und das kann jedem Menschen passieren und passiert auch jedem mal, so etwas ist einfach nur menschlich.

Ich muss Modran zustimmen.

Und dann...


.. es gibt da eine recht anschauliche Analogie / Metapher des Konstruktivismus:

Zitat:
--
Ein blinder Wanderer, der den Fluss jenseits eines nicht allzu dichten Waldes erreichen möchte, kann zwischen den Bäumen viele Wege finden, die ihn an sein Ziel bringen. Selbst wenn er tausendmal liefe und alle die gewählten Wegen in seinem Gedächtnis aufzeichnete, hätte er nicht ein Bild des Waldes, sondern ein Netz von Wegen, die zum gewünschten Ziel führen, eben weil sie die Bäume des Waldes erfolgreich vermeiden. Aus der Perspektive des Wanderers betrachtet, dessen einzige Erfahrung im Gehen und zeitweiligen Anstoßen besteht, wäre dieses Netz nicht mehr und nicht weniger eine Darstellung der bisher verwirklichten Möglichkeiten, an den Fluss zu gelangen.
Angenommen der Wald verändert sich nicht allzu schnell, so zeigt das Netz dem Waldläufer, wo er laufen kann; doch von den Hindernissen, zwischen denen alle diese erfolgreichen Wege liegen, sagt es ihm nichts, als dass sie eben sein Laufen hier und dort behindert haben.
In diesem Sinn passt das Netz in den Wirklichen Wald, doch die Umwelt, die der blinde Wanderer erlebt, enthält weder Wald noch Bäume. Seine Wirklichkeit besteht lediglich aus Schritten, die der Wanderer erfolgreich gemacht hat, und Schritten, die von Hindernissen vereitelt wurden."
--

Die ontologische Wirklichkeit zu kennen ist eben widersprüchlich, wenn meine Wirklichkeit dadurch definiert ist, dass ich an "Grenzen" stoße.

Die Aussage: "Die sehen nur, was sie sehen wollen.", kann sich nur auf das "Was" beziehen, was es ist, wogegen ich anstoße. Aber das ich "anstoße" (metaphorisch), das hängt nicht von dem ab, was ich sehen will.

Aber genau hier an dem Punkt finde ich es sehr amüsant. Denn genau an diesem Punkt greifen Esoteriker und Religiöse die Naturwissenschaft oftmals an, ohne zu beachten, dass die Naturwissenschaft im Grunde nur über das "Wie" redet - diese Menschen aber Fragen über das "Was" stellen und Naturwissenschaftliche Konzepte, Modelle mit der Wirklichkeit verwechseln.

Für mich ist das so, als würde jemand einen Globus für die Erde halten.
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Beiträge: 1.177, Mitglied seit 18 Jahren
Ach ja, man darf nicht vergessen zu erwähnen, dass aber gerade sehr viele Wissenschaftler heute noch forschen, weil sie etwas über das "Was" wissen wollen. Was ist die Welt? Was ist ein Photon? Was sind Naturgesetze? etc.

Ich selbst will das ja auch alles unbedingt wissen und das ist überhaupt der Grund, warum ich mich damit beschäftige.

Aber andererseits ist da dieser unüberwindliche Aspekt der Unmöglichkeit, es wissen zu können - und dennoch gibt man nicht auf.


Und die Aussage:
--
"Die sehen nur, was sie sehen wollen."

Zitat aus dem Film 'The sixth sense'
--

Richtet sich doch scheinbar gegen die seriöse Wissenschaft, gegen die Hirnforschung etc. nach der es kein Leben nach dem Tod geben kann, bzw. man sich einen solchen einfach nicht mehr vorstellen kann.

Ich denke dies, weil ich das Thema kenne, welches der Film behandelt.

Es richtet sich einfach gegen das "Wissenschaftliche" Weltbild, ohne Geister, ohne Leben nach dem Tod, ohne Gott, ohne freien Willen etc.

Genau darauf zielt diese Aussage meiner Meinung nach ab.

Wir sehen nur, was wir sehen wollen, weil wir nach deren Meinung nicht an Geister glauben!

Ich halte das für blödsinn, ich glaube nicht an Geister, weil es keinen Grund gibt, anzunehmen, das es Geister gibt - und nicht weil ich von vornherein davon ausgehe, das es keine gibt.
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Beiträge: 139, Mitglied seit 18 Jahren
hi André,

was ich in meinem zweiten beitrag geschrieben habe ist lediglich eine antwort auf Modrans beitrag. soweit ich das verstanden habe, kümmert dieser sich nicht um ontologische wirklichkeiten. ich schliesse, dass du hier meinen ersten beitrag kommentiert hast.

gut, also entheben wir die aussage "die sehen nur, was sie sehen wollen." ihrem allgemeinen geltungsanspruch und setzen sie in den kontext des filmes, bzw in den noch spezielleren kontext, in den Manuel sie dann stellt. plötzlich bedeutet sie: "die sehen die geister nicht, die es aber gibt." schön. hat jemals ein wissenschaftler behauptet, alles zu sehen? gibt es einen seriösen wissenschaftler, der jemals die nichtexistenz von geistern beweisen wollte?

die antwort des wissenschaftlers wäre also: "wir würden sie gerne sehen, eure geister, aber egal wie sehr wir uns anstrengen, wir sehen sie nicht. dabei benutzen wir alle zur verfügung stehenden mittel."

gruss, pepe
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Manuel
Interessant, eure Beiträge! Ich möchte sie nicht kommentieren, weil es keine eindeutige Lösung geben kann. Und das Zitat, das ich verwendete, ist bewusst "unklar" gewählt, so dass es jeder anders interpretieren kann.

Zu André's Beitrag oben möchte ich noch hinzufügen, dass ich das Zitat eben NICHT im Zusammenhang mit dem Film gebracht habe (ich habe es ja so noch hinzugeschrieben). Ich glaube ebensowenig an Geister wie du. Natürlich ist das alles Quatsch und Hollywood. Ich bevorzuge naturwissenschaftliche Erklärungen und lehne alles "übernatürliche", wie es sich die Menschen vorstellen, ab.

Mein Kommentar zum Zitat: Ich dachte (aber eben, das kann jeder anders interpretieren) bei diesem Satz an eines meiner Hobbys, die Astronomie. Je nachdem, wie man ein Objekt beobachtet, gewinnt man neue Erkenntnisse über dieses Objekt. Und aus diesen Erkenntnissen/Informationen, und mögen sie noch so verwirrend und nicht-interpretierbar sein, versuchen die Forscher und Theoretiker, sich ein Modell zurechtzubasteln, das den Vorgang erklärt. Ein Schwarzes Loch ist nur so lange ein Schwarzes Loch, bis man eine neue Erkenntnis hat, welches das Gegenteil beweist. Vielleicht muss dann die ganze Physik umgeschrieben werden. Doch das Schwierige ist, dass man versucht, ein Schwarzes Loch so zu beobachten oder zu erklären, dass sich die bisherige Theorien mit den neuen Erkenntnissen nicht konkurrenzieren. Aus den gewonnenen Informationen versucht man eine Theorie zu erstellen, die die früher aufgestellten Theorien nicht konkurrenzieren. So entwickelt sich eine Physik, die eigentlich auch ganz anders hätte sich entwickeln können, weil man das bisher Entdeckte und Erfundene als fundamental betrachtet.
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Beiträge: 139, Mitglied seit 18 Jahren
hallo Manuel,

zu "Aus den gewonnenen Informationen versucht man eine Theorie zu erstellen, die die früher aufgestellten Theorien nicht konkurrenzieren. So entwickelt sich eine Physik, die eigentlich auch ganz anders hätte sich entwickeln können, weil man das bisher Entdeckte und Erfundene als fundamental betrachtet.":

diese sichtweise ist deshalb nicht ganz richtig, weil sich eine neue theorie immer auch am experiment bestätigen muss, und keineswegs nur an den vorhandenen theorien. das bedeutet, wie sich die physik entwickelt, hängt zu nicht vernachlässigbarem anteil von der natur ab, schliesslich ist sie es, die durch die physik beschrieben werden soll, ja mehr noch, zum teil sehr erfolgreich beschrieben wird. (das wäre nicht so, hätten sich alle neuen theorien nur an der newtonschen theorie orientieren müssen.)

gruss, pepe
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Beiträge: 1.177, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Pepe:

Zitat:
--
Auf einen Forscher, der auch das sieht, was er eigentlich nicht sehen will, kommen evtl. hundert, die blind für alles sind, was ihnen nicht in den Kram paßt.
Im Internet wimmelt es von Publikationen dieser Leute.
--

Von diesem Satz in Modrans Beitrag bin ich ausgegangen. Meiner Erfahrung nach handelt es sich hierbei oft um Menschen, die glauben, die absolute Wahrheit in den Händen zu halten.

Und das sind nicht die Wissenschaftler, die du in deinem Betreig beschrieben hast, denn diese werden vermutlich ein Leben lang mit diesen Fragen herumlaufen, ohne zu einer befriedigenden Lösung zu kommen, während andere (und ich denke das Modran eben diese meint) voreillig ihr Weltbild fertig konstruieren.

Wobei das ja auch Vorteile haben kann, da sie dann von keinen Fragen mehr geplagt werden und sich anderen Dingen widmen können... ;)
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Ich denke mal, die Welt ist interpretativ mehrdeutig. Es gab keine logisch, methodisch zwingenden Gründe für das Erscheinungsbild der modernen Physik.
kleines Beispiel: die Lorentzsche Elektronentheorie beschrieb die Physik genauso korrekt, wie die Einsteinsche spezielle Relativitätstheorie.
Oder die Bohmsche Formulierung der Quantenmechanik ist experimentel von der Standarttheorie nicht zu unterscheiden.
Oder gehen wir etwas weiter zurück, da hätte sich die Wissenschaft auch in der von Goethe ( Farbenlehre ) intendierten Art und Weise weiterentwickeln können, statt in der Newtonschen.
Die Gründe warum sich die Wissenschaft in die eine und nicht in die andere Richtung weiterentwickelt sind oft außerwissenschaftliche. ( Interessen, zB. Kapitalismus...)
Was ein Experiment letztendlich bedeuted, bestimmt die jeweils herrschende Theorie.

Jakob von Uexkuell beschreibt sehr schön, wie verschiedene Arten in verschiedenen kognitiven Umwelten leben, je nach deren speziellen Interessen und Bedürfnissen.

Der Konstruktivismus ist breiter gefächert als André´s Auffassung desselben.
Ich fühle mich intellektuel am wohlsten im Lager der radikalen Konstruktivisten. Nach deren Theorie hat die Welt keine Verfassung an sich, die es nur noch zu entdecken gälte, sondern der Akt der Entdeckung ist kreatives Schaffen, Erzeugen von Welt.
Dieses Erzeugen von Welt steht aber nicht in meinem freien Belieben.

Diese Art von Welterzeugung würde ich niemals als sinnlos bezeichnen. Im Gegenteil - sie zeigt uns das höchste künstlerische Potential, die höchste Stufe der Verantwortung, die wir für die Welt, in der wir leben, übernehmen müssen.
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Beiträge: 139, Mitglied seit 18 Jahren
@zara.t: der grund dafür, dass sich eine theorie gegenüber der anderen (sagen wir gleichwertigen) duchsetzt ist nur in ausnahmefällen durch interessen, kapitalismus, vorlieben, etc. gegeben. meistens setzt die eine theorie weniger voraus, sie wird aus grundlegenderen, allgemeineren prinzipien hergeleitet, oder in ihr ist es einfach komfortabler zu rechnen. ich sehe das eher als ein evolutionsprozess von modellen, auf die der selektionsdruck wirkt, die beobachtete natur immer präziser und mit minimalem aufwand (rohstoff) zu beschreiben. ich glaube nicht, dass der mensch so viel einfluss darauf hat, wie sich das alles entwickeln wird, dass man das als vom menschen kreativ erzeugte welt deuten könnte.

@André: ich weiss, welche sorte von wissenschaftler Modran meint. ich kenne sie. aber das verhältnis zwischen wissenschaftlern und quasiwissenschaftlern ist eben ganz anders, als uns Modran es weismachen möchte. ich wollte nur das verhältnis berichtigen.
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Beiträge: 1.177, Mitglied seit 18 Jahren
Zitat:
--
Der Konstruktivismus ist breiter gefächert als André´s Auffassung desselben.
Ich fühle mich intellektuel am wohlsten im Lager der radikalen Konstruktivisten. Nach deren Theorie hat die Welt keine Verfassung an sich, die es nur noch zu entdecken gälte, sondern der Akt der Entdeckung ist kreatives Schaffen, Erzeugen von Welt.
--

Zara.t, ich würde mich selbst mittlerweile als "radikalen Konstruktivisten" beschreiben.

Aber du scheinst da etwas missverstanden zu haben, beim Konstruktivismus geht es um das "Wissen" und nicht um das "sein".

Ich weiß nicht so recht, wie ich dann den folgenden Satz von dir interpretieren soll: "..sondern der Akt der Entdeckung ist kreatives Schaffen, Erzeugen von Welt."

Außerdem unterscheidet auch der Konstruktivismus in "intersubjektive Wirklichkeit" und in die "subjektive Wirklichkeit".

Genau diese Unterscheidung war auch bei Goethe und Newton sehr wichtig, denn Goethe hat sich mit der psychologischen Fragestellung, während sich Newton mit der physikalischen beschäftigt hat.
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Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
Du hast natürlich recht André, es geht um Wissen, ich hab leider eine zu starke Neigung die Welt ontologisch zu betrachten.
Was mein ich mit "erzeugen von Welt " :
Wenn wir die Augen aufschlagen sehen wir Farben, wenn wir die Ohren öffnen, hören wir Töne...Da sind wir uns alle einig, dass wir es sind, die Farben und Töne erzeugen, dass diese nicht vor unserer Wahrnehmung schon vorhanden waren.
Aber so ist es auch mit den Kategorien ( Kausalität....) und den Formen der Wahrnehmung ( Raum u. Zeit ). Siehe den Thread "Kant". Demnach sind auch Naturgesetze ( Kausalität) unser Erzeugniss, genau wie Töne und Farben.
Ich rege hiermit einen Thread namens "Konstruktivismus" an.

Die Welt, die ich wahrnehme, ist nicht die, die ein Picasso wahrgenommen hat, das Konzert, das ich höre, ist nicht das Konzert, das ein Mozart hören würde. Leider.
Aber wir können uns erziehen. Die Welt ist nicht das, was der Fall ist, sondern das was wir in unserer Wahrnehmung aus ihr machen.
Unser kleines Dorf mit seinen Wäldern und Wiesen erscheint mir auf jedem Spaziergang anders.
Es ist meine Sache, dass es mir wertvoll und erhaltenswert erscheint.
Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Romantisch wie ich bin, sage ich lieber, sie liegt in seiner Seele.
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@Pepe:
Wie so oft, sollte man auch hier wieder differenzieren.
In den sogenannten 'harten' Wissenschaften machen sich die allzu menschlichen Scheuklappen meist nur in einer Verzögerung der Erkenntnis bemerkbar.
Doch schau Dir mal Gebiete wie Medizin oder gar Psychologie an: dort werden täglich tausende von neuen Experimenten gemacht, und die wenigsten davon werden wiederholt und überprüft - weil es einfach mehr Punkte bringt, neue Dinge zu veröffentlichen, als alte zu bestätigen (oder gar zu widerlegen).
Und dabei wird sehr oft hart an der Signifikanz-Grenze argumentiert. Es gibt sogar (sehr enttäuschende) Studien dazu, wie stark die Erwartungshaltung des Experimentators das Ergebnis verfälscht...
Erschwerend kommt dazu, daß Doppelblindversuche mit Menschen so schnell wie möglich abgeschlossen werden müssen, damit die Versuchspersonen nicht über Gebühr mit Placebos abgespeist werden, wenn Medikament XY allem Anschein nach mehr helfen würde.
Da ruht man sich nur allzu oft auf voreiligen Ergebnissen aus - aber nicht aus Faulheit oder mangelnder Solvenz, sondern allein schon aus ethischen Gründen.

(Ich empfehle dazu Kramer; "So lügt man mit Statistik")
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Beiträge: 1.177, Mitglied seit 18 Jahren
@Zara.t

Gut, jetzt weiß ich, wie du es meinst. :)

Zitat: "Du hast natürlich recht André, es geht um Wissen, ich hab leider eine zu starke Neigung die Welt ontologisch zu betrachten."

Ja, die Versuchung ist auch sehr groß ;)


Aber falls jemand die Grundgedanken dieser "Denkschule" nicht kennt, wird es ihn sehr verwirren, wenn man ihm sagt, wir erfinden die Naturgesetze, etc, wenn man ihm dann nicht mitteilt, dass man nur das "Wissen" darüber meint. Und er könnte das alles dann schon von Anfang an ablehnen - und das nur wegen ein paar unausgesprochenen Annahmen.

Es wird vom Konstruktivismus keine Ontologische Wirklichkeit geleugnet. Nur wer eine gewisse Anpassung an diese Wirklichkeit besitzt, kann überleben. Diese Passung bedeutet aber eben nicht, dass wir diese Wirklichkeit kennen würden, sie ist einfach nur ausreichend, sie bedeutet, dass wir einen Weg zum Fluss jenseits des Waldes finden können, ohne irgendwo anzustoßen, um es mit der blinden Waldläufer Metapher zu sagen.


Ich habe da mal etwas ganz interessantes, das genau in diese Richtung geht und wozu ich am Schluss noch eine Frage stellen werde.

Zitat:
--
Der amerikanische Psychologe Stuart Vyse schildert in seinem Buch "Die Psychologie des Aberglaubens" ein Experiment, das einen weiteren Aspekt des Aberglaubens erklären kann. Er ließ Studenten des Connecticut College an einem Videospiel teilnehmen, bei dem auf dem Bildschirm ein Gittermuster mit fünf mal fünf Kästchen zu erkennen war und in der Ausgangssituation links oben ein Kreis ruhte. Dieser Kreis ließ sich mithilfe zweier Tasten nach rechts und nach unten bewegen. Aufgabe der Versuchsteilnehmer war es, den Kreis so durch das Gittermuster zu bewegen, dass sie möglichst viele Punkte erzielten. Nur hatten die Studenten keinerlei Ahnung, welche Bewegung einen Treffer auslösen würde; das mussten sie selbst herausfinden. In einem Durchgang des Experimentes erzielten die Teilnehmer Punkte, sobald der Kreis sich in den unteren drei der fünf Reihen bewegte, was die Probanden auch recht schnell durchschauten. Als in anderen Versuchen jedoch die Punktvergabe rein zufällig dosiert wurde, also nichts mit den Bewegungen des Kreises auf dem Bildschirm zu tun hatte, geschah etwas Merkwürdiges:
Die Studenten begannen komplizierte Hypothesen darüber aufzustellen, wie das Spiel funktionieren würde. "Man muss ganz bestimmte Kästchen treffen, die von Versuch zu Versuch wechseln, so dass man nie genau weiß, welche es sind", sagte einer. Ein anderer glaubte, man müsse bestimmte Felder vermeiden, und eine Studentin war überzeugt davon, die Tasten für die Steuerung des Kreises müssten ganz langsam gedrückt werden.
Interessant ist auch, wie die Studenten ihre Misserfolge deuteten, wenn sie sich getreu ihren Hypothesen verhielten und dennoch nicht mehr Punkte erzielten. Dann zweifelten sie nicht etwa an ihrer Vorstellung, wie das Spiel funktionierte, sondern glaubten, sie hätten Fehler beim Spielen gemacht.
Für Stuart Vyse besagen die Ergebnisse solcher Experimente zweierlei:
Zum einen neigen Menschen dazu, hinter einer Kette von Ereignissen Zusammenhänge zu sehen. Ein zufällig vergebener Punkt am Ende eines Versuchsdurchgangs hatte die Probanden dazu gebracht, ihre Hypothese als richtig anzusehen; von da an waren sie von deren Gültigkeit überzeugt und suchten sie immer wieder zu bestätigen.
Zum zweiten neigen solche abergläubischen Vorstellungen dazu, beibehalten zu werden und sich selbst zu verstärken. (Henning Engeln).
--

So, eine kleine Bitte noch von mir, diesen Text nicht auf die Arbeitsweise der Wissenschaft übertragen, denn das wäre falsch. Es geht dabei nur um das Phänomen des Aberglaubens, aber auch darüber will ich nicht diskutieren...

Mir geht es hierum: "Menschen neigen dazu, hinter einer Kette von Ereignissen Zusammenhänge zu sehen."

Nehmen wir einmal an, der Evolutionsgedanke ist richtig und wir haben nur deswegen überlebt, weil unsere kognitive Passung an den Mesokosmos ausreichend war, um überleben zu können.

Die Fähigkeit, hinter einer Kette von Ereignissen Zusammenhänge zu sehen, war Vorteilhaft für unserer Überleben.

Würde es in der Natur nicht tatsächlich Zusammenhänge zwischen Ereignissen geben, wäre diese Fähigkeit sinnlos... aber seht nur wo sie uns hingeführt hat.

Man kann vielleicht sagen, die Kategorie "Kausalität" wäre erfunden, erfunden ist aber nicht (auch wenn das auf Annahmen beruht), dass es tatsächlich manchmal Zusammenhänge zwischen einer Kette von Ereignissen gibt, auch wenn ich mir nich sicher sein kann, welche Zusammenhänge nun erfunden sind und welche nicht.

Wenn man diese Zusammenhänge leugnet, dann besteht die Gefahr, dass man in eine ganz andere philosophische Richtung abrutscht ... ich denke, die meisten werden wissen, welche ich meine. :)
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Hi André,
du schreibst "Es wird vom Konstruktivismus keine Ontologische Wirklichkeit geleugnet."
Ich würde sagen DEN Konstruktivismus gibt es gar nicht . K. ist sozusagen ein weites Feld.
Es reicht von v.Foerster, der früher mal die ontologische Wirklichkeit leugnete, mit zunehmender Altersweisheit sich aber einfach weigerte das Wort Ontologie auch nur in den Mund zu nehmen, über Maturana & Varela, Glasersfeld, Watzlawick bis hin zu ich weiß nicht wem.
Seit ich beschlossen habe es v. Foerster gleich zutun und nicht mehr über Ontologie zu reden, rede ich aber fast nur noch über Ontologie. Die Rache des Seins sozusagen.
Ich vermute mal dein Standpunkt ist der des hypothetischen Realismus.
Meine Grundgedanken ( Denkschule, Klasse! ) hab ich in diesem Forum schon so oft niedergeschrieben, dass ich sie mir und euch zuliebe ( eigentlich nur meiner Faulheit zuliebe ) nicht immer wiederholen will.
Vielleicht schaffen wir ja mal nen Thread zum Thema Konstruktivismus.
So Morgen ist auch noch ein Tag schließ ich messerscharf induktiv, dann also bis morgen und gute Nacht!
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Beiträge: 139, Mitglied seit 18 Jahren
hi André,

ich finde deinen gedanken sehr schön: "aus evolutionsgedanke plus der neigung des menschen, in einer kette von ereignissen zusammenhänge zu erkennen, folgt tatsächliches vorhandensein von zusammnehängen bei manchen ereignisketten."

vielleicht durchblicke ich die diskussion nicht ganz und kann den stellenwert nicht richtig einordnen, verbesser mich, wenn ich falsch liege: bringt hier der evolutionsgedanke nicht bereits das zu zeigende als voraussetzung mit? schliesslich setzt der evolutionsgedanke doch das vorhandensein von kausalen zusammenhängen zwischen ereignissen voraus. in diesem sinne erscheint mir obiger gedanke als (erfolgreicher) selbstkonsistenzcheck für die evolutionstheorie.

@Modran: tun die mediziner denn nicht trotzdem ihr bestes? es stimmt, dass in bestimmten wissenschaftsbereichen man keine andere wahl hat, als im grossen stil trial and error zu betreiben, aber ich glaube nicht, dass das eine legitimation für die beschimpfung "sie sehen nur, was sie sehen wollen" sein kann. anders sieht es mit den psychologen aus. es wimmelt von psychologen, die sich auf absurde weise gegen erkenntnisse aus der neurologie sperren. diesen menschen könnte man getrost den status des wissenschaftlers aberkennen. (ok, ist vielleicht etwas hart, wie ich urteile.)
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