Willkommen in Manus Zeitforum
Harti
Beiträge: 1.642, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo zusammen,

In einer vereinfachten (reduzierten) Vorstellung gehe ich von zwei materiellen Objekten aus, die sich in einer bestimmtem Distanz zueinander befinden.

1. Vorstellungsmöglichkeit

Die Objekte habe eine konstitutive Bedeutung für das, was ich mir unter "Raum" vorstelle. Die Distanz (die Beziehung) zwischen ihnen ist der Raum. Falls ich die Objekte entferne, gibt es keinen Raum mehr. Eine Veränderung der Distanz zwischen den Objekten verändert den Raum.

2. Vorstellungsmöglichkeit.

Der Raum besteht unabhängig von den beiden Objekten; er bildet gewissermaßen die Bühne, auf der die Objekte sich befinden und bewegen. Wenn ich mir die Objekte wegdenke, bleibt der Raum als solcher trotzdem erhalten. Ob dieser "Raum" nur eine Vorstellung von mir ist oder real aus etwas und ggf woraus besteht, ist die ungeklärte Frage. Die vorherrschende Meinung geht von dieser Vorstellung eines von den materiellen Objekten des Universums unabhängig existierenden Raumes aus, wenn sie annimmt, dass der Raum sich ausdehnt, während die Objekte sich lokal annähern können. In dem Beispiel "Ameisen auf einem sich ausdehnenden Luftballon" stellt die Haut des Luftballons den "absoluten" Raum dar und die Ameisen Sterne oder Galaxien.

Um den Unterschied in der Raumvorstellung deutlich zu machen, habe ich bewusst nur den Raum und nicht die Raumzeit betrachtet. Ob dies zulässig ist stelle ich mal zur Diskussion.

MfG
Harti
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Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. A.E.
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Bernhard Kletzenbauer
Beiträge: 1.360, Mitglied seit 18 Jahren
Harti schrieb in Beitrag Nr. 2281-1:
2. Vorstellungsmöglichkeit.

Der Raum besteht unabhängig von den beiden Objekten; er bildet gewissermaßen die Bühne, auf der die Objekte sich befinden und bewegen. Wenn ich mir die Objekte wegdenke, bleibt der Raum als solcher trotzdem erhalten. Ob dieser "Raum" nur eine Vorstellung von mir ist oder real aus etwas und ggf woraus besteht, ist die ungeklärte Frage. Die vorherrschende Meinung geht von dieser Vorstellung eines von den materiellen Objekten des Universums unabhängig existierenden Raumes aus, wenn sie annimmt, dass der Raum sich ausdehnt, während die Objekte sich lokal annähern können. In dem Beispiel "Ameisen auf einem sich ausdehnenden Luftballon" stellt die Haut des Luftballons den "absoluten" Raum dar und die Ameisen Sterne oder Galaxien.

Um den Unterschied in der Raumvorstellung deutlich zu machen, habe ich bewusst nur den Raum und nicht die Raumzeit betrachtet. Ob dies zulässig ist stelle ich mal zur Diskussion.

Meine persönliche, 3. Vorstellung ist sehr ähnlich der 2. Möglichkeit.
Raum ist eine Bezeichnung für leeres Volumen. Wo sich ein Objekt befindet, kann kein anderes Objekt sein.

In diesem leeren Volumen befindet sich ein Gravitations-Medium das kontrahieren, expandieren und Wellen schlagen kann. Objekte "kleben" in diesem gelatineartigen Medium in einem meßbaren, linearen Abstand und werden bei Expansion oder Kontraktion des Mediums einfach von ihm mitgenommen.
Natürlich können sie sich innerhalb des Mediums auch selbst bewegen.
Leeres Volumen kann auch ohne Medium und Objekte existieren. Aber Objekte und das Gravitations-Medium benötigen leeres Volumen um darin zu existieren (oder es komplett auszufüllen).
Damit wir uns nicht mißverstehen, dieses leere Volumen (Raum) ist eine Grundvoraussetzung für die Existenz des Universums, aber auch etwas nicht meßbares, nicht greifbares, unveränderbares - eben das leere "Nichts".
Um die räumliche Position zweier Objekte zueinander in dem Gravitations-Medium zu beschreiben, benötigt man ein Koordinatensystem mit mindestens 3 Koordinaten. Weniger geht nicht, mehr sind überflüssig.
Dies kann aber nur eine statische Welt beschreiben.

https://scontent.ftxl1-1.fna.fbcdn.net/v/t1.0-9/220...

Ein meßbarer Zeit-Ablauf ergibt sich erst bei Veränderung des Mediums oder der Objekte.
Um auch die zeitlichen Abstände von Ereignissen und Zuständen zu beschreiben, benötigt man eine weitere Koordinate. Erst dann ist die vollständige raumzeitliche Beschreibung von Zuständen und Ereignissen innerhalb eines beobachteten Universum-Bereiches möglich.
(Zusatzhinweis: Koordinaten sind Längenangaben in Kombination mit Richtungen. Es gibt immer auch noch eine zugehörige Koordinate für die entgegengesetzte Richtung, also zum Beispiel "+X" oder "-X". Daher hat man eigentlich genau genommen 8 Koordinaten zur Beschreibung eines Universumbereiches zur Verfügung.)
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Es gibt keine Urknall-Singularität.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Bernhard Kletzenbauer am 03.10.2017 um 13:41 Uhr.
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Struktron
Beiträge: 233, Mitglied seit 10 Jahren
Hallo miteinander,
@Harti, das echt existierende Etwas wird leider momentan oft ausgeblendet. Physiker beschränken sich auf die Beschreibung und da gibt es eben viele Möglichkeiten.
@Bernhard, Deine Vorstellungen erinnern mich an das Zellgittermodell.

Bei der echten Existenz bin ich wegen der guten Zahlenwerte mit meinen Simulationen und anderen einfachen Berechnungen eher geneigt, ein Universum mit diskreten ausgedehnten Objekten anzunehmen. Das impliziert auch den existierenden Raum und mit Ereignissen durch Abzählen definierbare Zeit.
MfG
Lothar W.
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Erklären kleine diskrete Objekte die Grundlagen der Standardphysik?
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Stueps
Beiträge: 3.476, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Harti,

schönes neues Thema.

Harti schrieb in Beitrag Nr. 2281-1:
In einer vereinfachten (reduzierten) Vorstellung gehe ich von zwei materiellen Objekten aus [...]

Ich habe einen Verdacht:

Raum ist ein von Materie verursachter Effekt. Nur Materie spannt Raum auf.
Halbzahlige Elementarteilchen (Materie) gehorchen dem Pauli-Prinzip (wo ein Körper ist,kann kein zweiter sein,immer noch klemmtmeine Leertaste, was mich fertig macht,und ich versuche zu ignorieren, wasmir nicht gelingt).
Bosonen ist Raum herzlich egal: Beliebig viele können beliebig kleinen Raum einnehmen.
So scheint mir,dass Raum nichts Elementares ist, sondern etwas,was sich aus den Eigenschaften der betrachteten Objekte ergibt. Errechnen lässt.
Nur ein Nebeneffekt.
Wir mit unserer äußerst beschränkten Wahrnehmungsfähigkeit nehmen Raum als etwas reales an,nur weiles nützlich ist.

Und ja,ich habe auf die Leertaste mehrfach eingehämmert.

Beste Grüße
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Diese Welt gibt es nur, weil es Regeln gibt.
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Harti
Beiträge: 1.642, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo zusammen,
für mich bleibt weiter unklar, woraus der Raum (die Bühne, die das Bezugssystem für die Bewegungen der Galaxien bildet) nach Vorstellung der herrschenden Meinung besteht.
Ist es nur ein vorgestelltes Koordinatensystem, das man Raumzeit nennt, oder ein aus Materie (dem Teilchenzoo und den Grundkräften) bestehendes Objekt ?

MfG
Harti
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Stueps
Beiträge: 3.476, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Harti,

Harti schrieb in Beitrag Nr. 2281-5:
für mich bleibt weiter unklar, woraus der Raum (die Bühne, die das Bezugssystem für die Bewegungen der Galaxien bildet) nach Vorstellung der herrschenden Meinung besteht.

Das dürfte allen so gehen.

Harti schrieb in Beitrag Nr. 2281-5:
Ist es nur ein vorgestelltes Koordinatensystem, das man Raumzeit nennt

Nach Tegmark (sorry, dass ich ihn so oft erwähne) nicht einmal das. Nichts vorgestelltes.

Ein Koordinatensystem stellt Beziehungen her. Das ist Mathematik.
Die Frage für mich ist:

Entdecken wir Mathmatik, oder erfinden wir sie? Als Hilfsmittel.
Anders: Entdecken wir grundlegende Beziehungen, oder erfinden wir sie?
Für mich ist Antwort klar:

Erfinden kann ich in unserer Welt gar nichts, ohne offenbare Grundregeln zu beachten, sonst erfände ich jeden Tag 1000 Euro in meiner Hosentasche.
Es muss also m.E. Regeln geben, die immer gelten, die da sind (und auch uns letztlich ermöglichen). Sie müssen immer gelten, nur so ist ein Mensch (und überhaupt igendetwas) an sich denkbar.

Was sind Regeln im naturwissenschaftlichen Sinne?

Ich sage mal aus dem Bauch heraus: Feste Beziehungen, die der strengen Logik ohne jede Ausnahme folgen, weil sie nur so möglich sind.

Harti schrieb in Beitrag Nr. 2281-5:
oder ein aus Materie (dem Teilchenzoo und den Grundkräften) bestehendes Objekt ?

Meine unausgegorene Idee:

Nach meinem Verständnis macht das Konzept "Raum" (und auch "Zeit") nur für Fermionen Sinn:

Für masselose Teilchen ergeben nach Einstein Raum und Zeit keinen Sinn (das behaupte ich jetzt einfach mal, und versuche es auch zu verteidigen).
Fermionen unterscheiden sich augenscheinlich nur durch die Spinzahl: Bosonen ganzzahlig, Fermionen halbzahlig.
Bosonen interessiert nicht, inwieweit Wirkung räumlich und zeitlich zusammengepackt werden kann. Fermionen schon.

Wäre ich fies, und hätte das Konzept des Spins verstanden, würde ich jetzt behaupten - konsequent zu Ende gedacht -, dass Raum und Zeit Konsequenzen entgegengesetzten Spins sind.

So einfach: Spin erschafft Raum und Zeit. Allerdings fallen mir auch gleich Gegenargumente ein:

Ist "Spin" nicht ein Raum-Zeit- Konzept?
Ich habe wieder den Faden verloren, wie immer, möchte aber auf eines verweisen:

Letzlich, wenn wir es auf den Grund der Realität herunterbrechen, sehen wir nur noch Beziehungen. Nur noch Mathematik.


Beste Grüße
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Beitrag zuletzt bearbeitet von Stueps am 12.10.2017 um 02:11 Uhr.
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Claus
Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Stueps,

Beziehungen, ok. Aber wozwischen? Unterscheidest du da noch materielle Beziehungen, geistige Beziehungen, etc. - wenn alles "Mathematik" ist, hat dann Pythagoras recht, wenn er sagt: "Alles ist Zahl."? Falls ja, was unterscheidet 6/3 von 3/2, wenn es nichts "zu zählen" gibt?

andere Frage @alle: Falls "Raum" an sich eine Substanz ist (also aus etwas besteht), kehren wir dann wieder zum Äther zurück, der ja seit Michelson/ Morley verworfen wurde?
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Branworld1
Beiträge: 179, Mitglied seit 13 Jahren
Hallo an Alle ....

Ich entscheide mal für mich :

Raum ist alles, dem wir Koordinaten zuschreiben.

Wenn ich jetzt unsere " Lokale Gruppe " von Galaxien anschaue, dann bemesse ich sie in einem Raum wo die Distanzen sich in einem Rahmen von - grob geschätzt - 35 Mio. Lichtjahren bewegen.

Mein Badezimmer besitzt auch Koordinaten - in diesem fall 9,64 m² .
Ob ich jetzt - ausser den Fliesen - ein paar Bosonen hinein lasse oder eine Wanne hinstelle, die Entscheidung bleibt nur mir überlassen..

....

So.. Wie groß schlussendlich das Universum sei, wird sowohl von den Physiker wie auch vom Laien " nur " geschätzt. Einen konkrete Aussage in dieser Hinsicht ist unmöglich.
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Werde schlafen bis ich Schön bin... Das kann dauern
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Stueps
Beiträge: 3.476, Mitglied seit 18 Jahren
Moin Claus,

ich zäume das Pferd von hinten auf, und stochere mit meinen Gedanken mal wild in der Gegend herum (du stellst aber auch immer schwierige Fragen!!!):

Claus schrieb in Beitrag Nr. 2281-7:
Falls ja, was unterscheidet 6/3 von 3/2, wenn es nichts "zu zählen" gibt?

Vielleicht ist "zählen" etwas, was eine mathematische Beziehung ausmachen kann.
Nehmen wir Pythagoras mit seinem rechtwinkligen Dreieck: a2+b2=c2. Das ist eine feste Beziehung, die immer gültig ist, wenn drei Strecken in einem flachen zweidimensionalen Raum an ihren Enden verbunden werden. Ich behaupte:
Es kann niemals anders sein. Es ist kein Universum denkbar, keine Existenz, in dem diese Beziehung mit vorangestellten Bedingungen verletzt wird.
"Zählen" ist hier nicht wichtig: Die Strecken können beliebig groß sein, Pythagoras gilt, solange erforderte Bedingungen erfüllt sind.

Aber vielleicht ergibt sich "Zählen" dann aus Beziehungen:
32+42=52.

Einheiten entstehen also vielleicht aus Beziehungen. Da beide Katheten nicht nur in ihrer Orientierung, sondern auch in ihrer Ausdehnung fest zur Hypothenuse stehen, ergibt sich daraus etwas Verhältnismäßiges, eine Einheit: c2-b2=a2. a 2 kann also im Rechtwinkeldreieckgesamtzusammenhang als eine Einheit, etwas Zählbares aufgefasst werden. Im Gesamtkonsens des rechtwinkligen Dreiecks als Zahl. Egal, was ich im Pythagoras-Dreieck verändere: Alles andere wird sich "zählbar", weil durch feste Beziehung festgelegt, ebenso und vollkommen konkret verändern.

Vielleicht ist eine Zahl nichts weiter als ein konkreter Ausdruck fester Beziehungen.

Claus, ich habe über derlei noch nie nachgedacht. Du bringst mich ganz oft in gedankliche Gebiete, von denen ich nicht einmal wusste, dass es sie gibt. Das ist so wertvoll für mich!

Beste Grüße
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Beitrag zuletzt bearbeitet von Stueps am 12.10.2017 um 23:17 Uhr.
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Otto
Beiträge: 1.233, Mitglied seit 10 Jahren
Hallo, alle zusammen.
um auf Hartis ursprüngliche Fragestellung zurück zu kommen:

Harti schrieb in Beitrag Nr. 2281-1:
In einer vereinfachten (reduzierten) Vorstellung gehe ich von zwei materiellen Objekten aus, die sich in einer bestimmtem Distanz zueinander befinden.

Du gehst mir Deiner Fragestellung von unserer Erfahrungswelt aus.
Der Mensch erfährt den Raum unmittelbar nur als Orte eines kleinen Teils der Erdoberfläche bzw. dessen Nähe. Von der kleinen Welt unseres Erlebten muß man sich aber unbedingt lösen und mit mathematisch-physikalische Methoden versuchen, den Kosmos zu deuten.

Eine der Methoden ist die Beschreibung des Raumes durch Gravitation.
Das Gravitationsfeld ist nicht im Raum ausgebreitet, sondern es ist der Raum. Das Gravitationsfeld erfüllt gewissermaßen gar nicht den Raum, sondern es bildet ihn oder es ist ein Merkmal von ihm.
Deshalb ist die Gravitation eigentlich keine Kraft (wie wir sie erfahren), sondern eine Eigenschaft der mathematisch-gekrümmten Raumzeit-Geometrie.
Der Raum ist so eine Erscheinungsform der Materie; der Raum ist eine materielle Komponente der Welt, dessen Zustand (Zustand des Gravitationsfeldes) sich ständig ändert.
Die Änderung dieses Raumes bzw. Gravitationsfeldes ist m.E. die Zeit.

Zur Erinnerung am Rande:
Mathematischen Beziehungen der Algebra und der euklidischen Geometrie, wie von Euch in der Diskussion oben angeführt, gelten nur für den „leeren“ Raum.

Gruß, Otto
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Claus
Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Stueps schrieb in Beitrag Nr. 2281-9:
Nehmen wir Pythagoras mit seinem rechtwinkligen Dreieck: a2+b2=c2. Das ist eine feste Beziehung, die immer gültig ist, wenn drei Strecken in einem flachen zweidimensionalen Raum an ihren Enden verbunden werden. Ich behaupte:
Es kann niemals anders sein. Es ist kein Universum denkbar, keine Existenz, in dem diese Beziehung mit vorangestellten Bedingungen verletzt wird.

Hallo Stueps,

der Satz des Pythagoras gilt nur im euklidischen Raum. Wenn der Raum nicht euklidisch (also z.B., wenn er in der Realität nicht leer ist - siehe hierzu Ottos Antwort an Harti - einen Beitrag zuvor), so gilt deine Annahme einer "immer und ewig gültigen mathematischen Beziehung" offensichtlich nicht mehr1!

Wenn wir Universume nicht als "leer" betrachten wollen, ist also strenggenommen das Gegenteil deiner Annahme richtig. Es ist kein Universum denkbar, in dem der Satz des Pythagoras gilt... :)

Siehe hierzu auch Wikipedia 1) - dort der Abschnitt: "Verallgemeinerung und Abgrenzung"; "Nichteuklidische Geometrie".
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Claus
Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Stueps schrieb in Beitrag Nr. 2281-9:
... wenn drei Strecken in einem flachen zweidimensionalen Raum an ihren Enden verbunden werden. Ich behaupte:
Es kann niemals anders sein. Es ist kein Universum denkbar, keine Existenz, in dem diese Beziehung mit vorangestellten Bedingungen verletzt wird.

Ist denn kein (stärker) gekrümmtes Universum (als unseres) denkbar?

Warum hat Pythagoras die flache Geormetrie für seinen Satz zu Grunde gelegt?

Ich behaupte: Weil unsere Welt (zufälligerweise?) nahezu flach ist - und weil man mit dem Satz deshalb in unserer Welt herrlich stimmige Berechnungen anstellen kann.

Wäre die Welt aber nicht flach, sondern krumm - was m.E. durchaus denkbar wäre... warum sollten alle denkbaren Universen flach sein?... es ist sowieso ein ungeklärtes "Wunder" dass unsere Umgebung so nahezu perfekt flach ist, wie sie ist... wäre die Welt also nicht flach, so hätte Pythagoras wahrscheinlich eine andere Geometrie entdeckt!

... was mich in der Vermutung stärkt, dass diese Geometrie also gar nicht (i.S. einer einzig gültigen Wahrheit) "entdeckt" wurde, sondern vielmehr einfach zielorientiert ausgedacht ist - und zwar so, dass sie die tatsächlich komplizierte Welt zwar nur annähernd, dafür aber wesentlich unkomplizierter und immer noch genau genug beschreibt.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Claus am 13.10.2017 um 18:03 Uhr.
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Otto
Beiträge: 1.233, Mitglied seit 10 Jahren
Claus schrieb in Beitrag Nr. 2281-11:
Wenn wir Universume nicht als "leer" betrachten wollen, ist also strenggenommen das Gegenteil deiner Annahme richtig. Es ist kein Universum denkbar, in dem der Satz des Pythagoras gilt... :)

Hallo Claus,
Das sehe ich auch so. Natürlich hängt das insbesondere von der Position eines Beobachters zu den Masseanhäufungen im Universum ab.
Für einen hinreichend weit von den Massen entfernten unbewegten Beobachter (und bezogen auf die Systemzeit t) gelten mit ausreichender Genauigkeit die mathematischen Beschreibungen (Gleichungen) wie sie aus der euklidischen Geometrie bekannt sind.
In einem starren Koordinatensystem wechselt also die "Intensität" des nichteuklidischen Systems sich lokal fortlaufend (zeitlich).
Anders ausgedrückt:
Für den Raum (als Ausdruck der Gravitation) ändert sich ständig aus Sicht eines externen Beobachters die lokale Längendilatation, das Verhältnis der 3-D Längendilatationen zueinander (Breite : Höhe : Tiefe), so auch der Wert der Zahl π als Verhältnis von Umfang zu Radius, und Winkeldilatationen zwischen den 3D-Richtungen.
Pro Punkt können diese Werte durch Tensoren beschrieben werden.
Dann gibt es natürlich einen richtungsabhängigen maximalen Wert der Dilatation, der "Haupt-Dilatation", verbunden mit einer "Haupt-Dilatation-Richtung", einer Volumendilatationen und einer maximalen Winkeldilatationen (auch abhängig von der Richtung).
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Claus
Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Otto schrieb in Beitrag Nr. 2281-13:
Für einen hinreichend weit von den Massen entfernten unbewegten Beobachter (und bezogen auf die Systemzeit t) gelten mit ausreichender Genauigkeit die mathematischen Beschreibungen (Gleichungen) wie sie aus der euklidischen Geometrie bekannt sind. ...

Dann gibt es natürlich einen richtungsabhängigen maximalen Wert der Dilatation, der "Haupt-Dilatation", verbunden mit einer "Haupt-Dilatation-Richtung", einer Volumendilatationen und einer maximalen Winkeldilatationen (auch abhängig von der Richtung).

Hallo Otto,

ja. In diesem Sinne wollte ich Stueps verdeutlichen, dass Pythagoras zwar streng genommen in der "Realität" nicht gilt, aber weniger streng genommen eigentlich genial ist, weil man sich so "genau genug" der Realität annähern kann.

Wie siehst du das: Hat Pythagoras eine unabhängig existierende "Wahrheit entdeckt" oder war er Ingenieur und hat unter Verwendung einer Annäherung ein praktisches Weltmodell konstruiert?
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Stueps
Beiträge: 3.476, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Claus,

Claus schrieb in Beitrag Nr. 2281-12:
Ist denn kein (stärker) gekrümmtes Universum (als unseres) denkbar?

Na aber klar doch.

Claus schrieb in Beitrag Nr. 2281-12:
Warum hat Pythagoras die flache Geormetrie für seinen Satz zu Grunde gelegt?

Ich behaupte: Weil unsere Welt (zufälligerweise?) nahezu flach ist

Ich habe mich anscheinend missverständlich ausgedrückt. Mir geht es nicht um das, was wir vorfinden. Mir geht es um feste mathematische Beziehungen:

Verbinde ich drei Strecken auf einer flachen Ebene an ihren Enden, beträgt die Innenwinkelsumme immer 180°. Ich behaupte, dass diese Beziehung unumstößlich ist, und in allen denkbaren Universen Gültigkeit hat. Möchte man eine andere Innenwinkelsumme haben, muss man die Flachheit der Ebene aufgeben. Auch in einem stark gekrümmten Raum ist eine flache Ebene denkbar (wir können uns ja im Gegenzug einen gekrümmten Raum vorstellen, obwohl unser Raum es in kosmischen Dimensionen nicht wahrnehmbar ist), und auch dort käme ein schlauer Mensch auf obige Beziehung.
So scheint es mir, dass mathematische Beziehungen grundlegend sind, und sich aus ihnen zum Beispiel ein Universum wie unseres verwirklichen lässt.

Claus schrieb in Beitrag Nr. 2281-12:
... was mich in der Vermutung stärkt, dass diese Geometrie also gar nicht (i.S. einer einzig gültigen Wahrheit) "entdeckt" wurde, sondern vielmehr einfach zielorientiert ausgedacht ist

Im Sinne obiger Beziehungen ist das meines Erachtens nicht möglich. Die Beziehung "drei an ihren Enden verbundene Strecken auf einer flachen Ebene -> Innenwinkelsumme 180°" kann nur entdeckt werden. Dieses Beziehungsregelwerk ist für mich Mathematik. Mathematische Regeln sind meines Erachtens unverrückbar, immer gültig, es gibt keine Ausnahmen, niemals. Letztlich erscheint das auch sinnvoll: Nur so lässt sich die Stabilität unserer Welt meiner Meinung nach hinreichend erklären.

Beste Grüße
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Otto
Beiträge: 1.233, Mitglied seit 10 Jahren
Claus schrieb in Beitrag Nr. 2281-14:
... dass Pythagoras zwar streng genommen in der "Realität" nicht gilt, aber weniger streng genommen eigentlich genial ist, weil man sich so "genau genug" der Realität annähern kann.
Wie siehst du das: Hat Pythagoras eine unabhängig existierende "Wahrheit entdeckt" oder war er Ingenieur und hat unter Verwendung einer Annäherung ein praktisches Weltmodell konstruiert?

Hallo Claus,
Meine erste Idee als Ingenieur ist natürlich, dass Pythagoras vermutlich wohl auch wie ein Ingenieur dachte, der mathematische Gesetze als Werkzeuge für diese Tätigkeit - für sich oder andere - suchte.
Pythagoras ist zwar geschichtlich in erster Linie als Philosoph bekannt, aber ich kann mir absolut nicht vorstellen, wie man allein auf Grund philosophischer Überlegungen auf a²+b²=c² als geniale Idee kommen könnte, auch nicht als Teil eines philosophischen Weltmodells.
Optional halte ich es jedoch für möglich, daß diese Gleichung auch auf der Grundlage kabbalistischer Überlegungen bei einer gnostischer und christlicher gedanklichen Suche nach göttlichen Gesetzen entstanden ist.
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Otto
Beiträge: 1.233, Mitglied seit 10 Jahren
Claus schrieb in Beitrag Nr. 2281-17:
Ich vermute daher, dass wir nicht die Mathematik finden1), sondern dass wir die Mathematik konstruieren, um die Natur zu finden.

Hallo Claus,
ja, sicher konstruieren wir heute neue mathematische Werkzeuge, die in sich logisch sind.
Bei der Anwendung dieser Werkzeuge auf physikalische Erscheinungen muß man jedoch immer sehr vorsichtig sein, ob die Resultate auch tatsächlich stimmen können.
Nützlich ist auf jedem Fall die Anregung neuer Ideen und möglicher neuer Erklärungen physikalischer Erscheinungen in der Natur, die stimmen können, aber nicht müssen. Nicht alles, was mathematisch logisch möglich ist, muß keineswegs in der Natur zwingend existieren.

Aus diesem Grunde hatte ich mich gelegentlich mit der geometrischen Darstellung des Kehrwertes von natürlichen/reellen Zahlen und von komplexen Zahlen (komplexe Inversion) beschäftigt, um die Wirkung beider mathematischen Methoden besser zu verstehen.
(Zur Erinnerung and vergangene Diskussionen hier im Forum:
Der Kehrwert ist normalerweise nichts weiter als eine Darstellung des gleichen Zustandes, nur mit inversen Maßeinheiten, typisches physikalisches Beispiel T=1/f; ...
Konvertierung eines Wertes in einen der Grenzwerte Null oder Unendlich ...;
Bedeutung der Zahl 1 ...;
was sind zeitlose Gleichungen ...; wie kann man zeitliche Prozesse überhaupt mathematisch darstellen ...)
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Stueps
Beiträge: 3.476, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Otto,

Zitat:
was sind zeitlose Gleichungen ...; wie kann man zeitliche Prozesse überhaupt mathematisch darstellen ...)
Otto schrieb in Beitrag Nr. 2281-18:
wie kann man zeitliche Prozesse überhaupt mathematisch darstellen

wenn ich das richtig verstanden habe, ist hier die Schrödingergleichung das geeignete Mittel.

Otto schrieb in Beitrag Nr. 2281-18:
ja, sicher konstruieren wir heute neue mathematische Werkzeuge, die in sich logisch sind.
Bei der Anwendung dieser Werkzeuge auf physikalische Erscheinungen muß man jedoch immer sehr vorsichtig sein, ob die Resultate auch tatsächlich stimmen können.

Ja. Daran ist aber meiner Meinung nach nicht die Mathematik an sich schuld, sondern unser begrenztes Wissen über sie.

Otto schrieb in Beitrag Nr. 2281-18:
Nicht alles, was mathematisch logisch möglich ist, muß keineswegs in der Natur zwingend existieren.

Tegmark behauptet das Gegenteil. Wer von euch beiden nun recht hat, dürfte aber vielleicht niemals entscheidbar sein. Ein Problem, was auch Tegmark in seinem Buch anspricht, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.

Hallo Claus,

Claus schrieb in Beitrag Nr. 2281-17:
Ich vermute daher, dass wir nicht die Mathematik finden1), sondern dass wir die Mathematik konstruieren, um die Natur zu finden.

Mir ist das irgendwie nicht konsequent genug. Ist Mathematik der Grund der Welt, würde das für mich die grundlegensten Fragen (z.B. warum es überhaupt irgendetwas gibt) zufriedenstellend beantworten. Deshalb bin ich derzeit von dieser Idee so fasziniert.

Beste Grüße
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Harald Denifle
Beiträge: 926, Mitglied seit 13 Jahren
Josef Honerkamp schreibt in – Die Entdeckung des Unvorstellbaren

Erst die mathematische Beschreibung, die Argumentation auf dieser Ebene und die Prüfung durch das Experiment führen uns zu verlässlichem Wissen.
Dass solche Leitlinien notwendig sind, hat die Geschichte gezeigt: Wäre man aus „freien Stücken“ auf die Eigenart der Quantenmechanik gekommen? Hätten wir auch sonst eingesehen, dass es eine Anmaßung ist, zu glauben, die Vorstellungen und Bilder unserer menschlichen Welt mittlerer Dimension reichten aus, um sich ein Bild von der Welt zu machen?

Grüße Harald

Geht hier nicht die Einmaligkeit als erlebtes Gefühl verloren?
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Es gibt nur eine Zeit - die aktive und die passive Gegenwart - und Gravitation
ist die Antwort der Gegenwart auf die Einwirkung vergangener Wichtigkeiten.
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Otto
Beiträge: 1.233, Mitglied seit 10 Jahren
Hallo Stueps und Harald,

Stueps schrieb in Beitrag Nr. 2281-19:
wenn ich das richtig verstanden habe, ist hier die Schrödingergleichung das geeignete Mittel.
Die Schrödingergleichung ist eine mathematische Methode zur Beschreibung quantenmechanischer nichtrelativistischer Zustände.
Ich sehe das etwas allgemeiner.
Der Prozess einer zeitlichen (geschichtlichen) Entwicklung wird erst durch eine Reihe (oder Folge) selbst beschrieben. Jeder mathematischer Operator (Pluszeichen, Minuszeichen, Multiplikationszeichen) repräsentieren Akte zeitlicher Zustandsänderungen. (1)
Wenn die Aufsummierung abgeschlossen ist, ist ein zeitloser, ein azeitlicher Zustand erreicht. Besteht die Summe aus unendlich vielen Summanden, ist die Summenbildung nie abgeschlossen, beschreibt also eine Zustandsänderung als einen ständigen zeitlichen Prozess.
Mathematisch übliche Ausdrücke dafür sind zum Beispiel lim → ∞ oder ∑= ... für n von 0 oder 1 bis ∞.

Harald Denifle schrieb in Beitrag Nr. 2281-20:
Erst die mathematische Beschreibung, die Argumentation auf dieser Ebene und die Prüfung durch das Experiment führen uns zu verlässlichem Wissen.
Stueps schrieb in Beitrag Nr. 2281-19:
Ja. Daran ist aber meiner Meinung nach nicht die Mathematik an sich schuld, sondern unser begrenztes Wissen über sie.

Otto schrieb in Beitrag Nr. 2281-18:
Nicht alles, was mathematisch logisch möglich ist, muß keineswegs in der Natur zwingend existieren.

Tegmark behauptet das Gegenteil. Wer von euch beiden nun recht hat, dürfte aber vielleicht niemals entscheidbar sein. Ein Problem, was auch Tegmark in seinem Buch anspricht, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.
Vermutlich können alle Naturvorgänge mathematisch, zumindest näherungsweise, beschrieben werden, wie die Erfahrung lehrt.
Aber nicht jedes mathematische Ergebnis muß auch zwangsweise zu richtigen physikalischen Aussagen führen. Das ist schon allein durch die nicht begründeten oder deduktiv abgeleiteten Axiome innerhalb eines Systems verursacht. Weitere Gründe sind u.a. vereinfachende Annahmen oder auch z.B. die willkürliche Anwendung komplexer Zahlen, ohne zu wissen, was das nach sich zieht.

Gruß, Otto


(1) Potenzen sind verkürze Multiplikationen; Multiplikationen sind verkürzte Additionen.
Bei Addition bzw. Subtraktion handelt es sich mathematisch um (zweistellige) Verknüpfungen durch Rechenoperationen. Eine Gleichung, Ungleichung oder Funktion ist ein Term, der in Relation (=) zu Teiltermen, Variablen und Konstanten gebracht wird. Oft werden Terme oder Teilterme nach ihrer inhaltlichen Bedeutung benannt (kinetische Energie, potentielle Energie).
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Traue nie Deinen Sinnen.
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