Willkommen in Manus Zeitforum
InformationenAnmelden Registrieren

Erweiterte Suche

Wo Wittgenstein, Everett — und auch Zeilinger — zu ungenau waren

Thema erstellt von Grtgrt 
Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
 
Anton Zeilingers Buch "Einsteins Schleier" endet mit folgendem Argument (hier gekürzt wiedergegeben):

    Ludwig Wittgenstein beginnt seinen berühmten Tractatus Logico Philosophicus mit der Aussage:
     
    Zitat von Wittgenstein:
     
    Die Welt ist alles, was der Fall ist.
     
      Nun kann man aber in der Quantenmechanik nicht nur Aussagen darüber treffen, was der Fall ist, sondern auch Aussagen darüber, was der Fall sein kann, genauer: was der Fall sein könnte. Selbstverständlich sind diese Aussagen auch Teil der Welt.
        Daher ist die Welt mehr, als was Wittgenstein meint, und so beendet Zeilinger sein Buch mit der Wittgenstein korrigierenden Aussage:  
         
        Zitat von Zeilinger:
         
        Die Welt ist alles, was der Fall ist, und auch alles, was der Fall sein kann.

      Damit aber — so lese ich das — sagt Zeilinger schon fast dasselbe wie Hugh Everett III mit seiner Viele-Welten-Theorie.

      Beide schießen damit weit übers Ziel hinaus, denn es gilt ja ganz offensichtlich:


        Die Welt besteht aus Vergangenheit, Gegenwart, und Varianten möglicher Zukunft.
        • ein Teil der Gegenwart zu weiterer Vergangenheit wird,
        • ein winziger Teil der möglichen Zukunft — eine unter mehrereren Alternativen — diesen Teil der Gegenwart ersetzt,
        • und die Varianten möglicher Zukunft sofort entsprechend neu konzipiert sind.


      Nach Everett wäre die Welt einem Baum vergleichbar, bei dem aus jeder Knospe schließlich ein Ast wird. Tatsächlich aber ist unsere Welt einem Baum vergleichbar, bei dem ein Gärtner dafür sorgt, dass nur einem ganz kleinen Teil aller möglichen Zweige und Äste gestattet wird, tatsächlich Wirklichkeit zu werden: Vergangenheit und Gegenwart sind genau eine, sich ständig erweiternde Version des Baumes, alles sonst ist nur sich ständig neu definierende  P o t e n t i a  (im Sinne Heisenbergs).

      Man sollte sich darüber klar sein, dass der Teil unserer Welt, der aus Zukunftskonzeption besteht, vergleichsweise klein ist: Er besteht nur aus dem Überlagerungszustand, den die Gegenwart kennt, d.h. aus dem Wissen, das die eben gültige Wellenfunktion unseres Universum darstellt (wenn wir es als Quantensystem betrachten). Wir alle wissen, wie schnell dieses Wissen veraltet. Es beschreibt letzlich nur  v o r h e r s e h b a r e  Alternativen unmittelbar bevorstehender Zukunft.


      Gebhard Greiter (grtgrt)


      PS: Das Bild von den » Varianten möglicher Zukunft «, die durch Elementarereignisse real, obsolet, und fortgeschrieben werden, scheint mir klarer und hilfreicher als die ent­sprechenden Bilder von Niels Bohr und C.F. v. Weizsäcker, die Thomas Görnitz auf Seite 117 seines Buches "Die Evolution des Geistigen" so charakterisiert:


      Zitat von Görnitz:
       
      Bohr hatte vollkommen zutreffend erkannt, dass die Quantentheorie kein Entstehen von Fakten — und somit auch kein Messergebnis — beschreiben kann. Das macht aus seiner Sicht die Beteiligung eines klassischen Systems am Messvorgang zwingend erforderlich. Da wir Menschen uns normalerweise als faktisch existent erleben, wählte Bohr den "Beobachter" als das klassische System, das die Fakten erzeugen kann.

      Die Quantenmöglichkeiten werden als  m ö g l i c h e s  W i s s e n  verstanden, und beim Erwerb von neuem Wissen [ der mögliches Wissen zu faktischem Wissen macht, ] ändert sich das vorherige Wissen sofort.

      Zitat von Görnitz:
       
      Weizsäcker betonte die Quantentheorie als Theorie  m ö g l i c h e n  Wissens, das durch eine Kenntnisnahme (Messung) sofort verändert wird.


      Zitat von Gebhard Greiter:
       
      Neben Beobachter und Messung stets auch den Begriff Elementarereignis parat zu haben, macht es leicht, durch Menschen wahrnehmbare Objekte ganz klar als das zu erkennen, was sie sind: eine Art Film:

      Physikalische Objekte existieren nicht in klassischer Form — sie  z e i g e n  sich nur in dieser Form (dann nämlich, wenn ein Elementarereignis passiert und zur Folge hat, dass aus dem Objekt Quanten in seine Umgebung entkommen. Sie sind es, was wir sehen bzw. registrieren, und so den Eindruck gewinnen, das Objekt selbst sei sichtbar und würde klassisch existieren).

      Die Tatsache, dass pro Sekunde wahnsinnig viele solche Ereignisse passieren, suggeriert uns den Eindruck eines stehenden "Bildes" (eben ganz so, wie wir ja z.B. auch das durch eine gute Fernsehkamera erzeugte Bild eines sich gerade NICHT bewegenden Gegenstandes als stehend empfinden, obgleich doch in Wirklichkeit all die Pixel, aus denen es sich zusammensetzt, pro Sekunde öfters neu geschrieben werden als unsere Augen noch unterscheiden können).
       

       
      Beitrag zuletzt bearbeitet von Grtgrt am 04.02.2013 um 11:45 Uhr.
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 1.128, Mitglied seit 13 Jahren
      Ich hätte es anders formuliert.
      Alles was möglich ist findet im großen Labor Universum statt.
      Es ist herauszufinden was kausal möglich und unmöglich ist.
      Signatur:
      1=(h/s³)*(h/t) und 1/cc>0
      Beitrag zuletzt bearbeitet von Wrentzsch am 22.01.2013 um 12:27 Uhr.
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 2.998, Mitglied seit 15 Jahren
      Grtgrt schrieb in Beitrag Nr. 1992-1:
        Die Welt besteht aus Vergangenheit, Gegenwart, und Varianten möglicher Zukunft.
      Ich wage zu behaupten: es gibt nur eine Zukunft:
      Die Behauptung Varianten möglicher Zukunft ist ein Hirngespinst aus unseren Köpfen, weil wir nicht wissen, was als nächstes passiert.
      Diese Unwissenheit ändert aber nichts an der Einzigartigkeit der Zukunft.

      Ich nehme hier mal Schrödingers Katze zu hilfe.
      Die Katze in der Kiste ist tot, oder sie lebt.
      Wenn sie zum Zeitpunkt tx ihr Leben aushaucht, so ist dies ein Teil des Zeitablaufes. Es gibt nur Strahlungsquant oder kein Strahlungsquant
      Die Tatsache, dass die Kiste zu ist, und wir den Zustand der Katze nicht erkennen können, ändert nichts an deren zeitlichem Verlauf.
      Das Quantenereignis hat stattgefunden oder nicht stattgefunden, daran ändert sich nichts, egal ob die Kiste offen oder zu ist.
      Die Katze hat somit nur eine Zukunft, tot oder lebendig, beides, also mehrere Variationen, sind nicht möglich.
      Signatur:
      Wer jung ist, meint, er müsste die Welt retten :smiley8:
      Der Erfahrene erkennt, dass er nicht alle Probleme lösen kann
      :smiley3:
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
       
      Hans-m schrieb in Beitrag Nr. 1992-3:
      Grtgrt schrieb in Beitrag Nr. 1992-1:
        Die Welt besteht aus Vergangenheit, Gegenwart, und Varianten möglicher Zukunft.
      Ich wage zu behaupten: es gibt nur eine Zukunft:
      Die Behauptung Varianten möglicher Zukunft ist ein Hirngespinst aus unseren Köpfen, weil wir nicht wissen, was als nächstes passiert.
      Diese Unwissenheit ändert aber nichts an der Einzigartigkeit der Zukunft.

      Hi Hans,

      es gibt nur eine Zukunft, die real wird. Bis dahin aber regiert der Überlagerungszustand, und der besteht aus ebenso vielen Plänen für die Zukunft, wie er bei seinem Zusammenbruch zu verschiedenen Werten einer jeweils betrachteten Messgröße führen könnte.

      Bitte lies noch mal nach: Ich wies gegen Ende von 1992-1 klar darauf hin, dass die Varianten möglicher Zukunft  P o t e n t i a   (im Sinne Heisenbergs) sind, also noch
      n i c h t  Realität. Real ist nur, was in der Gegenwart existiert. Und nur was Vergangenheit ist, war einmal real.

      Gruß, grtgrt
       
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
      Hans-m schrieb in Beitrag Nr. 1992-3:
      Das Quantenereignis hat stattgefunden oder nicht stattgefunden,

      Die Quantentheorie bestreitet dies und alle diesbezüglichen Experimente bestätigen die Quantentheorie. Letztes Schlupfloch wäre die Bohmsche Theorie der Führungswellen.
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 1.128, Mitglied seit 13 Jahren
      Wenn ich die Ameise verschone oder ertrete, das ergibt nicht zwei Universen, denn der Tod einer Ameise kann nicht soviel Energie liefern um ein zweites Universum entstehen zu lassen.
      Es gibt nur eine Zeitlinie auf Basis der Veränderung der Vorgängerversion.
      Signatur:
      1=(h/s³)*(h/t) und 1/cc>0
      Beitrag zuletzt bearbeitet von Wrentzsch am 22.01.2013 um 15:42 Uhr.
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
       
      Zara.t. schrieb in Beitrag Nr. 1992-5:
      Hans-m schrieb in Beitrag Nr. 1992-3:
      Das Quantenereignis hat stattgefunden oder nicht stattgefunden,

      Die Quantentheorie bestreitet dies und alle diesbezüglichen Experimente bestätigen die Quantentheorie. Letztes Schlupfloch wäre die Bohmsche Theorie der Führungswellen.

      Von welchem Quantenergeinis genau sprecht ihr beide denn hier?

      Solltet ihr damit das meinen, was als nächstes stattfinden wird, so gilt: Da unsere Welt keinerlei Information darüber bereitstellt, was für ein Quantenereignis als nächstes stattfinden wird, gibt es dieses Ereignis nicht — der Begriff "das nächste Quantenereignis" ist undefiniert, er macht keinen Sinn.

       
      Beitrag zuletzt bearbeitet von Grtgrt am 22.01.2013 um 15:51 Uhr.
      [Gäste dürfen nur lesen]
      avatar
      Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
      Hans-m schrieb in Beitrag Nr. 1992-3:
      Ich wage zu behaupten: es gibt nur eine Zukunft:
      Die Behauptung Varianten möglicher Zukunft ist ein Hirngespinst aus unseren Köpfen, weil wir nicht wissen, was als nächstes passiert.
      Diese Unwissenheit ändert aber nichts an der Einzigartigkeit der Zukunft.

      Hallo Hans-m,

      wir können nur hoffen, dass es überhaupt eine Zukunft gibt.
      Natürlich wissen wir nicht, was als nächstes passiert. Aber es ist viel schlimmer: Die Zukunft ist von Natur aus unbestimmt. Oder anders ausgedrückt: Die Zukunft ist offen.

      Das zukünftige Geschehen ist nur mit gewissen Wahrscheinlichkeiten vorhersagbar. Dies zeigt sich um so drastischer, wenn das quantale Geschehen betrachtet wird. Hier sind die Wahrscheinlichkeiten und die Zufälligkeiten in Form der Wellenfunktion die grundlegenden Prinzipien.

      Deshalb kann die Zukunft gar nicht einzigartig sein, in dem Sinne, dass zwingend nur eine einzige Zukunftsvariante möglich ist.

      M.f.G. Eugen Bauhof
      Signatur:
      Der Kluge lernt aus allem und von jedem,
      der Normale aus seinen Erfahrungen,
      und der Dumme weiß alles besser.
      Sokrates.
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 1.128, Mitglied seit 13 Jahren
      Das Ereignis wird stattfinden und das Ergebnis Basis weiterer Quantenereignisse sein.
      Niemand hat die Möglichkeit weitere Entwicklung zu verhindern.
      Signatur:
      1=(h/s³)*(h/t) und 1/cc>0
      Beitrag zuletzt bearbeitet von Wrentzsch am 22.01.2013 um 15:58 Uhr.
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 1.851, Mitglied seit 18 Jahren
      Grtgrt schrieb in Beitrag Nr. 1992-7:
      Von welchem Quantenergeinis genau sprecht ihr beide denn hier?

      echt gute Frage! Bevor die nicht beantwortet ist, ziehe ich meinen letzten Beitrag zurück.
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 1.128, Mitglied seit 13 Jahren
      Auch wenn der Ort des nächsten Quantenereignisses unbestimmt ist, so wird er geschehen und das dadurch veränderte Universum ist Vorzustand der nächsten Veränderung.
      Nichts Ungeschehenes wird Realität und Vorzustand weiterer Entwicklung.
      Dies gilt für alle Quantenereignisse.
      Signatur:
      1=(h/s³)*(h/t) und 1/cc>0
      Beitrag zuletzt bearbeitet von Wrentzsch am 22.01.2013 um 16:15 Uhr.
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 1.128, Mitglied seit 13 Jahren
      Doch Eugen Bauhof, nur diese eine Zukunft ist möglich, denn deine Einflussmöglichkeit ist begrenzt auf diesen kleinen Abschnitt des Universums.
      Der Mensch kann sich selbst und seinen Planeten zerstören aber auf das Ganze hat Er keinen Einfluss.
      Signatur:
      1=(h/s³)*(h/t) und 1/cc>0
      [Gäste dürfen nur lesen]
      Beiträge: 2.998, Mitglied seit 15 Jahren
      Grtgrt schrieb in Beitrag Nr. 1992-4:
      Hi Hans,

      es gibt nur eine Zukunft, die real wird. Bis dahin aber regiert der Überlagerungszustand, und der besteht aus ebenso vielen Plänen für die Zukunft, wie er bei seinem Zusammenbruch zu verschiedenen Werten einer jeweils betrachteten Messgröße führen könnte.

      Bitte lies noch mal nach: Ich wies gegen Ende von 1992-1 klar darauf hin, dass die Varianten möglicher Zukunft  P o t e n t i a   (im Sinne Heisenbergs) sind, also noch
      n i c h t  Realität. Real ist nur, was in der Gegenwart existiert. Und nur was Vergangenheit ist, war einmal real.

      Gruß, grtgrt
       

      Du sprichst es an: .... der besteht aus ebenso vielen Plänen für die Zukunft.
      Pläne sind Denkkonstrukte eines denkenden Lebwesens und beschreiben eventuelle Möglichkeiten, die sich aber nur aus Unkenntnis der nachfolgenden Ereignisse ergeben.

      Ich ergänze Deinen Satz aus dem obigen Zitat mal:
      Real ist nur, was in der Gegenwart existiert. Und nur was Vergangenheit ist, war einmal real. und was Zukunft ist, wird einmal real sein
      Signatur:
      Wer jung ist, meint, er müsste die Welt retten :smiley8:
      Der Erfahrene erkennt, dass er nicht alle Probleme lösen kann
      :smiley3:
      [Gäste dürfen nur lesen]
      In diesem Forum dürfen nur Mitglieder schreiben. Hier kannst du dich anmelden
      Zum Seitenanfang Nach oben