Willkommen in Manus Zeitforum
Hilbert Raum
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Harti schrieb in Beitrag Nr. 1924-80:
...
und eine Momentangeschwindigkeit, also eine Geschwindigkeit ohne Ortsveränderung, für eine Idee ohne Entsprechung in der Wirklichkeit halten. ...
Nur ein phys. Denkanstoss von meiner Seite. Die Momentangeschw. ist ja
- math. der Quotient aus dem Wegdifferential und dem Zeitdifferential (beides exakt def. Grössen)
- phys. damit die Entsprechung einer gleichförmigen Bewegung
M.a.W. die Momentangeschw. für einen Zeitpunkt ist nichts anderes als die betragsmässig übereinstimmende gleichförmige Bewegung in einem beliebigen Zeitintervall. Und damit auch beliebiger Ortsänderung.

Gruss
Hilbert
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Warum gibt es ETWAS und nicht NICHTS? (GL)
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Harti
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Hilbert Raum schrieb in Beitrag Nr. 1924-81:
M.a.W. die Momentangeschw. für einen Zeitpunkt ist nichts anderes als die betragsmässig übereinstimmende gleichförmige Bewegung in einem beliebigen Zeitintervall. Und damit auch beliebiger Ortsänderung.

Hallo Hilbert,

ich würde es umgekehrt sehen. Messen können wir immer nur Durchschnittsgeschwindigkeiten, auch wenn wir die Strecken- und Zeitintervalle sehr klein machen können. Eine Momentangeschwindigkeit ist eine mathematische, mit Hilfe einer Unendlichkeitsbetrachtung kostruierte Vorstellung. Der Unterschied zwischen einer Durchschnittsgeschwindigkeit und einer Momentangeschwindigkeit ist in der Praxis aufgrund der hohen Messgenauigkeit verschwindend gering.
Man kann natürlich auch eine Durchschnittsgeschwindigkeit auf einer bestimmten Strecke als Aneinanderreihung unendlich vieler Momentangeschwindigkeiten auffassen. Die Mathematik kann mit Unendlichkeiten eben umgehen. In der Praxis kann das problematisch sein, was nach meiner Meinung die Unschärferelation zeigt; da man den Ort und die Geschwindigkeit eines Teilchens nicht gleichzeitig mit beliebiger Genauigkeit messen kann.

MfG
Harti
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Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. A.E.
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Grtgrt
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Harti schrieb in Beitrag Nr. 1924-82:
 
Hilbert Raum schrieb in Beitrag Nr. 1924-81:
M.a.W. die Momentangeschw. für einen Zeitpunkt ist nichts anderes als die betragsmässig übereinstimmende gleichförmige Bewegung in einem beliebigen Zeitintervall. Und damit auch beliebiger Ortsänderung.

Hallo Hilbert,

ich würde es umgekehrt sehen. Messen können wir immer nur Durchschnittsgeschwindigkeiten, auch wenn wir die Strecken- und Zeitintervalle sehr klein machen können. Eine Momentangeschwindigkeit ist eine mathematische, mit Hilfe einer Unendlichkeitsbetrachtung konstruierte Vorstellung.

Harti hat recht:

die Momentangeschwindigkeit zum Zeitpunkt t0 ist der Wert, gegen den die Durchschnittsgeschwindigkeit in einem Zeitintervall, das t0 enhält, konvergiert, wenn die Länge des Zeitintervalls gegen Null geht.

grtgrt (ein Mathematiker)
 
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Stueps
Beiträge: 3.477, Mitglied seit 18 Jahren
Harti schrieb in Beitrag Nr. 1924-80:
Es ist zweckmäßig zwischen (absolut denkbaren) Ideen und der nicht absoluten, nur beschränkt erfassbaren (beschreibbaren) Wirklichkeit zu unterscheiden. Ein Über-/Unterordnungsverhältnis besteht dazwischen nicht, sondern Ideen und Wirklichkeit stehen auf gleicher Ebene nebeneinander und überschneiden sich, wie zwei Kreise, teilweise.

Hallo Harti,

ich versuche ja, genauso zu trennen, wie du hier vorschlägst. Anscheinend habe ich dies nicht verständlich genug zum Ausdruck gebracht, aber ich stimme hier mit dir überein. Ich hatte eine Hierarchie zwischen Ideen (nicht zwischen Idee und "Wirklichkeit") in einer wilden Spekulation postuliert, muss jedoch erkennen, dass ich hier mit Unschärferelationen und Kreisen zwei bescheuerte Vergleiche gewählt habe. Insofern gebe ich Henry recht, Kreise sind als Beispiel doof, auch wenn ich dies jetzt aus anderen Gründen als Henry glaube.
Ich stimme dir aber insoweit auch zu, dass vielleicht keine Hierarchie zwischen Idee und Wirklichkeit besteht, sondern das eine das andere immer (gleichberechtigt) beeinflusst. Eine Idee wäre dann vielleicht ohne Wirklichkeit nichts, weil sie sich nicht äußern kann. Aber diesem Gedanken stehe ich mit äußerster Skepsis gegenüber, bitte nagel mich nicht darauf fest.

Zitat:
Andere Ideen tun dies nicht mehr, z.B. Fragen wie: Was zeitlich unendlich vor dem Urknall war, wo der absolute Rand des Universums ist und damit (nach der Idee des Kreises) sein Mittelpunkt liegt, was am Ende aller Zeiten sein wird u.s.w. Antworten dazu sind Ideen, die nicht im Überschneidungsbereich von Ideen und Wirklichkeit liegen.

Hier wäre ich vielleicht vorsichtig: Ideen äußern sich nach meiner Spekulation in der Wirklichkeit, so gibt es objektiv auf o.g. Fragen auch Antworten. Sie entziehen sich uns nur wegen unserer eingeschränkten Erkenntnisfähigkeit. Aber vielleicht ist die Idee einer höheren Erkenntnisfähigkeit in unserem Universum schon eingebettet, hat sich aber aufgrund der jetzigen Bedingungen noch nicht äußern können.

Zitat:
Ich würde z.B. auch einen absoluten, durch zwei Zahlen in einem Koordinatensystem definierten Ort (nulldimensionaler Punkt) und eine Momentangeschwindigkeit, also eine Geschwindigkeit ohne Ortsveränderung, für eine Idee ohne Entsprechung in der Wirklichkeit halten.

Das stimmt, aber wir können eben in Ansätzen das Konzept der Raumzeit-Dynamik (und das daraus für uns sehr offensichtliche, resultierende Konzept der "Geschwindigkeit") abstrahieren und eine Sprache zur Beschreibung entwickeln, die sich eben z.B. in nulldimensionalen Punkten und Infinitesimalen äußert.

Harti schrieb in Beitrag Nr. 1924-80:
Nur zur Klarstellung: Dies ändert selbstverständlich nichts an der Brauchbarkeit der letztgenannten "Ideen" für die Erfassung der Wirklichkeit

Harti, aufgepasst: Ich meine nicht mit dem Begriff "Idee" etwas menschlich gedachtes! Sondern ein nicht gegenständliches Konzept, das Raumzeit, Energie und Materie braucht/nutzt/aus sich heraus impliziert (vielleicht um sich zu äußern).

Grüße
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Diese Welt gibt es nur, weil es Regeln gibt.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Stueps am 24.10.2012 um 10:36 Uhr.
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Hilbert Raum
Beiträge: 107, Mitglied seit 11 Jahren
Grtgrt schrieb in Beitrag Nr. 1924-83:
die Momentangeschwindigkeit zum Zeitpunkt t0 ist der Wert, gegen den die Durchschnittsgeschwindigkeit in einem Zeitintervall, das t0 enhält, konvergiert, wenn die Länge des Zeitintervalls gegen Null geht.

Ja, grtgrt, so kann man das ausdrücken, wenn man vom Durchschnitt ausgeht (Sekante geometrisch, 2-dim).
Ich kann aber auch sofort eine Tagentialebene (resp. Tangente) an einen Kurvenpunkt anlegen. Damit ist die Momentangeschwindgkeit
eben simple der Quotient aus den Differentialen (=Abstand bis T-Ebene).
Bsp.:
du fällst vom Himmel, deine G-Funktion ist ds = g * t *dt [leite einfach s = g/2 t2 + 0 ab].
--> wie man sieht, können die Differentiale beliebig sein. (Klar, ist ja gerade der lineare Anteil der beschl. Bewegung zum Zeitpunkt).

In diesem Sinne ist meine Anmerkung zu verstehen.
Signatur:
Warum gibt es ETWAS und nicht NICHTS? (GL)
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Henry
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Grtgrt schrieb in Beitrag Nr. 1924-69:
Henry schrieb in Beitrag Nr. 1924-68:
 
Nein, würde ich nicht! ICH bin kein Platoniker!

Aber gut, die mathematischen Gesetzmäßigkeiten, wie wir sie kennen, wären nur Abbilder von "Ideen", was aber sind sie, wenn alle unsere Implementierungen abstrahiert würden? Was ist das Wesen der Kreiszahl pi?

Gut Henry, ich weiß jetzt also:

Du hast ein andere Verständnis von "Dingen", "Ideen" und ihrem Verhältnis zueinander als Platon.
Aber welches denn nun genau? Worin genau bist du seiner Meinung, und worin genau bist du anderer Meinung?


Und hier meine Antwort auf die Fragen, die du mir im zweiten Teil stellst:

Das Besondere an "Dingen" und "Ideen" mathematischer Art ist, dass hier — und NUR hier — beide Begriffe zusammenfallen: Jede mathematische "Idee" ist einzige Implementierung dieser Idee, da in der realen Welt absolute Präzision nicht erreichbar ist (denk an Heisenbergs Unschärfe-Relation). Es ist daher insbesondere nicht möglich, mathematische "Ideen" abstrakter zu machen, als sie jeweils selbst schon sind.

Insofern, so könnte man sagen, ist die Welt mathematischer Gesetze eine ganz besonders einfache.

Der Anspruch eines mathematischen Gesetzes (der mit Teil seines Wesens ist), besteht u.A. darin, absolut genau zu sein. Eben das schließt aus, dass eine mathematische "Idee" Implementierungen hat, die mit der Idee selbst nicht identisch sind.

Bei Pferden ist das genau umgekehrt (bis hin zu dem Punkt, dass es das Pferd als "reine Idee" wohl gar nicht gibt). Es gibt nur Approximationen einer solchen Idee, aber — so würden Mathematiker sagen — keinen Häufungspunkt in der Menge all dieser Approximationen.


Das Wesen der Kreiszahl π ist, ein bestimmtes Längenverhältnis zu sein.

Gruß,
grtgrt
 

Hi, Gebhard!

Spät, aber dennoch (ich musste erst mal wieder meinen inneren Kompass feinjustieren).

Eine letzte Antwort bzgl. Platon und seinen Ideen, denn ehrlich gesagt find ich es grenzwertig, dass ich über eine Sache werte, die andere entschieden besser verstehen als ich, zumal ich überhaupt nicht Platons Ansichten teile. Also, das „Längenverhältnis“ ist nicht das „Wesen“ von Pi, so wenig, wie vier Beine das Wesen eines Pferdes ausmachen. Das Längenverhältnis ist etwas, was Pi als Eigenschaft zukommt, aber das Wesen ist das, was jenseits aller Eigenschaften bleibt, wenn von einem Objekt alle Eigenschaften abstrahiert werden. Wir können nur eine „Vorstellung“ von den Urbildern haben, in diesem Sinne sind auch Pi oder „Schönheit-an-sich“ nicht die Urbilder, sondern nur Vorstellungen, eben „Objekte“. Deshalb ja meine Frage, was denn bleibt, wenn alle Eigenschaften von einem Objekt abstrahiert werden – nämlich nichts, wenn du meine Ansicht wissen willst, und letztlich alles, wenn du Platon bis zu ende denkst. (Und im Sinne Platons gibt es das "Urbild" des Pferdes sehr wohl).

Ich empfehle dir, schau dir das „Höhlengleichnis“ an, dort wirst du sehen, was Platon meint.
Signatur:
Herr Oberlehrer

Die Wolken ziehen hin. Sie ziehen auch wieder her.
Der Mensch lebt einmal. Dann nicht mehr.

(Donald Duck)
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Grtgrt
Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
 
Henry schrieb in Beitrag Nr. 1924-86:
 
Ich empfehle dir, schau dir das „Höhlengleichnis“ an, dort wirst du sehen, was Platon meint.

Hi Henry,

was ich aus Platons Höhlengleichnis mitnehme, findet sich beschrieben in Beitrag 1942-1.

Es ist, wie du das bei mir jetzt schon gewohnt sein magst, eine Sicht, die dir vielleicht nicht als authentisch "Platon" erscheinen mag. Wenn dem so sein sollte, dann liegt das daran, dass ich häufig zitierte philosophische Erkenntnisse vor allem deswegen schätze, weil sie im Umfeld JEDES Zeitalters sinnvoll — und mit Erkenntnisgewinn — interpretierbar sind. Ich sehe sie deswegen
  • auf keinen Fall als Denkmale, die man bestaunt (aber nicht berühren darf),
  • sondern als Anregungen, die vor allem dann zu Erkenntnisgewinn führen, wenn man sich traut, sie selbst zu interpretieren im Kontext der Gegenwart und unter Verwendung inzwischen hinzugekommener ähnlicher Einsichten. Jene nämlich sind oft wie starke moderne Lampen, mit denen man den alten Schatz noch mal ganz genau begutachten und so in seiner ganzen Schönheit erst so richtig erkennen kann.

Beste Grüße,
grtgrt
 
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Henry
Beiträge: 2.307, Mitglied seit 13 Jahren
Grtgrt schrieb in Beitrag Nr. 1924-87:
 
Henry schrieb in Beitrag Nr. 1924-86:
 
Ich empfehle dir, schau dir das „Höhlengleichnis“ an, dort wirst du sehen, was Platon meint.

Hi Henry,

was ich aus Platons Höhlengleichnis mitnehme, findet sich beschrieben in Beitrag 1942-1.

Es ist, wie du das bei mir jetzt schon gewohnt sein magst, eine Sicht, die dir vielleicht nicht als authentisch "Platon" erscheinen mag. Wenn dem so sein sollte, dann liegt das daran, dass ich häufig zitierte philosophische Erkenntnisse vor allem deswegen schätze, weil sie im Umfeld JEDES Zeitalters sinnvoll — und mit Erkenntnisgewinn — interpretierbar sind. Ich sehe sie deswegen
  • auf keinen Fall als Denkmale, die man bestaunt (aber nicht berühren darf),
  • sondern als Anregungen, die vor allem dann zu Erkenntnisgewinn führen, wenn man sich traut, sie selbst zu interpretieren im Kontext der Gegenwart und unter Verwendung inzwischen hinzugekommener ähnlicher Einsichten. Jene nämlich sind oft wie starke moderne Lampen, mit denen man den alten Schatz noch mal ganz genau begutachten und so in seiner ganzen Schönheit erst so richtig erkennen kann.

Beste Grüße,
grtgrt
 

Hi!

Na ja, das kannst du doch machen, es ging aber darum, wie Platon als Platon zu verstehen war, nicht wahr? Wenn du gestattest: Ich äußere mich dazu nicht mehr!
Signatur:
Herr Oberlehrer

Die Wolken ziehen hin. Sie ziehen auch wieder her.
Der Mensch lebt einmal. Dann nicht mehr.

(Donald Duck)
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Grtgrt
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Henry schrieb in Beitrag Nr. 1924-88:
... es ging aber darum, wie Platon als Platon zu verstehen war, nicht wahr?

Richtig Henry,

und da haben mir deine Erklärungen durchaus geholfen. Danke!

Beste Grüße,
grtgrt
 
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