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Zwillingsparadoxon

Thema erstellt von Derfragende 
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Hallo ParadOx, hallo Claus,
ich verfolge Eure Erörterungen natürlich sehr interessiert, brauche aber immer etwas länger, um sie zu überdenken.
Zitat:
Parad0x schrieb in Beitrag Nr. 1342-157:
Die interessante Frage wäre stattdessen gewesen, zu fragen, zu was für widersprüchlichen Ergebnissen käme der Flugzwilling, wenn er annimmt, dass er während der gesamten Reise tatsächlich ruht? (also sein Inertialsystem nicht wechselt?).

Dies war genau meine ursprüngliche Vorstellung. Das System A-Vega (Strecke) bewegt sich im Verhältnis zum ruhenden Massepunkt B in der Weise, dass A sich von B entfernt und Vega sich B nähert. Im Moment der Umkehr von A ist Vega bei B. A kehrt sodann zu B zurück und Vega entfernt sich wieder von B.

Die entscheidende Frage ist für mich, läßt sich bei einer derartig konsequenten (vollkommen relativistischen)Umkehr der Betrachtung der Widerspruch im Ergebnis ( A erfährt B als jünger; B erfährt A als jünger) allein auf der Grundlage der SRT auflösen, oder muss man faktisch außerhalb der SRT die Lösung suchen, indem in irgendeiner Form B im Verhältnis zu A ausgezeichnet wird.

Bei der Lösung von Claus frage ich mich, ob nicht gerade die Berücksichtigung des Dopplereffektes, der kein Bestandteil der SRT ist, die Auszeichnung von A-Vega als ruhendes System und B als bewegtes System bewirkt.

Auch den anderen Gesichtspunkten, die bisher zur Auflösung des Widerspruchs angeführt worden sind, könnte eine entsprechende Festlegung zugrunde liegen.

Wenn man annimmt, nur auf B wirkt auf jeden Fall bei seiner Umkehr eine Kraft. Anders ist seine Umkehr in der Wirklichkeit nicht vorstellbar. Dann ist B dadurch ausgezeichnet und eine Lösung ist im Rahmen der SRT nicht möglich, weil in der SRT als idealisierte Theorie keine Kräfte vorkommen.

Die Annahme, allein B wechsele bei seiner Umkehr das Inertialsystem, zeichnet ihn gegenüber A aus. Auch diese Lösung erfolgt außerhalb der SRT, weil man im Rahmen der SRT annehmen müsste, dass bei Betrachtung aus der Position des ruhenden B das System A-Vega sein Bezugssystem wechselt.

Unter Symmetriegesichtspunkten ist der relativistische Wechsel in der Betrachtung von A-Vega ruhend und B bewegt zu A-Vega bewegt und B ruhend nicht zulässig, weil die Systeme nicht identisch sind. A-Vega hat eine räumliche Ausdehnung, B nicht. Der Symmetriebruch läßt die relativistische Umkehr der Betrachtung nicht zu.
Danach wäre eigentlich schon die Konstruktion des wirklichkeitsbezogenen (nicht nur theoretischen) Zwillingsparadoxons im Rahmen der SRT nicht zulässig.

Man könnte auf die Idee kommen, Einstein hat der Nachwelt mit seinem Zwillingsparadoxon ein Gipsei ins Nest gelegt, an dem man im Rahmen der SRT lange brüten kann; aber vielleicht habe ich auch die Lösung von Claus noch nicht vollkommen verstanden und sie hält sich auch unter Berücksichtigung des Dopplereffektes vollkommen im Rahmen der SRT.

MfG
Harti

P.S. Eure letzten Beiträge habe ich erst nach meiner vorstehenden Äußerung zur Kenntnis genommen.

Signatur:
Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. A.E.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Harti am 27.07.2009 um 22:25 Uhr.
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Hallo Parad0x,
Parad0x schrieb in Beitrag Nr. 1342-156:
Aus Sicht der Hinreise besitzt A bei seiner vermeintlichen Umkehr vermutlich ein anderes Alter als er aus Sicht der Rückreise bei der Umkehr gehabt haben müsste. Ich vermute mal stark, das sind die besagten 8 Jahre Altersunterschied
Richtig. (bzw. fast richtig - es sind m.E. mehr als 8 Jahre Unterschied s.u.). Der Unterschied liegt m.E. darin begründet, dass das, was B auf der Hinreise als "jetzt" empfindet, ein anderes "Jetzt" ist, als das "Jetzt", was er - sofort danach - auf der Rückreise als "jetzt" empfindet. Auf der Hinreise ist A aus der Sicht von B "jetzt" um 4,3 Jahre gealtert, auf der Rückreise ist A dagegen aus der Sicht von B "jetzt" um 15,7 Jahre gealtert.

Man muss jedoch immer das "tatsächliche" Alter und das "optische" Alter des jeweiligen Gegenzwillings unterscheiden.

Ironischerweise ist das "tatsächliche Alter" des jeweiligen Gegenzwillings eine reine Rechengröße. Dieses "tatsächliche Alter" kann keiner der Zwillinge während der Reise beim jeweiligen andern je sehen oder sonstwie feststellen. Hier können an Umkehrpunkten daher m.E. auch widerspruchsfrei Sprünge auftreten. Dagegen verläuft das "optische Alter" (d.i. der unter Einbezug des Dopplereffekts sichtbare Zeitverlauf) immer stetig und sprunglos. (In unserem Beispiel läuft die Uhr von A auf der gesamten Hinreise mit einem Drittel, d.h. A ist nach der 6-jährigen Hinreise der Erde 2 optische Jahre älter. Auf der gleichfalls 6-jährigen Rückreise läuft die Uhr von A dreifach und A ist dann weitere 18 Jahre, also insgesamt 20 Jahre älter.

Dies finde ich das Verblüffende an der Sache:

These: Nicht das tatsächliche Alter sondern das optische Alter wird schließlich zur Realität.

Beitrag zuletzt bearbeitet von Claus am 27.07.2009 um 22:49 Uhr.
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Hallo Harti,

Harti schrieb in Beitrag Nr. 1342-160:
Die entscheidende Frage ist für mich, läßt sich bei einer derartig konsequenten (vollkommen relativistischen) Umkehr der Betrachtung der Widerspruch im Ergebnis ( A erfährt B als jünger; B erfährt A als jünger) allein auf der Grundlage der SRT auflösen, oder muss man faktisch außerhalb der SRT die Lösung suchen, indem in irgendeiner Form B im Verhältnis zu A ausgezeichnet wird.
Also wenn Du es vollkommen umkehrst (indem Du annimmst, B wechselt sein Bezugssystem nicht), dann wirst Du zu dem Ergebnis kommen, dass B 12 Jahre gealtert ist, A aber nur 7,2 Jahre gealtert sein dürfte. Das lässt sich natürlich dann anhand der tatsächlichen Uhrenvergleiche widerlegen. A ist tatsächlich 20 Jahre gealtert, während B nur 12 Jahre gealtert ist.

Die SRT behauptet aber nicht, beide Bewegungen sind ununterscheidbar vertauschbar (d.h., das Relativitätsprinzip würde gelten). Die SRT behauptet nur, falls beide Bewegungen inertial wären, wären sie ununterscheidbar vertauschbar. Die Bewegung von B umfasst zwei inertiale Phasen - die Gesamtbewegung von B ist aber nicht-inertial und hebt sich dadurch von der Bewegung von A ab.

Du scheinst noch immer Vertauschbarkeit (also es aus Sicht des jeweils anderen beschreiben zu können) mit Relativität (ununterscheidbare Vertauschbarkeit) zu verwechseln.


Bsp für Relativität:

Ich betrachte Dich aus einer Entfernung von 50m. Du erscheinst mir kleiner als Du "wirklich" bist. Du wirst mich umgekehrt genauso perspektivisch kleiner wahrnehmen. Wer hat nun recht? Aus jeder Sicht ist der jeweils andere kleiner - ein Widerspruch? Nein. Beide Perspektiven sind ununterscheidbar vertauschbar (Relativität).

Ein Widerspruch wird es erst, wenn wir annehmen, wir befänden uns gleichermaßen 50m voneinander entfernt und am selben Ort (also 0m entfernt), um unsere Größen tatsächlich abgleichen zu können.


Bsp für Vertauschbarkeit:

Du stehst vor mir. Ich sehe, Du bist 10cm größer als ich. Du siehst, ich bin 10cm kleiner als Du. Ich kann das gleiche sowohl aus Deiner Sicht als auch aus meiner Sicht beschreiben (Vertauschbarkeit) - aber ich kann stets entscheiden, aus welcher Perspektive ich es grad betrachte (keine Ununterscheidbarkeit bzw. Relativität).



Die SRT postuliert nur das Relativitätsprinzip zwischen inertialen Bezugssystemen. Inertialsysteme unterliegen dem Relativitätsprinzip der SRT. B wechselt aber während seiner Reise das Inertialsystem am Umkehrpunkt. Du kannst dennoch die SRT zur korrekten Beschreibung anwenden, indem Du die SRT auf die einzelnen inertialen Phasen der Bewegung von B anwendest. Die SRT beschreibt korrekt, was passiert (s. Claus) - nur sind beide Sichtweisen nicht relativ zueinander. Es ist immer klar, wer jünger und wer älter ist - egal aus welcher Sicht die SRT das Vorgehen beschreibt, sie kommt in beiden Sichtweisen zum gleichen Ergebnis, dass immer derselbe älter ist als der andere.


mfG,
parad0x

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Parad0x am 27.07.2009 um 22:50 Uhr.
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Parad0x schrieb in Beitrag Nr. 1342-162:
Also wenn Du es vollkommen umkehrst (indem Du annimmst, B wechselt sein Bezugssystem nicht), dann wirst Du zu dem Ergebnis kommen, dass B 12 Jahre gealtert ist, A aber nur 7,2 Jahre gealtert sein dürfte. Das lässt sich natürlich dann anhand der tatsächlichen Uhrenvergleiche widerlegen.
Hier möchte ich nocheinmal auf den Unterschied hinweisen, den ich in Beitrag-Nr. 1342-161 klarzumachen versuchte:

Allein die Zeitdilatation berücksichtigend stimmt es. A ist "tatsächlich" nur 7,2 Jahre gealtert.

Aber beachtet: Der visuelle Dopplereffekt ist Teil der Realität! B beobachtet stetig und ohne Sprung, dass A auf der Hinreise nicht 3,6, sondern nur 2 Jahre altert - und genauso altert A auf der Rückreise stetig und ohne Sprung "optisch" nicht 3,6 sondern 18 (!) Jahre - diese visuell von B dokumentierte Zeit (nicht die rechnerisch unter ausschließlicher Würdigung der Zeitdilatation ermittelte Zeit) ist es, die beim Wiedersehen schließlich Realität wird.

Beitrag zuletzt bearbeitet von Claus am 27.07.2009 um 23:07 Uhr.
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Hallo Claus,


Beitrag-Nr. 1342-161 kann ich nur beipflichten. Der optische Verlauf ist zwar immer stetig (da die Wirklichkeit stetig ist), aber auch aus dem optischen Verlauf lässt sich keine Gleichzeitigkeit herleiten, wo es in der Realität keine gibt.

Claus schrieb in Beitrag Nr. 1342-161:
Dies finde ich das Verblüffende an der Sache:

These: Nicht das tatsächliche Alter sondern das optische Alter wird schließlich zur Realität.
Nur aus der Sicht des jeweils anderen bzw. wenn sie sich am selben Ort befinden oder wiedertreffen. Auf mich selbst bezogen gibt es immer ein "tatsächliches" Alter (meine Eigenzeit) - erst im Übergang zwischen zwei Bezugssystemen fällt die Gleichzeitigkeit weg und somit auch der Vergleich. Was bleibt, ist nur noch das optische Alter. Dieses zeigt mir zwar den Verlauf an, aber ich kann dennoch zu keinem Zeitpunkt etwas darüber sagen, wie alt derjenige nun wirklich ist (erst beim Wiedertreffen).


mfG,
parad0x

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Parad0x am 27.07.2009 um 23:16 Uhr.
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Hallo Claus,

Claus schrieb in Beitrag Nr. 1342-163:
Allein die Zeitdilatation berücksichtigend stimmt es. A ist "tatsächlich" nur 7,2 Jahre gealtert.

Aber beachtet: Der visuelle Dopplereffekt ist Teil der Realität! B beobachtet stetig und ohne Sprung [...]
Richtig. Aber auch der Bezugssystem-Wechsel bzw. die Richtungsänderung von B ist Bestandteil der Realität. B wird also nur das optisch beobachten, was auch tatsächlich stattfindet. B wird nie beobachten können, was passiert, wenn er nach 6 Jahren nicht sein Bezugssystem wechseln würde.

Die Situation mit den 7,2 Jahren tritt aber tatsächlich ein, falls nicht B nach 8 Lj Entfernung umkehrt, sondern wenn stattdessen A nach 4,8 Lj umkehrt (tatsächlich nicht-inertial wendet).


Das kann natürlich nie mit der optischen Beobachtung übereinstimmen, weil wie gesagt tatsächlich B wendet, nicht A.


mfG,
parad0x

P.S: ...für diesen Fall (A wendet real), ist in den 7,2 Jahren der Doppler-Effekt bereits enthalten.

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Parad0x am 27.07.2009 um 23:17 Uhr.
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Hallo Parad0x,
Parad0x schrieb in Beitrag Nr. 1342-164:
... im Übergang zwischen zwei Bezugssystemen fällt die Gleichzeitigkeit weg und somit auch der Vergleich. Was bleibt, ist nur noch das optische Alter. Dieses zeigt mir zwar den Verlauf an, aber ich kann dennoch zu keinem Zeitpunkt etwas darüber sagen, wie alt derjenige nun wirklich ist.
Ich stimme dir voll zu. Das von mir als "tatsächlich" bezeichnete Alter ist wie gesagt nur eine Rechengröße, die die Zeitdilatation beschreibt, mehr nicht.

Man darf also sagen, dass unter Berücksichtigung der anderen Einflussgrößen auf die "optische" Zeit die Rechengröße der Zeitdilatation wechselseitig gilt und auch aus der Sicht verschiedener Inertialsysteme Bestand hat.

Ob der Gegenzwilling aber nun "wirklich" so alt ist oder ein anderes Alter hat ist m.E. eine physikalisch sinnlose Frage, weil der Sachverhalt, wie oben dargelegt, nicht ermittelbar ist. Aus verschiedenen Bezugssystemen heraus kann nie eine gemeinsame Aussage darüber gemacht werden, was "jetzt" woanders geschieht.

Da aber zumindest eindeutig ist "was" woanders geschieht, müssen zwei Uhren, die sich am selben Ort treffen dieselben Zeiten anzeigen, egal aus welchem Inertialsystem heraus man sie betrachtet (siehe Startpunkt und Rückkehr der Zwillinge oder das Zusammentreffen des Flugzwillings mit der Umkehruhr)
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@claus:

mir kommen doch soeben Zweifel. Der Doppler-Effekt trägt doch nur dazu bei, was der jeweils andere Zwilling während seiner Reise sieht. Der Doppler-Effekt trägt selbst nichts zum Altersunterschied bei. Wenn man die Lichtlaufzeiten rausrechnet (also den Doppler-Effekt eliminiert), dann bleiben nur noch Zeitdilatation und Längenkontraktion übrig.

Bsp. an unseren Zwillingen: Erdzwilling sieht zwar den Flugzwilling erst nach 18 Jahren auf der Vega ankommen (während für den Flugzwilling dort erst 6 Jahre vergangen sind) - rechnet er aber den Doppler-Effekt raus, kommt er zu der Feststellung, der Flugzwilling ist bereits nach 10 Jahren Erdenzeit dort angekommen. In seinem "Jetzt" (dem des Erdzwillings) fand die Ankunft im Jahre 3010 statt. Nun weiß er, der Flugzwilling bewegt sich seitdem mit 0,8c wieder auf die Erde zu. Für diese 10 Jahre mit 0,8c ergeben sich 8 Lj aus Sicht des Erdzwillings. Für den Flugzwilling ist die Strecke um den Faktor 0,6 auf 4,8 Lj verkürzt, weshalb er dafür auch nur 6 Jahre nach seiner Zeit braucht. Wenn sie sich wiedertreffen, sind für den Flugzwilling 12 Jahre und für den Erdzwilling 20 Jahre vergangen. Der Doppler-Effekt wirkt sich nur auf die Beobachtung aus - nicht auf das Geschehen.

Umgekehrte Sicht: -> aus Sicht des Flugzwilling ist die Strecke auf 4,8 Lj statt 8 Lj verkürzt. Aus seiner Sicht braucht er für Hin- und Rückreise je 6 Jahre nach seiner Zeit. Weil der Umkehrpunkt (Vega) zum Bezugssystem des Erdzwillings gehört, weiß er, dass die Strecke im Bezugssystem des Erdzwillings 8 Lj beträgt - der Erdzwilling also aus seiner Sicht 10 Jahre braucht - insg. 20 Jahre. Ganz ohne Beobachtung (Doppler-Effekt) kommen beide Sichtweisen zu übereinstimmenden Ergebnissen.

Der tatsächliche Altersunterschied kommt scheinbar weder wegen der Zeitdilatation noch dem Doppler-Effekt zustande, sondern wegen der asymmetrischen Längenkontraktion. Dadurch, dass der Umkehrpunkt eindeutig zu einem der beiden Bezugssysteme gehört, ist die Längenkontraktion nicht vertauschbar.

Oder hab ich wiedermal nen Denkfehler?


mfG,
parad0x

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Parad0x am 27.07.2009 um 23:50 Uhr.
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Parad0x schrieb in Beitrag Nr. 1342-165:
Die Situation mit den 7,2 Jahren tritt aber tatsächlich ein, falls nicht B nach 8 Lj Entfernung umkehrt, sondern wenn stattdessen A nach 4,8 Lj umkehrt (tatsächlich nicht-inertial wendet). Das kann natürlich nie mit der optischen Beobachtung übereinstimmen, weil wie gesagt tatsächlich B wendet, nicht A.
So ist es.

Und wäre es nicht so -
würde also tatsächlich A wenden und beim Wiedersehen um 7,2 Jahre gealtert sein, so wäre dann allerings B beim Wiedersehen 12 Jahre älter ;-) wir hätten also dasselbe wie vorher. Nur mit kürzeren Distanzen.
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Hallo Claus,

Claus schrieb in Beitrag Nr. 1342-168:
[...] würde also tatsächlich A wenden und beim Wiedersehen um 7,2 Jahre gealtert sein, so wäre dann allerings B beim Wiedersehen 12 Jahre älter ;-) wir hätten also dasselbe wie vorher. Nur mit kürzeren Distanzen.

Genau. Deshalb vermute ich auch (Vgl. Beitrag Nr. 1342-167), dass dadurch, dass der Umkehrpunkt eindeutig einem einzigen Bezugssystem zugeordnet werden kann und muss, sich die Längenkontraktion nicht relativistisch vertauschen lässt. Auch aus Sicht des Flugzwillings sind die Streckenverhältnisse eindeutig gegeben - weil die Vega zum Bezugssystem des Erdzwillings gehört (egal aus welcher Sicht heraus man es beschreibt).


mfG,
parad0x
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Parad0x schrieb in Beitrag Nr. 1342-167:
Der tatsächliche Altersunterschied kommt scheinbar weder wegen der Zeitdilatation noch dem Doppler-Effekt zustande, sondern wegen der asymmetrischen Längenkontraktion.
... worüber ich bis morgen (d.h. bis heute) abend nachdenke. Für heute aber erstmal: Gute Nacht!
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Hallo Claus,


ach, ich glaube, meinen Fehler gefunden zu haben. Auch aus Sicht des Flugzwillings verkürzt sich die Strecke des Erdzwillings um den Faktor 0,6 auf 0,6 x 4,8 Lj = 2,88 Lj. Für diese Strecke braucht der Erdzwilling aus seiner Sicht nur 2,88 Lj / 0,8c = 3,6 Jahre. Der Flugzwilling hält beim Erreichen des Umkehrpunktes den Zeitpunkt vom Erdzwilling für gleichzeitig, zu dem der Erdzwilling 0,6 x 6 Jahre gealtert ist (gleiche Zeitdilatation bzw. wie eben analog über die verkürze Länge hergeleitet). Die Information darüber würde er erst später bekommen - aber er könnte ja die Lichtlaufzeiten wieder rausrechnen. Aus Sicht der Rückreise hält er zu Beginn der Rückreise im Umkehrpunkt stattdessen den Moment des Erdzwillings für gleichzeitig, zu dem der Erdzwilling 3,6 Jahre jünger war als beim Wiedertreffen (also 16,4 Jahre). In der (instantanen) Umkehrphase altert der Erdzwilling um den Differenzbetrag nach. Das erklärt sich damit anschaulich, dass während der Umkehr die Linie dessen, was für den Flugzwilling 'tatsächlich' gleichzeitig ist, "umschwenkt". Bzw. bei instantaner Umkehr springt sie um.

Also so, wie Du schon sagtest - Gleichzeitigkeit ergibt keinen Sinn (hätte uns auch gewundert). Die Beobachtung stattdessen ist stetig, lässt aber ebenfalls keine Aussage darüber zu, wann was vom Beobachteten gleichzeitig in Bezug auf das eigene (d.h., das beobachtende) Bezugssystems stattgefunden hat (mit Ausnahme der Punkte, an denen beide am selben Ort weilen).

Bemerkenswert ist dennoch, dass der Altersunterschied sich vom Wert her proportional zu Zeitdilatation bzw. Längenkontraktion verhält. Nur die Asymmetrie der Bewegungen führt dazu, dass die Relativität nicht gilt. Diese Asymmetrie (bzw. der Bezugssystemwechsel) führt dazu, dass die umgekehrte Zeitdilatation (also die aus Sicht des Flugzwillings beim Erdzwilling) um genau den Differenzbetrag ergänzt wird, der nötig ist, damit am Ende wieder der Wert aus der Erdzwillingssicht übrigbleibt. Natürlich kein Zufall - aber dennoch faszinierend.

Ich schlaf nun auchmal ne Runde drüber. Vielleicht wird's mir morgen noch ein Stück klarer.


mfG,
parad0x


P.S: ausnahmsweise erklärt die Wikipedia mal Sachverhalte anschaulich und korrekt: http://de.wikipedia.org/wiki/Zwillingsparadoxon

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Parad0x am 28.07.2009 um 01:54 Uhr.
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@harti:


um nochmal drauf zurückzukommen - Du kannst tatsächlich annehmen:

- dass sich A von B wegbewegt und anschließend wieder auf B zubewegt
- dass B während der Hinreise von A ruht sowie dass B während der Rückreise von A ruht
- dass B während der gesamten Reise von A seinen Ort nicht verändert

Du kannst aber nicht annehmen, dass B während der gesamten Reise von A ruht.

Warum nicht? In dem Moment, wo B glaubt, dass A umkehren müsste, geht ein ziemlich kräftiger Ruck durch B sowie sein Raumschiff. B sieht in diesem Moment zwar noch nicht, dass A umkehrt (aufgrund der Lichtlaufzeit), aber B spürt den Ruck. Einer von beiden (A oder B) muss ja seine Richtung ändern - sonst entfernen sie sich endlos voneinander. Also wird aufgrund der Trägheit auch einer von beiden die Kraft spüren, die dieser Richtungsänderung entgegenwirkt (1. Newtonsches Axiom). Nur eine gleichförmige, kräftefreie Bewegung kann man als Ruhe ansehen. Eine geradlinige Bewegung unter Krafteinwirkung ist aber keine gleichförmige, kräftefreie Bewegung. B kann zwar tatsächlich annehmen, dass er seinen Ort nicht verändert - aber um seinen Ort beizubehalten, bedarf es genau dieser Kraft, die er spürt. B kann nicht behaupten, er würde tatsächlich ruhen, sondern nur, er verändert seinen Ort nicht. Das ist ein wesentlicher Unterschied.

Diese Kraft ist objektiv - sie unterliegt nicht dem Relativitätsprinzip der SRT. Ich kann nicht einfach die Sichtweisen vertauschen und damit die Kraftwirkung dem jeweils anderen zuschreiben. Wer die Kraft spürt, hängt nicht von der Perspektive ab. Wenn ich annehme, dass B ruht, wird trotzdem B die Kraft spüren - nicht A. Somit kann die Annahme nicht richtig gewesen sein bzw. wird durch ein mitgeführtes Messgerät physikalisch widerlegt.


Das heißt aber bislang nur, dass ich stets weiß, welcher von beiden sich gleichförmig und welcher sich ungleichförmig bewegt. Das bedeutet nicht, ich könnte nun nicht die SRT darauf anwenden.

Nun passiert nämlich folgendes:

Wir beschreiben mittels der SRT das Geschehen aus beiden Sichtweisen:

- aus Sicht von A: -> A ist 20 Jahre gealtert, B nur 12 Jahre
- aus Sicht von B: -> A ist 20 Jahre gealtert, B nur 12 Jahre

Weder mussten wir uns auf eine Sicht festlegen (es war völlig egal, ob ich es aus Sicht von A oder aus Sicht von B beschrieben habe) noch hat die Beschreibung aus einer der beiden Sichtweisen zum Widerspruch geführt.

Die SRT ist vollständig auf das Zwillingsparadoxon anwendbar. Egal, aus wessen Sicht ich es mithilfe der SRT beschreibe - stets liefert die SRT das korrekte Ergebnis, wer von beiden tatsächlich älter geworden ist. Was nicht gilt, ist das Relativitätsprinzip für beide Gesamtbewegungen. Das hat aber die SRT auch nie behauptet (ganz im Gegenteil - würde sie behaupten, beide Sichtweisen sind ununterscheidbar vertauschbar, dann wäre das ein Widerspruch, welcher die SRT schon längst als Theorie widerlegt hätte).


Tatsächlich vollkommen ununterscheidbar (Relativität) sind dagegen zwei kräftefreie, gleichförmige Bewegungen. Dort ist tatsächlich jeder wechselseitig jünger als der andere. Aber auch das ist kein Widerspruch, weil sich zwei zueinander gleichförmig bewegte Körper nur einmal treffen. In diesem Moment wissen sie, wie alt sie beide gleichzeitig sind. Danach altert aus der Sicht des jeweils anderen der andere langsamer als er selbst. Für sich genommen altern beide gleichschnell (nämlich mit Lichtgeschwindigkeit) - aber aus der Perspektive des jeweils anderen erscheint das aufgrund der Relativbewegung verlangsamt. Das ist nur eine Frage der Perspektive. Ein weitentfernter Beobachter erscheint mir ja schließlich auch kleiner als ich - genau wie ich ihm kleiner erscheine als er sich selbst. Wir haben beide recht (er ist kleiner als ich und ich bin kleiner als er) und trotzdem tritt kein Widerspruch auf. Was in diesem Beispiel von der Entfernung abhängt, hängt in der SRT von der Relativgeschwindigkeit ab. Der Effekt ist der gleiche.


mfG,
parad0x

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Parad0x am 28.07.2009 um 03:09 Uhr.
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Parad0x schrieb in Beitrag Nr. 1342-167:
@claus: mir kommen doch soeben Zweifel. Der Doppler-Effekt trägt doch nur dazu bei, was der jeweils andere Zwilling während seiner Reise sieht. Der Doppler-Effekt trägt selbst nichts zum Altersunterschied bei.
Hallo Parad0x,

so ist es, der Doppler-Effekt trägt nichts zum Altersunterschied bei. Er kann aber als Hilfsmittel zur Erklärung von Einsteins Zwillingsexperiment verwendet werden. Ich denke, in diesem Sinne hatte es Claus auch gemeint.
Zitat:
Wenn man die Lichtlaufzeiten rausrechnet (also den Doppler-Effekt eliminiert), dann bleiben nur noch Zeitdilatation und Längenkontraktion übrig.
Auch mit der Hilfe der Lichtlaufzeiten wird oft versucht, zum Verständnis von Einsteins Zwillingsexperiment beizutragen. Ich halte nichts davon, denn da wird m.E. ein "SRT-Beginner" eventuell damit in die Irre geführt, indem er glaubt, die Lichtlaufzeiten seien die Ursache für die SRT-Effekte.
Zitat:
Der tatsächliche Altersunterschied kommt scheinbar weder wegen der Zeitdilatation noch dem Doppler-Effekt zustande, sondern wegen der asymmetrischen Längenkontraktion.
Durch den Dopplereffekt sowieso nicht, siehe oben. Auch kommt der Altersunterschied weder allein durch die Zeitdilatation noch allein durch die Längenkontraktion zustande. Er kommt zustande, weil sich gemäß den Lorentz-Transformationen Zeit und Raum immer zusammen transformieren. Sobald man Zeittransformation und Raumtransformation separat betrachtet, kommt man in der SRT oft zu Fehlurteilen, insbesondere beim Einsteinschen Zwillingsexperiment.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

P.S.
Die restlichen Beiträge von dir und Claus muss ich erst noch lesen, diese habe ich noch nicht berücksichtigt.

Signatur:
Der Kluge lernt aus allem und von jedem,
der Normale aus seinen Erfahrungen,
und der Dumme weiß alles besser.
Sokrates.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Bauhof am 22.09.2009 um 16:14 Uhr.
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Hallo Paradox,
vielen Dank für Deine umfangreichen Erläuterungen. Du hast meine Sichtweise zutreffend wiedergegeben. Ich war bisher der Meinung, dass die SRT nur auf inertiale (kräftefreie) Bewegungen anwendbar ist und deshalb den aus meiner Sicht im Rahmen der SRT allein perspektivisch begründeten Widerspruch des Zwillingsparadoxons nicht auflösen kann.
Parad0x schrieb in Beitrag Nr. 1342-172:
Diese Kraft ist objektiv - sie unterliegt nicht dem Relativitätsprinzip der SRT. Ich kann nicht einfach die Sichtweisen vertauschen und damit die Kraftwirkung dem jeweils anderen zuschreiben. Wer die Kraft spürt, hängt nicht von der Perspektive ab. Wenn ich annehme, dass B ruht, wird trotzdem B die Kraft spüren - nicht A. Somit kann die Annahme nicht richtig gewesen sein bzw. wird durch ein mitgeführtes Messgerät physikalisch widerlegt.
Das heißt aber bislang nur, dass ich stets weiß, welcher von beiden sich gleichförmig und welcher sich ungleichförmig bewegt. Das bedeutet nicht, ich könnte nun nicht die SRT darauf anwenden.

Die SRT ist vollständig auf das Zwillingsparadoxon anwendbar. Egal, aus wessen Sicht ich es mithilfe der SRT beschreibe - stets liefert die SRT das korrekte Ergebnis, wer von beiden tatsächlich älter geworden ist.

Ganz bin ich noch nicht überzeugt; denn ich frage mich, nach wessen Uhr, der von A oder B, bestimmst Du im Rahmen der SRT die konstante Lichtgeschwindigkeit ?

MfG
Harti
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Hallo Parad0x,
Parad0x schrieb in Beitrag Nr. 1342-167:
Wenn man die Lichtlaufzeiten rausrechnet (also den Doppler-Effekt eliminiert), dann bleiben nur noch Zeitdilatation und Längenkontraktion übrig.
Dem stimme ich zu. Ich stimme auch Bauhof zu, wenn er meint, (Zitat aus seinem Beitrag-Nr. 1342-173) die Lichtlaufzeiten seien nicht Ursache der SRT-Effekte.

Umgekehrt aber würde ich deiner These
Zitat:
Der Doppler-Effekt trägt selbst nichts zum Altersunterschied bei.
nicht zustimmen wollen,

denn die Lorentzkontraktion schafft unterschiedliche Längenverhältnisse in den Bezugssystemen. Und mit diesen unterschiedlichen Längenverhältnissen sind dann unweigerlich auch unterschiedliche Lichtlaufzeiten verbunden. Es ist also nicht so, dass der Dopplereffekt unterschiedliche Effekte der SRT verursacht - es ist aber so, dass die Effekte der SRT einen unterschiedlichen Dopplereffekt nach sich ziehen - und insoweit ist der Dopplereffekt an den Alterseffekten beteiligt.

Maxime muss m.E. sein, dass beide Effekte der SRT (Zeitdilatation und Längenkontraktion) in den verschiedenen Bezugssystemen wechselseitig gelten.

Aus Sicht des Erdzwillings ergibt sich der Altersunterschied allein aufgrund der Zeitdilatation, weil die Lorentzkontraktion nichts zum Altersunterschied des Flugzwillings beiträgt und der Dopplereffekt sich auf der Hin- und Rückreise gegenseitig aufhebt.

Aus der Sicht des ruhenden Flugzwillings kann man den Altersunterschied zwar auch, wie du vorschlägst, allein mittels der Lorentzkontraktion ermitteln - die Zeitdilatation muss aber ebenso gelten, d.h. auch über sie muss der Altersunterschied erklärbar sein. Wenn also aus Sicht des Flugzwillings auch der Erdwilling während der gesamten Reisedauer (also sowohl in den Jahren 1 - 6 als auch in den Folgejahren 6 - 12) mit demselben Faktor 0,6 altert wie es umgekehrt auch aus Sicht des Erdzwillings gewesen ist - was, wenn nicht der Dopplereffekt, trägt dann zum später tatsächlich festgestellten Altersunterschied bei?

Du magst es so auffassen, dass ein Zeitsprung am Umkehrpunkt auftritt.

Mir ist das unsympathisch, weil ein solcher Zeitsprung von niemandem beobachtet wird. Dasselbe gilt übrigens auch für die Vorstellung des Erdzwillings, der Flugzwilling sei nach 10 Jahren bei Vega angekommen - wer weiß das schon - vielleicht wurde er ja zwischenzeitlich von einem Alien gekapert ;-))

Ich tendiere also eher zur "optischen" Zeitverlaufsvariante... "Real ist, was beobachtet bzw. festgestellt werden kann." Und da spielt der Dopplereffekt eben entscheidend mit. Auf keinen Fall darf man jedoch zwischen der "tatsächlichen" und der "optischen" Sichtweise hin- und herspringen (was oftmals getan wird) - so z.B. auf der Erde die "tatsächliche" Sichtweise anwenden: "Aus Sicht des Erdzwillings "ist" die Strecke zu Vega hin und zurück gleich lang (nämlich 8Lj) und der Flugzwilling benötigt für beide Strecken gleich lang (nämlich 10 Jahre)" - bei Wechsel des Standpunkts, also aus der Sicht des Flugzwillings dann aber die "optische" Sichtweise anwenden: "Aus Sicht des Flugzwillings "sieht" dieser, wie die Erde sich 4,8 Lj entfernt, dann wendet und nach 6 Jahren wieder zurückkommt."

Solche Vorstellungen suggerieren, dass die durchlaufenen Strecken der Hin- und Rückreise sprunglos bzw. optisch gleich lang wären, was nicht der Fall ist.
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Hallo Harti,
Harti schrieb in Beitrag Nr. 1342-160:
Die entscheidende Frage ist für mich, läßt sich bei einer derartig konsequenten (vollkommen relativistischen)Umkehr der Betrachtung der Widerspruch im Ergebnis ( A erfährt B als jünger; B erfährt A als jünger) allein auf der Grundlage der SRT auflösen, oder muss man faktisch außerhalb der SRT die Lösung suchen, indem in irgendeiner Form B im Verhältnis zu A ausgezeichnet wird.
ich meine, man kann es allein auf Grundlage der SRT auflösen, wenn man den Dopplereffekt bei der Erklärung einbezieht
(siehe mein vorheriger Beitrag-Nr. 1342-175)
Zitat:
Bei der Lösung von Claus frage ich mich, ob nicht gerade die Berücksichtigung des Dopplereffektes, der kein Bestandteil der SRT ist, die Auszeichnung von A-Vega als ruhendes System und B als bewegtes System bewirkt.
Nein, das ist nicht der Fall. Der Dopplereffekt ist völlig passiv, zeichnet daher also nichts aus. Er besagt nichts anderes als: "Wenn sich ein Objekt mit Geschwindigkeit auf dich zu bewegt, erscheint dessen Uhrengang dir um soundsoviel beschleunigt - wenn es sich von dir wegbewegt, dagegen um soundsoviel verlangsamt." Der Dopplereffekt tritt in beiden Bezugssystemen somit in gleicher Weise und zwar auf der Hinreise verlangsamend und auf der Rückreise beschleunigend auf. Aber: Ein unsymmetrischer Effekt und damit ein Unterschied für die beiden Zwillinge ergibt sich als Folge der SRT, welche bewirkt, dass sich der zeitverlangsamende bzw. -beschleunigende Effekt des Dopplereffekts in den verschieden Bezugssystemen unterschiedlich lang auswirken kann.

Beitrag zuletzt bearbeitet von Claus am 28.07.2009 um 18:47 Uhr.
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Hallo Claus,


ich kann alles gesagte so nachvollziehen und mich dem auch anschließen. Vor allem kann ich auch verstehen, warum Dir z.B. die "optische" Erklärung sympathischer erscheint als die andere. Und womit ich mit Dir definitiv und 100%ig übereinstimme, ist, dass man während der Erklärung des Alterseffektes auf keinen Fall zwischen beiden Argumentationslinien wechseln sollte - sondern beide konsequent relativistisch anwenden.

Was die optische Erklärung allerdings m.E. nicht berücksichtigt, ist, warum die Altersdifferenz auftritt? Natürlich ist das indirekt enthalten. Aber so richtig deutlich wird durch die optische Erklärung allein nicht, wieso der Flugzwilling mehr Lichtsignale empfängt als der Erdzwilling? Zumindest ist das mir so ergangen. Man wird schnell dazu verleitet, den Grund dafür darin zu sehen, dass man ja auf Hin- und Rückreise sich einmal aufeinander zu- und einmal voneinander wegbewegt. Dabei liegt der Grund für die tatsächliche Differenz (Asymmetrie) woanders.

Claus schrieb in Beitrag Nr. 1342-175:
Umgekehrt aber würde ich deiner These "Der Doppler-Effekt trägt selbst nichts zum Altersunterschied bei." nicht zustimmen wollen, [...]
[...] es ist aber so, dass die Effekte der SRT einen unterschiedlichen Dopplereffekt nach sich ziehen - und insoweit ist der Dopplereffekt an den Alterseffekten beteiligt.
Da geb ich Dir natürlich völlig recht. Ich hab aber nicht den Alterseffekt gemeint - sondern tatsächlich den Altersunterschied (also die Asymmetrie an sich). Ansonsten seh ich es genauso.

Zitat:
Maxime muss m.E. sein, dass beide Effekte der SRT (Zeitdilatation und Längenkontraktion) in den verschiedenen Bezugssystemen wechselseitig gelten.
Ganz genau. Und an der Stelle lass ich mich oft verwirren (s. gestern). Auch die Längenkontraktion tritt relativistisch (wechselseitig) auf.

Im Bezugssystem des Flugzwillings ist die Erde nicht nur scheinbar (also optisch), sondern tatsächlich 4,8 Lj entfernt (tatsächlich bezogen auf das Bezugssystem). Die Erde erreicht ihren eigenen Umkehrpunkt, wenn der Flugzwilling die Vega erreicht - und da diese (die Vega) relativ zur Erde ruhte (sich also im Bezugssystem der Erde befand), ist im Moment der "Umkehr der Erde" der Umkehrpunkt der Erde tatsächlich 4,8 Lj entfernt (aus der Perspektive des Flugzwillings). Weil der Flugzwilling aber in der umgekehrten (relativistischen) Betrachtungsweise annimmt, dass dieser scheinbare, 4,8Lj entfernte Umkehrpunkt ruht (also zu seinem Bezugssystem gehört statt zur Erde), verkürzt sich aus seiner Sicht für die Erde die Flugstrecke auf 2,88 Lj im Bezugssystem der Erde. Und folglich auch die Zeit. Der Widerspruch löst sich erst durch den Bezugssystem-Wechsel des Flugzwillings auf. Oder mach ich da nen Fehler? Falls ja, wär ich um Aufklärung sehr dankbar.

Zitat:
Aus Sicht des Erdzwillings ergibt sich der Altersunterschied allein aufgrund der Zeitdilatation, weil die Lorentzkontraktion nichts zum Altersunterschied des Flugzwillings beiträgt und der Dopplereffekt sich auf der Hin- und Rückreise gegenseitig aufhebt.

Aus der Sicht des ruhenden Flugzwillings kann man den Altersunterschied zwar auch, wie du vorschlägst, allein mittels der Lorentzkontraktion ermitteln - die Zeitdilatation muss aber ebenso gelten, d.h. auch über sie muss der Altersunterschied erklärbar sein.
Sind sich denn Zeitdilatation und Längenkontraktion nicht äquivalent? Da die Lichtgeschwindigkeit konstant ist, bedingen sich beide wechselseitig. Ob ich es nun mit der Zeitdilatation erkläre oder stattdessen mit der Längenkontraktion, beschreibt den selben Sachverhalt, oder doch nicht? Wenn die Strecke verkürzt ist, vergeht auch weniger Zeit. Für den Flugzwilling tritt aus Sicht des Erdzwillings ja nur deshalb eine Zeitdilatation ein, weil sich auch die Länge in Flugrichtung verkürzt. Wenn der Flugzwilling umgekehrt relativistisch argumentiert, wird er auch beim Erdzwilling eine Zeitdilatation feststellen, weil sich ebenso aus der Sicht des Flugzwillings die Länge verkürzt. Warum das nicht zum Widerspruch führt, liegt im Wechsel des Bezugssystems begründet. Aus der Perspektive des Flugzwillings sind für den Erdzwilling auf Hin- und Rückreise (einzeln betrachtet!) nur jeweils 3,6 Jahre vergangen (Zeitdilatation) - weil der Flugzwilling beurteilt, dass die Strecke zwischen Erde und ihrem Umkehrpunkt nicht 4,8 Lj (wie für ihn), sondern 2,88 Lj aus Sicht des "bewegten Erdzwillings" beträgt.

Die optische Sicht enthält bereits den Bezugssystem-Wechsel. Deshalb wird m.E. an ihr nicht so wirklich anschaulich deutlich, warum der Flugzwilling den Erdzwilling nicht um 7,2 Jahre altern sieht, sondern um 20. Die optische Sicht suggeriert stattdessen sogar eher, dass auf der Hinreise beim Erdzwilling die Zeit mit anderer Geschwindigkeit vergeht als bei der Rückreise. Dabei ist das nur das, was der Flugzwilling sieht - denn der Erdzwilling hat wohl keinen physikalischen Grund, warum seine eigenen Zeitabläufe verschieden schnell sein sollten (er bewegt sich schließlich tatsächlich gleichförmig).

Zitat:
Wenn also aus Sicht des Flugzwillings auch der Erdwilling während der gesamten Reisedauer (also sowohl in den Jahren 1 - 6 als auch in den Folgejahren 6 - 12) mit demselben Faktor 0,6 altert wie es umgekehrt auch aus Sicht des Erdzwillings gewesen ist - was, wenn nicht der Dopplereffekt, trägt dann zum später tatsächlich festgestellten Altersunterschied bei?
Der Wechsel des Bezugssystems, nicht der Doppler-Effekt. Inwiefern denkst Du, dass der Doppler-Effekt die fehlende "Differenz" erklärt? Er beschreibt nur, was und wie es der Flugzwilling beobachtet. Das, was er beobachtet, beinhaltet aber bereits den Inertialsystem-Wechsel. Nur deshalb sieht der Flugzwilling auch optisch 20 Jahre statt 7,2 Jahre. Würde der Inertialsystem-Wechsel nicht eintreten, würde der Flugzwilling tatsächlich 7,2 Jahre optisch beobachten - dafür der Erdzwilling 12 Jahre (statt 7,2 x 0,6) beim Flugzwilling, weil dann der Erdzwilling nach einer Entfernung von 4,8 Lj real gewendet hätte.

Zitat:
Du magst es so auffassen, dass ein Zeitsprung am Umkehrpunkt auftritt.
Es gibt keine absolute Gleichzeitigkeit - darüber sind wir uns einig. Aber jedes Bezugssystem besitzt doch dennoch seine eigene Gleichzeitigkeit? In Bezug auf den Erdzwilling findet die Umkehr tatsächlich 3010 statt. Aus Sicht des Flugzwillings unterscheidet sich die Gleichzeitigkeit bei der Hinreise von der Gleichzeitigkeit der Rückreise (was auf der Hinreise gleichzeitig zum Jahr 3006 ist, ist nicht dasselbe, was aus Sicht der Rückreise gleichzeitig zum Jahr 3006 ist - die Differenz ergibt sich erst durch den Wechsel des Bezugssystems). Aber relative Gleichzeitigkeit existiert doch somit trotzdem? Nur eben keine absolute, in allen Bezugssystemen gleichermaßen gültige. Wenn wir sehen, wie die Sonne explodiert, ist sie in unserem Bezugssystem auch tatsächlich vor 8:21 mins explodiert. Wann denn auch sonst?

Zitat:
Mir ist das unsympathisch, weil ein solcher Zeitsprung von niemandem beobachtet wird. Dasselbe gilt übrigens auch für die Vorstellung des Erdzwillings, der Flugzwilling sei nach 10 Jahren bei Vega angekommen - wer weiß das schon - vielleicht wurde er ja zwischenzeitlich von einem Alien gekapert ;-))
Wie gesagt, ich kann nachvollziehen, dass das unsympathisch erscheint. Und das man es auch genausogut mit dem erklären kann, was man sieht. Nur darf man dann nicht annehmen, der Flugzwilling kehrt erst im Jahre 3018 im Bezugssystem der Erde um ...im Bezugssystem der Erde erfolgt die Umkehr 3010. ;-)

Außerdem würde ich mich ein wenig gegen die Aussage verwehren, dieser Zeitsprung wird von niemandem beobachtet. Wenn er nicht beobachtet (also in der optischen Sicht nicht enthalten) wäre - wieso altert der Erdzwilling dann 20 statt 7,2 Jahre? Dieser "Sprung"1 ist m.E. tatsächlich in der optischen Beobachtung enthalten - aber nicht als Sprung, sondern verteilt sich gleichmäßig auf einen entsprechenden Teil der Rückkehr des Flugzwillings.



mfG,
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1 ein "Sprung" (im Sinne einer fehlenden Strecke) im euklidischen Raum ist eine zusätzliche Strecke im nicht-euklidischen Raum

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Parad0x am 28.07.2009 um 23:23 Uhr.
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@claus (und natürlich auch alle anderen):

mal ganz unabhängig davon eine Frage -> was sehen denn Erd- und Flugzwilling genau im Moment der Umkehr des Flugzwillings? An der Stelle scheinen sich die Lichtsignale zu überlagern - einmal mit der rot- und einmal mit der blauverschobenen Frequenz? Das hat jetzt nichts mit dem Zwillingsparadoxon an sich zu tun, sondern würde mich einfach mal interessieren. Und, hat das irgendwelche Auswirkungen oder physikalische Bedeutung?


mfG,
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Hallo Harti,

Harti schrieb in Beitrag Nr. 1342-174:
vielen Dank für Deine umfangreichen Erläuterungen. Du hast meine Sichtweise zutreffend wiedergegeben. Ich war bisher der Meinung, dass die SRT nur auf inertiale (kräftefreie) Bewegungen anwendbar ist [...]
Wie gesagt, sie ist auch auf nicht-inertiale Bewegungen anwendbar - nur das Relativitätsprinzip gilt dann nicht mehr. Das Relativitätsprinzip gilt nur in den einzelnen inertialen Phasen. Man kann es wechselseitig korrekt beschreiben - aber die gesamte Bewegung nicht gegeneinander ununterscheidbar vertauschen. Die SRT ist erst dann tatsächlich nicht mehr anwendbar, sobald die Gravitation nicht mehr vernachlässigt werden kann.

Zitat:
Die SRT ist vollständig auf das Zwillingsparadoxon anwendbar. Egal, aus wessen Sicht ich es mithilfe der SRT beschreibe - stets liefert die SRT das korrekte Ergebnis, wer von beiden tatsächlich älter geworden ist.

Ganz bin ich noch nicht überzeugt; denn ich frage mich, nach wessen Uhr, der von A oder B, bestimmst Du im Rahmen der SRT die konstante Lichtgeschwindigkeit ?
Die Lichtgeschwindigkeit wird von jedem Beobachter als konstant gemessen - A wird bei sich die Lichtgeschwindigkeit mit v = c messen, genau wie B bei sich. Aber A wird ebenso auch bei B die Lichtgeschwindigkeit mit v = c messen (genau wie umgekehrt auch B bei A). Das war ja gerade das 1. Postulat der SRT. Alle messen überall (bei sich und bei anderen) stets den gleichen Wert c für die Lichtgeschwindigkeit.

Durch die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit sowie die Relativität zweier Inertialsysteme ergibt sich, dass sich die Längen und Zeiten verkürzen (gemäß den Lorentz-Transformationen). Anschaulich gesprochen: -> weil sich B von A wegbewegt und daher sowohl die Länge in Bewegungsrichtung um den gleichen Faktor verkürzt ist wie die Zeit für B (aus Sicht von A) langsamer vergeht, bleibt die Lichtgeschwindigkeit konstant. Auch für B bewegt sich A weg - und daher sind für B ebenso die Längen von A in Bewegungsrichtung um den gleichen Faktor verkürzt wie die Zeit von A langsamer vergeht (aus Sicht von B). Dadurch hat auch aus Sicht von B die Lichtgeschwindigkeit im Bezugssystem von A den selben Wert c wie in seinem eigenen Bezugssystem.


mfG,
parad0x

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Parad0x am 28.07.2009 um 23:16 Uhr.
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