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Was ist Familienstellen?

Thema erstellt von Tomm 
Tomm
Auf Wunsch von Chemo dieser Thread.
Ich zietiere mich selbst aus dem Thread über das Leben nach dem Tod.

Was ist das Familienstellen? Man geht davon aus, dass das Familiensystem nach Ausgleich strebt, wobei diese Ausgangsposition keine Hypothese ist, sondern von Hellinger gefunden wurde. Das bedeutet, dass Familienmitglieder, die nicht gewürdigt, die vergessen, ausgestoßen oder um ihre Rechte gebracht wurden (und zwar vom Standpunkt der Ordnungen, die in einem Familiensystem unumstößlich und wirksam sind), wieder in den Blick gebracht und gewürdigt werden müssen. Geschieht das nicht, strebt das System nach einem Ausgleich, der nichts mit Gerechtigkeit zu tun hat, also mit unseren Moralvorstellungen erheblich kollidiert. Irgendein späteres Familienmitglied einer Folgegeneration wird das Schicksal dessen, dem Unrecht geschah, in irgendeiner Weise wiederholen, ohne es selbst zu merken. Er ist in keinster Weise schuldig. Der systemische Ausgleich geschieht also fernab dessen, was wir uns wünschen, er geschieht insbesondere für die Betroffenen vollständig unbewusst. Zum Teil wiederholen Familienmitglieder Schicksale von Personen, von deren Existenz die Familie nichts mehr weiß. In der Praxis des Familienstellens trägt man dem Familiensteller ein Problem vor, sein eigenes psychisches oder eine Krankheit oder ein Problem irgendeines Familienmitglieds, ein Beziehungsproblem oder sonstwas. Der Familiensteller hört sich das an und gibt dann ggf. (d.h. wenn er sich auf das Familiensystem "eingeschwungen" hat, will heißen mit ihm in Kontakt gekommen ist) Anweisung, welche Familienmitglieder aufgestellt werden. Die Stellvertreter sind willkürlich aus einer Gruppe gewählte Personen, die nichts mit dir oder deiner Familie zu tun haben. Die einzige Information und Anweisung, die die Stellvertreter bekommen, ist, dass sie einfach ihrem inneren Impuls folgen sollen. Dann kommt etwas in Bewegung (oder auch nicht), die Personen bewegen sich oder sind starr, je nachdem, was die vertretenen Personen empfinden, was sie bewegt oder erstarren lässt. Sie werden unruhig, zittern, brechen zusammen, weinen oder schreien, werden wütend oder wenden sich ab, was immer mit der vertretenen Person auch sein mag. Es sind Bewegungen der Seelen der vertretenen Personen (wenn die Stellvertreter, was meist der Fall ist, in der Lage sind, sich dem, was kommt, zu öffnen), mit denen die Stellvertreter in Kontakt kommen, wobei das allein schon frappierend ist. Noch unglaublicher ist, dass die vertretenen Personen auch schon lange tot sein können. Es gibt bislang keine vernünftige Erklärung für dieses Phänomen der stellvertretenden Wahrnehmung, und jeder einigermaßen vernünftige Mensch wird, wenn er das hört, erst einmal skeptisch. Noch skeptischer wird man, wenn man hört, dass hier ein schon lange Toter wie ein noch Lebender agiert. Doch es lässt sich beobachten, vor allem die Wirkungen, von denen diejenigen berichten, die Familienaufstellungen gemacht haben. Sollte also eine Verstrickung der aufstellenden Person in ein früherees Schicksal tatsächlich gegeben sein, wird es vermutlich zu einer Lösung kommen, aber nicht unbegingt unmittelbar, da die Seele langsam "arbeitet". Daher scheint mir, dass die Toten eben nicht, wie gerne immer wieder verbreitet wird, einfach ein für allemal weg sind. Nicht sichtbar heißt eben nicht "weg". Wir tragen sie offenbar, ohne es zu wissen, mit uns herum. Uns umgibt also ein wie auch immer geartetes "wissendes" Feld des Familienclans, das mit uns, wenn wir in einen Raum treten, mit anwesend ist, und zu dem wildfremde Menschen, wenn sie sich darauf einstimmen, in Kontakt geraten können. Anders ausgedrückt: Wir als Individuen sind offenbar so etwas wie Spezifizierungen einer größeren Seele, auch wenn das quanitifizierende "größere" hier nicht sehr viel Sinn macht, einer umfassenderen Seele ist vielleicht besser formuliert. (Vielleicht gilt das ja auch für das Bewusstsein. Vielleicht geraten wir lediglich in Kontakt mit einem schon vorhandenen Bewusstsein. Woher, das hat sich sicher der eine oder andere schon gefragt, kommen eigentlich unsere Gedanken? Rimbaud sagte sinngemäß: Nicht ich denke, es denkt mich.) Ich weiß, es klingt unglaublich, und der eine oder andere wird wieder "Tumbe Esoterik" vermuten. Aber, wie gesagt, diese Phänomene lassen sich beobachten, und es gibt hier offensichtlich auch keine Möglichkeit der Suggestion.

O.K. Chemo, dann frage mich mal was. Hoffentlich weiß ich darauf eine Antwort.
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Hallo Tomm.
Tut mir Leid, dass ich so lange nicht antworte, nachdem ich gebeten habe diesen Thread zu öffnen.
Ich habe einige spezielle Fragen zu diesem Phänomen.

In erster Linie interessiert mich die Rolle die der Familie zugeordnet wird.
Gibt es irgendeine Theorie, den Versuch einer Erklärung, warum dieses Phänomen speziell Mitglieder der abstakten Gruppe "Familie" betrifft? Wie ist "Familie" denn für dieses Phänomen definiert?
Du sagst diese Phänomene (ich rede von dem 'Ausgleich') können sich über mehrere Generationen erstrecken und sogar, wenn die Betroffenen diesen ursächlichen Ahnen gar nicht kennen, bzw. ihn vergessen haben.
Ich halte den Begriff der Familie zu willkürlich und wandelbar, als dass damit ernsthaft objektive Phänomene verknüpft werden. Natürlich definiert sich die "Familie" in erster Linie durch die genetische Gleichartigkeit, allerdings scheinst du ja Geist/Bewusstsein und Körper auseinanderhalten zu wollen. Was natürlich auch nötig ist, wenn der Geist unabhängig vom Körper (und der genetischen Grundlage) existieren soll. Was verbindet also die 'Geister' der Familienmitglieder, was Familienaußenstehende nicht mit ihnen verbindet? Was ist mit Halbverwandten, was mit Adoptierten Familienmitglidern (also im einem emotionalen SInne Verwandten)?

Die zweite Frage betrifft den Begriff der "Ungerechtigkeit".
Selbes Problem wie beim Begriff der Familie. Der Begriff ist willkürlich definiert und weder an wissenschaftliche, noch an 'Mensch'immanente Konstanten gebunden. Wird damit allgemein 'menschliches Leid' ausgedrückt oder wie sonst ist der Begriff begründet?

Dritter Aspekt:
Zitat:
Aber, wie gesagt, diese Phänomene lassen sich beobachten, und es gibt hier offensichtlich auch keine Möglichkeit der Suggestion.
Auch hier gibt es natürlich genug Ansatzpunkte um diese Phänomene zu Täuschungen zu erklären. Angesichts solch krasser Erscheinungen, wie den extremen Gefühlsausbrüchen muss dazu allerdings tief ins Psycholgiekästchen gegriffen werden - tiefer als ich es für sinnvoll halte. Sofern keine Drogen und psychisch wirkenden Praktiken angewandt werden, macht dieser Aspekt das Phänomen interessanter als den üblichen Kram. Generell gilt allerdings:
Der Beobachtende kann die Erscheinungen der Personen fehlerhafterweise mit seinen Verwandten assoziieren, indem er diese Erscheinungen erst im Nachhinein auf seine Verwandten projeziert. Ähnliche Erklärungen liefert die Psychologie für Vorhersage-und Deja'Vu-Phänomene, in denen Menschen glauben Situationen vorrausgesehen zu haben, die sie aber tatsächlich erst im Nachhinein ohne es zu wissen in ihre Erinnerungen projeziert haben.
Damit möchte ich das ganze aber nicht einfach wegreden. Ich warte lieber auf die wissenschaftliche Untersuchung derartiger Phänomene.

Ich würde mich freuen, wenn du auf meine Fragen Antworten hast.
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>Warum sollte der Mensch, im Rahmen seiner beschränkten evolutionären Entwicklung, geistige Fähigkeiten entwickelt haben, um komplexe temporale Paradoxien korrekt zu erfassen?
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Hallo Tomm,
ich habe mich etwas im Internet umgesehen.
Offensichtlich ist Herr Hellinger äußerst umstritten.

Ich habe einen recht schockierenden Bericht eines Familienstellens gefunden.
Ich habe keine Ahnung ob es sich dabei um Verdrehung und Propanganda handelt, oder ob dieser Bericht tatsächlich der gängigen Praxis entspricht. Ich poste ihn mal hier. Vll kannst du etwas dazu sagen:

Zitat:
Bald darauf sitzt der Therapeut mit einer weiteren Klientin auf der Bühne. Sie sei depressiv, erzählt die junge Frau. „Was ist passiert in der Familie?“ – „Mein Papa ist Palästinenser. Als ich ein Jahr alt war, sind wir nach Deutschland gezogen.“ Mehr will Hellinger nicht wissen.

In der Aufstellung steht die Klientin ihrem „Vater“ gegenüber. In gemessenem Abstand, drei Meter entfernt. Hellinger stellt zwei weitere Männer dazu, Stellvertreter für ihre Heimat Palästina. Regungslos starrt die junge Frau in Richtung des „Vaters“. Minutenlang. Dann spricht der Therapeut sie an. „Sag deinem Vater: ,Ich geh zurück!‘“ Hellinger will die junge Frau zurück nach Palästina schicken, in die „schicksalsbestimmte Heimat“, die sie als einjähriges Kind verließ. Mühsam bringt die Patientin die Worte über die Lippen: „Ich geh zurück!“ Dann steht sie weiter wie angewurzelt da, bis Hellinger sie ermuntert: „Geh!“ Sie sieht den Therapeuten fragend an. „Zurück!“ Keine Reaktion, nichts. „Also, sie schafft das nicht!“, verkündet Hellinger dem Publikum. „Depression und Manie sind einfacher. Aber das Leben ist dort“, in Palästina. Lächelnd wendet er sich an die Klientin: „Ich will dir was sagen, ja? Ob du dort stirbst oder dich hier umbringst, ist kein großer Unterschied.“ Damit ist die Frau entlassen.
Generell ist schon ersichtlich welche Position der Autor gegenüber Hellinger einnimmt. Trotzdem, wenn der Bericht einigermaßen der Hellingerschen Praxis entspricht, dann bin ich tatsächlich geneigt sie als gefährlich für die Patienten zu betrachten.
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>Warum sollte der Mensch, im Rahmen seiner beschränkten evolutionären Entwicklung, geistige Fähigkeiten entwickelt haben, um komplexe temporale Paradoxien korrekt zu erfassen?
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Tomm
Hallo Chemo
Zitat:
ich habe mich etwas im Internet umgesehen.
Offensichtlich ist Herr Hellinger äußerst umstritten.

Ich habe einen recht schockierenden Bericht eines Familienstellens gefunden.
Ich habe keine Ahnung ob es sich dabei um Verdrehung und Propanganda handelt, oder ob dieser Bericht tatsächlich der gängigen Praxis entspricht. Ich poste ihn mal hier. Vll kannst du etwas dazu sagen:

Bald darauf sitzt der Therapeut mit einer weiteren Klientin auf der Bühne. Sie sei depressiv, erzählt die junge Frau. „Was ist passiert in der Familie?“ – „Mein Papa ist Palästinenser. Als ich ein Jahr alt war, sind wir nach Deutschland gezogen.“ Mehr will Hellinger nicht wissen.

In der Aufstellung steht die Klientin ihrem „Vater“ gegenüber. In gemessenem Abstand, drei Meter entfernt. Hellinger stellt zwei weitere Männer dazu, Stellvertreter für ihre Heimat Palästina. Regungslos starrt die junge Frau in Richtung des „Vaters“. Minutenlang. Dann spricht der Therapeut sie an. „Sag deinem Vater: ,Ich geh zurück!‘“ Hellinger will die junge Frau zurück nach Palästina schicken, in die „schicksalsbestimmte Heimat“, die sie als einjähriges Kind verließ. Mühsam bringt die Patientin die Worte über die Lippen: „Ich geh zurück!“ Dann steht sie weiter wie angewurzelt da, bis Hellinger sie ermuntert: „Geh!“ Sie sieht den Therapeuten fragend an. „Zurück!“ Keine Reaktion, nichts. „Also, sie schafft das nicht!“, verkündet Hellinger dem Publikum. „Depression und Manie sind einfacher. Aber das Leben ist dort“, in Palästina. Lächelnd wendet er sich an die Klientin: „Ich will dir was sagen, ja? Ob du dort stirbst oder dich hier umbringst, ist kein großer Unterschied.“ Damit ist die Frau entlassen.
Generell ist schon ersichtlich welche Position der Autor gegenüber Hellinger einnimmt. Trotzdem, wenn der Bericht einigermaßen der Hellingerschen Praxis entspricht, dann bin ich tatsächlich geneigt sie als gefährlich für die Patienten zu betrachten.

Ich kann dazu nur Folgendes sagen: Hellinger ist umstritten, das stimmt. Hellinger mutet sich und anderen auch viel zu. Manchmal bis an die Schmerzgrenze. Aber dies deshalb, weil sich der "Klient" um den fälligen Schmerz drücken will. Wer Schiss hat, darf sich auf Hellinger nicht einlassen! Es ist ein m.E. wenig förderliches Vorurteil, dass im Leben alles einfach, wohlig und glatt zu gehen hat. Es gibt schwere Schicksale, über die man nicht irgendeine therapeutische Soße gießen kann. Der Text ist aus sich heraus nicht zu verstehen, nur aus der konkreten Situation des Familienstellens, der sich ergebenden Konstellation. Dass Hellinger die Frau nach Palästina schicken will, diese Deutung würde er strikt ablehnen. Er hat sich der Familie gestellt, sich geöffnet ohne Furcht und ohne Verurteilung, sich auf sie "eingeschwungen", und als er im Einklang war mit dem System, da kamen ihm aus der Dynamik der Konstellation diese Einsichten und Sätze, die von außen betrachtet, schockierend, absurd oder zynisch klingen. Diese Art der Lebensberatung und auch der Wahrheitsfindung unterscheidet sich eben grundsätzlich von allen Therapieformen, da sie logisch-diskursiv nicht nachvollziehbar ist. Eigentlich könnte jeder selbst darauf kommen, dass die Seele sich der Ratio ohnehin entzieht. Was hier zynisch klingt ("Ob du dort stirbst oder dich hier umbringst.."), kann der Versuch sein, die Palästinenserin aufzurütteln. Dies ist in der Tat eine extreme Zuspitzung, und möglicherweise ist das auch eine gefährliche Gratwanderung, aber ich nehme an, dass dies auch ein extremer Fall ist, bei dem es tatsächlich um Leben und Tod geht. Offenbar ist sie suizidgefährdet, wenn sie bleibt. Man müsste sich die Familienskonstellation anschauen, aus deren Dynamik das Gesagte wahrscheinlich verständlich würde. Für einen unvorbereiteten Beobachter muss das schrecklich klingen.

"Depression und Manie sind einfacher. Aber das Leben ist dort", wird höchstwahrscheinlich bedeuten, dass - und dieses Phänomen ist weitverbreitet - sich die Palästinenserin in die Depression und die Manie flüchtet, um eine lebenswichtige Entscheidung nicht zu treffen, eine Entscheidung, die ihr letztes abverlangt und sehr schmerzhaft ist. Um diesen Schmerz drücken wir uns sehr gerne und werden oder bleiben lieber krank!!! Ich nehme an, dass Hellinger "gesehen" hat, dass die Depression und die Manie damit zu tun hat, dass sie am falschen Ort, im falschen Land lebt. Nur so haben ergeben die Sätze für mich Sinn. Die "Heilung" wäre demnach, zurück in die Heimat zu gehen.

Ich weiß nicht, wie dieser Fall ausgegangen ist, denn das ist das alles Entscheidende: Wie ist dieser Fall dieser Palästinerserin ausgegangen? Davon wird nichts gesagt. Und nur darauf kommt es an. Nicht darauf, was irgendwelche Leute, die nichts vom Familienstellen wissen und auch gar nichts wissen wollen, Hellinger für Motive unterstellen.

Gruß Tomm
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Es erinnert mich an einem Professor. Wenn begann Perestrojka, die Unabhängigkeits Wille meines Landes ist lautstark geworden. Auf diesem Hintergrund vieler haben Moskauer Politik mit Russeen identifiziert und kamm ein Aufruf, dass Russen müssen das Land verlassen. Ich hatte eine Diskussion mit diesem Professor. Ich gab ihn ein Beispiel, Beispiel meiner Familie. Meine Mutter seit 30 Jahren mit einem Litauer verheiratet, Kinder haben litauische Schulen besucht, identifizieren sich mit litauscher Kultur. Was soll sie dann tun? "Überlegen Sie, - sagt er - aber dort ist ihr HEIMAT!
Ein russische Künstler - Ernst Neizvestnyj (Ernst Unbekannt) - müsste emigrieren nach Amerika, weil Chrustchiov hat seine Arbeiten nicht gefallen und künstlerische Weg war für ihn geschlossen. (Er hat für Chrustchiov ein Grabstein entworfen: eine Gesichtshälfe aus weisen MArmor, andere aus schwarzen Stein). Wenn er nach vielen Jahren könnte zurück nach Heimat kehren, vieler hatten erwartet, dass er da bleibt. Er hat gesagt: "Hier ist meine Heimat, dort ist mein Zuhause".

Beitrag zuletzt bearbeitet von Irena am 21.02.2007 um 13:59 Uhr.
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Tom,
dein Hellinger ist gefangen in eigenen Weltanschauung, in eigene Theorie. Sie sieht für mich auch gefährlich aus.
Wir könnte hier lange diskutieren. Es geben erstens, keine wissentschaflichen Belege, dass Palästinänser mehr an Depression leiden als andere. Und wenn es wäre so, dann der Grund ihre Depression kann unterschiedlich sein: das Leiden, das sie haben in der Heimat gesehen, die Unvereinbarkeit die Werten der Kulturen (Hierkunft- und Wohn-Land), es kann rein familäre Gründe sein, genetische Veranlagung und s.w. Kann man die Frau helfen, in dem man schickt sie in der Hierkunftsland? Vergiss man nicht, sie seit 1 Lebensjahr lebt in Deutschland. Sie lebte nicht in abgeschlossenen Kasten. Sie war beeinflusst einerseits von Familie, anderseits von weiteren Umfeld. Ihr Problem, wenn man so nennen darf, ist, dass sie (fast mit 100% Wahscheinlichkeit) in ihr Hierkunftsland würde sich fremd und allein füllen. Hilft das bei Überwindung der Depression? Kaum.
Gruß
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Was mich an dem Bericht schockiert ist weniger sein schonungloser Umgang mit der Patientin, als seine Einschätzung der Situation der Patientin auf einer absolut dürftigen Schilderung. Eines der wesentlichen Merkmale von weltanschaulichem Fanatismus ist das Phänomen, dass der Fanatiker wirklich jede Problemlösung auf die eigene Ideologie zurückführt. Jeder Aspekt seiner Umwelt wird zu einem durch die Ideologie erklärbaren Phänomen.

Dass so eine Herangehensweise zu keiner Lösung führen kann ist offensichtlich, da bewusst Erklärungen und Lösungen ausgeschlossen werden.

Herr Hellinger mach auf mich den Eindruck wirklich jedes Problem (sogar der Gesellschaft) auf die Familie zurückzuführen. Dass die besagte Frau vielleicht seit Jahrzehnten hoch verschuldet ist oder unter ständiger Gewalt durch Bekannte lebt, interessiert ihn überhaupt nicht. Die Frau hat nicht einmal ein Jaht in Palästina gelebt, aber das reicht Hellinger schon aus, um dort die Probemursache zu sehen.
Und die Problemlösung mutet gleichermaßen engsichtig an. Was wenn Deutschland zur vertrauten Heimat der Frau geworden ist - was, wenn die Frau wirklich gar nichts mit Palästina verbindet?

Du brachtest eine Form der Intuition, oder besser Empathie Hellingers ins Gespräch, die ihm beim Famiilienstellen zuteil wird und von Aussenstehenden nicht nachvollzogen werden kann. Falsifizier- und Kontrollierbarkeit sind dabei unmöglich. Missbrauch und Fehler sind da doch vorprogrammiert, oder nicht?
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>Warum sollte der Mensch, im Rahmen seiner beschränkten evolutionären Entwicklung, geistige Fähigkeiten entwickelt haben, um komplexe temporale Paradoxien korrekt zu erfassen?
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Tomm
Hallo Chemo,

ich merke, dass du schon wieder anfängst, innerlich zu kochen. Da frage ich dich: Was ist eines der Merkmale des Fanatismus? ...Erraten!!! Hellinger hat mit Fanatismus aber auch rein gar nichts zu tun. Seine Gegner allerdings. Hellinger beansprucht nicht einmal die Urheberrechte für das Familienstellen, kein sonderlich fanatischer Wesenszug, oder? Was den Vorwurf der Ideologie angeht, so ist Hellinger ihr Zerstörer. Eine Ideologie ist am Schreibtisch ausgedacht und wird einer Gruppe oder einer ganzen Gesellschaft übergestülpt, zur Not mit Gewalt. Ich wiederhole es zum, ich weiß nicht wievielten Mal: Das Familienstellen bzw. das, was Hellinger darüber zu Papier gebracht hat (viele Jahre hatte er sich geweigert, es zu tun), ist aus dem Volllzug, der Praxis entstanden. Man muss sich natürlich etwas damit beschäftigen, und es reicht nicht aus, Extrakte seiner Arbeit ohne Kontext propagandistisch zu zitieren. Genau das ist ein Wesenzug der Ideolgie. Was in dreißig Jahren Arbeit entstanden ist, kann man eben nicht unbedingt mal eben an einem Nachmittag nachvollziehen.

Warum will der Mann eigentlich kaum etwas wissen? Weil nicht das, was der Klient erzählt, der Wahrheitsfindung dient (das dient häufig sogar der Verschleierung), sondern sich die Lösung aus der Aufstellung und dem, was die Repräsentanten äußern, ergibt. Die Repräsenanten werden gefragt, wie sie sich an ihrem Platz fühlen, wie in Beziehung zu den anderen Personen. Man kann dann durch Umstellen der Personen sehr wohl überprüfen, welcher Platz für den Betreffenden gut oder eben nicht so gut oder völlig falsch ist. So kann man die Richtigkeit einer Aufstellung verifizieren oder kontrollieren. Das zeigt die Erfahrung. Dass man für diese Arbeit eine besondere Antenne braucht, eine besondere Wahrnehmung, ist auch klar. Falsch ist deine Behauptung, dass wir es wahrnehmen müssen, damit es glaubhaft ist. Wenn du zum Hautarzt gehst, hast du da bereits die Diagnose für dieses eigenartige Gebilde auf deiner Haut und gehst nur deshalb zum Arzt, um zu überprüfen, ob der ein guter Arzt ist? Warum ist das, was der Hautarzt dir sagt, glaubhafter als das, was Hellinger sagt? Was zählt, ist die Wirkung, alles andere ist uninteressant.

Dass Hellinger jedes Problem auf die Familie zurückführt, ist Unsinn. Das kollektive Gewissen hat doch nichts mit der Familie zu tun. Den Nationalsozialismus führt er nachweislich nicht auf die Familie zurück. Des Weiteren erfindest du eine fiktive Realität: Dass die besagte Frau vielleicht seit Jahrzehnten hoch verschuldet ist oder unter ständiger Gewalt durch Bekannte lebt, interessiert ihn überhaupt nicht. Aber nehmen wir einmal an, das wäre so. Dann wäre diese Information eben systemisch und damit für die Lösung ohne Relevanz. Hellinger hat im Übrigen einen Stellvertreter für Palästina aufgestellt. Dieses kleine, aber sehr bedeutsame Detail, ist dir entgangen. Aus der Reaktion der Stellvertreter Palästinas und der Palästinenserin ist Hellinger wahrscheinlich zu seinen Äußerungen gekommen. Das mit Fanatismus oder Ideologie in Verbindung zu bringen, hält keiner nüchternen Prüfung stand.

Solltest Du an einer wisenschaftlichen Auseinadersetzung mit dem Thema Interesse haben, hier ein Link http://www.iag-systemische-loesungen.de/?q=studien über den Stand der Forschung.

Gruß Tomm

Beitrag zuletzt bearbeitet von Tomm am 21.02.2007 um 17:08 Uhr.
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Beiträge: 362, Mitglied seit 17 Jahren
Zitat:
ich merke, dass du schon wieder anfängst, innerlich zu kochen.
In dem Fall ein Irrtum.
Mir ist auch erst jetzt aufgefallen, dass mein Beitrag einen emotionsgeladeneren Eindruck macht. Ich möchte versichern, dass das nicht meinem emotionalen Zustand entsprochen hat und entschuldige mich für die misslungene Ausdrucksform.
Eigentlich sollte der Beitrag eine eher nüchterne Beurteilung sein.

Ich wollte Hellinger auch keinen Fanatismus unterstellen.
Ich wollte nur ein Symptom des Fanatismus vorstellen, dass ich bei dieser Schilderung des Familienstellens erkannt zu haben glaube.
Stimmst du mir dieses Symptom betreffend zu?
Zitat:
Eines der wesentlichen Merkmale von weltanschaulichem Fanatismus ist das Phänomen, dass der Fanatiker wirklich jede Problemlösung auf die eigene Ideologie zurückführt.
So wie etwa der fanatische Kommunist, alle Gesellschaftsprobleme auf den Klassenkampf zurückführt, wie der fanatische Gläubige alle Probleme dieser Welt auf die religiösen Anschauungen und wie der fanatische Feminist alle gesellschaftlichen Phänomene auf den Geschlechterkampf zurückführt.

Die schnelle Beurteilung der Problemherkunft durch Hellinger macht einen solchen Eindruck auf mich.
Ich will nicht abstreiten, dass es möglich ist, dass dass die aufgestellten Personen eine Lösung liefern, ohne dass Herr Hellinger auf die Erzählungen der Patientin angewiesen ist. Allerdings verstehe ich nicht warum keine Stellvertreter der restlichen Familienmitglieder und anderer äußerer Einflüsse aufgestellt wurden.
Hellinger hat damit eine Ursacheneinschränkung getroffen, bevor das Familienstellen überhaupt angefangen hat.
Wenn jetzt die eigentlichen Probleme bei dem Vehältnis der Patientin zu ihrem Bruder zu finden wären, wie hätte Hellinger dann bei dieser Aufstellung zu einer Lösung gefunden?
Die einzige Lösung diese Familienstellens kann doch dann nur in ihrem Verhältnis zu Palästina und ihrem Vater zu finden sein, oder nicht?

Zitat:
Dass die besagte Frau vielleicht seit Jahrzehnten hoch verschuldet ist oder unter ständiger Gewalt durch Bekannte lebt, interessiert ihn überhaupt nicht. Aber nehmen wir einmal an, das wäre so. Dann wäre diese Information eben systemisch und damit für die Lösung ohne Relevanz.
Was verstehst du unter systemischen Informationen und warum sind sie ohne Relevanz?
Willst du damit ausdrüken, dass ausschließlich zwischenmenschliche, familiäre Verhältnisse die Ursache von psychischen Problemen sind?

Nachtrag:
Ich sehe im Grunde keine Unvereinbakeit zwischen Fanatismus und praktischer Ausübung der zugrundeliegenden Ideologie.
Und auch die wenigsten Fanatiker sehen in sich den Begründer ihrer Ideologie. Da würde beim Taleban-Kämpfer nämlich schwierig werden ;)
Außerdem möchte ich betonen, dass ich Fanatismus und Ideologie keinesfalls gleichsetze.

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>Warum sollte der Mensch, im Rahmen seiner beschränkten evolutionären Entwicklung, geistige Fähigkeiten entwickelt haben, um komplexe temporale Paradoxien korrekt zu erfassen?
Beitrag zuletzt bearbeitet von Chemo am 21.02.2007 um 18:02 Uhr.
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Tomm
Hallo Chemo

Der Fanatiker neigt vor allem dazu, über Leichen zu gehen, weil er feslsenfest von der einzig gültigen Wahrheit, nämlich der seinen, überzeugt ist, die ihn zu deren Durchsetzung egal mit welchen Mitteln berechtigt. Um den Vorwurf oder die Vermutung des Fanatismus zu entkräften: Wenn beispielsweise ein Klient in psychiatrischer Behandlung ist, wird Hellinger bestimmt nicht hingehen und sagen: Lass den Quatsch mit dem Psychiater, der hat keine Ahnung, ich werde es jetzt richten, denn ich kann es besser.

Beim klassischen Familienstellen (es gibt ja auch Systemaufstellungen für Organisationen, Betriebe etc.) geht es um die Verstrickung einer Person mit dem Schicksal früherer oder anderer Familienmitglieder oder um Identifizierung mit einem. Es geht also nicht darum, alle Familienangehörigen aufzustellen, sondern nur die am Konflikt beteiligten Personen. Wie nun Hellinger das sieht, wer relvant ist und wer nicht, da bin ich überfragt. Ich bin Laie und habe diese Wahrnehmung nicht, zumindest noch nicht entdeckt. Dass er sie aber hat, ist aus den Reaktionen der Stellvertreter und Rückmeldungen nach Monaten oder einem Jahr ziemlich offensichtlich. Manche Familienmitglieder (bzw. Personen, die in irgendeiner Weise mit der Familie zusammenhängen, also bedeutsam sind) haben aber eben nichts mit dem Thema des Kienten zu tun. Und wenn es tatsächlich überhaupt keinen sichtbaren systemischen Hintergrund gibt, dann wird sich auch nichts regen und Hellinger wird nichts aufstellen. Hellinger hat, das kann man aus der Erfahrung heraus anerkennen oder a priori als Humbug, Spinnerei oder Fantasterei ablehnen, eine besondere Wahrnehmung, die durch eine bestimmte Haltung des gesammelten SIch-Öffnens ohne Furcht und ohne Verurteiliung gekennzeichnet ist. Er stellt sich dem System, ohne für den einen oder anderen Partei zu ergreifen. Dadurch kommt er mit der im System herrschenden Dynamik in Kontakt, die ihn zur Auswahl der Personen führt. Das bedeutet aber nicht, dass die von ihm anfangs gewählten Personen, für die er Stellvertreter auswählt bzw. auswählen lässt, die einzigen bleiben. Im Verlauf des Aufstellungsprozesses kommen Rückmeldungen von den Stellvertretern, die häufig zur Aufstellung weiterer Stellvertreter führen. Es kann aber auch umgekehrt sein, dass Stellvertreter, die offensichtlich nichts mit dem Thema zu tun haben, sich wieder setzen können. Aber es ist ganz klar, dass Hellinger keine Aufstellung macht, wenn sich nach der Schilderung des Problems durch den Klienten nichts regt. Die Haltung des Klienten selbst ist natürlich auch nicht zu vernachlässigen. Auch der muss offen und wirklich bereit sein, sonst gibt es weder Kontakt noch eine Lösung. Was nun die Lösung angeht, so bedeutet das nicht etwa, dass ab sofort alles in Ordnung ist. Die Seele ist ain archaisches Phänomen und "arbeitet" mitunter langsam.Und nach anfänglicher Familieinstellereuphorie weiß man inzwischen auch, dass nur eine Aufstellung für eine Lösung eher die Ausnahme ist.

Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist diese Haltung Hellingers und seine Aufmerksamkeit und Achtsamkeit sehr schwer zu erlernen. Man kann das lernen, aber es ist schwer. Von daher scheint mir die Gefährlichkeit des Familienstellens nicht von Hellinger, sondern eher von Leuten auszugehen, die diese Gabe eben nicht oder nur eingeschränkt haben. Da es im "Psychobereich" (auch wenn Hellinger die Zurechnung inzwischen ablehnen würde) in den letzten zehn Jahren wohl kaum eine größere Wachstumsbranche gab, ist sicherlich auch die Zahl derer gestiegen, auf die man sich besser nicht einlässt. Inzwischen wurde auch eine Akademie, "eurasys", gegründet, um dem Dilemma einer Schwemme von nicht oder schlecht ausgebildeten Familienstellern Einhalt zu gebieten. Man rätselt bis heute über die "stellvertretende Wahrnehmung" der Repräsentanten. Die bisherige Hypothese ist, dass mit der Person, die in einen Raum tritt, auch ein "wissendes Feld" mit anwesend ist, also ein überindividuelles "Wissen" der Familie. Natürlich ist das eine etwas unbefriedigende Hypothese, aber da wird sicherlich noch geforscht werden. Andererseits: Wie sonst soll man erklären, dass Stellvertreter von Ahnen Sätze sagen oder sogar Krankheitssymptome zeigen, die die repräsentierte Person tatsächlich gesagt hatte oder hatte, ohne dass davon die Rede war? Hellinger selbst interessieren solche Erklärungen übrigens wenig, Hellingers Erben schon mehr.

Ich weiß, dass du dich als Naturwissenschaftler (?) mit dieser sonderbar anmutenden Methode schwertust. Ich hatte, ohne allerdings Naturwissenschaftler zu sein, anfangs auch große Vorbehalte. Ich neige auch nicht dazu, Dinge, die ich nicht begreife, schnell anzuerkennen. Das, was von außen betrachtet, schockiert, sind diese apodiktischen Aussagen, die als autoritär missverstanden werden. Wenn dir der Onkologe nach Feststellung eines malignen Karzinoms sagt, dass du nur durch eine Chemotherapie gerettet werden kannst, bedeutet dass: Du hast keine Wahl. Du musst das tun oder du stirbst. So ist es auch mit Hellingers Lösungen. Es gibt keine Diskussion, entweder du akzeptierst die Lösung oder verwirfst sie. Sie ist sozusagen aus dem, was sich zeigt, vorgegeben.

Letztendlich zählt nur die Wirkung der Helligerschen Methode. Und die lässt sich im Laufe der Zeit sicherlich statistisch belegen.

Ich hoffe, wenigstens ein paar Klarheiten beseitigt zu haben.

Gruß Tomm

Beitrag zuletzt bearbeitet von Tomm am 22.02.2007 um 13:04 Uhr.
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Danke.

Ich bin weit davon entfernt diese Methode anzuerkennen, aber ich überlasse es mal anderen, kompetenteren und involvierteren Personen ein wissenschaftliches Urteil zu fällen.
Signatur:
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Tomm
Ist o.k. Chemo. Sehe ich das richtig, dass sich zumindest unsere mutuelle Diskussionskultur in dem von dir angestrebten Sinne entwickelt hat? Sollte mir in Zukunft von wissenschaftlicher Seite mehr über das Thema zu Augen oder Ohren kommen, melde ich mich wieder.

Gruß Tomm
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Manu (Administrator) https://wasistzeit.de
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