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Flexible Moral

Thema erstellt von Wrentzsch 
Beiträge: 2.998, Mitglied seit 15 Jahren
Uwe2 schrieb in Beitrag Nr. 1973-20:
Hallo Hans-m,

du stellst uns hier Einzelbeispiele vor, die ja im Einzelnen richtig sein können. Aber diese Einzelfälle ändert nichts daran, dass Männer Frauen vergewaltigen und nicht umgekehrt. ....

Es geht hier nicht darum wer der Täter ist, sondern wer das Opfer ist.
Du sprichst von Vergewaltigung, und da geb ich Dir Recht, dass in 99% aller Fälle Männer die Täter sind, aber eben nicht 100%.
Aber es geht , wie gesagt, um die Opfer, und das können auch Männer sein.
Es müssen ja nicht sexuelle Gründe sein, warum jemand im Parkhaus überfallen wird. Raub, und reine Freude an Gewalt sind auch Gründe für Gewalttaten. Da nenne ich nur die Beispiele, z.B in U-Bahnhöfen, wo sich kriminelle gewalttäter einfach ein Opfer gesucht habe, und die Opfer waren in der regel Männer, die dann rücjsichtslos zusammengeschlagen, und teilweise zu tode geprügelt wurden.
Und unter diesern Gesichtspunkten haben auch Männer das recht sich in dunklen Parkhäusern zu fürchten, und sich einen Parkplatz in den gut beleuchteten Bereichen zu nehmen, die aber leider als "Frauenparkplätze" deklariet sind.

Ausserdem, welcher Mann gibt schon zu, dass er das Opfer häuslicher Gewalt ist, sprich von seiner Frau verprügelt wird.
Hier dürfte die Dunkelziffer weitaus höher sein, als bei den geschlagenen Frauen.
Männer wollen nicht als Weicheier dastehen, und so schweigen sie lieber.
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Beiträge: 2.307, Mitglied seit 13 Jahren
Flexible Moral – was soll das sein?

"Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde."

Dieses für Kant allgemeingültige, ethische Gesetz nennt er den „kategorischen Imperativ“.
Dazu muss man wissen, dass Kant damit sagen will, der Mensch solle rein nach der Vernunft und nicht nach Neigungen handeln. Das sieht er als eine Pflicht an, es ist eine „Pflichtethik“.

Umgangsprachig wird daraus „Was du nicht willst, das man die tu, das füg auch keinem anderen zu“, womit schon ein Problem auftaucht, falls der Kantsche philosophische Hintergrund nicht bekannt ist (wobei noch dazu kommt, dass der kategorische Imperativ durchaus nicht kritiklos hinzunehmen ist).

Bleiben wir beim Umgangssprachlichen. Was auf den ersten Blick noch einleuchtet, wird bei näherem Hinsehen gar nicht mehr so erstrebenswert, denn ein Mensch mag ja durchaus etwas wollen, was ein anderer ablehnen würde. Würde denn jeder dem Weg Mahatma Gandhis gehen wollen? Oder scheinbar einfacher zu beantworten: Was ist mit Hitler?

Wichtig ist hierbei, dass Gandhi und Hitler nicht einfach Einzelfälle sind, sondern dass man sie exemplarisch für Vertreter bestimmter Charaktere nehmen kann, für Menschen mit einer bestimmten Charakterstruktur. Beide, Gandhi und auch Hitler, haben letztlich ihren Tod für ihre Überzeugung in Kauf genommen. Aber in der Motivation, herrührend aus der jeweiligen Charakterstruktur, liegen gewaltige Unterschiede.

Der destruktive Charakter eines Menschen vom Schlage Hitlers will sehr wohl, dass dem anderen zugefügt wird, was er anderen und auch sich selbst zufügt, er WOLLTE, dass das deutsche Volk untergeht, so wie er unterging.

Ganz anders Gandhi. Er handelte aus Liebe zu den Menschen heraus, seine Intention war nicht Vernichtung, sondern Förderung der Wohlfahrt aller Menschen, eben auch der Inder, deren Wohlfahrt durch die Briten natürlich äußerst gestört war. Seine Hungerstreiks waren eine ganz persönliche Entscheidung, und er hat gewiss nicht gewollt, dass ihm die Menschen dies gleichtun.

Die Grundlage moralischen Handelns kann also nicht das „Was du nicht willst, dass…“ sein, sondern sie muss sich danach richten, was der Natur, dem Wesen des Menschen (jedes Menschen) förderlich ist. Das heißt, ein jeder muss in erster Linie erkennen, was seine Motivationen sind, was seine Charakterstruktur ist, um herausfiltern zu können, worin sich alle Menschen gleichen, was die „Natur“ des Menschen ausmacht, um dem Menschen dienen zu können.

Desgleichen gehört zu einer Grundlage moralischen Handelns, dass man sich des kulturellen Überbaus bewusst ist. So, wie es Charakterstrukturen einzelner Individuen gibt, gibt es Charakterstrukturen von Gesellschaften. Autoritäre Gesellschaften haben häufig eine restriktive Sexualmoral, was wohl mit dem Herrschaftsgedanken zusammenhängt. Wer in einer autoritären Gesellschaft herrschen will, will kontrollieren, und wenn der Kontrollmöglichkeit keine Grenze gesetzt wird, reicht die Kontrolle eben auch bis in die Herrschaft über die Körper und Seelen der der Herrschaft unterworfenen Menschen. Und wenn wir uns umschauen, sehen wir, dass es nun mal die männliche Seite der Menschheit geschafft hat, die weibliche Seite zu unterwerfen (man sollte aber auch beachten, dass noch darunter die Kinder stehen, auch wenn die Jungen häufig noch bevorzugt werden).

Interessant ist außerdem, dass das moralische Handeln gewöhnlich zwar für alle Mitglieder der Gesellschaft gefordert wird, aber die „Moral“ so aufgefasst wird, dass sie für die Herrschenden viel freier ist, als für die Beherrschten, wobei zu fragen ist, ob sich die Herrschenden im Privaten überhaupt danach richten. Kurz gesagt wäre es möglicherweise ein Schritt in Richtung Freiheit, z. B. die Burka ablegen oder auch wählen „zu dürfen“, aber letztlich wäre es nur eine rein äußerliche Geste, wenn sich nicht gleichzeitig die dem System innewohnenden Strukturen ändern.

Womit wir bei Gesellschaften wie der unseren sind, und hier ist die Sachlage diffiziler. Hier zeigt sich, dass es zur Machtausübung überhaupt keiner autoritären Strukturen bedarf, sondern nur der Kontrolle über die Mechanismen, nach denen eine Gesellschaft funktioniert. Wir definieren uns über unseren privaten Besitz und über die öffentliche Meinung, die den Status der Autorität übernommen haben. Den tatsächlichen „Machthabern“ im Hintergrund ist es nur Recht, dass wir uns über banale Dinge wie das Nacktbaden oder das Übertreten von Verkehrsvorschriften Gedanken machen, anstatt an der Gestaltung einer wirklich freien Gesellschaft mit zu wirken.

Eins muss ich ganz klar sagen: Wer nur „moralisch“ handelt, weil er sich beobachtet weiß, ist noch immer der „Autorität“ unterworfen, ist in keiner Hinsicht ein frei handelnder Mensch. Ein freier Mensch handelt aus Einsicht in die moralische „Richtigkeit“ seines Tuns, er handelt stets so, dass er die Wohlfahrt seiner Mitmenschen fördert. In der Nacht bei Rot über die Ampel zu gehen mag zwar eine lässlige Sünde sein, aber wirklich moralisch würde ich handeln, wenn ich das Rot akzeptiere und im Gemeinwesen mitwirke, um vielleicht die Regeln für das Überqueren von Straßen für solche Situationen zu ändern.

So weit und bis hier hin
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Herr Oberlehrer

Die Wolken ziehen hin. Sie ziehen auch wieder her.
Der Mensch lebt einmal. Dann nicht mehr.

(Donald Duck)
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Hans-m schrieb in Beitrag Nr. 1973-18:
Die grössten Widersprüche zwischen Gesetz und Moral sind doch (meiner Meinung nach) in der Emanzipation zu finden.

...

Da sollen männlein und weiblein gleichberechtigt sein, was moralisch durchaus zu Begrüssen ist, aber die gesetzliche Variante dieser Gleichberechtigung sieht leider oft anders aus.

Da darf z.B. eine Boxweltmeisterin Susianna_Kentikian, die sich durchaus selbst verteidigen kann, auf einem Frauenparkplatz parken, aber ein möglicher weise schmächtiger Mann, darf das nicht.

Hallo Hans-m,

also ich parke wegen des von Dir zitierten Grundgesetztes regelmässig auf Frauenparkplätzen und bin mir ziemlich sicher,
dass ich dabei nicht schmächtig werde oder eine Illusion verliere. Sondern solche Parkplätze haben in der Regel bevorzugte Lage,
z.B. im Erdgeschoss eines mehrstöckigen Parkhauses; das erpart einem die Auffahrt in engen Kurvengängen. Frauenparkplätze
liegen auch relativ günstig zum Eingang eines Kaufhauses und zudem meine ich, dass Frauenparklätze etwas großzügiger
angelegt seien, damit man besser rangieren kann. :)

lg
Thomas
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Ich bin begeistert!
Beitrag zuletzt bearbeitet von Thomas der Große am 06.03.2013 um 22:07 Uhr.
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Beiträge: 2.998, Mitglied seit 15 Jahren
Thomas der Große schrieb in Beitrag Nr. 1973-23:
Hallo Hans-m,

also ich parke wegen des von Dir zitierten Grundgesetztes regelmässig auf Frauenparkplätzen und bin mir ziemlich sicher,
dass ich dabei nicht schmächtig werde oder eine Illusion verliere. Sondern solche Parkplätze haben in der Regel bevorzugte Lage,
z.B. im Erdgeschoss eines mehrstöckigen Parkhauses; das erpart einem die Auffahrt in engen Kurvengängen. Frauenparkplätze
liegen auch relativ günstig zum Eingang eines Kaufhauses und zudem meine ich, dass Frauenparklätze etwas großzügiger
angelegt seien, damit man besser rangieren kann. :)

lg
Thomas

Ich spüre die Ironie in Deinen Worten, aber wenn Du mit ausgeschlagenen Zähnen die nächsten 3 Wochen aus der Schnabeltasse trinken darfst, nur weil du als Mann in den dunklen Winkeln des Parkhauses parken musstest, dann denkst Du vielleicht anders.

Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist geschlechtsneutral.

Ich will den Damen ja nicht das Recht absprechen, sich in Parkhäusern vor Gewalt zu fürchten, ich fordere lediglich für die Männerwelt das gleich Recht.

Würde besagte Susianna Kentikian, Klitschko, oder Axel Schultz einen Frauenparkplatz besetzen, so würde ich denen Willkür, oder Rücksichtslosigkeit vorwerfen, aber Menschen, die sich begründet fürchten, sollte man das Recht zugestehen, dort zu parken, egal ob männlein oder weiblein.

Ach ja, da fällt mir noch die Kehrseite der Medaille ein: Wenn ich den Wunsch hätte eine Frau zu vergewaltigen, dann müsste ich nicht lange im Parkhaus umherirren. Ich wüsste doch die Stelle, wo ich am wahrscheinlichsten ein weibliches, wehrloses Opfer finde: bei den Frauenparkplätzen
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Beitrag zuletzt bearbeitet von Hans-m am 07.03.2013 um 09:34 Uhr.
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Ein Paradebeispiel für eine flexibele Moral ist der folgende Fall.

Bei einem Brand kommen Angehörige einer anderen Nation ums Leben.
Der betreffende Ministerpräsident drängt in aller Schärfe auf rückhaltlose Aufklärung.

In der Vergangenheit hieß es bei ihm aber im umgekehrten Fall...
Aufklärung zu verlangen sei eine nicht hinnehmbare Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes.

Noch Fragen?

Mit den besten Grüßen.
Ernst Ellert II.
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Moral kann manchmal ein zweischneidiges Schwert sein.

Das Beispiel ist doch der oft diskutierte Abschuss von Passagierflugzeugen, wenn sie, wie am 11. September als Waffen eingesetzt werden.

Ist es moralisch vertretbar, ein entführtes Flugzeug, dass mit 200 Passagieren besetzt ist, abzuschiessen, wenn es auf ein Objekt zusteuert, in dem tausende umkommen werden.

Ist es moralisch vertretbar den Abschuss nicht durchzuführen?
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Beiträge: 15, Mitglied seit 15 Jahren
Fragen zu flexibler Moral => Hamlet lesen / anschauen. ;-)

Die allgemeingültigen Glaubenssätze der Moral kann man an einer Hand abzählen: Fürsorge, Fairness, Freiheit, Loyalität. Alles was darüber hinausgeht, scheint mir eher Modifikation dieser Grundsätze zu sein und die wiederum werden durch das (er)leben, die Erfahrung mit der Sozialisation variiert.
Letztendlich ist es entscheidend, ob man aus Überzeugung moralisch akzeptabel lebt und handelt, und nicht etwa deshalb, weil man sich beobachtet fühlt oder sich durch moralisches Verhalten einen Vorteil verspricht. Und ganz genau so hat es auch für die Unmoral Gültigkeit. Es ist halt wie immer im Universum - jede Kraft hat ihr Gegenstück und es steht dem Menschen (glücklicherweise?) weitestgehend frei sich für das Positiv oder das Negativ zu entscheiden. Also ist es wichtig, die persönliche Moral aus Überzeugung zu leben, sie nicht durch vermeintliche Sachzwänge verwässern zu lassen, Rückgrat zu zeigen und authentisch zu bleiben, dann haben wir schon einiges erreicht, denn die Moral darf nicht zum Wetterfähnchen werden, das sich bei jedem Windhauch in eine andere Richtung dreht.
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Wir wissen zwar nicht wohin es geht, sind aber die Ersten, die dort ankommen.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Cybertine am 14.03.2013 um 17:18 Uhr.
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Hans-m schrieb in Beitrag Nr. 1973-26:
Moral kann manchmal ein zweischneidiges Schwert sein.

Das Beispiel ist doch der oft diskutierte Abschuss von Passagierflugzeugen, wenn sie, wie am 11. September als Waffen eingesetzt werden.

Ist es moralisch vertretbar, ein entführtes Flugzeug, dass mit 200 Passagieren besetzt ist, abzuschiessen, wenn es auf ein Objekt zusteuert, in dem tausende umkommen werden.

Ist es moralisch vertretbar den Abschuss nicht durchzuführen?

Hallo Hans!

Ich glaube bei dieser Frage ist die Moral alleine überfordert, die ja eher aus dem Emotionalen kommt. Hier überwiegt bei der Beantwortung zwingend die kalte Ratio denke ich. Es gilt dann zu entscheiden, ob ich mir sicher sein kann, daß das Flugzeug als Waffe gebraucht werden soll. Wenn ja, ist es (ich sag es absichtlich so kalt) gar keine Frage, denn dann kommen sowieso alle um. Weiß ich es nicht genau, muss ich nach Indizienlage entscheiden. Wenn diese einen gewissen Überzeugungsgrad überschreitet, dann muss ich abschiessen lassen, selbst auf die Gefahr hin, daß ich mich irre. Die Frage ist aber auch, wann ich abschiessen lasse. Wenn, dann muss es über freier Fläche passieren, sonst habe ich noch fragwürdiger gehandelt als es das ganze Konstrukt sowieso schon impliziert. Alles in allem eine gruselige Situation, die eine zeitweise Gefühlskälte erfordert und eine weitgehende Ausblendung von Fragen der Moral. Leider...
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