Hallo Zara.t
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Ich kann mich nicht erinnern, daß der Bergriff "Bewußtsein" von Bohr oder Heisenberg in der sog. Kopenhagener Interpretation benutzt wurde.
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So weit ich die Schriften kenne, wurde er das auch nicht. Obwohl ich nicht alles von Bohr kenne, er soll ja seinen Standpunkt auch mehrmals geändert haben, so wie jeder Mensch, der dazu lernt und sich entwickelt.
Vielleicht wäre er mit dem, was wir als Kopenhagener Deutung bezeichnen und hier hinzufügen, nicht einverstanden.
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Andre wie kommst du eigentlich darauf, dass es in der MWI einen Sekundären Beobachter gibt mit einem Bewusstsein, dass alle möglichen Realitäten gleichzeitig beobachten kann.
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Da muss ich etwas missverständlich ausgedrückt haben. In der MWI, vor allem, wenn sie einige Kosmologen auf das gesamte Universum zur Beschreibung angewendet haben, gibt es keinen sekundären Beobachter. Es handelt sich um eine rein objektive Beschreibung.
Was ich gemeint habe, ist etwas anderes. In Weizsäckers Ansatz, der von Bohr beeinflusst ist, gibt es Situationen, in denen sie der MWI sehr ähnlich ist. Und dort gibt es den Sekundären "Beobachter". Allerdings ist wohl auch das missverständlich, weil er nichts "beobachtet" - er beobachtet also keine möglichen Realitäten gleichzeitig. Es ist nur aus seiner Sicht eine objektive Beschreibung eines Systems, von dem er weit genug isoliert ist, so dass er keine weiteren Informationen besitzt. Zum Beispiel könnte er sich auf dem Mars befinden und das Experiment samt Experimentator beschreibt.
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Bewegt sich ein Beobachter auf einer geschlossenen Trajektorie im Kreis könnten sich in der Tat mehrer „Bewusstseinsfelder“ (Mehrzahl von Bewusstsein?) überlagern.
Ist nur so ne fixe Idee. Muss mal länger drüber nachdenken.
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Hm. Das verstehe ich nur zum Teil. Bin gespannt welche Schlussfolgerungen du ziehst.
Ich habe das was jetzt folgt bereits Gestern offline geschrieben, deswegen bezieht es sich nicht auf die letzten 5 Posts.
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Hallo Dilaton,
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Es wäre sehr nett wenn du mal versuchen würdest gewisse Begriffe in einfacher Sprache etwas zu umschreiben, dann könnte ich besser darauf reagieren.
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Ich bin mir nicht sicher, welche Begriffe du genau meinst. Mir ist aber auch klar, dass es nichts bringt, wenn das was ich schreibe für dich überhaupt keinen Sinn ergibt.
Ok, so wie ich dich verstehe, sprichst du davon, dass die Welt bei einer Messung in verschiedene Realitäten aufspaltet, in der jeder Experimentator ein anderes Ergebnis erhält.(Obwohl das mit der Relativität der Gleichzeitigkeit nicht vereinbar ist, wie Timeout es hier mal im Forum geschrieben hat. Und es gibt keinen Grund, der Relativitätstheorie hier nicht zu trauen, vor allem, weil die Aufspaltung sich sicherlich nicht nur auf einen Teil der Welt bezieht?)
Und du meinst nun, dass es nicht nur eine dieser "klassischen" Realitäten gibt, sondern unbestimmt viele, die alle gleichermaßen real sind.
Daraus schlussfolgere ich, das es also eine "Sammlung" von Realitäten gibt, die ich einfach mal das "Ganze" nenne. Wenn stets alle Möglichkeiten auch realisiert werden, umfasst dieses "Ganze" einfach alles, was jemals möglich war, und möglich sein wird... „war“ und „wird“ sind bedeutungslos, weswegen man auch gleich „ist“ sagen kann. Das „Ganze“ ist einfach. Es ist auch unveränderlich, weil bereits alles real ist, was auch möglich ist. Damit ist auch keine Zeit vorhanden, sie ist ebenso wie die Veränderung rein subjektiv.
So eine Vorstellung hatte schon der Philosoph Parmenides zu Zeiten des antiken Griechenlands. Und in der etwas modernern Zeit zum Beispiel Einstein.
Und dem stimme ich nicht zu. Ich halte nicht einmal eine dieser klassischen Realitäten, in welche die Welt aufspaltet und in der ein Experimentator dieses und der andere jenes konkrete Ergebnis findet, für real.
Es ist also ein Missverständnis, wenn du glaubst, der Kollaps der Wellenfunktion würde in anderen Sichtweisen zu auch nur einer dieser Realitäten führen, die in der Quantenfeldtheorie beschrieben werden. Das, was dort beschrieben wird, bezeichne ich erst gar nicht als Realitäten, sondern als Möglichkeiten.
Wenn ein Experimentator auf der Erde ein Experiment macht und ein konkretes Ergebnis erhält, dann steht dieses Ergebnis nicht augenblicklich für den Rest des Universums fest.
Timeout, der ja selbst die MWI vertritt, hat dazu ein paar Seiten zuvor von einem Gedankenexperiment gesprochen, in dem ein Experimentator in der Andromeda Galaxie ein Experiment macht und bei einem bestimmten Ergebnis seinen Stern in die Luft jagt, damit wir von dem Ergebnis etwas mit bekommen können.
Timeout fragte nun, ab "wann" dass Ergebnis dieses Experimentes für uns auf der Erde feststeht.
1. In dem Moment, in dem der Experimentator auf Alpha C das Ergebnis erhält, oder...
2. In dem Moment, in dem uns die Wirkung der Sternexplosion erreicht.
Wenn du davon ausgehst, die Welt würde "augenblicklich" bei der Messung auf Alpha C aufspalten, dann heißt das, es gibt eine Welt, in der die Sternexplosion die Erde erreicht und eine, in der dies eben nicht geschieht.
In der Kopenhagener Interpretation zum Beispiel, wie ich sie verstehe, ist dies eben nicht so. Das Ergebnis der Messung auf der Erde wäre für den Beobachter auf der Erde so lange unbestimmt, bis ihn eine Wirkung erreicht. Und bis dahin ist der Ausgang der Messung auf der Erde nicht real – ganz im Gegensatz zu deiner Deutung.
Ich habe da noch etwas von Weizsäcker, was er über die MWI geschrieben hat. Er spricht dort diesen Punkt deiner Deutung mehr oder weniger auch an und bezeichnet ihn als „konservativ“. Vielleicht hilft dir das eher. Und danach noch etwas von Smolin über topologische Quantenfeldtheorien. Da beide Physiker sind (nur der erste ist noch zusätzlich eine bedeutender Philosoph) dürften sie wohl auch eher deine Sprache sprechen.
Vielleicht habt ihr in eurer Bibliothek irgendeine der Ausgaben von Weizsäckers Werke, wie "Aufbau der Physik", in der sein Programm zur Rekonstruktion der Physik zum Teil zu finden ist. Du dürftest zumindest von der mathematisch physikalischen Seite kein Problem mit dem Buch haben. Besonders interessant an den Büchern von Weizsäcker fand ich immer, wenn er über persönliche Diskussionen mit Schrödinger und anderen, wie Heisenberg geschrieben hat. Zum Teil erfährt man so ein klein wenig über die menschliche Seite dieser Menschen.
Sehr interessant sind auch die Aufsätze aus "Zum Weltbild der Physik" von 1953. Unter anderem schreibt er über die Diskussionen zwischen Einstein und Bohr und ihren Missverständnissen zwischen den verschiedenen Realismus-Auffassungen.
Ich kann dir aber nicht garantieren, dass sich die Beschäftigung mit dem Thema sich unbedingt für dich lohnen wird. ;)
Jetzt aber erst einmal das, was Weizsäcker über die MWI geschrieben hat.
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Everetts Mehr-Welten-Theorie.
Everett hat 1957 eine Auffassung der Quantentheorie ohne Reduktion des Wellenpaketes vorgeschlagen. Wenn man seine Theorie verbal nur wenig umformuliert, so ist sie nicht mehr so revolutionär, wie er selbst, seine Anhänger bis heute und auch Jammer gemeint haben.
Aber sie ist von allen hier aufgezählten Alternativen die einzige, die nicht hinter das schon von der Quantentheorie erreichte Verständnis zurück-, sondern vorwärts über es hinausstrebt. Ihre Schwäche scheint eher eine Formulierung in einer noch zu traditionellen Sprache zu sein, welche dann die wahre Radikalität der Quantentheorie inadäquat und gerade dadurch schockierend ausdrückt.
Everett schlägt vor, die Wellenfunktion niemals zu reduzieren und eben die unreduzierte Wellenfunktion als objektive Beschreibung der realen Welt aufzufassen. Wo immer die übliche Theorie ein Messresultat durch die Reduktion des Wellenpakets ausdrückt, treten folglich nach Everett alle möglichen Messresultate gleichzeitig auf. Ihre quantentheoretische Superposition kann aber der jeweilige Beobachter wegen der Irreversibilität des Messvorganges und des dadurch eintretenden Verlusts der Kenntnis der Phase niemals wahrnehmen.
Everetts Hypothese besagt dann, dass der Beobachter, wenn er ein bestimmtes Messresultat gefunden hat, nicht wissen kann, dass er in den anderen Zweigen der Gesamtwellenfunktion jeweils die anderen Messresultate gefunden hat. Für ihn verengt sich die Welt auf alles, was aus dem einen, von ihm wahrgenommenen Messresultat folgt. Für ihn muss es also so scheinen, als gäbe es nur diesen Zweig der Welt, und er wird demgemäss von nun an eine reduzierte Wellenfunktion benutzen.
Der Theoretiker aber, der den ganzen Vorgang rechnerisch verfolgt, weiß, dass alle möglichen Messresultate gefunden worden sind. Für den Theoretiker also hat sich die Welt damit in so viele nicht miteinander kommunizierende, aber koexistente "Welten" gespalten, als es mögliche Messresultate gibt. Und so in infinitum.
Everetts Theorie macht von fast allen Überlegungen Gebrauch, die wir zur semantischen Konsistenz der Quantentheorie angestellt haben: dem Informationsgewinn des Beobachters, der Quantentheorie des Messapparats, der Irreversibilität der Messung und der Quantentheorie des Subjekts.
Sie ist insofern eine vollständige, fehlerlose Quantentheorie. Sie kann durch eine einzige verbale Änderung auf unsere Deutung abgebildet werden: statt "mehrere Welten" muss man sagen "mehrere Möglichkeiten". Wie oben in d) erörtert, ist es völlig legitim, dass verschiedene Beobachter, die verschiedene Fakten wissen, verschiedene Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten anerkennen. (Anm. von mir: siehe dem Gedankenexperiment von Timeout mit dem Beobachter in der Andromeda Galaxie und dem auf der Erde)
Die unreduzierte Wellenfunktion des Beobachters A ist dort das Wissen, das er besitzt, solange er die Messresultate von B1 und B2 nicht kennt. Verschiedene Möglichkeiten müssen einander ausschließen und zugleich bestehen: das meint man, wenn man sagt, mehreres sei nunmehr möglich, es ist also konstitutiv für den Begriff Möglichkeit.
Everett ist nur darin konservativ geblieben, dass er die Gleichsetzung von Realität und Faktizität aus der klassischen Physik übernommen hat. Hätte er zeitliche Logik gekannt, so hätte er eine weniger verblüffende, aber korrektere Beschreibung der Quantentheorie geben können.
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Vollkommen verstehe ich Weizsäcker auch noch nicht. Manche Gedanken sind sehr abstrakt.
Leider habe ich nicht sehr viel Ahnung von topologischen Quantenfeldtheorien... bisher habe ich mich mit der Kategorientheorie etwas beschäftigt, weil topologische QFT eben in dieser Sprache formuliert werden. Vielleicht weißt du mehr darüber.
Smolin schreibt dazu:
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Eine topologische Quantenfeldtheorie ist ein Modell einer geschlossenen Welt ohne einen Rand und ohne etwas Äußeres. Eine Kugeloberfläche wäre ein Beispiel für eine solche Welt. Es gibt jedoch keine Quantenzustände des gesamten Systems. Und es gibt auch keine Felder, die ähnlich dem elektrischen oder magnetischen Feld den Punkten des Raumes zugeordnet sind. Statt dessen beginnt die Beschreibung der Welt in einer topologischen Feldtheorie damit, dass man eine Grenze zieht, durch die diese Welt in zwei Teile gespalten wird.
Zu jeder Wahl einer solchen Grenze kann man einen Raum von Quantenzuständen konstruieren. Interpretiert werden diese Zustände als die Information, die ein Beobachter auf der einen Seite über den Teil des Universums auf der anderen Seite hat.
Es gibt viele Möglichkeiten, durch Grenzziehung eine Welt in zwei Hälften zu teilen. In der topologischen Quantenfeldtheorie wird nicht eine dieser Möglichkeiten ausgewählt, sondern die Theorie behandelt sämtliche Möglichkeiten gleichrangig.
Mit jeder möglichen Wahl einer Aufspaltung der Welt assoziiert man einen Quantenzustand. Jeder dieser Zustände enthält die Teilinformation eines Beobachters auf der einen Seite der Grenze über die Welt auf der anderen Seite.
In dieser Sprache lassen sich präzise Bedingungen formulieren, welche die möglichen Beziehungen zwischen den Informationen zu den verschiedenen Grenzen einschränken. In den Beziehungen zwischen den verschiedenen Sichtweisen sind daher die Gesetze für die Dynamik des Universums kodiert.
Gegenwärtig wird versucht, diese topologischen Quantenfeldtheorien so weit auszuarbeiten, dass die Strukturen für die Beschreibung unseres vierdimensionalen Universums reichhaltig genug sind.
...
Topologische Quantenfeldtheorien haben noch eine weitere attraktive Eigenschaft: Im Vergleich zu früheren Theorien beschreiben sie grundsätzlich einfachere Welten. In der gewöhnlichen Quantentheorie gibt es eine unendliche Anzahl möglicher Quantenzustände eines Systems. Das muss so sein, wenn man in der Quantentheorie beispielsweise beschreiben möchte, dass sich ein Teilchen an unendlich vielen verschiedenen Orten befinden kann. Im Vergleich dazu ist eine topologische Quantenfeldtheorie eher verkümmert. In einer topologischen Quantenfeldtheorie kann ein Beobachter, dem eine bestimmte Grenzfläche zugeordnet ist, nur eine endliche Menge an Information haben.
Hier liegt auch der Ursprung für die Bezeichnung: Ursprünglich dachte man bei topologischen Feldtheorien nur an eine Beschreibung der Topologie, und dazu benötigt man nur endlich viel Information. Aus diesem Grund könnte man zunächst auch meinen, dass sich topologische Quantenfeldtheorien nicht zur Beschreibung unserer wirklichen Welt eignen, weil man dazu eine unendliche Menge an Information benötigte.
Es gibt jedoch gute Gründe gegen diese Meinung. Tatsächlich kann kein Beobachter in der Welt mehr als eine endliche Menge an Information über den Rest des Universums besitzen.
Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus einem weiteren Angriff auf das Problem der Quantengravitation, bei dem man Schwarze Löcher im Rahmen der Quantentheorie verstehen wollte.
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Smolin beginnt dann über die Entropie Schwarzer Löcher zu reden, da diese Entdeckung der Angriff auf das Problem der Quantengravitation ist.
Natürlich ist das von Smolin auch nur Spekulation. Theorien, die zu überprüfbaren Vorhersagen führen gibt es in dieser Richtung bisher wohl kaum.
Jedenfalls sieht man, dass die Sichtweise, dass sich Subjekt und Objekt nicht aufeinander reduzieren lassen (was der Fall wäre, wenn man das gesamte Universum mit einem Quantenzustand beschreibt) nicht nur in Worten, sondern auch mit Hilfe der Mathematik als mögliche Beschreibung umsetzbar ist.
Aber vielleicht hast du dennoch recht, Dilaton.
Tschüss, André
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