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Frage zu Buch von Stephan Hawking

Thema erstellt von Supermami 
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Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Irena,
Irena schrieb in Beitrag Nr. 1164-18:
...was ich möchte damit sagen, der unabhängige Zeitverlauf, etwa wie in Relativitätstheorie dargestellt wird, gibt es vielleicht in Wirklichkeit nicht. Es kann nur an Systemunabhängige Objekte angewendet werden. solche gibt es meines Wissens in Universum nicht. Man kann zwar behaupten, dass zwei Menschen haben unabhängige innere Uhr, nach aussen leben sie aber mit gleichen Uhr. Also es müsste eine Zeit nach innen und Zeit nach aussen geben. Es war eine spontane Idee. Ich muss mir noch überlegen. Würde gern von euch was hören.
Wie ich dir es in meinem Beitrag-Nr. 1164-19 versprochen habe, gehe ich jetzt auf den Inhalt deines Beitrags ein. Nach meiner Auffassung gibt es keine verschiedenen Zeiten nach innen und nach außen. Wenn es überhaupt einen Zeitablauf gibt - gleichgültig, ob systemabhängig oder systemunabhängig - dann nur einen, der für das ganze Universum gilt. Ein systemabhängiger Zeitablauf für das ganze Universum könnte die fortschreitende Expansion des Universums sein.

Bernulf Kanitscheider formuliert diese Idee in seinem Buch [1] auf Seite 94 wie folgt, Zitat:
"Wenn man also der Ansicht ist, dass die entropische Entwicklung den Zeitpfeil realisiert und sie auf der strahlungsverzehrenden Eigenschaft des Raumes aufbaut, die wiederum in der Expansionsbewegung des Universums gründet, so liegt der Schluss nahe, dass die Richtung der Zeit auf die gerichtete Dynamik der Welt zurückgeht."

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Bernulf Kanitscheider
Wissenschaftstheorie der Naturwissenschaft.
Berlin 1981, ISBN=3-11-00681-7

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und der Dumme weiß alles besser.
Sokrates.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Bauhof am 16.05.2008 um 16:23 Uhr.
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Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
... so liegt der Schluss nahe, dass die Richtung der Zeit auf die gerichtete Dynamik der Welt zurückgeht."

Auch für mich ist dieses Zitat des Herrn Kanitscheider interessant; es trifft in etwa meine eingangs geäußerte Vermutung (Beitrag-Nr. 1164-2):

Die Zeit ist einfach die Richtung in der wir uns bewegen
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Beiträge: 1.503, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Bauhof,
Bauhof schrieb in Beitrag Nr. 1164-21:
Wenn es überhaupt einen Zeitablauf gibt - gleichgültig, ob systemabhängig oder systemunabhängig - dann nur einen, der für das ganze Universum gilt. Ein systemabhängiger Zeitablauf für das ganze Universum könnte die fortschreitende Expansion des Universums sein.
Aber gerade es verneint RT. Jedes bewegendes Objekt hat Eigenzeit. Na gut, das, was ich Zeit nach innen nannte, ist die Eigenzeit. Aber jedes Objekt ist involviert in einen System höheren Ordnung. Das System funktioniert auch als Ganzes, hat eigene Eigenzeit2 und seinerseits ist ein Teil noch höheres Systems. Diese eigene Eigenzeit2 gilt für das Objekt als Ganzes (nicht aber für seine Bestandsteile, die funktionieren nach Eigenzeit1).

"die entropische Entwicklung den Zeitpfeil realisiert"... Was ist eigentlich mit Selbstorganisation? Warum bleibt sie auf die Strecke? Wenn man an die Weltentwicklung denkt, die Selbstorganisation gibt uns Zeitvorstellung durch Entstehung immer neueren Strukturen. Erst entsteht Neues, dann beginnt die Entropie - Älterung.

Gruß, Irena
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Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Irena,
Irena schrieb in Beitrag Nr. 1164-23:
Aber gerade es verneint RT. Jedes bewegendes Objekt hat Eigenzeit. Na gut, das, was ich Zeit nach innen nannte, ist die Eigenzeit..
Die Relativitätstheorien verneinen keinen Zeitablauf für das ganze Universum. Die Relativitätstheorien machen überhaupt keine Aussage über das Wesen der Zeit. Beide Theorien beschreiben die relativistische Mechanik als Erweiterung der Newtonschen Mechanik für große Geschwindigkeiten und starke Gravitationsfelder. Du darfst in den relativistischen Begriff "Eigenzeit" nicht zu viel "Philosophisches" hineininterpretieren. Dieser Begriff ist in der SRT physikalisch genau definiert und gibt nichts her, was philosophisch zur Erkenntnis des Wesens der Zeit beitragen könnte. Die SRT gibt keine Antwort auf die Frage "Was ist Zeit?".
Zitat:
...die entropische Entwicklung den Zeitpfeil realisiert"... Was ist eigentlich mit Selbstorganisation? Warum bleibt sie auf die Strecke? Wenn man an die Weltentwicklung denkt, die Selbstorganisation gibt uns Zeitvorstellung durch Entstehung immer neueren Strukturen. Erst entsteht Neues, dann beginnt die Entropie - Älterung.
Entropische Entwicklung und Selbstorganisation müssen sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen. Entropische Entwicklung [1] bedeutet zunehmenden Informationsverlust für das gesamte Universum, falls man das Universum als abgeschlossenes System betrachten kann. Trotz dieses zunehmenden Informationsverlustes im gesamten Universum gibt es lokal (z.B. in unserer Galaxis) Informationsgewinn in Form der Selbstorganisation - sonst würden wir Menschen gar nicht existieren. Dies geht allerdings auf Kosten von Informationsverlust im Rest des Universums und geht damit einher mit einer Entropie-Zunahme im Rest des Universums. Jede lokale Selbstorganisation muss mit einer Entropie-Zunahme außerhalb dieses lokalen Bereichs "bezahlt" werden.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Der Zusammenhang zwischen Entropie und Information ist wieder eine andere "Baustelle". Falls es jemand wünscht, eröffnet ich dafür ein neues Thema. Aber dieses Thema ist rein physikalisch und nicht philosophisch.
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Beiträge: 1.503, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo BAuhof,

eigentlich ich denke nicht in philosophischem Bereich. Mich interessiert Evolution des Universums. Es ist nur am Rande philosophisches Tnema.
Zitat:
Die Relativitätstheorien verneinen keinen Zeitablauf für das ganze Universum
Wenn man spricht, dass es gibt keine absolute Zeit (und Raum) - verneint man ein Zeitablauf für das ganze Universum, oder?
Zitat:
Dieser Begriff ist in der SRT physikalisch genau definiert und gibt nichts her, was philosophisch zur Erkenntnis des Wesens der Zeit beitragen könnte. Die SRT gibt keine Antwort auf die Frage "Was ist Zeit?"
Die Zeitdilation hat sehr wohl viel zum Wesen der Zeit beigebracht.

Zitat:
Entropische Entwicklung und Selbstorganisation müssen sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen.
Ich würde sogar behaupten: sie sind zwei Seiten des Gleichen. Mein Vorwurf gilt ausschließlich, dass man Augenmerk zu sehr an entropische Prozesse lenkt uns Selbstorganisation vernachlässigt.

Zitat:
Entropische Entwicklung [1] bedeutet zunehmenden Informationsverlust für das gesamte Universum, falls man das Universum als abgeschlossenes System betrachten kann.
Hier habe ich Einwände. MAn muss doch sich einigen was man versteht unter Universum. Wenn man sagt alles was man kennt und in Zukunft kennen wird - ist ein Universum, dann stehe ich von Dilemma: wie man über die Entropie und Informationsverlust behaupten kann, wenn es durchaus möglich ist, dass unsere Informationsverlust für den noch Unbekannten ein Informationsgewinn ist. Es gilt doch gerade für abgeschlossene System termodinamische Sätze.

Zitat:
Trotz dieses zunehmenden Informationsverlustes im gesamten Universum gibt es lokal (z.B. in unserer Galaxis) Informationsgewinn in Form der Selbstorganisation - sonst würden wir Menschen gar nicht existieren.
Also, wie ich oben geschrieben habe, können wir über das gesamtes Universum nicht reden. Wir können nur über derzeit bekanntes Universum reden. Der Bezug zum Unbekanntem kann sich auf vielfälltige - auch uns unbekannte - Weise sich gestalten.

Ich habe auch Einwand zu deine Behauptung - Entropie in Ganzem und Selbstorganisation lokal. Du trennst es räumlich. Die Entropie (wie auch die Selbstorganisation) erfolgt lokal und veralgemeinend kann man über zunehmende Entropie und Selbstorganisation in (relativ) Ganzem sprechen.
Ich denke, mein Einwand hat garnicht mit Philosophie zu tun. Es ist - für mich - eine logische Schlußfolgerung.

Zitat:
Dies geht allerdings auf Kosten von Informationsverlust im Rest des Universums und geht damit einher mit einer Entropie-Zunahme im Rest des Universums. Jede lokale Selbstorganisation muss mit einer Entropie-Zunahme außerhalb dieses lokalen Bereichs "bezahlt" werden.
DA bin ich auch nicht einverstanden. Du weiterverfolgst diesen räumlichen Trennung zwischen Organisation und Entropie. Sie sind vezahnt, vernetzt. Selbstorganisation erzeugt Entropie, die widerum unterstützt Selbstorganisation. Die offensichlichstee Beispiel der Selbstorganisation - die Evolution des Lebens. M.E. die herrschende Erklärung der Evolution über die Selektion und Mutation lässt die Selbstorganisation in Schatten. Die Selektion ist größtenteils vom Leben selbst erzeugt. Durch die Stoffwechsel hat das Leben Atmosphäre geändert und müsste selbst anpassen an dieser Änderung. Durch Fortpflanzung hat man alle Räume erobert, an den man sich müsste anpassen. Durch Besiedlung des LAndes, wird das Albedo der Erde durch Pflanzen beeinflüßt - Wärmespeicherung wird geändert - man müsste sich wieder anpassen. Und...und...und...

Wenn dir das Beispiel mit Leben scheint zu kompliziert. Sprechen wir über Makrokosmos. Die Sterne entzünden sich und beginnen Umwelt zu "kontiminieren". Jeder nächste Stern wird "schwerer", weil seine Umwelt immer mehr ältert, sprich mit schweren Elementen bereichert. Also jede Stern hat sein individuelles Gesicht, das von seiner Umwelt abhängt. Die Umwelt widerum hängt von der Entropie der Sternen. Von den massenreichen Sterne erste Generation wird es zunehmend die massenarme Sterne dominieren, Sterne die geeignet für das Leben sind.
Auch die ursprüngliche Gravitationsschwankungen, die zur Sternentstehung führten - mit den neuen kosmischen Strukturen (Sternen, Galaxien) haben ganz andere Maßstäbe angenommen und mit den den Einflüß auf die Umgebung. Den Einflüß, durch desen Wirkung könnte Stern-Planeten-Systeme entstehen.

Also, Entropie könnte man als Auspuffgase eines Autos namens Universum bezeichnen. Dazu nur wichtige Bemerkung - ohne Bewegung (Selbstorganisation) dieses Auto ist nicht existenzfähig.

Gruß, Irena.

Beitrag zuletzt bearbeitet von Irena am 20.05.2008 um 10:43 Uhr.
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Hallo Irena,
Irena schrieb in Beitrag Nr. 1164-25:
Wenn man spricht, dass es gibt keine absolute Zeit (und Raum) - verneint man ein Zeitablauf für das ganze Universum, oder?
Nein. Dass es in der SRT keine absolute Zeit gibt, hat folgende Bewandtnis: In der Galilei-Kinematik ist die Zeit eine absolute Größe: Die Zeitdifferenz zweier Ereignisse ist unabhängig vom Inertialsystem. In Einsteins SRT gibt es keine absolute Aufspaltung, das heißt keine eindeutige Aufspaltung in Raum und Zeit. Jede Zerlegung der Raumzeitwelt bedeutet einen standpunktabhängigen Eingriff. In der SRT bewegen sich verschiedene Beobachter, die mit verschiedenen Geschwindigkeiten vorankommen, auf verschiedenen Bahnen (Weltlinien) durch die Raumzeit. Jeder Beobachter 'erfährt' auf diesem Weg sein eigenes Zeitmaß. Es gibt zwar in der SRT keine absolute Zeit, wohl aber ein absolutes (invariantes) Raumzeit-Intervall zwischen zwei Ereignissen.

Die SRT gilt lokal, das heißt, sie macht keine Aussage für das Universum als Ganzes. Insbesondere kann sie deswegen keine Aussage darüber machen, weil das Universum expandiert. Die SRT kann also prinzipiell gar keinen Zeitablauf für das ganze Universum verneinen, weil die SRT allein schon wegen der Universum-Expansion für das Universum als Ganzes keine Voraussagen machen kann. Grund: Das Universum kann infolge der Expansion nicht als Inertialsystem betrachtet werden.

Bei der ART sind die Verhältnisse wieder etwas anders, aber das ist eine andere Baustelle.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof
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Hallo Bauhof,
danke dir für die Erklärung.
Ich habe jetzt gerade ein Beitrag geschrieben, der mir durch Ungeschichtheit verloren gegangen ist. Ich werde ihn nicht widerholen, weil es sowieso weit über das Tread-Thema liegt.
mfg
Irena
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Hallo Irena,
Irena schrieb in Beitrag Nr. 1164-27:
Hallo Bauhof, danke dir für die Erklärung.
Ich habe jetzt gerade ein Beitrag geschrieben, der mir durch Ungeschichtheit verloren gegangen ist. Ich werde ihn nicht widerholen, weil es sowieso weit über das Tread-Thema
Ein Tipp: Ich schreibe meine Beiträge mit Microsoft Word und kopiere danach den Text in das Foren-Beitragsfeld. So kann dir künftig nichts mehr verloren gehen. Weiterer Vorteil: Microsoft Word verfügt über eine Rechtschreibprüfung.

M.f.G. Eugen Bauhof
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Hallo Steven,
Steven schrieb in Beitrag Nr. 1164-14:
Du sagt, die "gravitative Verlangsamung der Zeit" hängt mit der "Raumzeitkrümmung zusammen". Ja! Ganz genau, aber mit was hängt denn die Raumzeitkrümmung zusammen? Antwort: Wie der Name schon sagt, mit der Gravitation und damit mit der Masse. Masse bewirkt Gravitation, Gravitation zieht das Licht an, Licht wird langsamer, ...
Ich bin einverstanden mit deinen Feststellungen, außer dieser: Gravitation zieht das Licht an. Dass Gravitation Licht anzieht, stammt aus der Newtonschen Vorstellungswelt. Newton beschrieb die Gravitation als instantane, verzögerungsfreie Kraft zwischen Massen. Hingegen Einstein definierte die Gravitation als Folge der Krümmung von Raum und Zeit. Nach Einsteins Theorie entstehen Gravitationskräfte durch lokale Verzerrungen der Raumzeit, wie sie massereiche Körper verursachen. Alexander Friedmann bezeichnet auf Seite 115 seines Buches [1] die Gravitationskraft nur als eine Scheinkraft, Zitat:

"Die Einsteinsche Theorie verwendet schon eine viel großzügigere Hypothese in bezug auf die Geometrie der Welt als die alte Mechanik, eine Hypothese, die wir Gravitationshypothese genannt haben. Die geometrische Welt wird nicht mehr als euklidisch, sondern - weniger einschränkend - als Riemannsch vorausgesetzt. Das Vorhandensein gravitierender Massen ruft lediglich eine Trägheitsbewegung hervor, und so erweist sich die allgemeine Gravitationskraft nur als eine Scheinkraft. Die Metrik des Raumes schließlich ist durch spezielle Weltgleichungen mit den Größen verknüpft, welche die Materie charakterisieren. Indem wir die Bewegung gravitierender Massen experimentell untersuchen, bestimmen wir die Metrik der geometrischen Welt." Zitat Ende.

Das Primäre ist also nicht die Gravitationskraft, sondern die durch die Masse hervorgerufene Krümmung der Raumzeit. Die Bewegung des Lichts im Gravitationsfeld wird durch die Metrik der Raumzeitkrümmung bestimmt. Das Licht folgt einfach dem Weg, der durch die Metrik der Raumzeitkrümmung 'vorgezeichnet' ist. Das heißt, die Lichtbewegung durch das Gravitationsfeld ist eine reine Trägheitsbewegung. Das Licht wird nicht durch eine Gravitationskraft angezogen.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Alexander Friedmann
Die Welt als Raum und Zeit.
Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften. Band 287.
Frankfurt am Main 2002, ISBN=3-8171-3412-6

P.S.
Vielleicht kannst du jetzt das Forenmitglied 'Timeout' zu Hilfe rufen. Ich wäre auch sehr gespannt, wie er die Sache sieht. Nach meiner unmaßgeblichen Meinung können wir nur mit Hilfe der ART beschreiben, wie sich der Zeitablauf im Gravitationsfeld ändert. Und experimentell prüfen, dass es so ist, wie es die ART vorhersagt. Oder kannst du einen Literaturhinweis aufzeigen, der die Zeitablauf-Änderung im Gravitationsfeld durch die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit erklärt?
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Hallo Eugen

Zitat:
Bauhof zitierte in Beitrag Nr. 1164-29:
"Die Einsteinsche Theorie verwendet schon eine viel großzügigere Hypothese in bezug auf die Geometrie der Welt als die alte Mechanik, eine Hypothese, die wir Gravitationshypothese genannt haben. Die geometrische Welt wird nicht mehr als euklidisch, sondern - weniger einschränkend - als Riemannsch vorausgesetzt. Das Vorhandensein gravitierender Massen ruft lediglich eine Trägheitsbewegung hervor, und so erweist sich die allgemeine Gravitationskraft nur als eine Scheinkraft. Die Metrik des Raumes schließlich ist durch spezielle Weltgleichungen mit den Größen verknüpft, welche die Materie charakterisieren. Indem wir die Bewegung gravitierender Massen experimentell untersuchen, bestimmen wir die Metrik der geometrischen Welt." Zitat Ende.

[1] Alexander Friedmann
Die Welt als Raum und Zeit.
Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften. Band 287.
Frankfurt am Main 2002, ISBN=3-8171-3412-6

Die Gravitation nur als eine Scheinkraft ...

Dazu fällt mir folgende Parallele ein:
Die Corioliskraft ist ebenfalls eine Scheinkraft. Sie wird nur für einen Beobachter benötigt, welcher sich nicht in einem Inertialsystem befindet, z.B. auf der rotierenden Erdkugel. Dadurch, dass er sich einer geradlinigen Bewegung durch die Erdrotation permanent entfernt, nimmt er eine solche Bewegung als gekrümmt wahr. Eine Bewegung auf einer gekrümmten Bahn kommt einer Beschleunigung gleich. Eine Beschleunigung wiederum bedeutet Gravitation.

Frage: Kann man die Corioliskraft zur Erklärung der Raumzeitkrümmung heranziehen?

mfg okotombrok
Signatur:
"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können"
(Francis Picabia)
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Hallo Okotombrok,
Okotombrok schrieb in Beitrag Nr. 1164-30:
Die Corioliskraft ist ebenfalls eine Scheinkraft. Sie wird nur für einen Beobachter benötigt, welcher sich nicht in einem Inertialsystem befindet, z.B. auf der rotierenden Erdkugel. Dadurch, dass er sich einer geradlinigen Bewegung durch die Erdrotation permanent entfernt, nimmt er eine solche Bewegung als gekrümmt wahr. Eine Bewegung auf einer gekrümmten Bahn kommt einer Beschleunigung gleich. Eine Beschleunigung wiederum bedeutet Gravitation. Frage: Kann man die Corioliskraft zur Erklärung der Raumzeitkrümmung heranziehen?
Nur bedingt kann man die Corioliskraft zur Erklärung der Raumzeitkrümmung heranziehen. Und eine Beschleunigung bedeutet nicht unbedingt Gravitation. Das Vorhandensein von Gravitation hat zwar eine Beschleunigung der Körper zur Folge, die sich im Gravitationsfeld befinden. Aber umgekehrt wird nicht jede Art von Beschleunigung durch ein Gravitationsfeld hervorgerufen. Die Corioliskraft wird durch die Newtonsche Mechanik beschrieben, und in der Newtonschen Mechanik gibt es keine Raumzeitkrümmung.

Die Gravitationserscheinungen infolge der Raumzeitkrümmung werden durch die ART beschrieben. Nicht der Raum allein und nicht die Zeit allein sind laut ART gekrümmt, sondern das vierdimensionale Gebilde von beiden ist gekrümmt. Wobei die Krümmung des Zeitanteils als Hauptursache für die gravitativen Erscheinungen angesehen wird. Die Raumzeit wird als vierdimensionaler "Raum" bezeichnet.

Dabei ist zu beachten, dass die Mathematiker im Laufe der Zeit den Begriff "Raum" leider mehrdeutig verwenden. Man muss unterschieden zwischen einem mathematischen "Raum" und dem Raum in unserer herkömmlichen Vorstellung. Ernst Eduard Kummer (ein Zahlentheoretiker) hat auf dieses Problem mit seinem nachstehenden Ausspruch aufmerksam gemacht und dabei seine Mathematiker-Kollegen kritisiert:

"Führe Variable ein, soviel du willst,
aber nenne das nicht mehr 'Raum'!
Ich kann mir keinen andern Raum
vorstellen als den, den der liebe Gott
uns gegeben hat."

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof
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Bauhof zitierte A. Friedmann in Beitrag Nr. 1164-29 :
...und so erweist sich die allgemeine Gravitationskraft nur als eine Scheinkraft.

und erläuterte hierzu, dass ...
Zitat:
die Krümmung des Zeitanteils als Hauptursache für die gravitativen Erscheinungen angesehen wird.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nochmals auf meine Eingangsthese (Beitrag-Nr. 1164-2) zurückkommen, die wir ja auch an anderer Stelle
(Beitrag-Nr. 1171-23) schon einmal betrachtet haben:

Wenn man postuliert, dass sich alle Objekte innerhalb der Raumzeit mit konstanter Geschwindigkeit c (möglicherweise jedoch in verschiedene Richtungen) bewegen, dann lassen sich die hier diskutierten Beschleunigungskräfte (seien es bspw. die bei geradliniger Beschleunigung oder die in einem Gravitationsfeld auftretenden Kräfte) auf dieselbe Ursache, nämlich m.E. auf eine Art Fliehkraft zurückführen, die dadurch zustande kommt, dass man sich auf einer gekrümmten Zeitbahn bewegt.
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Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Claus,
Claus schrieb in Beitrag Nr. 1164-32:
... dann lassen sich die hier diskutierten Beschleunigungskräfte (seien es bspw. die bei geradliniger Beschleunigung oder die in einem Gravitationsfeld auftretenden Kräfte) auf dieselbe Ursache, nämlich m.E. auf eine Art Fliehkraft zurückführen, die dadurch zustande kommt, dass man sich auf einer gekrümmten Zeitbahn bewegt.
Mal angenommen, es handelt sich tatsächlich um eine Art Fliehkraft. Wie erklärst du in deiner Theorie, warum ein frei fallender Stein nicht von der Erde wegfliegt, sondern sich der Erde nähert?

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof
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Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Bauhof,

deine Frage hatte ich befürchtet, weil ich sie mir auch schon oft gestellt habe. Nun habe ich mir erstmal http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/2935/p... (um S. 103 ff herum) angeschaut und dabei festgestellt, dass deine so einfach formulierte Frage als Kritik an meiner Vorstellung wohl durchaus berechtigt ist.

Nachdem ich nun in der Badewanne nachgedacht habe, versuche ich mal eine geometrische Erklärung:

Stelle dir ein Koordinatensystem auf einer Kugel vor, die Raumachse verlaufe in Richtung des Äquators, die Zeitachse in Richtung Nordpol. Beide Achsen sind gekrümmt, aber in verschiedene Richtungen.

An dieser unterschiedlichen Richtung der Krümmung von Raum und Zeit liegt´s nun meines Erachtens:

Berachtet man z.B. einen beliebigen "geradlinigen" Geschwindigkeitsvektor zwischen Raum- und Zeitachse, so erscheint auch dieser in der ebenen Projektion der nichteuklidischen Kugel sowohl in Raum als auch in Zeit gekrümmt, d.h.:

Es wird einerseits eine gekrümmte Bahn im Raum zurückgelegt, aber aufgrund der Krümmung der Zeit in um 90° verdrehte Richtung und der damit verbundenen "Entzerrung" des Geschwindigkeitsvektors erfolgt diese Bewegung kräftfrei (in der Praxis entspräche dies z.B. der Bewegung eines Satelliten um einen Planeten).

Demnach hebt die Krümmung der Zeit die Krümmung des Raumes gerade auf. Im Kräftediagramm entspricht die Zentrifugalkraft der Bewegung auf einer gekrümmten Raumlinie und die Zentripedalkraft der Bewegung auf einer gekrümmten Zeitlinie.
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Beiträge: 35, Mitglied seit 15 Jahren
Zitat von Claus: 'Wenn man postuliert, dass sich alle Objekte innerhalb der Raumzeit mit konstanter Geschwindigkeit c (möglicherweise jedoch in verschiedene Richtungen) bewegen, dann lassen sich die hier diskutierten Beschleunigungskräfte (seien es bspw. die bei geradliniger Beschleunigung oder die in einem Gravitationsfeld auftretenden Kräfte) auf dieselbe Ursache, nämlich m.E. auf eine Art Fliehkraft zurückführen, die dadurch zustande kommt, dass man sich auf einer gekrümmten Zeitbahn bewegt. '

Meine Frage an Claus:
Könnte man diese gekrümte Zeitbahn nicht konstruieren bzw zeichnen?
Damit meine ich so eine Art Ortskurve auf
einer Ebene die durch eine Raumachse und einer Zeitachse.
M. E. entspricht eine konstante Beschleunigung auf der Raumachse dann einem Kreisbogen. Die Bahngeschwindigkeit ist bekannt, es ist ja immer c. Der Winkel entspricht der Endgeschwindigkeit (45° entsprächen dann ca. 0,7.. c). Der Radius entspricht der Höhe der Beschleunigung desto größer der Radius, desteo kleiner die Beschleunigung.

Ich denke, dass es ein Kreisbogen sein müsste, weil nur bei einer Kreisbewegung mit konstanter Bahngeschwindigkeit die Fliekraft konstant ist.
Bei einer konstanten geradlinigen Beschleunigung erfahren wir eine konstante Kraft, wir werden zum Bsp. in
den Sitz gedrückt, wenn wir in einem Auto sitzen, das gerade beschleunigt.
Bei einer Beschleunigung die durch eine Kurvenfahrt mit konstanter Bahngeschwindigkeit verursacht wird,
werden wir immer zum Kurvenmittelpunkt hin beschleunigt (vgl. Kettenkarussel)
Wo ist der Kurvenmittelpunkt, auf wenn wir geradelinig konstant beschleunigen?
Danke für die Antwort.
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Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Wolf395,

das hab ich mir auch schon überlegt. Man könnte meinen, man müsste irgendwann da wieder ankommen, wo man losgeflogen ist...

Aber andererseits kann man den Geschwindigkeitsvektor (aus der Sicht eines beliebigen Startpunktes im 3D-Raum) ja nicht über die 90° bringen (was dann erreicht wäre, wenn man - vom Startpunkt aus betrachtet - die Lichtgeschwindigkeit erreicht hätte.

Man darf also die Ausgangsstandpunkte nicht miteinander vermengen: Aus der Sicht des an einem beliebigen Startpunkt im 3D-Raum zurückbleibenden, fliegt man eine leichte Kurve, denen Bahn sich asymptotisch der Zeitachse annähert. Das ist dann kein Kreis, sondern eine Hyperbel.

In der 4D-Raumzeit müsste die Bahn einer konstant geradlinig beschleunigten Bewegung derjenigen einer gleichförmigen Bewegung auf einer Kreisbahn entsprechen. Bei beiden treten die gleichen konstanten Beschleunigungen auf. Die Bahnkurve müsste dann m.E. schraubenförmig aussehen.

Dann aber - in der Tat: Wo ist der Mittelpunkt des Kreises oder das Zentrum der Helix?
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Beiträge: 35, Mitglied seit 15 Jahren
Hallo Claus,

stellen wir uns ein Koordinatensystem vor, die waagerechte Achse sei die Zeitachse und die senkrechte Achse
die Raumachse. (Eine Raumachse soll uns genügen, denn sie liegt per Definition parallel zu der von uns untersuchten geradelinigen Bewegung). Wir versuchen die Bahn (Spur) eines geradelinig bewegten Körpers in diesem Koordinatensystem aufzuzeichnen. Diese Spur wird von unserem Körper mit konstant c 'durchflogen'.

1. Phase:
Unser Körper "ruht".
=> Die Spur ist eine gerade parallel zur Zeitachse.

2. Phase:
Unser Körper wird beschleunigt
=> Die Spur "krümmt" sich in Richtung der Raumachse.

3. Phase:
Unser Körper bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit
=> Die Spur ist eine Gerade mit Steigung
Rem.: Die Steigung ist eine Funktion der Geschwindigkeit

4. Phase:
Unser Körper bremst ab bis zur 'Ruhe'.
=> Die Spur krümmt sich wieder Richtung der Zeitachse.

5. Phase = 1. Phase


Mich interessiert hauptsächlich Phase 2 u. 4.
Ist es möglich, für ein beliebiges Beispiel diese die oben beschriebene Spur zu konstruieren?
Z. B. für ein Auto, dass von 0 auf 100 km/h in 10 s konstant beschleunigt. => a = 27,77 m/s²

Setzt man voraus, dass die Kurve ein Teil eines Kreisumfanges ist, den der Körper mit Bahngeschwindigkeit c
durchfliegt, dann müsste der Radius für diesen Kreisbogen 3,24 x 10 hoch 16 m sein.

Würde man duch Konstruktion auf die gleiche Lösung kommen, dann würde das Ihre These unterstützen,
wo nach die greadelinige Beschleunignug eigentlich eine Zentrifugalbeschleunigung ist.

Doch diese Konstruktion der Spur ist (wenn überhaupt möglich) nicht einfach.

Mit freundlichen Grüßen

Wolf359
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Hallo Wolf359,

interessanter Vorschlag. Die Konstruktion könnte man m.E. wie unten ausführen. Aber ich glaube - wie gesagt - nicht, dass die Spur für den ruhenden Beobachter einen Kreis sondern vielmehr eine Hyperbel ergibt. Nur aus der Sicht des Beschleunigten ist es wahrscheinlich ein Kreis.

Tragen wir auf der von dir vorgeschlagenen waagerechten Achse einen Pfeil der Länge c ein, so stellt dieser die „Geschwindigkeit in der Zeit“, wenn wir ruhen, dar. Beschleunigen wir nun, so kippt dieser Pfeil in Richtung Raumachse.

Die jeweiligen Projektionen des Pfeils auf die Zeit- und Raumachse ergeben sich für beliebige Geschwindigkeiten nach Pythagoras zu:

vt2 + vx2 = c2

wobei vt die Geschwindigkeit in der Zeit und vx diejenige im Raum angibt. Die Geschwindigkeit im Raum ist nun klassischerweise vx = a*t, aber relativistisch darf sie ja nie die Lichtgeschwindigkeit erreichen. Daher:

1.: vx = a*t/sqrt(1+(a*t/c)2).

Die Bahnkurve des gekrümmten Teils der Spur (Beschleunigungsphasen) lässt sich dann m.E. zu jedem t aus den Geschwindigkeitskomponenten in Raum (vx) und Zeit (vt) mit

2. : vt = sqrt(c2 - (a*t/sqrt(1+(a*t/c)2))2)

durch Aufsummieren kleiner Bahnabschnitte oder Integration bestimmen.
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Claus schrieb in Beitrag Nr. 1164-38:
Hallo Wolf359,


Die jeweiligen Projektionen des Pfeils auf die Zeit- und Raumachse ergeben sich für beliebige Geschwindigkeiten nach Pythagoras zu:


Merkwürdig, bislang war ich der Meinung, Projektionen auf die Zeitachse ergeben Zeitpunkte --- und Projektionen auf die Raumachse ergeben Raumpunkte und keine Geschwindigkeiten.


MfG
MariB
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Claus schrieb in Beitrag Nr. 1164-38:
Hallo Wolf359,

Die jeweiligen Projektionen des Pfeils auf die Zeit- und Raumachse ergeben sich für beliebige Geschwindigkeiten nach Pythagoras zu:

vt2 + vx2 = c2

Im s-t-Diagramm brechnet man auch nicht die Geschwindigkeit mit dem Pythagoras

s² + t² = v², sondern v = ds/dt.

Denk mal drüber nach!

Mfg
MariB
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