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Gravitationskraft und versteckte Raumdimensionen

Thema erstellt von Grtgrt 
Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
 
Liasa Randall betont gerne, dass sie sich mehr als Modellkonstrukteur sieht denn als Stringtheoretiker(in). Der Unterschied ist für sie:
  • Stringtheoretiker arbeiten top down, indem sie versuchen, in einer riesigen Menge ihnen vor die Füße gefallener Modelle — man spricht von etwa 10500 — solche zu finden, die keiner durch uns derzeit als zuverlässig anerkannten Beobachtung, die Astronomen oder Experimentalphysiker je gemacht haben, widersprechen.
  • Modellkonstrukteure aber gehen so vor, dass sie — ausgehend von eben jenen Beobachtungen — Modelle bottom up zu konstruieren versuchen, und das ohne jede Rücksicht darauf, ob sie nun zur Stringtheorie passen oder nicht.

Zwei Beobachtungen scheinen mir interessant:
  • Lisa Randalls Approach ist kreativer, objektiver und weniger naiv als der der Stringtheoretiker.
  • Mindestens eines ihrer Arbeitsergebnisse — ein Modell, das sie Locally Localized Gravitation nennt — bricht sogar mit der gängigen Vorstellung, dass im gesamten Kosmos ein und dasselbe Gravitationsgesetz gelte.

Genauer:

In Kooperation mit Andreas Karch betrachtete sie eine 5-dimensionale Raumzeit und darin eine 4-dimensionale Brane flacher Geometrie (sie könnte die Welt sein, in der wir leben). Randall schreibt:

"[In the theory we developed,] space looks 4-dimensional on or near the brane, but most of the space far from the brane appears higher-dimensional. ... We named our scenario locally localized gravity because localization produces a graviton that communicates 4-dimensional gravitational interactions only in a local region."

Nachdem die beiden die Brane etwas modifiziert hatten (so dass sie nun etwas negative Energie trug und daher nicht mehr flach, sondern leicht gekrümmt war), ergab sich etwas noch weit Interessanteres:

" ... we decided to study this model solely because of its fascinating implications for dimensionality: … [Assuming a] second brane sufficiently far away, we found that there were two different gravitons localized near each of the two branes. Each of the graviton probability functions peaked near one of the two branes, and decreased exponentially quickly as you left it.

Neither of these gravitons was responsible for 4-dimensional gravity over the entire (5-dimensional) space … The gravities experienced on the different branes were different. They could even have very different strength. Objects on one brane didn’t interact gravitationally with objects on the other.

The appearance of two different particles that both look like the 4-dimensional graviton was a big surprise to us. General physical principles were supposed to ensure that there is only a single theory of gravity. And indeed, there is a single 5-dimensional theory of gravity, but 5-dimensional spacetime turns out to contain two distinct particles that each communicate a gravitational force that acts as if it is 4-dimensional, each in a distinct region of 5-dimensional space …

If this model is correct, we would have to live on the brane to experience 4-dimensional gravity

Of course, we do not yet know whether locally localized gravity applies in the real world.”


Source: Chapter 23 of Lisa Randall’s Book “Warped Passages unraveling the Mysteries of the Universe’s hidden dimensions” (2005).
 
Beitrag zuletzt bearbeitet von Grtgrt am 25.08.2012 um 16:10 Uhr.
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Beiträge: 1.642, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Grtgrt,

was genau muss ich mir unter einer "flachen Geometrie" vorstellen. Kann man den Begriff genauer definieren ?

Um konkret zu werden, kann ich einen Regentropfen mit Hilfe eines flachen Geometriemodells beschreiben ?

MfG
Harti
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Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. A.E.
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Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
Harti schrieb in Beitrag Nr. 1906-2:
Hallo Grtgrt,

was genau muss ich mir unter einer "flachen Geometrie" vorstellen. Kann man den Begriff genauer definieren ?

Um konkret zu werden, kann ich einen Regentropfen mit Hilfe eines flachen Geometriemodells beschreiben ?

Hi Harti,

im 2-Dimensionalen wäre eine Fläche flacher Geometrie vergleichbar mit einem — aufgerollten oder flach daliegenden — Stück Papier.

Stringtheoretiker sprechen gerne von "aufgerollten Dimensionen". Lisa Randall sagt dazu:

Zitat von Lisa Randall:
The curled-up space is still mathematically flat ... because you can unroll the dimension to something you would recognize as flat; that is NOT true for a sphere, for example.

Die Oberfläche eines Regentropfens hat gekrümmte Geometrie (KEINE flache also).

Die Oberfläche eines Torus dagegen  h a t  flache Geometrie, da man den Torus (wie einen Fahrradschlauch) so aufschneiden kann, dass seine Oberfläche, ohne sie verzerren zu müssen, entrollbar ist zu einem Trapez auf einer flachen Ebene — beim Regentropfen oder einer Kugel dagegen ist das  n i c h t  möglich.

Flache Geometrie ist euklische Geometrie.

Gruß, grtgrt
Beitrag zuletzt bearbeitet von Grtgrt am 21.09.2013 um 22:01 Uhr.
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Okotombrok (Moderator)
Beiträge: 1.476, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Harti,

Harti schrieb in Beitrag Nr. 1906-2:
Um konkret zu werden, kann ich einen Regentropfen mit Hilfe eines flachen Geometriemodells beschreiben ?

ja, man kann jeden dreidimensionalen Körper durch Projektion auf drei ebenen Flächen darstellen, wie es bei technischen Zeichnungen üblich ist.

mfg okotombrok
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"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können"
(Francis Picabia)
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Hi,

eigentlich ist alles gesagt zu Krümmung, es gibt die innere und die äussere, usw. usf.. Details kann man bei Riemann finden.

@grtgrt: Lisa Randall hat interessante Vorstellungen, aber was hälst du von Witten (der wird schon als der Einstein
des 21Jh. gehandelt, dem muss man zwar nicht folgen, aber es zeigt seine Reputation in der S-Physikerszene).

Witten geht von der (auch mir eher geläufigen) These aus, dass die erreichbare Umwelt sich auf eine Minkowski-RZ x
6-dim. Kählermannigfaltigkeit abbilden lässt, macht zusammen also das (wohlbekannte?) 11-dim. Modell. Dahinter
steckt ja in letzter Konsequenz die grosse "Wette", dass man endlich Gravi und Quantenfeldth. einheitlich
beschreiben kann.

Beste Grüße
Hilbert
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Warum gibt es ETWAS und nicht NICHTS? (GL)
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Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
Hi Hilbert,

Ed Witten scheint ein theoretischer Physiker zu sein, der die für die Stringtheorie benötigte Mathematik besser versteht als andere. Smolin glaube ich war es, der über ihn gesagt hat: "Witten versteht wohl mehr von Mathematik als er zuzugeben bereit ist".

Auf jeden Fall scheint er sehr schnell und besonders vorurteilslos zu denken.

Ich selbst habe noch nichts von ihm gelesen, da ich Papiere, die Stringtheorie mit Hilfe von Formeln beschreiben, nicht verstehe und mir nicht bekannt ist, dass er irgendwas geschrieben hätte, das ohne Formeln ausgedrückt ist — sollte es so was doch geben, wäre ich für einen Hinweis darauf dankbar.

Beste Grüße,
grtgrt
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Beiträge: 107, Mitglied seit 11 Jahren
Hi grtgrt,

hier ist die personal page von E. Witten:
Home page E. Witten

Da findet man so einiges (insb. unter publications) ... (aber auch z.B. "Magic, Mystery, and Matrix" ist etwas weniger mathematiklastig aber dafür auch etwas angestaubt [1998],
dennoch interessant)

Viel Spass
Hilbert
Signatur:
Warum gibt es ETWAS und nicht NICHTS? (GL)
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Beiträge: 2.307, Mitglied seit 13 Jahren
Grtgrt schrieb in Beitrag Nr. 1906-6:
Hi Hilbert,

Ed Witten scheint ein theoretischer Physiker zu sein, der die für die Stringtheorie benötigte Mathematik besser versteht als andere. Smolin glaube ich war es, der über ihn gesagt hat: "Witten versteht wohl mehr von Mathematik als er zuzugeben bereit ist".

Auf jeden Fall scheint er sehr schnell und besonders vorurteilslos zu denken.

Ich selbst habe noch nichts von ihm gelesen, da ich Papiere, die Stringtheorie mit Hilfe von Formeln beschreiben, nicht verstehe und mir nicht bekannt ist, dass er irgendwas geschrieben hätte, das ohne Formeln ausgedrückt ist — sollte es so was doch geben, wäre ich für einen Hinweis darauf dankbar.

Beste Grüße,
grtgrt

Hi, Gebhard!

Ich empfehle Brian Greene, "Der Stoff, aus dem der Kosmos ist", auch Edward W. kommt dort zu Ehren.
Signatur:
Herr Oberlehrer

Die Wolken ziehen hin. Sie ziehen auch wieder her.
Der Mensch lebt einmal. Dann nicht mehr.

(Donald Duck)
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