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Gravitationskraft - Beschleunigungskraft - Raumgeometrie

Thema erstellt von Otto 
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Beiträge: 1.233, Mitglied seit 10 Jahren
Für mich ist die Diskussion zum Thema "Zwillingsparadoxon" (Nr. 13-...) durch die Vielzahl der Beiträge etwas unübersichtlich geworden.
Deshalb möchte ich vorschlagen, einen Teil der vielen angerissenen Themen separat in einem neuen Thread zu diskutieren.

Claus fragte einmal sinngemäß nach dem zusätzlichen quasi-gravitativen Einflusses bei "gespürter" Beschleunigung.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, daß nicht jede erfahrene Beschleunigung mit gravitativen Wirkungen gleichzusetzen ist.
Wenn dem so wäre, dann müßte sich z.B. eine Person auf dem Karussell auf einer Geodäte bewegen. Könnte man das wirklich so interpretieren?
Ich denke, man muß Beschleunigungen der klassischen Mechanik (wie z.B. einem Karussell, einer Kreisscheibe, einem Pendel) trennen von Beschleunigungen infolge der Wirkung von G-Feldern, die den Raum krümmen und so Scheinkräfte hervorrufen.

Gibt es außer Gravitationsfeldern noch andere Felder, die Beschleunigungen in Wechselwirkungen mit anderen Feldern hervorrufen, aber nicht durch Raumkrümmungen interpretiert werden (elektrische/magnetische Felder)?
Ich denke dabei z.B. an Magnetresonanzbeschleuniger (Zyklotrone). Im Inneren herrschen dort keine elektrischen Felder. Die Teilchen beschreiben unter Wirkung der Lorenzkraft des angelegten Magnetfeldes einen Kreisbogen, dessen Durchmesser sich ständig spiralförmig vergrößert. Die Zentripetalkraft entspricht hier der Lorenzkraft. Die Geschwindigkeit des Teilchens nimmt auf der Spiralbahn mit dem Radius ständig zu (bei konstanter Erregerfrequenz, konstanter Masse des Teilchens, Ionenladung und Flußdichte des Magnetfeldes).
Die Kreisfrequenz ist (bei niederen Geschwindigkeiten) konstant, während die Tangentialgeschwindigkeit mit dem Radius der Kreisbewegung größer wird.
Bei höheren Geschwindigkeiten in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit bleibt die Umlaufdauer jedoch nicht mehr konstant, sondern nimmt zu. Das ist gleichbedeutend damit, daß die Kreisfrequenz um den Faktor sqrt(1-(v/c)²) abnimmt. Der Magnetresonanzbeschleuniger kommt gewissermaßen dann „außer Tritt“.

Bei diesem Prozeß wirkt kein Gravitationsfeld, nur ein Magnetfeld.
Die "gespürte" Kraft ist hier die Lorenzkraft.
Eine gravitative Zeitdilatation kommt m.E. hier nicht zur Wirkung.
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Beiträge: 1.642, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Otto,
Otto schrieb in Beitrag Nr. 2254-1:
Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, daß nicht jede erfahrene Beschleunigung mit gravitativen Wirkungen gleichzusetzen ist.
Wenn dem so wäre, dann müßte sich z.B. eine Person auf dem Karussell auf einer Geodäte bewegen. Könnte man das wirklich so interpretieren?

Zunächst scheint es mir sinnvoll zu klären, was gemeint ist, wenn man Beschleunigung und Gravitation gleichsetzt, als äquivalent ansieht. Ich würde dies so interpretieren, dass sie in ihren Wirkungen nicht zu unterscheiden sind.
Bei einer Person auf einem Karussel wirken m.E. zwei Kräfte senkrecht zueinander. Die Erdanziehung (man spürt sie durchaus noch am Hintern) und die Zentripetalkraft zum Rand des Karussells.
Hinsichtlich der Erdanziehung bewegt sich ein Karussellfahrer nicht auf einer Geodäte des Gravitationsfeldes der Erde. Dieses Gravitationsfeld stellt als Bezugssystem eine gekrümmte Raumzeit dar. Der Karussellfahrer verändert seine räumliche Position zum Zentrum dieses Bezugssystems, dem Erdmittelpunkt nicht. Seine räumliche Position entspricht im Prinzip der eines Menschen, der auf der Erde steht. Dies bedeutet, er verändert sich raumzeitlich nur in der Zeit und damit geradlinig, weil sich das Verhältnis zwischen Raum und Zeit nicht verändert (Änderungsrate der Geschwindigkeit = 0). Im Verhältnis zum raumzeitlich gekrümmten Gravitationsfeld der Erde stellt die geradlinige (rein zeitliche) Veränderung eine beschleunigte Bewegung dar. Auf einer Geodäte des Gravitationsfeldes der Erde bewegt sich aber nur derjenige, dessen Änderungsrate der Geschwindigkeit genau der Krümmung der durch die Erde verursachten Raumzeitkrümmung entspricht. Dies ist nur beim freien Fall oder einem Umlauf auf einer stabilen Satellitenbahn der Fall.

Ich habe gerade keine Zeit mehr für weitere Überlegungen und melde mich wieder bei Gelegenheit.

MfG
Harti
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Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. A.E.
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Beiträge: 952, Mitglied seit 9 Jahren
Otto schrieb in Beitrag Nr. 2254-1:
Für mich ist die Diskussion zum Thema "Zwillingsparadoxon" (Nr. 13-...) durch die Vielzahl der Beiträge etwas unübersichtlich geworden.
Deshalb möchte ich vorschlagen, einen Teil der vielen angerissenen Themen separat in einem neuen Thread zu diskutieren.

Claus fragte einmal sinngemäß nach dem zusätzlichen quasi-gravitativen Einflusses bei "gespürter" Beschleunigung.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, daß nicht jede erfahrene Beschleunigung mit gravitativen Wirkungen gleichzusetzen ist.


Gibt es außer Gravitationsfeldern noch andere Felder, die Beschleunigungen in Wechselwirkungen mit anderen Feldern hervorrufen, aber nicht durch Raumkrümmungen interpretiert werden (elektrische/magnetische Felder)?

Hallo, Otto!

Ja klar gibt es andere Felder, die eine Beschleunigung hervorrufen! Entgegengesetzte Ladungen ziehen einander an, ein Magnet zieht ein magnetisierbares Objekt an. Für beide Fälle gilt doch, dass die wirkende Kraft mit der Entfernung abnimmt, folglich nimmt sie zu, wenn die Entfernung abnimmt – je größer die Kraft, desto stärker die Wirkung, also eine Beschleunigung.

Ansonsten stimme ich dir ganz klar zu – im Sinne der ART ist die Gravitation eine „Scheinkraft“. Man spürt sie nur, wenn eine Kraft entgegenwirkt, z. B. auf der Erdoberfläche die elektromagnetische Kraft.

Hartis Überlegungen in Ehren, aber sie sind leider nicht richtig. Die Zeitdilatation im Gravitationsfeld hat gar nichts mit der Bewegung durch den Raum zu tun, denn sie erfolgt auch, wenn Objekt stationär bleibt, z. B. geht die Uhr auf dem Erdboden langsamer als auf einem Berg. Alles bewegt sich IMMER durch die Zeit.

Auch die Bewegung auf dem Karussell ist eine Bewegung durch den Raum (es geht gar nicht um den Bezug zum Erdmittelpunkt, der Bezug ist der Mittelpunkt des Karussells), in einem Raumzeit-Diagramm wird eine Kreisbewegung durch eine Spirale dargestellt, weil die Bewegung RÄUMLICH ein Kreis ist, aber die Bewegung entlang der Zeitachse erfolgt.

Bis dann!

Henry
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Harti schrieb in Beitrag Nr. 2254-2:
Zunächst scheint es mir sinnvoll zu klären, was gemeint ist, wenn man Beschleunigung und Gravitation gleichsetzt, als äquivalent ansieht. Ich würde dies so interpretieren, dass sie in ihren Wirkungen nicht zu unterscheiden sind.

Hallo Henry und Harti,
Ich stimme Dir zu, Harti.
Beide Potentiale, das Gravitationsfeld und das Potential einer rotierenden Masse, haben gleiche Wirkungen, sind also wesensverwandt, und ermöglichen deshalb ein verändertes Feld als Resultat der Überlagerung. Dieser physikalische Prozess gleicher Wirkungen führt zum sogenannten „Äquivalenzprinzip“ der ART, der Idee von der Gleichwertigkeit von Gravitation und Beschleunigung träger Massen.

Zur Vereinfachung unserer weiteren Diskussion sollten wir vorerst einmal sowohl den Fall der linearen Beschleunigung einer Masse als auch den Fall rotierender Massen in mechanischen Systemen außen vor lassen.

Was unterscheidet nun den Fall einer rotierenden Masse um eine andere Masse infolge der Gravitation (Fall G) von dem Fall der Bewegung eines Teilchens in einem Magnetresonanzbeschleuniger (Fall M)? (1)

Sowohl der Fall G als auch der Fall M sind das Ergebnis der Überlagerung zweier Potentiale (Felder).
Warum aber ist der Fall G durch Raumkrümmung mathematisch beschreibbar und nicht der Fall M?
Warum soll der Fall M nicht durch Raumkrümmung beschreibbar sein?

(1) Für beide Fälle lassen sich zur weiteren Vereinfachung Bewegung auf Kreisbahnen als Grenzfälle konstruieren.
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Beitrag zuletzt bearbeitet von Otto am 12.07.2016 um 02:47 Uhr.
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Otto schrieb in Beitrag Nr. 2254-4:
Harti schrieb in Beitrag Nr. 2254-2:
Zunächst scheint es mir sinnvoll zu klären, was gemeint ist, wenn man Beschleunigung und Gravitation gleichsetzt, als äquivalent ansieht. Ich würde dies so interpretieren, dass sie in ihren Wirkungen nicht zu unterscheiden sind.

Hallo Henry und Harti,
Ich stimme Dir zu, Harti.
Beide Potentiale, das Gravitationsfeld und das Potential einer rotierenden Masse, haben gleiche Wirkungen, sind also wesensverwandt, und ermöglichen deshalb ein verändertes Feld als Resultat der Überlagerung. Dieser physikalische Prozess gleicher Wirkungen führt zum sogenannten „Äquivalenzprinzip“ der ART, der Idee von der Gleichwertigkeit von Gravitation und Beschleunigung träger Massen.


Guten Morgen, Otto!

Das ist doch aber nicht richtig! Das Äquivalenz-Prinzip in Sinne der ART bezieht sich eben NICHT auf Beschleunigung, sondern auf die kräftefreie Bewegung im Gravitationsfeld oder fernab jeder Masse. Die Beschleunigung kommt erst ins Spiel, wenn Kräfte von außen auf ein System einwirken, also z. B. auf der Erdoberfläche oder im freien Raum durch einen Raketenantrieb.

Der Punkt war, dass Einstein eine Möglichkeit gesucht hat, die Bewegung von Systemen im Gravitationsfeld so zu behandeln, als ob die Systeme in Ruhe wären; der Grund ist die Forderung, dass die Naturgesetze von der Bewegung unabhängig sein müssen. Seine Lösung war, wie du doch bereits bemerkt hast, dass die Gravitation keine Kraft bzw. eine Scheinkraft ist. Und er sagte – in Beziehung zu einer Masse wie z. B. die Erde – dass nicht die Erde das System ist, in dem das bewegte System ruht, sondern das Ruhesystem ist das bewegte System selbst. Somit kann das bewegte System so behandelt werden, als ob keine Kraft von außen wirkt – weil die Gravitation der Erde ja keine Kraft ist-, womit es einem System äquivalent ist, das sich fernab jeder Masse befindet.

Massen krümmen nach der ART den Raum, dominante Massen wie z. B. die Erde zwingen Systeme, diesen Krümmungen zu folgen. Bewegt sich ein System ohne Einwirkung einer Kraft infolge einer solchen Raumkrümmung, sagt man, es folgt einer Geodäten. Aus all dem folgt also, dass die Bewegung auf einem Karussell nicht der Bewegung in einem Gravitationsfeld äquivalent ist.

Natürlich kann man in einem geschlossenen Raum nicht entscheiden, ob man durch z. B. eine Rakete beschleunigt wird, oder ob man sich auf dem Erdboden befindet. Was dabei wirkt sind aber Kräfte, entweder chemische Kräfte eines Verbrennungsmotors, oder die elektromagnetische Kraft, die verhindert, dass man durch den Erdboden fällt. Entscheidend ist, das der freie Fall im Gravitationsfeld äquivalent zu einem System ist, dass sich fernab jeder Masse befindet. Auf der Erdoberfläche bin ich aber nicht im freien Fall.
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Claus (Moderator)
Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Otto,

Otto schrieb in Beitrag Nr. 2254-1:
Claus fragte einmal sinngemäß nach dem zusätzlichen quasi-gravitativen Einflusses bei "gespürter" Beschleunigung.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, daß nicht jede erfahrene Beschleunigung mit gravitativen Wirkungen gleichzusetzen ist.
Wenn dem so wäre, dann müßte sich z.B. eine Person auf dem Karussell auf einer Geodäte bewegen.

Ich denke, jede erfahrene Beschleunigung ist in der Tat mit gravitativer Wirkung gleichzusetzen. Eine Bewegung auf einer Geodäte ist dagegen nicht mit einer gravitativen Wirkung gleichzusetzten, weil man dabei eben keine Beschleunigung verspürt.

Zitat von Otto:
Was unterscheidet nun den Fall einer rotierenden Masse um eine andere Masse infolge der Gravitation (Fall G) von dem Fall der Bewegung eines Teilchens in einem Magnetresonanzbeschleuniger (Fall M)?

Wir müssen hier 2 Fälle unterscheiden:

a) die rotierende Masse verspürt eine Kraft (das wäre z.B. auf einem Karussell der Fall oder wenn die Masse an einem Band rotiert, welches im Mittelpunkt des Kreises fixiert ist)
b) die rotierende Masse verspürt keine Kraft (das wäre z.B. bei einem Sattelliten im Orbit, beim "freien Fall" oder bei einem Teilchen im Zyklotron der Fall)

Im Fall a) ist die Fliehkraft einer Gravitationskraft gleichzusetzen und muss zusätzlich zur Relativbewegung berücksichtigt werden. Im Fall b) ist das nicht so - hier braucht zusätzlich zur Relativgewegung keinerlei "gravitative Komponente" berücksichtigt werden.
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Beiträge: 952, Mitglied seit 9 Jahren
Claus schrieb in Beitrag Nr. 2254-6:
Hallo Otto,

Otto schrieb in Beitrag Nr. 2254-1:
Claus fragte einmal sinngemäß nach dem zusätzlichen quasi-gravitativen Einflusses bei "gespürter" Beschleunigung.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke, daß nicht jede erfahrene Beschleunigung mit gravitativen Wirkungen gleichzusetzen ist.
Wenn dem so wäre, dann müßte sich z.B. eine Person auf dem Karussell auf einer Geodäte bewegen.

Ich denke, jede erfahrene Beschleunigung ist in der Tat mit gravitativer Wirkung gleichzusetzen. Eine Bewegung auf einer Geodäte ist dagegen nicht mit einer gravitativen Wirkung gleichzusetzten, weil man dabei eben keine Beschleunigung verspürt.

Zitat von Otto:
Was unterscheidet nun den Fall einer rotierenden Masse um eine andere Masse infolge der Gravitation (Fall G) von dem Fall der Bewegung eines Teilchens in einem Magnetresonanzbeschleuniger (Fall M)?

Wir müssen hier 2 Fälle unterscheiden:

a) die rotierende Masse verspürt eine Kraft (das wäre z.B. auf einem Karussell der Fall oder wenn die Masse an einem Band rotiert, welches im Mittelpunkt des Kreises fixiert ist)
b) die rotierende Masse verspürt keine Kraft (das wäre z.B. bei einem Sattelliten im Orbit, beim "freien Fall" oder bei einem Teilchen im Zyklotron der Fall)

Im Fall a) ist die Fliehkraft einer Gravitationskraft gleichzusetzen und muss zusätzlich zur Relativbewegung berücksichtigt werden. Im Fall b) ist das nicht so - hier braucht zusätzlich zur Relativgewegung keinerlei "gravitative Komponente" berücksichtigt werden.

Hallo Claus, Otto!

Wenn ich das alles recht verstehe, beziehen wir uns auf die ART, oder? Wenn dem so ist, dann ist die Gravitation keine Kraft, sondern eine geometrische Eigenschaft des Raumes.

Das hat zur Folge, dass von einer Wirkung der Gravitation GRUNDSÄTZLICH nichts zu spüren ist. Alle Beispiele, in denen „etwas zu spüren“ ist, können auf wirkende Kräfte zurückgeführt werden, die NICHT von der Gravitation her rühren – das muss auch so sein, weil sonst die Behauptung Einsteins, die Gravitation ist keine Kraft bzw. eine Scheinkraft falsch wäre.

In Falle des Karussells ist es eine mechanische Ursache, ein Motor treibt das Karussell an. Die „Fliehkraft“ ist nichts anderes als die Trägheit der Masse, die eine vorgegebene Richtung nicht ändern „will“. Was wir auf dem Karussell spüren ist aber gar nicht die Fliehkraft, sondern wir spüren den Sitz unter unserem Hintern (wir spüren die elektromagnetische Kraft). Wäre der Sitz plötzlich nicht mehr vorhanden, würden wir uns gerade fortbewegen und gar nichts spüren. Man muss nur mal von einem rotierenden Karussell springen, dann weiß man, was ich meine (Luftwiderstand außen vor).
Wenn wir springen geschieht Folgendes: Wir beschleunigen NICHT mehr, sondern wir folgen der Raumkrümmung, die durch die Masse der Erde hervorgerufen wird, JETZT unterliegen wir nur noch der Gravitation und der Geschwindigkeit, die wir durch die Beschleunigung auf dem Karussell erhalten haben. Hätten wir jetzt keinen Kontakt zur Außenwelt, können wir nicht entscheiden, ob wir uns in einem Gravitationsfeld oder fern von jeder Masse befinden. Bis wir auf den Boden knallen.

Haben wir eine entsprechende Geschwindigkeit erhalten, die uns auf einer Umlaufbahn hält (wieder die Atmosphäre außen vor), ist das genau die Situation eines Satelliten. Hier zeigt sich, dass auch die Fliehkraft nur eine Scheinkraft ist, denn der Grund, warum wir im Orbit bleiben, ist wieder die Trägheit der Masse (unserer Masse in diesem Fall) und die Krümmung des Raumes durch die Masse der Erde. Eine Masse wird nur ihre Geschwindigkeit ändern, wenn eine Kraft auf sie einwirkt. Und laut Definition der ART ist die Gravitation keine Kraft. Unsere Richtungsänderung ist eine Folge der Geometrie des Raumes. Und wir können auch gar keine Kraft messen! Ohne Information von außen wüssten wir noch nicht einmal, dass wir uns auf einer Kreisbahn bewegen. Und das ist genau die Aussage: Ein System in einem Gravitationsfeld, auf das keine Kraft von außen wirkt, ist einem System fern ab von jeder Masse äquivalent. Und nun kann sich das System als in Ruhe befindlich betrachten, genau darum ging es Einstein.

Die Situation in einem Zyklotron ist aber eine ganz andere: Die Teilchen sind elektrisch geladen und werden durch Magnete abgelenkt, hier wirkt ein Kraft, nämlich die elektromagnetische (elektromagnetische Felder).

Wie gesagt, das alles ergibt sich meines Erachtens aus der ART, wonach die Gravitation keine Kraft ist.

In der Quantenmechanik stellt sich die Sache anders dar, denn dort wird die Gravitation durch Teilchen (Gravitonen) übermittelt, sie wird also wie die anderen Kräfte eben als Kraft behandelt. Die Gravitonen sind aber noch nicht nachgewiesen.

Soweit also!

Gruß Henry
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Henry-Dochwieder schrieb in Beitrag Nr. 2254-5:
Das ist doch aber nicht richtig! Das Äquivalenz-Prinzip in Sinne der ART bezieht sich eben NICHT auf Beschleunigung, sondern auf die kräftefreie Bewegung im Gravitationsfeld oder fernab jeder Masse.

Hallo Henry,
In der klassischen Mechanik ergibt sich die Bewegung auf einer Kurve (Parabel) nur dann, wenn mindestens zwei Kräfte wirken.
Auf dieser Basis wurde das Zwei-Körper-Problem von Newton und Kepler vor Einstein beschrieben. Grundlage war das das Paradigma der "Aufhebung zweier Kräfte" (Gravitationskraft = Fliehkraft).

Einstein beschreibt den gleichen Zustand der Bewegung im Orbit durch ein anderes Paradigma, der Raumzeitkrümmung, also ohne Zuhilfenahme von Kräften senkrecht zur Bahn.
Man beachte, daß Kräfte in Bahnrichtung davon nicht betroffen sind. Sowohl eine positive als auch negative Veränderung der Geschwindigkeit im Orbit ist möglich.
Man beachte weiter, daß diese Richtung nicht die Tangentialgeschwindigkeit meint, sondern die Geschwindigkeit senkrecht zum Krümmungsradius. Nur für den Fall einer Kreisbewegung fallen Tangentialgeschwindigkeit und Bahngeschwindigkeit zusammen.

Beide Paradigmen halte ich für gleichwertig. Sie beschreiben ein und dasselbe.
Das Resultat der Überlagerung wird durch Einstein nur als Krümmung des Raumes interpretiert und somit die Gravitationskraft zu einer Scheinkraft.

Egal, welche der beiden grundsätzlichen Denkweisen (Lehrmeinungen, Paradigmen) man zu Grunde legt, gilt für beide die Existenz von Massen als Voraussetzung der jeweiligen physikalischen Erklärung.
Auch die Raumzeitkrümmung setzt die Existenz von Massen voraus. (1)

Einsteins Paradigma läßt jedoch im Unterschied zur klassischen Lehre von Newton und Kepler ein völlig neues Verständnis vom Raume zu. Der Raum verändert sich durch kompakte Massen lokal und wird so zu einem dynamischen Objekt, welches wirkt und auch selbst Wirkung erfährt. Die kompakten Massen bestimmen die Krümmung der Raumzeit; die Krümmung bestimmt die Richtung der Bewegung, also die Geodäte als Bahn. Dabei ist die Krümmung Ausdruck der Gravitationsenergie.

Eine Besonderheit ist, daß die Gravitation keine positiven und negativen Zustände kennt, also keine Polung wie bei anderen Feldern. Deshalb unterscheiden sich beide Feldarten auch völlig (siehe unten). In unserer Welt gibt es bei der Wirkung von Gravitation nur eine Zusammenführung im Sinne von Anziehung, keine Abstoßung. Daher läßt sich die Gravitation nicht durch die Aufhebung positiver und negativer Felder neutralisieren, sondern nur durch Zentrifugalpotentiale auf den Wert Null lokal reduzieren.

(1) Die Umkehrung des Satzes „Die Raumzeitkrümmung ist die Ursache der Existenz von Massekonzentrationen“ ist des Nachdenkens wert.

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Otto am 13.07.2016 um 21:44 Uhr.
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Claus schrieb in Beitrag Nr. 2254-6:
Ich denke, jede erfahrene Beschleunigung ist in der Tat mit gravitativer Wirkung gleichzusetzen. Eine Bewegung auf einer Geodäte ist dagegen nicht mit einer gravitativen Wirkung gleichzusetzten, weil man dabei eben keine Beschleunigung verspürt.
Hallo Claus,
Ich stimme Dir zu, daß bei einer Bewegung einer konzentrierten Masse auf einer Geodäten keine Beschleunigungen senkrecht zur Orbit-Bahn wirken.
Heißt das dann wirklich, daß keine Gravitation wirkt?
Ich denke dabei an das Diagramm bei Wikipedia zur Zeitdilatation. Die gravitative Komponente wirkt hier immer über den gesamten Radius des Abstandes von der Erde.
Der Radius des Orbits ist von Fall zu Fall verschieden und hängt vom Wert der Massekonzentration ab.

Claus schrieb in Beitrag Nr. 2254-6:
Wir müssen hier 2 Fälle unterscheiden:
a) die rotierende Masse verspürt eine Kraft (das wäre z.B. auf einem Karussell der Fall oder wenn die Masse an einem Band rotiert, welches im Mittelpunkt des Kreises fixiert ist)
b) die rotierende Masse verspürt keine Kraft (das wäre z.B. bei einem Sattelliten im Orbit, beim "freien Fall" oder bei einem Teilchen im Zyklotron der Fall)
Im Fall a) ist die Fliehkraft einer Gravitationskraft gleichzusetzen und muss zusätzlich zur Relativbewegung berücksichtigt werden. Im Fall b) ist das nicht so - hier braucht zusätzlich zur Relativgewegung keinerlei "gravitative Komponente" berücksichtigt werden.

Du würdest also eine Bewegung einer Masse im Orbit mit der Bewegung eines Teilchens im Zyklotron für die Wirkung einer Zeitdilatation gleich setzen, weil keine Beschleunigungen senkrecht zur Bahn wirken, obwohl im Zyklotron keine gravitativen Kräfte wirken?

Anmerkung: Ich denke, wir sollten uns nur auf die Wirkung von Gravitationsfeldern und deren Überlagerungen beschränken.
Rotationen mechanische Systeme wie ein Karussell sind durch starre/elastische Verbindungen charakterisiert mit inneren Spannungen als Reaktion auf Kräfte.
Dies sind ganz andere Verhältnisse als bei Bewegungen (Rotationen) konzentrierter Massen in der Raumzeit.
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Claus (Moderator)
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Hallo Otto,

Otto schrieb in Beitrag Nr. 2254-9:
Ich denke dabei an das Diagramm bei Wikipedia zur Zeitdilatation. Die gravitative Komponente wirkt hier immer über den gesamten Radius des Abstandes von der Erde.

Ja. Das gilt aus der Sicht des Beobachters auf der Erdoderfläche. Dieser sieht die gravitative Komponente als Faktum, denn auf der Erdoberfläche spürt er, dass er beschleunigt wird, ohne sich zu bewegen. Der Beobachter auf der Erde stellt also fest, dass sein Bezugssystem (gravitativ) beschleunigt ist - daher muss das (innerhalb seines Bezugssystems) natürlich auch für das von ihm am Himmel beobachtete Objekt gelten.

Anders ein Beobachter, der im Weltall fernab der Erde schweben möge. Sein Bezugssystem ist unbeschleunigt. Aus dessen Sicht ist auch der Satellit, der sich auf einer Geodäte bewegt, unbeschleunigt. Um den unterschiedlichen Gang seiner Uhr gegenüber der des Satelliten zu erklären, muss der Schwebende daher ausschließlich die geschwindigkeitsbedingte Zeitdilatation berücksichtigen.

Will der fernab schwebende Beobachter dagegen den Gangunterschied seiner Uhr gegenüber der des Beobachters auf der Erdoberfäche bestimmen, so muss er eine gravitative Komponente berücksichtigen. Obwohl die Relativgeschwindigkeit beider Uhren null ist, geht die Uhr auf der Erdoberfläche deswegen nach.

Nehmen wir zuletzt nun an, der schwebende Beobachter möchte den Gangunterschied gegenüber einer Uhr auf einer ringförmigen Raumstation bestimmen, welche rotieren möge. Dann muss der Schwebende zum einen die durchschnittliche (weil sich ja ständig verändernde) Relativgeschwindigkeit zur Raumstationsuhr berücksichtigen, andererseits muss er aber auch hier zusätzlich eine quasi-gravitative" Komponente berücksichtigen, weil die Uhr in der ringförmigen Raumstation infolge der Fliehkraft eine Beschleunigung erfährt.

Da Fliehkraft und Gravitationskraft äquivalent sind, kann sich die Uhr in der rotierenden Raumstation "fühlen", wie auf der Erde. Die Beschleunigung der Uhr im Ring betrage bspw. 1g. In diesem Fall muss der Schwebende eine zusätzliche "quasi-gravitative" Zeitdilatation einrechnen, die genauso groß ist, wie diejenige, die er gegenüber dem Beobachter auf der Erdoberfläche einrechnet.

Zitat von Otto:
Du würdest also eine Bewegung einer Masse im Orbit mit der Bewegung eines Teilchens im Zyklotron für die Wirkung einer Zeitdilatation gleich setzen, weil keine Beschleunigungen senkrecht zur Bahn wirken, obwohl im Zyklotron keine gravitativen Kräfte wirken?

Ja. Nehmen wir wieder den schwebenden Beobachter im Weltraum, der die Uhr auf der ringförmigen Raumstation betrachtet. Nehmen wir nun weiter an, die Fliehkraft würde durch eine "Gegenkraft" abgeschaltet werden können1, so dass die Uhr im Ring sich (genau wie die des schwebenden Beobachters) unbeschleunigt fühlt. In diesem Fall - so glaube ich - müsste der Schwebende zur Ermittlung des Gangunterschieds keine gravitative Komponente mehr berücksichtigen.

1 Dies entspräche m.E. den Gegebenheiten im Zyklotron (natürlich nur unter der Voraussetzung konstanter Umlaufgeschwindigkeit): Das Elementarteilchen erfährt zwar eine nach außen gerichtete Fliehkraft, diese wird aber durch eine nach innen gerichtete magnetische Kraft kompensiert, so dass sich das Teilchen unbeschleunigt "fühlt".
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Henry-Dochwieder schrieb in Beitrag Nr. 2254-7:
Wenn ich das alles recht verstehe, beziehen wir uns auf die ART, oder? Wenn dem so ist, dann ist die Gravitation keine Kraft, sondern eine geometrische Eigenschaft des Raumes

Der arme Raum, für was der alles herhalten muss. Kraftlose Gravitation ist eine geometrische Eigenschaft des Raumes.:lol: Henry, das ist das Witzigste, was ich je über den Raum und die Gravitation gelesen habe.

mfG
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Rupert Hübelbauer schrieb in Beitrag Nr. 2254-11:
Henry-Dochwieder schrieb in Beitrag Nr. 2254-7:
Wenn ich das alles recht verstehe, beziehen wir uns auf die ART, oder? Wenn dem so ist, dann ist die Gravitation keine Kraft, sondern eine geometrische Eigenschaft des Raumes

Der arme Raum, für was der alles herhalten muss. Kraftlose Gravitation ist eine geometrische Eigenschaft des Raumes.:lol: Henry, das ist das Witzigste, was ich je über den Raum und die Gravitation gelesen habe.

mfG

Du hast noch nicht viel gelesen, nicht wahr?
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Otto schrieb in Beitrag Nr. 2254-8:
Henry-Dochwieder schrieb in Beitrag Nr. 2254-5:
Das ist doch aber nicht richtig! Das Äquivalenz-Prinzip in Sinne der ART bezieht sich eben NICHT auf Beschleunigung, sondern auf die kräftefreie Bewegung im Gravitationsfeld oder fernab jeder Masse.

Hallo Henry,
In der klassischen Mechanik ergibt sich die Bewegung auf einer Kurve (Parabel) nur dann, wenn mindestens zwei Kräfte wirken.
Auf dieser Basis wurde das Zwei-Körper-Problem von Newton und Kepler vor Einstein beschrieben. Grundlage war das das Paradigma der "Aufhebung zweier Kräfte" (Gravitationskraft = Fliehkraft).

Einstein beschreibt den gleichen Zustand der Bewegung im Orbit durch ein anderes Paradigma, der Raumzeitkrümmung, also ohne Zuhilfenahme von Kräften senkrecht zur Bahn.
Man beachte, daß Kräfte in Bahnrichtung davon nicht betroffen sind. Sowohl eine positive als auch negative Veränderung der Geschwindigkeit im Orbit ist möglich.
Man beachte weiter, daß diese Richtung nicht die Tangentialgeschwindigkeit meint, sondern die Geschwindigkeit senkrecht zum Krümmungsradius. Nur für den Fall einer Kreisbewegung fallen Tangentialgeschwindigkeit und Bahngeschwindigkeit zusammen.

Beide Paradigmen halte ich für gleichwertig. Sie beschreiben ein und dasselbe.
Das Resultat der Überlagerung wird durch Einstein nur als Krümmung des Raumes interpretiert und somit die Gravitationskraft zu einer Scheinkraft.

Egal, welche der beiden grundsätzlichen Denkweisen (Lehrmeinungen, Paradigmen) man zu Grunde legt, gilt für beide die Existenz von Massen als Voraussetzung der jeweiligen physikalischen Erklärung.
Auch die Raumzeitkrümmung setzt die Existenz von Massen voraus. (1)

Einsteins Paradigma läßt jedoch im Unterschied zur klassischen Lehre von Newton und Kepler ein völlig neues Verständnis vom Raume zu. Der Raum verändert sich durch kompakte Massen lokal und wird so zu einem dynamischen Objekt, welches wirkt und auch selbst Wirkung erfährt. Die kompakten Massen bestimmen die Krümmung der Raumzeit; die Krümmung bestimmt die Richtung der Bewegung, also die Geodäte als Bahn. Dabei ist die Krümmung Ausdruck der Gravitationsenergie.



(1) Die Umkehrung des Satzes „Die Raumzeitkrümmung ist die Ursache der Existenz von Massekonzentrationen“ ist des Nachdenkens wert.

Otto, hallo!

Natürlich wirken keine Kräfte „senkrecht zu Bahn“, weil nach der ART die Gravitation keine Kraft ist! Die Sache ist doch, dass Einstein ein völlig neues Konzept eingeführt hat. Äquivalent sind Newton und Einstein nur darin, dass sie sich mit der Gravitation befassen.

Ja klar setzt die Raumzeitkrümmung eine Masse voraus (und wie und warum eine Masse den Raum bzw. Raumzeit krümmt, ist noch nicht geklärt, das ist wohl war), aber die Krümmung zwingt auch die Massen, der Krümmung zu folgen, und zwar nicht nur im Orbit.

Die ART beschreibt etwas, was Newton nicht erklären kann, nämlich das Verhalten elektromagnetischer Wellen im Gravitationsfeld. DESHALB war die physikalische Gemeinde doch 1919 so aufgeregt! Und die Ablenkung der Lichtstrahlen im Gravitationsfeld zeigt zudem, dass deine Auffassung, es ginge allein um den Orbit, nicht korrekt ist. Lichtstrahlen durchlaufen das Gravitationsfeld z. B. der Sonne und werden in ihrer Bahn abgelenkt. Jeder nichtperiodische Komet ist ein anderes Beispiel dafür.

Und selbstverständlich werden alle Massen in dieser Weise abgelenkt. Es geht im Grunde überhaupt nicht um Orbitale, sie sind nur eine „Zugabe“. Jede Bewegung im Kosmos – so z. B. die Bewegung der Galaxien und der Galaxienhaufen – kann mit der ART beschrieben werden.

Für große Massen ist diese Beschreibung sogar unumgänglich, siehe das Verhalten von Gravitationswellen.

Eine Geodäte setzt doch keine Kugel voraus und als Folge einen Orbit! Eine Geodäte ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten, eine Masse folgt der Geodäten, wenn keine Kraft von außen wirkt, sie ist gewöhnlich nicht einmal ein geschlossener Kreis, siehe Lichtstrahl an der Sonne.

Bei Verhältnissen wie im Sonnensystem reicht es gewöhnlich aus, Newton anzuwenden. Er erklärt aber nicht die Perihel-Drehung des Merkur, dazu bedarf es der ART – sie ist qualitativ einfach eine andere Liga!

Was man aber einschränkend sagen muss: Die Aussage, man könne im Gravitationsfeld nicht feststellen, dass man sich in einem solchen befindet, gilt nur lokal und für kurze Zeit. Zwei Köper in gleichem Abstand vom Massezentrum werden sich einander annähern, wenn sie sich in Richtung des Massezentrums bewegen (den Geodäten folgen). Die Geodäten liegen eben nicht „um die Oberfläche herum“, sondern sie sind abhängig vom Massezentrum. Aber das ist eine Umkehrung der Aussage, dass die SRT für kurze Zeit und lokal in der ART gilt. Genau das wollte Einstein ja erreichen – dass Systeme unter der Einwirkung von Gravitation wie Inertialsystem behandelt werden können! Um es noch mal zu wiederholen: Nicht die Erde ist im Sinne der ART das System, in dem ein Satellit ruht, sondern der Satellit selbst ist das Ruhesystem, also das Inertialsystem (wie gesagt, lokal und für kurze Zei).

Dass künstliche Satelliten sich im Orbit bewegen ist schließlich von uns gewollt, und dass sich die Planeten um die Sonne bewegen, hat mit der Impulserhaltung zu tun. Sonne und Planeten sind aus einer Gas- und Staubwolke entstanden, und wenn sich Gas und Staub auf ein Zentrum hin bewegen, so ist einzusehen, dass sich die Teilchen so gut wie nie direkt auf den Mittelpunkt zu bewegen – den es anfangs auch noch gar nicht gibt -, sondern nur „in Richtung“ auf den Mittelpunkt. Daraus ergibt sich schließlich die Bahn der Planeten. All das lässt sich mit Newton erklären, klar, aber eben auch mit einer Krümmung des Raumes, die sich durch die Ansammlung von Massen peu a peu verstärkt - die Umkehrung des Satzes ist ganz einfach: eins bedingt das andere und umgekehrt.

Gruß Henry
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Beitrag zuletzt bearbeitet von Henry-Dochwieder am 14.07.2016 um 11:31 Uhr.
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Claus schrieb in Beitrag Nr. 2254-10:
Nehmen wir nun weiter an, die Fliehkraft würde durch eine "Gegenkraft" abgeschaltet werden können1, so dass die Uhr im Ring sich (genau wie die des schwebenden Beobachters) unbeschleunigt fühlt. In diesem Fall - so glaube ich - müsste der Schwebende zur Ermittlung des Gangunterschieds keine gravitative Komponente mehr berücksichtigen.
Hallo Claus,
ja, das sehe ich auch so. In dem Falle bewegt sich das Masseteilchen auf einer offenen Kurve. Eine Geodäte muß ja kein Orbit sein.

Claus schrieb in Beitrag Nr. 2254-10:
Nehmen wir zuletzt nun an, der schwebende Beobachter möchte den Gangunterschied gegenüber einer Uhr auf einer ringförmigen Raumstation bestimmen, welche rotieren möge. Dann muss der Schwebende zum einen die durchschnittliche (weil sich ja ständig verändernde) Relativgeschwindigkeit zur Raumstationsuhr berücksichtigen, andererseits muss er aber auch hier zusätzlich eine quasi-gravitative" Komponente berücksichtigen, weil die Uhr in der ringförmigen Raumstation infolge der Fliehkraft eine Beschleunigung erfährt.
Eine im Raum schwebende Ringstation ist ein mechanisches Gebilde mit inneren Spannungen in den Bauteilen, verursacht durch die Rotation der Station. Die Hülle der Ringstation hindert einen massebehafteten Beobachter mit seiner Uhr an der natürlichen Bewegung des „Wegfliegens“. Sein Stuhl, auf dem er sitzt, würde ihn daran hindern.
Wenn dieser Fall in einer Ringstation mit der Wirkung eines Gravitationsfeldes gleich gesetzt werden kann, dann wären auch die inneren Spannungen in den mechanischen Bauteilen zur Gravitation äquivalent.
Kann man das wirklich so sehen? Ich habe meine Zweifel.
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Henry-Dochwieder schrieb in Beitrag Nr. 2254-13:
Eine Geodäte setzt doch keine Kugel voraus und als Folge einen Orbit! Eine Geodäte ist die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten, eine Masse folgt der Geodäten, wenn keine Kraft von außen wirkt, sie ist gewöhnlich nicht einmal ein geschlossener Kreis, siehe Lichtstrahl an der Sonne.
Hallo Henry,
ja, na sicher ist das so. Ich hatte meine Ausführungen ausdrücklich zur Vereinfachung nur auf Kreisbahnbewegungen beschränkt.

Henry-Dochwieder schrieb in Beitrag Nr. 2254-13:
Die Aussage, man könne im Gravitationsfeld nicht feststellen, dass man sich in einem solchen befindet, gilt nur lokal und für kurze Zeit. Zwei Köper in gleichem Abstand vom Massezentrum werden sich einander annähern, wenn sie sich in Richtung des Massezentrums bewegen (den Geodäten folgen).
Man muß diese Frage allgemeiner formulieren indem nach den speziellen Merkmalen gravitativer Felder gesucht wird.

Hier ein Versuch:
- - Die Äquivalenz von Gravitation und Trägheit bzw. Beschleunigung ist auf jedem Fall richtig für eine rein kinematische Betrachtung der Bewegungen.
- - Die Dynamik der beteiligten Objekte und Kräfte sind nicht äquivalent. Die Beschleunigungen ändern sich zum Beispiel unterschiedlich mit der Entfernung von ihren Zentren, die gravitative Beschleunigung mit 1/r², die Zentripetalbeschleunigung mir 1/r.
- - Auf der Grundlage des Paradigmas von Newton und Kepler: Die Richtungen beider Kräfte, der Gravitationskraft und der Zentrifugalkraft, sind verschieden. Nur die Normalkomponenten der Beschleunigungen heben sich auf. Die resultierende Kraft in Normalrichtung ist also Null, also in diesem Bezug frei von Kräften - genauso wie beim freien Fall. Außerdem: Die Zentripetalkraft wirkt in Richtung des Krümmungsmittelpunktes der Kurve, die Gravitationskraft in Richtung des Brennpunktes der Bahn (Ellipsen, Parabeln, Hyperbeln).
- - Im Falle der Gravitation tritt eine Kraft nur dann auf, wenn der freie Fall behindert wird. Im Falle der Beschleunigung einer Masse ist die Kraft die Ursache der Bewegung.
- - Eine Beschleunigung einer trägen Masse erfordert immer eine Energie bzw. Energieumwandlung. Die gravitative Beschleunigung erfordert keine Energieumwandlung als Voraussetzung ihrer Wirkung.
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Henry-Dochwieder schrieb in Beitrag Nr. 2254-12:
Rupert Hübelbauer schrieb in Beitrag Nr. 2254-11:
Der arme Raum, für was der alles herhalten muss. Kraftlose Gravitation ist eine geometrische Eigenschaft des Raumes.:lol: Henry, das ist das Witzigste, was ich je über den Raum und die Gravitation gelesen habe.

mfG

Du hast noch nicht viel gelesen, nicht wahr?

Ja, schon wahr, so was jedenfalls nicht. :D

mfG
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Rupert Hübelbauer schrieb in Beitrag Nr. 2254-16:
Rupert Hübelbauer schrieb in Beitrag Nr. 2254-11:
Der arme Raum, für was der alles herhalten muss. Kraftlose Gravitation ist eine geometrische Eigenschaft des Raumes.:lol: Henry, das ist das Witzigste, was ich je über den Raum und die Gravitation gelesen habe.

mfG



Ja, schon wahr, so was jedenfalls nicht. :D

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Aha! Was ist denn Gravitation? Erzähl mal!
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Hallo Otto,

ich denke zwischen Gravitationskraft und Bescheunigungskraft besteht nur insoweit ein Unterschied, als die Gravitationskraft ein Spezialfall einer (Bescheunigungs-)Kraft ist.
Wenn ich auf dem Erdboden stehe und mich räumlich nicht verändere, kann dies in der durch die Masse der Erde bedingten gekrümmten Raumzeit als beschleunigte Bewegung interpretiert werden.
Ein entsprechendes Verhältnis besteht m.E. auch zwischen schwerer Masse und träger Masse, in dem Sinne, dass schwere Masse ein Spezialfall der trägen Masse ist. Jede Form von Masse tritt immer dann in Erscheinung, wenn durch Einwirkung einer Kraft (Schwerkraft oder sonstiger Kraft) eine Beschleunigung erfolgt; wobei Beschleunigung nichts anderes bedeutet, als dass sich das Verhältnis von Weg (Raum) zu Zeit (die Geschwindigkeit) verändert.
In einem gekrümmten Raumzeitmodell ist auch eine geradlinige Bewegung (Stehen auf der Erde) eine Änderung der Geschwindigkeit.

mfG
Harti
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Harti schrieb in Beitrag Nr. 2254-18:
ich denke zwischen Gravitationskraft und Bescheunigungskraft besteht nur insoweit ein Unterschied, als die Gravitationskraft ein Spezialfall einer (Bescheunigungs-)Kraft ist.
Wenn ich auf dem Erdboden stehe und mich räumlich nicht verändere, kann dies in der durch die Masse der Erde bedingten gekrümmten Raumzeit als beschleunigte Bewegung interpretiert werden.

Hallo Harti,
das dacht ich ursprünglich auch.
Aber nur die Wirkung von Masse ist für beide Fälle gleich, aber nicht die Gesetzmäßigkeiten (als Gleichung) für Gravitation und für rotierende Bewegungen.
Die Zentrifugalkraft ist proportional 1/r, während die Gravitationskraft proportional 1/r² ist (1) (außerhalb der Masse-Ansammlung).
Ich denke, daß eher das richtige Verständnis des Impulses für beide Fälle von Bedeutung ist.
Während die Kraft auf eine träge Masse (mit einer Oberfläche) der Änderung des Impulses proportional ist, handelt es sich bei der Gravitation um eine Impulsquelle als Ursache der Kraft auf alle Komponenten einer anderen Masse-Ansammlung.

Solange man die Masse als Punkt betrachtet, macht die Unterscheidung zwischen Volumenmasse und Oberflächenkraft keinen Sinn. Für reale Objekte ist jedoch wichtig, wie der Impuls durch den Körper fließt.

Der reale Körper kann den Impuls "leitungsartig" über die Oberfläche austauschen und quellenartig über das Volumen.
Der Poynting-Vektor bezeichnet z.B. die Dichte und Richtung des Energietransportes eines (elektromagnetischen) Feldes. Der Betrag dieses Vektors als Leistungsdichte (Intensität) hat die Dimension N/(m·s) und kann sowohl über die System-Fläche als auch über das Volumen definiert werden. Beide sind zueinander äquivalent:

Energie/(Fläche·Zeit) = Leistung/Zeit = [J/m²·s] = [W/m²] = [N/(m·s)]
oder alternativ
Impuls·c²/Volumen = [Ns]·[m²/s²]·[1/m³] = [N/(m·s)]

Ich komme leider im Moment zeitlich nicht dazu, mich näher und ausführlicher mit Raum und Zeit zu befassen.
Gruß, Otto
(1) Die Gravitationskonstante entspricht der Feldstärke auf eine Punkt-Masse von 1 kg in einem Abstand von 1 m.
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Beitrag zuletzt bearbeitet von Otto am 07.12.2016 um 16:10 Uhr.
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Otto schrieb in Beitrag Nr. 2254-19:
Hallo Harti,
das dacht ich ursprünglich auch.
Aber nur die Wirkung von Masse ist für beide Fälle gleich, aber nicht die Gesetzmäßigkeiten (als Gleichung) für Gravitation und für rotierende Bewegungen.
Die Zentrifugalkraft ist proportional 1/r, während die Gravitationskraft proportional 1/r² ist (1) (außerhalb der Masse-Ansammlung).
g in einem Abstand von 1 m.[/color]

Hi, Otto!

Wenn ich was dazu schreiben darf!

Das, was ich auf der Erdoberfläche als Kraft erlebe, ist doch gar nicht die Gravitation! Was ich spüre ist die elektromagnetische Kraft, die mich hindert, ungehindert zum Gravitationszentrum zu fallen. WENN ich die Gravitation als Raumzeit-Krümmung interpretiere, werde ich an der Erdoberfläche durch die elektromagnetische Kraft gehindert, der Geodäten zu folgen.

Die Beschleunigung, die ich spüre, ist also nicht Richtung Gravitationszentrum gerichtet, sondern gerade dagegen, und die Kraft, die ich spüre, ist nicht die Gravitation, sondern die elektromagnetische Kraft. DESHALB ist diese Beschleunigung jeder anderen Beschleunigung äquivalent. (Alles im Sinne der ART.)

Wenn man davon spricht, dass die Stärke der Beschleunigung mit dem Quadrat des Abstandes vom Zentrum abnimmt, ist das nicht mit der Aussage zu vergleichen, dass ein Objekt mit einem bestimmten Wert beschleunigt wird. Deshalb ist: „Die Zentrifugalkraft ist proportional 1/r, während die Gravitationskraft proportional 1/r² ist (1) (außerhalb der Masse-Ansammlung).“ zwar richtig, stellt aber einen falschen Zusammenhang her, denn es beschreibt die Stärke der Beschleunigung in Beziehung zum Abstand vom Zentrum, aber es beschreibt nicht die Äquivalenz der Beschleunigung und der Gravitation – und darum geht es. Das Wesen der Beschleunigung ändert sich nicht dadurch, dass sich die Beschleunigungswerte ändern.

Der Vergleich macht aber Sinn, wenn man die Aussage: Auf der Erdoberfläche erfährt ein Objekt eine Beschleunigung von 9,81 m / sec² mit der Aussage: Eine Rakete wird mit 9,81 m/sec² beschleunigt in Beziehung setzt. Dabei geht es aber – wie gesagt - nicht um die Werte, sondern die Äquivalenz besteht darin, dass die Ursache für die gespürte Beschleunigung nicht festzustellen ist (in einer geschlossenen Kabine ohne Information von außen).

Anders gesagt: Die Äquivalenz von Gravitation und Beschleunigung bezieht sich nicht auf die Formulierung bzgl. der Abnahme der Stärke mit dem Quadrat der Entfernung, sondern auf den Wert, den ein Objekt in einem bestimmten Abstand vom Gravitationszentrum erfährt. Und dieser Vergleich macht wiederum nur dann Sinn, wenn es eine Kraft gibt, die der Gravitation entgegenwirkt.

Die Gravitation ist eine Eigenschaft der Raumzeit, nämlich ihre Krümmung (infolge von Masse), und ein Objekt im Gravitationsfeld folgt einer Geodäten. Hier besteht die Äquivalenz darin, dass nicht zu entscheiden ist, ob sich ein Objekt FERN aller Massen befindet, oder ob es sich in einem Gravitationsfeld befindet. Wie gesagt, alles im Sinne der ART.

Grüße Henry
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