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Beitrag Nr. 117-543
06.05.2006 22:18
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Beitrag Nr. 117-544
08.05.2006 10:50
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Zitat:Du hast eine bestimmte Art zu denken (die "erkenntnistheoretische") für Dich als richtig erkannt, und beharrst jetzt darauf, dass diese Art zu denken absolut richtig ist.
Zitat:... das Argument "man darf das Universum nicht quantenmechanisch beschreiben, weil es keinen externen Beobachter hat" zieht daher nicht, weil im Formalismus kein Beobachter auftritt. Der Beobachter tritt erst in der Interpretation auf;
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Beitrag Nr. 117-545
12.05.2006 13:36
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Beitrag Nr. 117-546
28.05.2006 12:05
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Andre schrieb in Beitrag Nr. 117-544:So habe ich das eigentlich nicht gemeint. Wenn du es so verstanden hast, habe ich es vollkommen falsch herüber gebracht. Ich bin nicht der Meinung, dass hier das eine richtig wäre und das andere nicht.
Also, in dieser Form nimmt das wohl (hoffentlich) niemand ernsthaft an. Es gibt zunächst einmal sehr verschiedene Formen der Erkenntnis. Mathematische Erkenntnis beispielsweise enthält a priori keinerlei Erkenntnis über die Welt (bzw. höchstens indirekt, nämlich dadurch, dass die Welt, wie sie ist, bestimmt, was wir überhaupt denken können).Zitat:Ein einfaches Beispiel für die beiden Denkweisen.
Ontologisches Denken: (naiv) Die Welt ist an sich so, wie ich sie mit meinen Augen sehe. Eine nicht ganz so naive Version stellt der so genannte „Wissenschaftsrealismus“ dar: Die Welt ist an sich so, wie sie die Wissenschaft erfasst.
Die nicht hinterfragte Annahme dabei ist immer, dass Erkenntnis nur bedeuten kann, die Welt so zu erkennen, wie sie ist.
Die Kognitionswissenschaften können etwas über unser Denken sagen, aber nichts über unsere Welt (mit der Einschränkung, daß unser Denken natürlich auch ein Teil der Welt ist).Zitat:Erkenntniskritisches Denken: Hier wird Hinterfragt, was Erkenntnis und Wissen sind. Heutzutage kommen dabei viele Argumente aus der Biologie, den biologischen Kognitionswissenschaften.
Das bedeutet aber noch lange nicht, daß wir nichts über die Welt wissen können. Um mal ein extremes Beispiel zu bringen: Nehmen wir mal an, daß die Welt eine perfekte Simulation auf einem Computer wäre (á la Matrix). Und nehmen wir des weiteren an, daß dieser Computer in einer Welt stünde, die anderen Naturgesetzen gehorcht als die simulierte. Dann wird dadurch dennoch unser Wissen über die Welt nicht einfach falsch. Die von uns gefundenen Naturgesetze sind dann in diesem Fall einfach die Regeln, nach denen die Simulation funktioniert. Und die Simulation ist definitiv Teil der Realität.Zitat:Das Ergebnis dieser Richtung ist schlicht gesagt, dass die Welt, wie sie an sich ist, nicht Gegenstand unseres Wissens sein kann. (Letztendlich läuft es auf einige Wissenschaftsideale hinaus, wenn man es nicht ganz so streng fasst.)
???Zitat:Zum Beispiel ergibt sich das Leib-Seele-Problem hauptsächlich dadurch, dass angenommen wird, dass die Welt an sich Gegenstand unseres Wissens wäre, wodurch nur noch Materialismus und Idealismus zur Verfügung stehen. Dabei wird selten beachtet, unter welchen Bedingungen dieses Wissen zustande kommt.
Unabhängig davon, was man von dieser Ideee als solcher hält: Man kann diese Aussage auch so interpretieren, daß es zu jeder mathematischen Struktur auch eine Welt gibt, die durch diese mathematische Struktur korrekt beschrieben wird. Damit braucht man der mathematischen Struktur keinerlei "unabhängige Realität" zu geben, und kommt dennoch zum selben Ergebnis.Zitat:Als Beispiel habe ich in dem anderen Post nun Platon und Aristoteles gebracht. Wie heute die meisten Menschen über Platon denken, falls sie überhaupt etwas über ihn wissen, ist sehr dadurch beeinflusst, wie Aristoteles ihn interpretiert hat.
Und da Aristoteles ontologisch gedacht hat, denken viele über Platons Lehre wie zum Beispiel Max Tegmark, der jetzt sogar noch ein Institut leiten soll, in welchem die „Wissenschaft“ (einige bekannte Physiker, die auch gerne mal Bücher schreiben) philosophischen Fragen nachgeht. Dazu muss man Wissen, dass Max Tegmark Platon so versteht, als würde dieser behaupten, das eigentlich Seiende wären die Ideen. In populärwissenschaftlichen Artikeln gibt er dann darauf aufbauend Vermutungen von sich, (wobei er sehr überzeugt wirkt, von dem was er da sagt, da niemals Zweifel anklingen) wie die, dass jede mathematische Struktur auch einer realen Welt entsprechen könnte.
Natürlich haben alle unsere Theorien letztlich hypothetischen Charakter. Das heißt aber noch lange nicht, daß in ihnen kein Wissen enthalten ist. Gerade hier existieren nur graduelle Übergänge. Auch Newtons Mechanik enthält Wahrheit über die Welt, wenngleich sie, wie wir heute wissen, nicht der Weiseit letzter Schluß ist.Zitat:Platon ist der erste Erkenntniskritiker des Abendlandes vom dem wir wissen und der infrage gestellt hat, dass Erkenntnis nur erkennen der Welt bedeuten könnte, wie sie wirklich ist. Und er hat eine Erkenntnistheorie erarbeitet. Platon hat den Unterschied zwischen Wissen und Überzeugungen klargestellt. Durch ihn hätte man damals schon lernen können, dass jede Überzeugung über die Welt immer nur eine hypothetische Setzung ist. Dass die Welt an sich niemals Gegenstand des Wissens sein kann. (Die Behauptung, die Ideen wären das wahrhaftig Seiende stellt ontologisches Denken dar und das ganze Gegenteil einer Erkenntniskritik.)
Platon hat schon alles bereit gelegt, um jeder Form von Fundamentalismus den Boden unter den Füßen zu entziehen.
Ich habe hier das Gefühl, daß Du "realistisch deuten" etwas zu "direkt" verstehst, im Sinne von "Theoretisches Konstrukt = reales Phänomen". Für mich bedeutet es: "Es existiert ein reales Phänomen, das so beschaffen ist, daß es durch das theoretische Konstrukt korrekt beschrieben wird". Hier ist keineswegs eine 1:1-Korrespondenz Konstrukt-Relität gegeben. Die Realität kann durchaus Eigenschaften aufweisen, die im Konstrukt nicht vorhanden sind. Hierbei ist zu beachten, daß unsere Wahrnehmung Teil der Realität ist (der einzige Teil, der uns unmittelbar zugänglich ist). Die Existenz einer Realität jenseits der Wahrnehmung ist selbstverständlich an sich schon hypothetisch (der Solipsismus ist logisch nicht zu widerlegen), aber die Tatsache, daß die Beschreibung wesentlich einfacher wird, wenn wir eine solche Realität annehmen, ist m.E. ein klarer Hinweis, daß diese Realität existiert: Angesichts dieser Regelmäßigkeiten in unserer Wahrnehmung ist die Existenz der dahinterstehenden Realität die einfachere Annahme, denn amsonsten hieße das, die Wahrnehmungen wären trotz fehlender Realität so fein aufeinander abgestimmt, daß die Nichtexistenz der Realität nicht bewiesen werden kann (die Menge an denkbaren Wahrnehmungen, die nicht einfacher durch eine dahinterstehende Realität erklärt werden könnten, ist wesentlich größer als die Menge der "realistischen" Wahrnehmungen).Zitat:Der nächste große Erkenntniskritiker ist Kant gewesen. Deswegen auch meine ironische Frage, wie viele Jahre zwischen Platon und Kant liegen.
Ich hoffe, dass es jetzt etwas verständlicher ist wie ich das gemeint habe. Ich wollte damit nicht sagen, dass die eine Denk- oder Sichtweise richtig ist und die andere nicht.
Ich persönlich habe mich noch gar nicht entschieden. Zum einen erscheint mir der Wissenschaftsrealismus als sehr vernünftig, gerade auch weil ich so sehr von der Biologie und Ökologie überzeugt bin.
Andererseits muss ich aber auch zur Kenntnis nehmen, dass vieles in diesem Bild keinen Platz hat… gerade auch weil durch diesen Wissenschaftsrealismus theoretische Konstrukte realistisch gedeutet werden.
Genau das ist ja mein Punkt: Es bezieht sich schon auf bestimmte Interpretationen, und kann daher nicht als Gegenargument für andere Interpretationen genommen werden.Zitat:Das Argument, man dürfe das Universum nicht quantenmechanisch beschreiben, weil es keinen externen Beobachter hat, bezieht sich ja bereits auf eine Interpretation der Quantenmechanik, unter der Annahme, dass die „Wellenfunktion“ nicht den Zustand eines physikalischen Systems beschreibt, sondern dass die Quantenmechanik physikalische Systeme relativ zu anderen physikalischen Systemen beschreibt.
Und genau hier ist wiederum dieselbe Annahme implizit eingenommen: Eine Beschreiung impliziert eben nicht eine Beobachtung (das ist insbesondere in der QM so, wo ja explizit nichtbeobachtbare Größen wie die Wellenfunktion verwendet werden, gilt aber auch für die Reelativitätstheorie, die man durchaus auch mit koordinatenunabhängigen Gleichungen schreiben kann; ein Vektor z.B. impliziert noch nicht ein bestimmtes Koordinatensystem, in dem diesem Vektor dann bestimmte Komponenten zugewiesen werden).Zitat:Solche Argumentationen findet man deswegen auch hauptsächlich bei Physikern, die durch Leibniz, Kant etc. beeinflusst sind und ein Faible für die allgemeine Relativitätstheorie haben.
Diese Personen verneinen dann dementsprechend auch den „Blick von nirgendwo“, also einen Blick auf die Welt, der nicht eingenommen werden kann.
Nicht mehr vorkommt, oder nicht mehr explizit vorkommt? (BTW, kannst Du eine Referenz dafür angeben?)Zitat:Zum Beispiel trifft dies auf Carlo Rovelli und seine Interpretation der Quantenmechanik unter der Bezeichnung „relational quantum mechanics“ zu.
Seine Interpretation ist der des deutschen Physikers Carl F. von Weizsäcker ziemlich ähnlich. Er hat sogar wie dieser versucht den Formalismus ausgehend von wenigen Postulaten zu rekonstruieren und gelangt zu einer Formulierung, bei welcher der Zustand eines physikalisches Systems nicht mehr vorkommt.
Der Hilbertraum selbst beschreibt gar nichts. Ich vermute mal, er meint den Zustandsvektor, den Dichteoperator, oder irgendein anderes mathematisches Objekt im Hilbertraum.Zitat:In dem Aufsatz „How far are we from the quantum theory of gravity?“ von Lee Smolin auf arXiv.org sind ein paar Sichtweisen von verschiedenen Physikern, die ebenfalls in diese Richtung tendieren, erwähnt.
Rovelli: The Hilbert space describes the information one part of the universe has about another part.
Der erste Satz gilt absolut genauso für die MWI. Der zweite Satz kann also keineswegs aus dem ersten folgen. Aber die Angabe aller Beobachter zusammen mit ihren Hilberträumen (und zusätzlich der Information über die Überlappung ihrer Vergangenheitslichtkegel – spätestens hier könnte es m.E. bei einer Quantengravitation haarig werden) sollte ebenfalls eine Beschreibung des Universums als Ganzes ergeben, egal ob diese sich nun durch eione Wellenfunktion darstellen läßt oder nicht.Zitat:Markopoulou: Different Hilbert spaces are associated with local observers inside the universe and describe information coming form their past light cones. Quantum cosmology without the wave function of the universe.
Ok, der Satz sagt mir zunächst einmal gar nichts, weil ich diese Topos-Theorie nicht kenne :-)Zitat:Butterfield und Isham: The right mathematics for relational quantum theory is topos theory.
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Beitrag Nr. 117-547
29.05.2006 18:53
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Zitat:Naturwissenschaftliche Erkenntnis ist allerdings per Definitionem auf die Welt bezogen. Wobei hier natürlich die Frage ist, was Du unter "wie sie ist" verstehst. Die Theorie ist nicht die Welt, und ich denke, keiner, der sich ernsthaft damit befaßt, glaubt wirklich daran.
Zitat:Die Kognitionswissenschaften können etwas über unser Denken sagen, aber nichts über unsere Welt
Zitat:Das bedeutet aber noch lange nicht, daß wir nichts über die Welt wissen können. Um mal ein extremes Beispiel zu bringen: Nehmen wir mal an, daß die Welt eine perfekte Simulation auf einem Computer wäre (á la Matrix). Und nehmen wir des weiteren an, daß dieser Computer in einer Welt stünde, die anderen Naturgesetzen gehorcht als die simulierte. Dann wird dadurch dennoch unser Wissen über die Welt nicht einfach falsch. Die von uns gefundenen Naturgesetze sind dann in diesem Fall einfach die Regeln, nach denen die Simulation funktioniert. Und die Simulation ist definitiv Teil der Realität.
Zitat:Angesichts dieser Regelmäßigkeiten in unserer Wahrnehmung ist die Existenz der dahinterstehenden Realität die einfachere Annahme...
Zitat:An dieser Stelle habe ich auch ein Problem, wenn im Rahmen einer quantenmechanischen Interpretation gesagt wird, die Wellenfunktion beschreibe nur unser Wissen über ein System. Denn was soll "Wissen" bedeuten, wenn nicht Information über das System? Genau das unterscheidet doch Wissen von einfach ins Blaue hinein getroffenen Behauptungen. Und also ist jede Beschreibung des Wissens über ein System automatisch auch eine Beschreibung des Systems, amsonsten ist der Begriff "Wissen" unangebracht.
Zitat:Nicht mehr vorkommt, oder nicht mehr explizit vorkommt? (BTW, kannst Du eine Referenz dafür angeben?)
Zitat:Der Hilbertraum selbst beschreibt gar nichts.
Zitat:Hier Interessant sind vor allem die (impliziten) Annahmen 1 bis 3: Hier steckt nämlich logisch gesehen ein Zustand des Universums drin: Die Menge aller möglichen Unterteilungen des Universums zusammen mit jeweiligen Beschreibungen der Information, die jeder Teil des Universums in einer solchen Unterteilung über jeden anderen Teil des Universums hat, ist nämlich bereits eine Zustandsbeschreibung des Universums als Ganzes.
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Beitrag Nr. 117-548
30.05.2006 12:37
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Beitrag Nr. 117-549
31.05.2006 08:56
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31.05.2006 10:24
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Beitrag Nr. 117-551
31.05.2006 12:57
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Beitrag Nr. 117-552
31.05.2006 13:46
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Zitat:Wenn Rovelli sagt, der Begriff <Zustand eines Systems> sei unnötiger Ballast und durch den Begriff einer relativen, beobachterabhängigen Information zu ersetzen, verstehe ich das als identisch mit der Aussage, auf eine hinter den Phänomenen stehende absolute Wirklichkeit sei zu verzichten.
Zitat:Was mir gar nicht gefällt, ist die von R. postulierte Gleichwertigkeit aller Beobachtungssysteme, unabhängig von deren Komplexität, unabhängig vom Bewußtsein...
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Beitrag Nr. 117-553
01.06.2006 13:04
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Beitrag Nr. 117-554
01.06.2006 17:20
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Zitat:IMHO ist Rovellis Information immer klassische Shannonsche Information.
Eine informationstheoretische Reformulierung der QM sollte den Begriff der Quanteninformation (qubit) enthalten!
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Beitrag Nr. 117-555
03.06.2006 10:56
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Beitrag Nr. 117-556
06.06.2006 16:48
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Beitrag Nr. 117-557
06.06.2006 19:14
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Timeout schrieb in Beitrag Nr. 117-541:Ich halte derzeit die MWI für richtig (bzw. wie ich inzwischen weiß, dürfte die "Many Minds"-Interpretation, eine Variante der MWI, meine Ansichten genauer wiedergeben; allerdings bin ich noch nicht dazu gekommen, mich da genauer einzulesen).
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Beitrag Nr. 117-558
07.06.2006 10:51
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Beitrag Nr. 117-559
07.06.2006 18:10
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Beitrag Nr. 117-560
16.06.2006 09:38
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Beitrag Nr. 117-561
16.06.2006 13:50
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Beitrag Nr. 117-562
17.06.2006 11:58
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Rechtlich gesehen ist das Einholen einer Einverständnis in diesem speziellen Fall eigentlich nicht erforderlich. Da der Bundesgerichtshof jedoch Abmahnungen als "allgemeines Lebensrisiko" bezeichnet und die Rechtsverteidigung selbst bei unberechtigten Abmahnungen immer vom Abgemahnten zu tragen ist (nein, das ist kein schlechter Scherz) und da Abmahnungen nicht selten in Unkenntnis der genauen Sachlage erfolgen, möchte ich mit diesem Hinweis dieses "allgemeine Lebensrisiko" ein Stück weit reduzieren.