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Realität der Zeit?

Thema erstellt von Dade 
Dade puls-feld.de
Beiträge: 5, Mitglied seit 9 Jahren
Hallo!
Meiner Meinung nach kann die Zeit kein physikalisches Objekt sein. Ich stelle daher hier die grundlegende Frage.
Gibt es einen Beweis für die Realität der Zeit, oder einen Gegenbeweis?
Ich kenne keinen.
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Beiträge: 1.128, Mitglied seit 13 Jahren
Dade schrieb in Beitrag Nr. 2199-1:
Hallo!
Meiner Meinung nach kann die Zeit kein physikalisches Objekt sein. Ich stelle daher hier die grundlegende Frage.
Gibt es einen Beweis für die Realität der Zeit, oder einen Gegenbeweis?
Ich kenne keinen.

Wenn die zeit keine wirkung hat wie g = 9,81m/sek²? Ohne Zeit keine Beschleunigung.
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1=(h/s³)*(h/t) und 1/cc>0
Beitrag zuletzt bearbeitet von Wrentzsch am 14.03.2015 um 07:56 Uhr.
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Beiträge: 1.128, Mitglied seit 13 Jahren
Willst du jetzt von der selben strecke in kürzeren zeitabschnitten reden oder ohne zeitverlust(aufwand)?
Je weniger Zeit um so intensivere Wirkung.
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1=(h/s³)*(h/t) und 1/cc>0
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Beiträge: 1.642, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Dade,

nach meiner Meinung ist "Zeit" ihrem Wesen nach eine Vorstellung, ein Programm (Software unseres Gehirns), das die Menschen zur Beschreibung von Veränderungen entwickelt haben.

Was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen sind Veränderungen in unserer Umwelt. Um sich darüber zu verständigen, haben die Menschen im Laufe ihrer intellektuellen Entwicklung eine Vorstellung von Zeit entwickelt. Die Vorstellung hat sich immer mehr verselbständigt, sodass ein "Gefühl" von Zeit entstanden ist.
Tiere haben ein rudimentäres Zeitgefühl, indem z.B. im Frühling die Vögel wissen, wann sie in der Frühe zwitschern müssen. Kleinkinder haben noch keine Vorstellung von Zeit. Sie müssen mit ihrer intellektuellen Entwicklung erst lernen, was Zeit ist.
Um Zeit mathematisch erfassen zu können, hat man sie mit Hilfe von Einheiten (Sekunde etc.) normiert. Damit ist sie zählbar geworden. Uhren sind zur Zeitmessung besonders gut geeignet. Normalerweise wird ein Bewegungsvorgang mit einer räumlichen und einer zeitlichen Komponente vollständig beschrieben. Da die Grundlage von Uhren, der Taktgeber in aller Regel ein periodische Bewegung ist ( Pendel, Unruh, Quarz, Atom) wird die räunliche Komponente eleminiert, weil nach Durchlaufen einer Periode die räumliche Veränderung Null ist. Auf diese Weise zeigt eine solche Uhr allein eine zeitliche Distanz oder einen Zeitpunkt an.

MfG
Harti
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Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. A.E.
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Beiträge: 35, Mitglied seit 10 Jahren
Dade schrieb in Beitrag Nr. 2199-1:
Gibt es einen Beweis für die Realität der Zeit, oder einen Gegenbeweis?

In diesem Satz kann man für das Wort "Zeit" restlos alles einsetzen, was einem beliebt,
und die Anwort wird immer nein bleiben.

Wie wäre es mit Kausalität? Kann man die beweisen, oder ist alles nur Zufall?


Harti schrieb in Beitrag Nr. 2199-4:
nach meiner Meinung ist "Zeit" ihrem Wesen nach eine Vorstellung, ein Programm (Software unseres Gehirns), das die Menschen zur Beschreibung von Veränderungen entwickelt haben.

So in der Art sehe ich das auch. Denn Bewegung in einem zeitlosen 3D-Raum ist kein Widerspruch.
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Beiträge: 1.233, Mitglied seit 10 Jahren
Dade schrieb in Beitrag Nr. 2199-1:
Hallo!
Meiner Meinung nach kann die Zeit kein physikalisches Objekt sein. Ich stelle daher hier die grundlegende Frage.
Gibt es einen Beweis für die Realität der Zeit, oder einen Gegenbeweis?
Ich kenne keinen.

Hallo Dade,
herzlich willkommen im Forum!
Das von Dir angeschnittene Thema wurde schon mehrfach im Forum diskutiert, aber es immer wieder ein dankbares Sujet.
Einige Gedanken dazu:

Was ist Zeit?
Ist Zeit nur eine Illusion oder real?
Ich gehe davon aus, daß Zeit real ist. Diese Annahme stütze ich auf unsere erlebte Wirklichkeit von Zustandsänderungen (Bewegungen) und den Übergängen von Quantenzuständen. Die Zeit erfahren wir als Folge von Veränderungen. Ohne Veränderungen würden wir Zeit nicht erleben. Bewegung, als eine spezielle Form der Zustandsänderung, ist Ausdruck von Zeit.
Meines Erachtens ist Zeit fundamental und Dimension (Raum) eine emergente Eigenschaft der Zeit in Form eines Beziehungsnetzes. Die Raumzeit halte ich für einen Fehlschluß aus der Verräumlichung der Zeit.
Den Zeitpunkt (Gegenwart) erleben wir als Fluß von Zeitpunkten. Natürliche Gegenstände existieren in dieser Welt immer nur für die Dauer eines Zeitintervalls. Der Gradient der Zustandsänderung ist ein Maß der Zeit (Frequenz als Kehrwert der Zeit).
Einige Dinge sind zeitlos (Zahl π, mathematische Gleichungen, das Blockuniversum), andere zeitgebunden (Entwicklung von Gesetzen). Es gibt nicht zwei Arten von Dingen (zeitlos, zeitgebunden), sondern zwei Welten.
In der zeitlosen Welt hat Gleichzeitigkeit keine objektive Bedeutung, ebenso wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. In der Quantenwelt ist die Zeit redundant (überflüssig) und verschwindet ganz. In der Quantentheorie ist die Zustandsänderung nur mit Energie verbunden.
In der zeitgebundenen Welt verändern sich Gesetze durch Geschichte (Weltlinien, Stringtheorien mit Objekten der Dimension Null). Die Wirklichkeit der Welt liegt in der Geschichte als Gesamtmenge von Ereignissen.
Im Gegensatz in dem von uns erlebten 3-dimensionalen Raum können wir uns in der Zeit nicht frei bewegen. Dies wird im Allgemeinen als Zeitpfeil bezeichnet, der strikt zwischen Vergangenheit und Zukunft unterscheidet.
Zeitpfeile sind ein markantes Merkmal dafür, daß sich unser Universum nicht im thermischen Gleichgewicht befindet. Der Zeitfluß ist Ausdruck der Zeit-Asymmetrie unseres Universums.

Wir erleben unterschiedliche Zeitpfeile (siehe auch Lee Smolin):
- Kosmologischer Zeitpfeil (Ausdehnung des Universums),
- Thermodynamischer Zeitpfeil (Zunahme der ungeordneten Anordnung),
- Biologischer Zeitpfeil (Entstehung von Leben, Ende mit Tod - Umkehrungen solle es geben),
- Zeitpfeil des Erlebens (wir erinnern uns nur an Vergangenes, nicht an die Zukunft),
- Elektromagnetischer Zeitpfeil (Licht kommt aus der Vergangenheit),
- Gravitationswellen-Zeitpfeil (Gravitationswellen aus der Vergangenheit kommend in Richtung Zukunft),
- Schwarze Löcher (warum gibt es keine weißen Löcher?).

Der Zeitbegriff ist sehr eng mit stabilen und labilen Zuständen verknüpft.
Die Stabilität der Zustände könnten sehr schön mathematisch durch Julia-Mengen (Mandelbrot-Mengen) und Fatou-Mengen beschrieben werden. Komplexe Zahlenbereiche (Flächen) haben hier periodische Punkte, die entweder stark anziehend oder einfach anziehend sind, indifferente Zustände markieren oder auch abstoßend wirken. Die Zahlenbereiche zwischen diesen periodischen Punkten könnten als Zeitpfeil interpretiert werden. Die Fixpunkte haben „Einzugsgebiete“, deren Rand durch einen Orbit markiert ist. Die Gleichungen beschreiben Iterationen, also Zustandsänderungen. Auch Unendlich kann hier ein anziehender Fixpunkt (Attraktor) sein, was zum Beispiel der Expansion des Universums entsprechen könnte.

Beispiel:
Die Funktion f(z) → z² mit z als komplexe Zahl
hat die Fixpunkte 0, 1 und ∞.
1 ist hier ein abstoßender Fixpunkt.
0 und ∞ sind anziehende Fixpunkte.
Alle Startwerte mit Betrag <1 konvergieren während der Iteration gegen 0, und alle Startwerte, deren Betrag >1 ist konvergieren gegen ∞.
Da die erste Ableitung (Zustandsänderung) in 0 und ∞ verschwindet, wäre das gleichbedeutend mit einem azeitlichen Zustand.

Wird die komplexe Zahlenebene mit einer stereographischen Projektion auf einer Kugel abgebildet, dann entspricht der Zenit dem Wert ∞ und der Wert 0 dem Nadir. Der „Äquator“ als Kreis entspricht dem Wert 1.
Alle Werte auf der „Nordhalbkugel“ iterieren zum „Nordpol“, auf der „Südhalbkugel“ iterieren sie zum „Südpol“. Diese Bereiche haben eine Richtung, also einen Zeitfluß.
Die „Quelle“ am Äquator ist von rein zufälliger Natur.
Für mehr Einzelheiten siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Julia-Menge .

Gruß, Otto
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Traue nie Deinen Sinnen.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Otto am 15.03.2015 um 09:37 Uhr.
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Beiträge: 1.642, Mitglied seit 16 Jahren
Halo Otto,
Otto schrieb in Beitrag Nr. 2199-6:
Zeitpfeile sind ein markantes Merkmal dafür, daß sich unser Universum nicht im thermischen Gleichgewicht befindet. Der Zeitfluß ist Ausdruck der Zeit-Asymmetrie unseres Universums.

Wir erleben unterschiedliche Zeitpfeile (siehe auch Lee Smolin):
- Kosmologischer Zeitpfeil (Ausdehnung des Universums),
- Thermodynamischer Zeitpfeil (Zunahme der ungeordneten Anordnung),
- Biologischer Zeitpfeil (Entstehung von Leben, Ende mit Tod - Umkehrungen solle es geben),
- Zeitpfeil des Erlebens (wir erinnern uns nur an Vergangenes, nicht an die Zukunft),
- Elektromagnetischer Zeitpfeil (Licht kommt aus der Vergangenheit),
- Gravitationswellen-Zeitpfeil (Gravitationswellen aus der Vergangenheit kommend in Richtung Zukunft),
- Schwarze Löcher (warum gibt es keine weißen Löcher?).

Die von Dir angeführten "Zeitpfeile" belegen, dass es sich bei der "Zeit" nicht um eine objektive, von unserer Vorstellung unabhängige Gegebenheit handelt, sondern um eine Vorstellung. Wir können den Zeitbegriff mit verschiedenen Inhalten füllen und erhalten auf diese Weise verschiedene "Zeiten".
Der allgemeinsprachliche Zeitbegriff umfasst z.B. kausales Geschehen.Dies ist uns normalerweise nicht bewußt. Der daraus folgende "Zeitpfeil" entspricht kausalen Abläufen.
Demgegenüber beinhaltet der Zeitbegriff, der den mathematisch formulierten Bewegungsgesetzen zugrunde liegt (delta t), keine Kausalitätsvorstellung. Dies wird allgemein so formuliert, dass diese Gesetze "zeitinvariant" sind. Man könnte dies so beschreiben, dass es für die Zeit als reine Dauer egal ist, ob sich ein Objekt von A nach B oder von B nach A bewegt. Wenn man Bewegungsvorgänge, die kausales Geschehen beinhalten (Tasse fällt vom Tisch), mit dem allgemeinsprachlichen Zeitbegriff beschreibt, gerät man in ein Dilemma; denn nach den naturwissenschaftlichen Bewegungsgesetzen kann der Vorgang auch umgekehrt ablaufen; dies wurde aber noch nie beobachtet und widerspricht damit unseren Kausalitätserfahrungen.
Zur Aufklärung des Widerspruchs reicht es aus, sich bewußt zu machen, dass er aus den verschiedenen Zeitbegriffen resultiert.

MfG
Harti
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Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. A.E.
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Beiträge: 1.233, Mitglied seit 10 Jahren
Harti schrieb in Beitrag Nr. 2199-7:
Der daraus folgende "Zeitpfeil" entspricht kausalen Abläufen.
Demgegenüber beinhaltet der Zeitbegriff, der den mathematisch formulierten Bewegungsgesetzen zugrunde liegt (delta t), keine Kausalitätsvorstellung. Dies wird allgemein so formuliert, dass diese Gesetze "zeitinvariant" sind.
Hallo Harti,
Das ist richtig. Δt ist eine Zeitdauer wie der Betrag eines Vektors, jedoch ohne Richtung.
Aber: Vergangenheit und Zukunft kann man nur im Zusammenhang mit richtungsabhängiger Zeit definieren, d.h. nur wenn der Zeitverlauf wirklich ist.
Ansonsten wären alle Zustandsänderungen auch nur Illusionen.
Ich weiß, die Annahme der Existenz von Zeit ist eine Hypothese. Die Theorien dazu gehen auseinander.
Gruß Otto
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Traue nie Deinen Sinnen.
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Claus (Moderator)
Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Otto,

Smolin meint in seinem Buch1,2 auf S.77:

Zitat von Lee Smolin:
Es gibt einen einfachen Grund dafür dass kein mathematischer Gegenstand je eine vollständige Geschichte des Universums liefern wird, nämlich den, dass das Universum eine Eigenschaft besitzt, die keine mathematische Darstellung von ihm haben kann. Hier in der wirklichen Welt ist immer eine bestimmte Zeit, ein bestimmter gegenwärtiger Augenblick.

Diese Behauptung ist m.E. wegen der Begriffe "Hier" und "immer" in Frage zu stellen: Ist das "jetzige Hier" dasselbe wie das gestrige? Das ist m.E. nicht so. Ist das gegenwärtige "immer" ein immer gleiches? Ich meine auch hier: nein. Aus dem Blick des Blockuniversums ist das gegenwärtige "Jetzt" kein ausgezeichneter Zeitpunkt. Das gestrige "Jetzt" ist genauso wirklich, wie das heutige oder morgige.

1 Lee Smolin, Im Universum der Zeit, Deutsche Verlags Anstalt, 2. Auflage 2014
2 habe mir obiges von dir in Beitrag Nr. 968-199 empfohlene Buch in der Bibliothek geliehen und lese es gerade
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Beiträge: 1.233, Mitglied seit 10 Jahren
Claus schrieb in Beitrag Nr. 2199-9:
Diese Behauptung ist m.E. wegen der Begriffe "Hier" und "immer" in Frage zu stellen: Ist das "jetzige Hier" dasselbe wie das gestrige? Das ist m.E. nicht so. Ist das gegenwärtige "immer" ein immer gleiches? Ich meine auch hier: nein. Aus dem Blick des Blockuniversums ist das gegenwärtige "Jetzt" kein ausgezeichneter Zeitpunkt. Das gestrige "Jetzt" ist genauso wirklich, wie das heutige oder morgige.
Hallo Claus,
Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt.
Im Teil I "GEWICHT: Die Austreibung der Zeit" beschreibt Lee Smolin im Grunde das Blockuniversum und begründet, warum es keine Zeit gibt. Das entsprach bis dahin meinen Auffassungen.
Im Teil II "LICHT: Die Wiedergeburt der Zeit" stellt er diese Feststellungen in Frage und begründet, warum es eine Zeit geben muß, hauptsächlich dadurch begründet, weil es sonst nie etwas wirklich Neues geben würde. Dieser Gedankengang hat mich überrascht. Ich kann Lee Smolin aber logisch folgen und denke, daß er vermutlich Recht hat.
Er sagt, daß zeitlose und zeitbehaftete Dinge nicht zwei Optionen (Arten) sind, sondern zwei gleichberechtigte Welten beschreiben, die nebeneinander existieren.
Lee Smolin geht im Teil II von einer Zeit aus, die für das ganze Universum in Vergangenheit und Zukunft gilt. So habe ich es jedenfalls verstanden.
Das "jetzige Hier" ist nicht einfach eine Kopie des "gestrigen Hier", also keine einfache Kopie des Zustandes aus der Vergangenheit in der Gegenwart, obwohl für beide die gleichen Gesetze gelten.
Das "jetzige Hier" hat jedoch einen Zusammenhang mit seiner Geschichte. Dieser Zusammenhang kann ein Gesetz sein, muß aber nicht. Der Zusammenhang sollte viel allgemeinerer Natur sein als ein Gesetz. Lee Smolin analysiert sehr detailliert die Bedingungen, die an diesen Zusammenhang zu stellen wären.
An dieser Stell fiel mir wieder die Mandelbrot-Menge ein, über die wir mal kurz im Forum diskutiert haben, die iterative Zuständsänderungen beschreiben und die Erscheinungen der Natur so treffend reflektieren (und die auch für Animationen in Aktion-Filmen in Computerprogrammen Verwendung finden). Deshalb der kurze Exkurs in diese Richtung mit meinen eigenen Gedanken.
Ich stimme Dir völlig zu, daß das << gegenwärtige "Jetzt" kein ausgezeichneter Zeitpunkt ist und das gestrige "Jetzt" genauso wirklich ist, wie das heutige oder morgige.>>
Im Teil II wird das auch so beschrieben.
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Traue nie Deinen Sinnen.
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Claus (Moderator)
Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Otto,

Otto schrieb in Beitrag Nr. 2199-10:
Ich stimme Dir völlig zu, daß das << gegenwärtige "Jetzt" kein ausgezeichneter Zeitpunkt ist und das gestrige "Jetzt" genauso wirklich ist, wie das heutige oder morgige.>>
Im Teil II wird das auch so beschrieben.

Trotzdem, bzw. umso mehr ist es zunächst einmal Grund, das Zutreffen des Zitats von Beitrag Nr. 2199-9 zu beweifeln (man lässt sich m.E. leicht von einer solchen Behauptung beeindrucken, weil sie sich so flüssig liest - bei längerem Nachdenken erweist sie sich dann jedoch nicht als richtig und wird offensichtlich - wie du sagst - vom selben Autor in Teil 2 des Buchs1 wieder entkräftet).

Ich habe mir angesichts der Vorstellung eines Blockuniversums auch schon Gedanken darüber gemacht (bzw. war erstaut darüber), dass ich doch in diesem "Jetzt" lebe und nicht gestern und auch nicht morgen. Das - so dachte ich - erklärt das Blockmodell offensichtlich nicht. Bis ich mir klar machte, dass es im Blockmodell eben nicht nur ein "ich" gibt, sondern viele. Zu jedem Zeitpunkt eines. Und so wie "ich" mich darüber wundere, dass ich gerade heute in diesem Jetzt lebe, mag sich der Claus von vor 2 Jahren darüber wundern, dass er gerade im damaligen dortigen "Jetzt" lebt...

Es ist ein bisschen so, wie in der "Viele-Welten-Theorie", dergemäß die eine Möglichkeit, die ich als faktisch werdend beobachte, deswegen keine ausgezeichnete Möglichkeit ist, weil alle anderen Möglichkeiten ebenso (nur eben in einer anderen "Welt") faktisch werden.

1 Das Zitat aus Beitrag Nr. 2199-9 stellt ja ein Votum für die Existenz der Zeit dar, obwohl es bereits in Teil 1 des Buchs (welcher ja eigentlich zunächst Argumente gegen deren Existenz sammeln will) auftaucht. Umsomehr würde es mich wundern, wenn die im Zitat behauptete "Auszeichnung eines bestimmten Zeitpunkts" im Teil 2 des Buchs (welcher ja Argumente für die Existenz der Zeit bringen will) wieder entkräftet würde.
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Beiträge: 587, Mitglied seit 16 Jahren
Hi Dade, viel Spaß im Forum, nun eine vortreffliche Aussage, Zeit selbst ist kein „physikalisches Objekt“, da bi ich ganz bei dir, denn Zeit als „physikalisches Objekt“ nur für sich betrachtet, lässt sich nicht untersuchen.

An Harti gerichtet, bei diesem Satz von dir, ging ein ganz breites Grinsen über mein Gesicht: "Uhren sind zur Zeitmessung besonders gut geeignet."
Na dann viel Erfolg beim Messer - mittels einer Uhr - des "physikalischen Objektes" der Zeit. Auf (d)ein Ergebnis bin ich schon sehr, sehr gespannt.

Und ich steigere mich sogar zu der provokanten Aussage, eine Teil der dir bisher Antwortenden hat deine Frage nicht einmal im Ansatz verstanden, denn warum sonst, kommt von ihnen als Antwort, eine Gegenfrage!?

Und wenn sich die Existenz der Zeit nicht beweisen lässt, dann ist das Nichterbringen eines Beweises, der indirekte Beweis, ihrer Nichtexistenz als "physikalisches Objekt."
So einfach, meiner Meinung nach.

„Ich kenne keinen.“ schreibst du, ich kenne auch keinen darf ich dir versichern und daran wird sich vermutlich auch NIE etwas ändern.

Mit dieser Position bist du nicht allein.
Mit einem schönen Gruß von Quante.
Signatur:
Zur Bedingung des Raum und der Zeit gehört ganz unbedingt ,die absolute Bedingungslosigkeit von Raum und Zeit. Werden Raum und Zeit an Bedingungen geknüpft sind sie endlich, mit einem Beginn und einem Ende.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Quante am 16.03.2015 um 06:08 Uhr.
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Beiträge: 1.233, Mitglied seit 10 Jahren
Quante schrieb in Beitrag Nr. 2199-12:
Hi Dade, viel Spaß im Forum, nun eine vortreffliche Aussage, Zeit selbst ist kein „physikalisches Objekt“, da bi ich ganz bei dir, denn Zeit als „physikalisches Objekt“ nur für sich betrachtet, lässt sich nicht untersuchen.

An Harti gerichtet, bei diesem Satz von dir, ging ein ganz breites Grinsen über mein Gesicht: "Uhren sind zur Zeitmessung besonders gut geeignet."
Na dann viel Erfolg beim Messer - mittels einer Uhr - des "physikalischen Objektes" der Zeit. Auf (d)ein Ergebnis bin ich schon sehr, sehr gespannt.

Moin, moin Quante,
wie mißt Du eine Entfernung (oder gar eine Dimension) im Raum? Mittels eine Lineals? Na dann viel Erfolg beim Messen.
Warum sollte der Raum ein physikalisches Objekt sein und die Zeit nicht?
Beides sind nur Relativwerte - in der Relativitätstheorie.
Otto
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Beitrag zuletzt bearbeitet von Otto am 16.03.2015 um 07:34 Uhr.
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Hallo Quante,
Quante schrieb in Beitrag Nr. 2199-12:
An Harti gerichtet, bei diesem Satz von dir, ging ein ganz breites Grinsen über mein Gesicht: "Uhren sind zur Zeitmessung besonders gut geeignet."
Na dann viel Erfolg beim Messer - mittels einer Uhr - des "physikalischen Objektes" der Zeit. Auf (d)ein Ergebnis bin ich schon sehr, sehr gespannt.

Ob man unsere Vorstellung von Zeit als "physikalisches Objekt" bezeichnen kann, erscheint mir zweifelhaft. Ich sehe allerdings Deine Bedenken gegen die Messung von Zeit nicht.

Ganz früher in der Schule habe ich mal gelernt. Messen heißt Vergleichen. Wenn ich Zeit als unsere Vorstellung von Dauer eines Vorgangs auffasse, warum soll ich dann die Dauer eines Vorgangs nicht mit der Dauer eines anderen Vorgangs vergleichen können ? Wenn ich dann einen der beiden Vorgänge normiere, indem ich ihn mit Einheiten (Jahr, Monat, Tag, Stunde, Minute, Sekunde) versehe, messe ich den nichtnormierten Vorgang. Z.B. messe ich meine Lebensdauer mit 70 Jahren (periodischer Umlauf der Erde um die Sonne). Je größer die Anzahl der periodischen Vorgänge pro Einheit und je stabiler die Perioden, umso präziser ist die Messung.
Ich denke, auch wenn man unsere Vorstellung von Zeit mit einem Computerprogramm unseres Gehirns vergleicht, ist eine Messung vorstellbar; denn auch Computerprogramme sind in festgelegten Einheiten meßbar.

MfG
Harti
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Claus schrieb in Beitrag Nr. 2199-11:
Ich habe mir angesichts der Vorstellung eines Blockuniversums auch schon Gedanken darüber gemacht (bzw. war erstaut darüber), dass ich doch in diesem "Jetzt" lebe und nicht gestern und auch nicht morgen. Das - so dachte ich - erklärt das Blockmodell offensichtlich nicht. Bis ich mir klar machte, dass es im Blockmodell eben nicht nur ein "ich" gibt, sondern viele. Zu jedem Zeitpunkt eines. Und so wie "ich" mich darüber wundere, dass ich gerade heute in diesem Jetzt lebe, mag sich der Claus von vor 2 Jahren darüber wundern, dass er gerade im damaligen dortigen "Jetzt" lebt...

Hallo Claus,
Ja, Claus, die Frage hat mich auch bewegt. Ich habe sie letztendlich für mich so beantwortet, daß Otto oder Claus einer ständigen Zustandsänderung in der Zeit unterliegen und daß externe Beobachter nicht verschiedene Ichs sehen, sondern verschiedene Zustände dieses Ichs.
Hier ergibt es natürlich die Frage, auf welche physikalische Weise das Ich seinen vergangenen Zustand mit dem gegenwärtigen Augenblickszustand vergleicht und somit eine Zustandsänderung überhaupt erkennt. Darauf möchte ich hier nicht näher eingehen, um nicht vom Thema abzuschweifen. Aber ich habe einige (unausgereifte) Ideen dazu, die diesen Vorgang als Funktion der Zeit erklären würden.
Claus und Otto und alle anderen Lebewesen auf der Welt sind Kopien ähnlicher Objekte/Subjekte aus der Vergangenheit, die auf der Grundlage gleicher Gesetze als komplexe Gebilde entstanden waren, aber auch Modifikationen unterworfen wurden. Damit ist jedes Lebewesen für sich ein einzigartiges Ich.

In der RT hängen Gleichzeitigkeit, Vergangenheit und Zukunft von der Entfernung bzw. Relativgeschwindigkeit eines Beobachters zu einem Ereignis ab. Damit setzt die RT die Existenz des Raumes als notwendige Bedingung voraus. In der RT ist die Größe eines Objektes universal konstant, während die Zeit relativ ist. Außerdem gibt es in diesem vorausgesetzten Raum keine bevorzugten Richtungen.
Ein Mangel der RT ist, daß sie den Beginn des Universums mit einem Urknall nicht erklären kann. Dieses Manko weist darauf hin, daß die RT nicht alle Erscheinungen des Universums erklären kann und einer Modifizierung oder Ergänzung bedarf.
Eine der Theorien, die versucht, diesen Mangel zu beheben, ist die Formdynamik (shape dynamics). Diese Theorie ersetzt die Relativität der Zeit durch die Relativität der Größe, wobei die Form unverändert bleibt. In dieser Theorie zeigt sich ein universaler Begriff der Zeit. Diese Theorie schließt die RT mit ein. Sie ist kein gegensätzlicher Entwurf zur RT, die eigentlich eine universal gültige Zeit des Universums ausschließt. Zeit und Größe werden in dieser Theorie als duale Eigenschaften begriffen - analog der Welle-Masse-Beziehung.
Die universale Zeit läßt sich lokal nicht messen, außer man findet den bevorzugten Punkt im Raum, der im Universum einen Ruhezustand darstellt. Dieser Punkt ist dadurch gekennzeichnet, daß die Temperatur in allen Himmelsrichtungen konstant ist (kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung).

Aber ich möchte noch einmal betonen, daß es nur eine Theorie ist, die der Verifizierung bedarf.
Dies scheint mir jedoch ein erfolgversprechender Ansatz zu sein.
Das Akzeptieren der Wirklichkeit der Zeit als Ausdruck einer Zustandsänderung ist nach meiner Meinung in erster Linie ein psychologisches Hemmnis. Hier stimme ich mit Lee Smolin völlig überein. Andere Ausführungen von ihm sehe ich kritischer und mit einer vorsichtigen Distanz.
Seine Ausführungen zu thermodynamischen und nicht-thermodynamischen Zustandsänderungen, die mit einem Zeitpfeil verbunden sind, halte ich für außerordentlich bemerkenswert.
Signatur:
Traue nie Deinen Sinnen.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Otto am 16.03.2015 um 21:30 Uhr.
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Otto schrieb in Beitrag Nr. 2199-15:
Claus schrieb in Beitrag Nr. 2199-11:
Ich habe mir angesichts der Vorstellung eines Blockuniversums auch schon Gedanken darüber gemacht (bzw. war erstaut darüber), dass ich doch in diesem "Jetzt" lebe und nicht gestern und auch nicht morgen. Das - so dachte ich - erklärt das Blockmodell offensichtlich nicht. Bis ich mir klar machte, dass es im Blockmodell eben nicht nur ein "ich" gibt, sondern viele. Zu jedem Zeitpunkt eines. Und so wie "ich" mich darüber wundere, dass ich gerade heute in diesem Jetzt lebe, mag sich der Claus von vor 2 Jahren darüber wundern, dass er gerade im damaligen dortigen "Jetzt" lebt...

Hallo Claus,
Ja, Claus, die Frage hat mich auch bewegt. Ich habe sie letztendlich für mich so beantwortet, daß Otto oder Claus einer ständigen Zustandsänderung in der Zeit unterliegen und daß externe Beobachter nicht verschiedene Ichs sehen, sondern verschiedene Zustände dieses Ichs.
Hier ergibt es natürlich die Frage, auf welche physikalische Weise das Ich seinen vergangenen Zustand mit dem gegenwärtigen Augenblickszustand vergleicht und somit eine Zustandsänderung überhaupt erkennt. Darauf möchte ich hier nicht näher eingehen, um nicht vom Thema abzuschweifen. Aber ich habe einige (unausgereifte) Ideen dazu, die diesen Vorgang als Funktion der Zeit erklären würden.
Claus und Otto und alle anderen Lebewesen auf der Welt sind Kopien ähnlicher Objekte/Subjekte aus der Vergangenheit, die auf der Grundlage gleicher Gesetze als komplexe Gebilde entstanden waren, aber auch Modifikationen unterworfen wurden. Damit ist jedes Lebewesen für sich ein einzigartiges Ich.

In der RT hängen Gleichzeitigkeit, Vergangenheit und Zukunft von der Entfernung bzw. Relativgeschwindigkeit eines Beobachters zu einem Ereignis ab. Damit setzt die RT die Existenz des Raumes als notwendige Bedingung voraus. In der RT ist die Größe eines Objektes universal konstant, während die Zeit relativ ist. Außerdem gibt es in diesem vorausgesetzten Raum keine bevorzugten Richtungen.
Ein Mangel der RT ist, daß sie den Beginn des Universums mit einem Urknall nicht erklären kann. Dieses Manko weist darauf hin, daß die RT nicht alle Erscheinungen des Universums erklären kann und einer Modifizierung oder Ergänzung bedarf.
Eine der Theorien, die versucht, diesen Mangel zu beheben, ist die Formdynamik (shape dynamics). Diese Theorie ersetzt die Relativität der Zeit durch die Relativität der Größe, wobei die Form unverändert bleibt. In dieser Theorie zeigt sich ein universaler Begriff der Zeit. Diese Theorie schließt die RT mit ein. Sie ist kein gegensätzlicher Entwurf zur RT, die eigentlich eine universal gültige Zeit des Universums ausschließt. Zeit und Größe werden in dieser Theorie als duale Eigenschaften begriffen - analog der Welle-Masse-Beziehung.
Die universale Zeit läßt sich lokal nicht messen, außer man findet den bevorzugten Punkt im Raum, der im Universum einen Ruhezustand darstellt. Dieser Punkt ist dadurch gekennzeichnet, daß die Temperatur in allen Himmelsrichtungen konstant ist (kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung).

Aber ich möchte noch einmal betonen, daß es nur eine Theorie ist, die der Verifizierung bedarf.
Dies scheint mir jedoch ein erfolgversprechender Ansatz zu sein.
Das Akzeptieren der Wirklichkeit der Zeit als Ausdruck einer Zustandsänderung ist nach meiner Meinung in erster Linie ein psychologisches Hemmnis. Hier stimme ich mit Lee Smolin völlig überein. Andere Ausführungen von ihm sehe ich kritischer und mit einer vorsichtigen Distanz.
Seine Ausführungen zu thermodynamischen und nicht-thermodynamischen Zustandsänderungen, die mit einem Zeitpfeil verbunden sind, halte ich für außerordentlich bemerkenswert.

wenn wir der kausalität folgen, gibt es nur eine fortentwicklung und die anderen erscheinungsformen können nicht sein- weil verändert oder nicht in die richtung entwickelt, also nicht existent.
Signatur:
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Beitrag zuletzt bearbeitet von Wrentzsch am 24.03.2015 um 14:28 Uhr.
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Claus schrieb in Beitrag Nr. 2199-9:
Hallo Otto,

Smolin meint in seinem Buch1,2 auf S.77:

Zitat von Lee Smolin:
Es gibt einen einfachen Grund dafür dass kein mathematischer Gegenstand je eine vollständige Geschichte des Universums liefern wird, nämlich den, dass das Universum eine Eigenschaft besitzt, die keine mathematische Darstellung von ihm haben kann. Hier in der wirklichen Welt ist immer eine bestimmte Zeit, ein bestimmter gegenwärtiger Augenblick.

Diese Behauptung ist m.E. wegen der Begriffe "Hier" und "immer" in Frage zu stellen: Ist das "jetzige Hier" dasselbe wie das gestrige? Das ist m.E. nicht so. Ist das gegenwärtige "immer" ein immer gleiches? Ich meine auch hier: nein. Aus dem Blick des Blockuniversums ist das gegenwärtige "Jetzt" kein ausgezeiKchneter Zeitpunkt. Das gestrige "Jetzt" ist genauso wirklich, wie das heutige oder morgige.

1 Lee Smolin, Im Universum der Zeit, Deutsche Verlags Anstalt, 2. Auflage 2014
2 habe mir obiges von dir in Beitrag Nr. 968-199 empfohlene Buch in der Bibliothek geliehen und lese es gerade


Hallo, Claus, Otto!

Der springende Punkt in Smolins Argument ist doch - nach meiner Ansicht - folgendes: Das hier und jetzt durch ein "Ich" beobachtete Ereignis ist ein mit der Zeit sich veränderndes "hier und jetzt", also das, was ein "Ich" als Beobachter erfährt, weil er lebt, während der mathematische Gegenstand ein für immer außerhalb der Zeit festgefrorenes "etwas" ist. Das mathematische "Jetzt" ist in diesem Sinne zeitlos.

Das Blockuniversum ist - ebenfalls nach meiner Auffassung - deshalb eben dieses Blockuniversum als Folge der Nichtgleichzeitigkeit laut SRT, weil VERSCHIEDENE Beobachter zu unterschiedlichen Ergebnissen bzgl. des Zeitpunktes für ein Ereignis kommen. Ich meine Folgendedes: Gegenwart ist für den Beobachter immer das, was er JETZT registriert und Vergangenheit immer das, was ER registriert hat bzw. Zukunft, was ER registrieren wird. SEINE Gegenwart ist aber die Vergangenheit eines entfernten Beobachters bzw. die Zukunft eines entfernten Beobachters.

Als Beispiel: Eine Geburtstagsfeier auf einem Planeten des Sirius findet statt und ist Gegenwart für die Teilnehmer an der Feier und danach deren Vergangenheit. Zu MEINER Gegenwart wird die Feier, wenn das Licht mit der Info darüber bei mir ankommt. Ein Beobachter in der Andromeda wird die Information aber erst in zweieinhalb Millionen erhalten, SEINE Gegenwart ist meine und der Siriusbewohner Vergangenheit. Wenn die Zeit tatsächlich Real ist, aber die Entscheidung darüber, was "Jetzt " ist vom jeweiligen Beobachter abhängt, und alle Zeipunkte gleichberechtigt sind, können im Universum als Gesamtheit Ereignisse nicht "verschwunden" sein, sie müssen in dem, was wir "Blockuniversum " nennen, auf ewig "gegenwärtig " sein. Das sich daraus ernste Probleme z. B. mit der Willensfreiheit ergeben, leuchtet sicher ein.
Signatur:
Das Leben ist zu ernst, um es nur ernst zu nehmen.
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Claus (Moderator)
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Hallo Henry-Dochwieder,

Henry-Dochwieder schrieb in Beitrag Nr. 2199-17:
Der springende Punkt in Smolins Argument ist doch - nach meiner Ansicht - folgendes: Das hier und jetzt durch ein "Ich" beobachtete Ereignis ist ein mit der Zeit sich veränderndes "hier und jetzt", also das, was ein "Ich" als Beobachter erfährt, weil er lebt, während der mathematische Gegenstand ein für immer außerhalb der Zeit festgefrorenes "etwas" ist. Das mathematische "Jetzt" ist in diesem Sinne zeitlos.

Genau das meinte ich. Smolin spricht von der "Besonderheit" des Hier und Jetzt, weil ich es eben gerade jetzt erlebe. Diese Eigenschaft sei (Zitat): "... in keiner mathematischen Abbildung enthalten."

Ich meine jedoch, dass dies sehr wohl in der mathematischen Abbildung enthalten ist. Eben weil es nicht nur ein "Hier und Jetzt", sondern unendlich viele "Hiere, Jetzte und Iche" gibt - und weil das eine, welches ich hier und jetzt erlebe, deshalb kein ausgezeichnetes ist.

Zitat von Henry-Dochwieder:
Wenn die Zeit tatsächlich Real ist, aber die Entscheidung darüber, was "Jetzt " ist vom jeweiligen Beobachter abhängt, und alle Zeipunkte gleichberechtigt sind, können im Universum als Gesamtheit Ereignisse nicht "verschwunden" sein, sie müssen in dem, was wir "Blockuniversum " nennen, auf ewig "gegenwärtig " sein. Das sich daraus ernste Probleme z. B. mit der Willensfreiheit ergeben, leuchtet sicher ein.

Das erinnert mich an meine Gedanken in Beitrag Nr. 827-116 (siehe dort den letzten Satz des Beitrags).

Ich meine jedoch, dass die Probleme mit der Willensfreiheit deswegen nicht so "ernst" sind, wie du annimmst. Entscheidend ist, dass ein im Rahmen des Blockmodells raumzeitlich "seiendes" Objekt seine eigene Form mitbestimmt. Letzteres könnte auch in der Vorstellung des Blockmodells realisiert sein. Als "zeitliche" Wesen würden wir eine solche Beteiligung an der Gestalt als freies Handeln empfinden.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Claus am 28.03.2015 um 10:09 Uhr.
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Hallo Henry-Dochwieder, hallo Claus,
Ich hatte das Buch von Lee Smolin bisher überflogen, um einen Gesamteindruck zu bekommen.
Anschließend habe ich noch einmal mit mehr Ruhe gelesen, da die Dichte der Informationen auf einigen Seiten doch sehr hoch ist. Mit dem Buch bin ich noch nicht zu Ende, aber fast.
Die Ausführungen von Lee Smolin haben meine Auffassungen zum Blockuniversum und von Zeitlosigkeit von mathematischen Gegenständen verändert.
Ich meine damit nicht, daß ich meine bisherigen Auffassungen als falsch betrachte. Ich sehe sie nur in einem neuen Licht.

Unter dem Blockuniversum verstand ich die Wirklichkeit als ganze Geschichte auf einmal, mit kausalen Beziehungen, aber ohne Zeit (da Zeit als Dimension aufgefaßt wird). Das Erleben des Augenblicks (des Jetzt) verstand und verstehe ich auch immer noch als einen Moment, der alle Gedächtnisinhalte impliziert. Für mich bedeutet das, daß mein Ich und mein augenblickliches Jetzt einmalig sind.
Die Zukunft ist in diesem Blockuniversum (für mich) nur begrenzt enthalten. In meine persönliche Zukunft kann kein anderer Beobachter schauen. Der Beobachter könnte nur zwei verschiedene Ereignisse in einer anderen Reihenfolge beobachten als ein anderer Beobachter.1) Aber das ist auch alles. (Außerdem funktioniert es nur, wenn ich Licht oder andere Signale überhaupt abstrahle, die den Beobachter erreichen. Ansonsten existier ich nicht für ihn.)
Deshalb sind Henry, Claus und Otto einmalige Subjekte.2)
Nebenbei: Die mehrfache Existenz hätte auch moralische Aspekte, die für mich nicht akzeptabel wären: Warum sollte ich mich für die Folgen meiner Entscheidungen interessieren, wenn Versionen meiner selbst in anderen Regionen des unendlichen Universums Entscheidungen für mich heute treffen.
Wenn die Zukunft vorbestimmt und bereits festgelegt wäre, würden wir in einem toten Universum leben. So ist das Universum aber nicht. Es entwickelt sich zu immer höherer Komplexität in Teilen des Universums. Eine Entwicklung ist für mich eine Zustandsänderung. Zustandsänderung verstehe ich als Ausdruck von fundamentaler Wirklichkeit von Zeit. Der Gradient der Zustandsänderung ist wiederum eine relative Größe, aber nur so lange, wie keine kosmische Weltzeit existiert.
Leibnitz ging davon aus, daß absolute Zeit keinerlei Bedeutung hat. Lee Smolin zieht das in Zweifel und begründet in seinem Buch die vermutliche Existenz einer kosmischen Weltzeit und welche Merkmale sie haben müßte.

Zu meinem Verständnis der Zeitlosigkeit des Blockuniversums:
Mathematische Gegenstände (Gleichungen, Diagramme, ...) widerstehen Manipulationen und unserer Einbildung. Deshalb werden sie als Theoreme aufgefaßt, die außerhalb der Zeit und unseres Bewußtseins liegen.
Einstein: "Eine Gleichung ist etwas für die Ewigkeit." Programme werden nur als logische Regeln betrachtet, die den Input als Output neu anordnen. Zwischen Vergangenheit und Zukunft gibt es keine inhaltlichen Unterschiede, sondern nur eine logische Umordnung. Deshalb gibt es in diesem Sinne auch keinen Augenblick.
Dazu hat sich meine Meinung bisher nicht geändert, auch nicht zur Unumkehrbarkeit einiger Zustandsänderungen.
Diese Auffassung ist jedoch nur für isolierte Systeme richtig, nicht für offene Systeme.
Außerdem würden zeitlose Gesetze das relationale Prinzip verletzen, daß nichts im Universum wirkt, ohne daß es selbst empfängt.
Die Zeitlosigkeit des Blockuniversums würde asymmetrischen Anfangsbedingungen des Universums nicht erklären.

Ergänzung für alle diejenigen im Forum, die das Buch nicht kennen:
Lee Smolin beschreibt drei Prinzipien, die das Universum charakterisieren (Seite 305), bzw. von denen das Universum in seiner zeitlichen Entwicklung angetrieben wird.
- Das Universum unterliegt einer Selbstorganisation, die vom augenblicklichen Ist-Zustand ausgeht und in vielen Untersystemen wirkt (von Molekülen bis zu Galaxien), gekennzeichnet von einer zunehmenden Komplexität dieser Systeme.
- Motor der Selbstorganisation sind sowohl Sterne mit ihren abgestrahlten Photonen, als auch die Gravitation mit ihrer anti-thermodynamischen Eigenschaft.
- Galaxien und Cluster können nur entstehen, wenn die Anfangsbedingungen beim Urknall asymmetrisch waren.

Gruß, Otto.
1) Wie bekannt, bestimmt durch eine "Totzeit" Δs/c und den Relativgeschwindigkeitswert v/c mit c als maximalen Grenzwert. Der maximale Grenzwert c, die Lichtgeschwindigkeit, hängt von der Zahl der Dimensionen ab. Der Wert ist umso größer, je höher die Anzahl der Dimension des Raumes ist.
2) Zur Erinnerung: Auch wenn eine Uhr zwei Mal am Tag 12 Uhr anzeigt, bedeutet das nicht, daß wir in diesem Moment die gleiche Uhrzeit haben. Sowohl Ort als auch Zeit sind in diesen Augenblicken verschieden. Auch ich bin in zu diesen Uhrzeiten verschieden in meinem Zustand, aber als Individuum in der Zeitspanne zwischen Tod und Leben das gleiche Individuum, das gleiche komplexe aus selbst regulierenden Einheiten bestehende System.
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Beitrag zuletzt bearbeitet von Otto am 29.03.2015 um 05:36 Uhr.
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Hallo, Claus, Otto!

Claus, die Besonderheiten des individuellen "Hier und Jetzt" sind es ja, die sich der Darstellung durch die Physik (Mathematik) entziehen. Ich bin hierin ganz einer Meinung mit Einstein, wie er von Smolin zitiert wird, sinngemäß sieht Einstein ein ernsthaftes Problem im "Erleben des Jetzt", weil dieses "Jetzt" dem Menschen etwas bedeutet, und das sich damit von Vergangenheit und Zukunft wesentlich unterscheidet. Die Naturwissenschaft kann Erfahrung und Bedeutung nicht erfassen, es ist aber Erfahrung, die das "Ich" als Vergangenheit kennt, und diese Erfahrung ist stets "Jetzt" im "Ich" present, es bedeutet dem "Ich" im "Jetzt" etwas.

Neben dem moralischen Problem, das Otto anspricht, halte ich für entscheidender, wie denn letztlich getrennte "Ichs" überhaupt etwas übereinander wissen können? Wie weiß ich davon, was all die "Ichs" bereits erfahren haben? Das ließe sich durch die Annahme einer kontinuierlichen Zeit vermeiden, so ist ja auch die SRT konzipiert, sie ist nicht im Sinne der Quantenpyhsik in "Pakete" aufgeteilt, aber wir kommen nicht darum herum, die Relativitätstheorie als vorläufig anzunehmen, wir kommen um eine Vereinigung von Relativitätstheorie und Quantenmechanik nicht herum. Davon aber abgesehen ist die Erfahrung all der "Ichs" ein psychologisches Problem und kein physikalisches und unterliegt in diesem Sinne nicht den Naturgesetzen (wie dir jeder Traum beweisen kann!).

Ich weiß ja, dass du, Claus, die messbaren Prozesse in der Welt der Mathematik so zu sagen nachordnest. Und natürlich weißt du, dass ich das ganz anders sehe. Ich sehe kein "Reich der Ideen" in Sinne Platons, ich sehe, dass sich Ordnung in den Prozessen selbst schafft, es gibt keine Gesetzmäßigkeiten "vor" dem Entstehen des Universums, was der Fall sein müsste, wenn sich das Universum nach irgendwelchen - und seien es "Naturgesetze" - Vorgaben richten sollte. Gesetze in diesem Sinne wären "ideell", ich denke aber, sie haben sich erst als Folge der Entwicklung des Universums herausgebildet. Deshalb kann die Mathematik zwar die physikalischen Vorgänge in der Welt beschreiben, aber sie ist keine Vorgabe für dies Vorgänge.

Ich kann dir zustimmen, dass ein "Ich" Freiheit "empfinden würde", wie du schreibst - aber für mich ist es ein Unterschied, ob ich Freiheit nur empfinde, oder ob ich tatsächlich frei bin.

Vielleicht noch ein Wort zur möglichen Manipulation mathematischer Objekt, die du, Otto, anführst. Gerade die Möglichkeit der Manipulation hebt die mathematischen Objekte aus der Zeit heraus. Wenn die Zeit "wirklich" in der Welt wirkt, ist sie ein den Prozessen der Welt innewohnendes Etwas. Ein mathematisches Objekt muss aber vom Physiker auf einen bestimmten Anfangszustand gesetzt werden, und die Entwicklung des mathematischen Objektes ist von diesem aus der Zeit herausgegriffenen Anfangszustand abhängig. Außerdem ist ein "mathematisches Objekt" per se eine Abstraktion und somit nicht "Teil der physikalischen Wirklichkeit". Die Mathematik kann beschreiben, aber nicht erschaffen.

Noch ein leicht selbstironisches Zitat von Einstein: Seit die Mathematiker sich auf die Relativitätstheorie geworfen haben, verstehe ich sie selbst nicht mehr!
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Das Leben ist zu ernst, um es nur ernst zu nehmen.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Henry-Dochwieder am 30.03.2015 um 13:52 Uhr.
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