Willkommen in Manus Zeitforum
InformationenAnmelden Registrieren

Erweiterte Suche

Eigenzeit, Raumzeitintervall und Nullzeit-These

Thema erstellt von Bauhof 
avatar
Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo zusammen,

zur Einstimmung zuerst eine kleine Knobelaufgabe, bevor ich auf das eigentliche Thema "Nullzeit-These" komme. Hier kann jeder sich selbst prüfen, inwieweit der Begriff der Eigenzeit verinnerlicht wurde.

Zur Knobelaufgabe erstellte ich ein Zeichnung. Bitte anklicken oder herunterladen:
http://www.eugen-bauhof.homepage.t-online.de/Bilder...

Die Zwillinge Hans und Berta sind gleich alt und starten am Punkt A gleichzeitig und fliegen mit relativistischen Geschwindigkeiten zu Punkt B. Während Hans stets mit gleichbleibender Geschwindigkeit [1] fliegt, bewegt sich Berta beschleunigt. Sie bremst manchmal und beschleunigt dann wieder. Beide treffen sich in B zum gleichem Zeitpunkt und verglichen dann ihre mitgeführten Uhren

Im Raum-Zeit-Diagramm werden beschleunigte Bewegungen als gekrümmte Weltlinien dargestellt. Die Weltlinie von Berta ist deshalb keine Gerade.

Möglichkeiten beim Uhrenvergleich am Punkt B:
(a) Hans und Berta sind gleich alt geblieben.
(b) Hans ist älter als Berta.
(c) Berta ist älter als Hans.

Welche Antwort ist richtig? Man muss nichts rechnen, sondern nur sich an die SRT erinnern.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Für Hans kann man sich einen "fliegenden Start" im Punkt A vorstellen, so dass seine ganze Reise unbeschleunigt vonstatten geht.
Signatur:
Der Kluge lernt aus allem und von jedem,
der Normale aus seinen Erfahrungen,
und der Dumme weiß alles besser.
Sokrates.
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.476, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Eugen,

Antwort b) ist richtig, Hans ist älter

mfg okotombrok
Signatur:
"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können"
(Francis Picabia)
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 200, Mitglied seit 16 Jahren
zu dieser Antwort (b) gelang ich ebenso.

Antwort (a) wäre nach dem Relativitätsprinzip richtig, wenn beide (zu Hans und Berta als ruhend angenommene) Bezugssysteme im Rahmen der SRT gleichberechtigt wären - was aber nicht der Fall ist, da es sich bei Berta um kein Inertialsystem handelt (aufgrund der beschleunigten Bewegung bzw. der dazu notwendigen Krafteinwirkung). Da aber Berta ebenso (im Bezugssystem von Hans) in jedem Augenblick eine Geschwindigkeit v besitzt, für die im allg. 0 << v < c gilt, wird Hans in jedem (infinitesimal kleinen) Augenblick eine Zeitdilatation bei Berta feststellen. Da Zeitintervalle im bewegten System wegen v < c stets kleiner sind als im eigenen Bezugssystem, kann sich diese Zeitdilatation im Verlauf der Reise auch nicht wieder "aufheben". Im Punkt B angekommen wird für Hans mehr Zeit vergangen sein als für Berta. Er ist älter als sie.

Kann man das so sagen?

mfG,
parad0x
Signatur:
remember: 21 is just half of the truth...
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
Okotombrok schrieb in Beitrag Nr. 1453-2:
Hallo Eugen, Antwort b) ist richtig, Hans ist älter
mfg okotombrok
Hallo Okotombrok,

wie würdest du das begründen?

M.f.G. Eugen Bauhof
Signatur:
Der Kluge lernt aus allem und von jedem,
der Normale aus seinen Erfahrungen,
und der Dumme weiß alles besser.
Sokrates.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 200, Mitglied seit 16 Jahren
ein kleiner Nachtrag:

Da Hans übrigens Mathematiker (und als solcher sogar begeisterter Anhänger der nicht-euklidischen Geometrie) ist, wird er sofort die Länge der Weltlinie von Berta in seinem eigenen Bezugssystem (also dem von Hans) berechnen, indem er das Abstandsdifferenzial im vierdimensionalen, von seinem Bezugssystem aufgespannten Raum für jeden Punkt entlang Bertas Weltlinie zwischen A und B aufintegriert. Wenig überrascht stellt Hans dabei fest, dass Bertas Weg zwischen A und B kürzer war als sein eigener - selbst wenn dies seiner ersten intuitiven Anschauung im (euklidischen) Diagramm widerspricht - während der Weg durch den dreidimensionalen (Orts-)Raum für beide gleichgroß ist (nämlich die geradlinige Strecke zwischen A und B).

Als Hobby-Physiker weiß Hans, dass die Länge des Weges entlang der Weltlinie vom Bezugssystem abhängt, jedoch die (Vakuum-)Lichtgeschwindigkeit c in jedem Bezugssystem konstant ist. Er argumentiert nun, dass Licht im Bezugssystem von Hans die beiden unterschiedlich langen Wege s (seinen eigenen) sowie s' (den von Berta) durch die Raumzeit in verschiedenen Zeiten t und t' zurücklegen würde. Diese Zeiten sind offenbar mit dem Faktor c proportional dem zurückgelegten Weg. Da aber beide (Berta und er) zur gleichen Zeit im Punkt B eintreffen, verging folgerichtig für Berta bis zum Eintreffen nur t' < t an "eigener" Zeit, da ihr zurückgelegter Weg ja kürzer war. Hans ist also somit auch älter als Berta.

[Edit: Anschaulich gesprochen nimmt Berta aufgrund ihrer beschleunigten Bewegung eine Abkürzung gegenüber Hans durch den vierdimensionalen Raum, um zum gleichen Zeitpunkt wie er in B einzutreffen. Für diese Abkürzung braucht sie weniger "eigene" Zeit als Hans, weshalb er auch bereits älter ist, wenn sie sich zur gleichen Zeit in B begegnen.]


mfG,
parad0x

Signatur:
remember: 21 is just half of the truth...
Beitrag zuletzt bearbeitet von Parad0x am 13.07.2009 um 20:16 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.642, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Eugen Bauhof,
Bauhof schrieb in Beitrag Nr. 1453-1:
Die Zwillinge Hans und Berta sind gleich alt und starten am Punkt A gleichzeitig und fliegen mit relativistischen Geschwindigkeiten zu Punkt B. Während Hans stets mit gleichbleibender Geschwindigkeit [1] fliegt

in Bezug auf welches System fliegt Hans, oder woran wird seine gleichbleibende Geschwindigkeit festgestellt ?

MfG
Harti
Signatur:
Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. A.E.
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
Harti schrieb in Beitrag Nr. 1453-6:
... in Bezug auf welches System fliegt Hans, oder woran wird seine gleichbleibende Geschwindigkeit festgestellt ?
Hallo Harti,

in Bezug auf das Beobachtersystem fliegt Hans. In meiner Zeichnung stellt das System, das ich mit dem Achsenkreuz (Raum, Zeit) bezeichnet hatte, das System dar, in dem der Beobachter ruht.

Das ist m.E. deshalb zweckmäßig, weil es Berechnungen erleichtert. Man kann die Eigenzeit von Hans relativ zum Beobachter leicht berechnen und man kann die Eigenzeit der beschleunigten Berta relativ zum Beobachter berechnen (nicht mehr ganz so leicht). Hans kann seine Geschwindigkeit deshalb als gleichbleibend behaupten, weil er nie eine Beschleunigung spürt.

Man könnte aber auch das System von Hans als Beobachtersystem wählen, in dem Hans ruht, so wie es offenbar Parad0x in seinem Beitrag-Nr. 1453-5 macht. Einwände?

Das System von Berta wäre nicht als Beobachtersystem geeignet, weil Berta sich nicht inertial bewegt. Sie spürt die Bescheunigung und kann deshalb nicht behaupten, dass sie ruht oder sich gleichförmig bewegt.

So, und jetzt kannst du deine Lösung (mit Begründung) zur Knobelaufgabe abgeben. Denn ohne Begründung beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass man den Hintergrund der Aufgabe richtig erfasst hat, nur rund 33%.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof
Signatur:
Der Kluge lernt aus allem und von jedem,
der Normale aus seinen Erfahrungen,
und der Dumme weiß alles besser.
Sokrates.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 2.998, Mitglied seit 15 Jahren
Soweit ich mich erinnere, altert der schneller, der, sein Bezugssystem nicht ändert.

Das wäre in dem Falle mein Namensvetter Hans.

Gründe hierfür könnte ich jetzt aus vergangenen Treads, Z.B. Einsteins Zwillingsparadoxon, Beitrag-Nr. 1342-1 u.f. heraussuchen.
Signatur:
Wer jung ist, meint, er müsste die Welt retten :smiley8:
Der Erfahrene erkennt, dass er nicht alle Probleme lösen kann
:smiley3:
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.052, Mitglied seit 18 Jahren
(a) Hans und Berta sind gleich alt geblieben.

Solange keiner von Beiden bei relativistischer Geschwindigkeit zu Schaden gekommen ist, ändert sich "altersmäßig" nichts zwischen den Beiden, aus der Warte des Beobachters.

Real
Signatur:
All sind alle
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.642, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Eugen Bauhof,

ich möchte zur Beantwortung Deiner Knobelaufgabe zwei Fälle unterscheiden:

1) Die Bewegungsvorgänge von Hans und Berta werden mit Hilfe eines theoretischen (mathematischen) Koordinatensystems betrachtet. Im Verhältnis zu diesem System bewegen sich sowohl Hans wie Berta, wobei Berta sich schneller bewegt als Hans. Im Verhältnis zu einer Uhr im angenommenen Koordinatensystem geht die Uhr von Hans langsamer und die Uhr von Berta noch langsamer. Bei dieser Betrachtung ist Berta beim Wiedersehen jünger als Hans.

2) In der Wirklichkeit gibt es dieses Koordinatensystem nicht. Die Bewegungsvorgänge können sowohl aus der Sicht (Perspektive) von Hans, wie aus der Sicht von Berta betrachtet werden.
Von Hans aus betrachtet beschleunigt Berta, von Berta aus betrachtet beschleunigt Hans.
Wer älter bzw. jünger ist hängt davon ab, aus wessen Perspektive man die Bewegungsvorgänge betrachtet. (Diese Betrachtung ist allerdings unvollständig, weil sie allein auf der Grundlage des Ralativitätsprinzips erfolgt und das zweite Axiom der SRT, Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, außenvor gelassen wird.)

Ich will mich aber auch nicht vor der Beantwortung der Knobelaufgabe auf der Grundlage einer vierdimensionalen Raumzeit drücken. Eine Bewegung stellt sich hier als Produkt aus Strecke und Eigenzeit dar. Da die von Berta zurückgelegte Strecke größer ist, benötigt sie dafür weniger Eigenzeit; Berta ist danach beim Wiedersehen mit Hans jünger als Hans.
Auch hierbei geht man allerdings von einem (theoretischen, mathematischen) Koordinatensystem (Bezugssystem) aus; denn auf welcher Grundlage will man sonst bestimmen, dass die von Berta zurückgelegte Strecke größer ist als die von Hans zurückgelegte.

MfG
Harti
Signatur:
Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. A.E.
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.476, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Eugen,

ich schrieb:
Antwort b) ist richtig, Hans ist älter

Bauhof schrieb in Beitrag Nr. 1453-4:
Hallo Okotombrok,

wie würdest du das begründen?

M.f.G. Eugen Bauhof

Hans kann mit seiner gleichförmigen Geschwindigkeit auch als ruhend angesehen werden, Berta hingegen mit ihren wechselnden Beschleunigungsphasen nicht. Im steten Wechsel entfernt sie sich von Hans und nähert sich wieder, was einem permanenten Richtungswechsel in der Raumzeit gleichkommt, analog zum Zwillingsparadoxon.
Während der Beschleunigungsphasen in Richtung Hans erfährt sie jedesmal eine Längenkontraktion (in Bewegungsrichtung verkürzt sich die Entfernung zum Ziel). Sie hat also eine kürzere Entfernung durch den Raum zurückzulegen und benötigt auch bei gleicher Durchschnittsgeschwindigkeit dafür weniger Zeit.
Auch in deinem Raumzeit-Diagramm wird das deutlich. Die längere Weltlinie von Berta bedeutet eine kürzere Zeitspanne.

mfg okotombrok
Signatur:
"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können"
(Francis Picabia)
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.476, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Harti,

Harti schrieb in Beitrag Nr. 1453-10:
Im Verhältnis zu diesem System bewegen sich sowohl Hans wie Berta, wobei Berta sich schneller bewegt als Hans.

oder langsamer, je nach Beschleunigungsphase. (Siehe Eugens Zeichnung)


Zitat:
Von Hans aus betrachtet beschleunigt Berta, von Berta aus betrachtet beschleunigt Hans.

Das ist falsch.
Nur gleichförmige Bewegungen unterliegen dem Relativitätsprinzip, nicht aber Beschleunigungen.
Außerdem steht in der Aufgabenbeschreibung eindeutig, dass Hans sich gleichförmig bewegt.
Berta ist wechselnder Gravitation ausgesetzt und das verspürt sie auch, sie wird hin- und hergeschleudert. Hans hingegen merkt während der ganzen Fahrt nichts, er kann sich als ruhend betrachten.

Zitat:
Wer älter bzw. jünger ist hängt davon ab, aus wessen Perspektive man die Bewegungsvorgänge betrachtet.

Wenn zwei Personen zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind, dann müssen sie sich über den Stand ihrer Uhren einig sein. Oder kannst du dir etwas anderes vorstellen?

Zitat:
Eine Bewegung stellt sich hier als Produkt aus Strecke und Eigenzeit dar. Da die von Berta zurückgelegte Strecke größer ist, benötigt sie dafür weniger Eigenzeit; Berta ist danach beim Wiedersehen mit Hans jünger als Hans.

Diese Begründung erschließt sich mir gar nicht.
Eine Bewegung bzw. Geschwindigkeit ist nicht das Produkt, sondern der Quotient aus Strecke und Zeit.
Und wieso sollte Berta für eine längere Strecke weniger Zeit benötigen?

Nichts für ungut Harti, aber halte dich lieber an die Aufgabe (die ist eindeutig gestellt) und mach's nicht unnötig komplizierter.

mfg okotombrok
Signatur:
"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können"
(Francis Picabia)
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 200, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo okotombrok,


keine Korrektur (da ich weiß, wie Du's gemeint hast), sondern nur ganz allgemein als Anmerkung (insb. auch in Hinblick auf Hartis Begründung):
Zitat:
Die längere Weltlinie von Berta [...]
...ist die kürzere Linie. Sie erscheint uns nur länger, weil das Diagramm euklidisch ist und somit den Sachverhalt verzerrt abbildet. Könnten wir es korrekt, d.h. in einem pseudo-euklidischen Diagramm darstellen, wäre ganz offensichtlich, dass sie kürzer ist.


mfG,
parad0x

Signatur:
remember: 21 is just half of the truth...
Beitrag zuletzt bearbeitet von Parad0x am 15.07.2009 um 22:55 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.729, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Herr Bauhof,

Okotombrok schrieb in Beitrag Nr. 1453-11:
Hans kann mit seiner gleichförmigen Geschwindigkeit auch als ruhend angesehen werden, Berta hingegen mit ihren wechselnden Beschleunigungsphasen nicht. Im steten Wechsel entfernt sie sich von Hans und nähert sich wieder, was einem permanenten Richtungswechsel in der Raumzeit gleichkommt, analog zum Zwillingsparadoxon.
Während der Beschleunigungsphasen in Richtung Hans erfährt sie jedesmal eine Längenkontraktion (in Bewegungsrichtung verkürzt sich die Entfernung zum Ziel). Sie hat also eine kürzere Entfernung durch den Raum zurückzulegen und benötigt auch bei gleicher Durchschnittsgeschwindigkeit dafür weniger Zeit.
Auch in deinem Raumzeit-Diagramm wird das deutlich. Die längere Weltlinie von Berta bedeutet eine kürzere Zeitspanne.

mfg okotombrok

Das sehe ich als Musterlösung für das Rätsel.
Wie Parad0x bereits angedeutet hat, gibt so ein Diagramm nicht zwingend die nicht-euklidischen Abstände und Längen wieder.
Das Diagramm um einen elementaren Zusammenhang wie das Längenelement für Weltlinien zu erweitern, damit eben "Die längere Weltlinie von Berta bedeutet eine kürzere Zeitspanne." offenbar ist, wäre sehr hilfreich.

Auf den Zusammenhang zwischen Rätsel und Null-Zeit-These bin ich gespannt.

MfG.
Thomas

Signatur:
Ich bin begeistert!
Beitrag zuletzt bearbeitet von Thomas der Große am 17.07.2009 um 10:55 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.642, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Okotombrok,
die von mir vertretenen Ansichten möchte ich wie folgt erläutern:
Ein Beispiel, in dem Beschleunigungen und damit Kräfte eine Rolle spielen, kann wohl nur auf der Grundlage der ART erklärt werden. Bei der SRT handelt es sich um eine idealisierte Theorie. Dies bedeutet für das von Eugen gewählte Beispiel, dass man für die Bewegung von Berta von der Durchschnittsgeschwindigkeit und damit faktisch von einer gleichförmigen Bewegung ausgehen muss.
Korrekterweise muss man deshalb sagen, wenn man nur Hans und Berta hat und sonst nichts (also kein gedachtes Koordinatensystem), dass aus Sicht von Hans sich Berta bewegt und aus Sicht von Berta sich Hans bewegt (Ralativitätsprinzip). Den Widerspruch in Bezug auf den Gang der Uhren kann man nur auflösen, wenn man das zweite Postulat der SRT (Konstanz der Lichtgeschwindigkeit)
mitberücksichtigt, indem man die Lichtlaufzeiten berücksichtigt. Claus hat die entsprechenden Überlegungen/Berechnungen dazu, soweit ich mich entsinne unter dem Thema Zwillingsparadoxon, angestellt.
Wenn ich annehme, dass nur Berta sich beschleunigt bewegt, nur auf sie also eine Kraft wirkt, ist eine Betrachtung allein auf der Grundlage der SRT nicht mehr möglich. Hans ist gewissermaßen als ruhend bzw. gleichförmig bewegt und damit als Inertial- und Bezugssystem im Verhältnis zu Berta ausgezeichnet. In ihrem Verhältnis würde deshalb bei Annahme einer beschleunigten Bewegung von Berta das Relativitätsprinzip nicht gelten.

Ich hoffe, ich habe meine Ansicht verständlich machen können.

MfG
Harti
Signatur:
Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen. A.E.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 200, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Harti,


damit hast Du im Grunde genau die Erklärung geliefert, warum die SRT nicht anwendbar ist, nämlich weil deren Relativitätsprinzip verletzt ist bzw. nur für zwei Inertialsysteme gilt. Die Vorhersage, dass beide aufgrund des Relativitätsprinzip beim jeweils anderen gleichermaßen eine Zeitdilatation erfahren, führt zum Widerspruch (Zwillingsparadoxon).

Harti schrieb in Beitrag Nr. 1453-15:
Korrekterweise muss man deshalb sagen, wenn man nur Hans und Berta hat und sonst nichts (also kein gedachtes Koordinatensystem), dass aus Sicht von Hans sich Berta bewegt und aus Sicht von Berta sich Hans bewegt (Ralativitätsprinzip).
Zwei Irrtümer liegen hier vor:

1. man hat immer zwei Bezugssysteme (also Koordinatensysteme). "Aus Sicht von Hans" heißt letztendlich nichts anderes, als dass man das Koordinatensystem so wählt, dass sich Hans während seiner Bewegung stets im Koordinatenursprung befindet. Gleiches gilt umgekehrt, wenn man von "aus der Sicht Bertas" spricht. Ohne diese (gedachten) Koordinatensysteme wäre eine Beschreibung der Bewegung generell unmöglich - denn auf irgendetwas muss man ja Bezug nehmen.

2. Das Relativitätsprinzip (egal welcher Theorie) besagt nicht nur, dass sich Hans aus Sicht von Berta bewegt sowie Berta sich aus Sicht von Hans bewegt - sondern es besagt, dass beide Bewegungen gleichberechtigt, d.h. gegeneinander ununterscheidbar vertauschbar sind (-> daher relativ).Das ist ein wesentlicher Unterschied. Es besagt also, es gibt keine Möglichkeit herauszufinden, ob nun z.B. Berta ruht und Hans beschleunigt oder ob Hans ruht und Berta beschleunigt. Das ist aber sehr wohl unterscheidbar - aus Sicht von Hans wirkt auf ihn keine Kraft während er sich bezogen auf sich selbst in Ruhe befindet, während aus Sicht von Berta auf sie trotz ihrer als ruhend angenommenen Bewegung eine Kraft wirkt. Folglich sind beide Bewegungen voneinander unterscheidbar und somit auch nicht mehr gleichberechtigt bzw. relativ.

Zitat:
Den Widerspruch in Bezug auf den Gang der Uhren kann man nur auflösen, wenn man das zweite Postulat der SRT (Konstanz der Lichtgeschwindigkeit)
mitberücksichtigt, indem man die Lichtlaufzeiten berücksichtigt.
Der Widerspruch besteht darin, dass man das Relativitätsprinzip der SRT vermutet. Er wird also auch dadurch aufgelöst, dass genau dieses Relativitätsprinzip eben nicht gilt, weil die Voraussetzungen für zumindest das spezielle Relativitätsprinzip nicht erfüllt sind.

Wenn Berta hingegen die Bewegung von Hans aus ihrer Sicht mittels der Lorentz-Transformation der SRT beschreiben würde, würde sie bei Hans ebenfalls eine verkürzte Wegstrecke bzw. Weltlinie vermuten. Auch die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit würde das nicht auflösen - denn Berta käme zu der Ansicht, Hans müsste aufgrund der Lichtlaufzeiten jünger sein als sie, wenn sie sich wiedertreffen. Um die Bewegung von Hans (bzw. allgemeiner alle physikalischen Vorgänge im Bezugssystem von Hans) richtig zu beschreiben, muss sie allgemeinere Koordinatentransformationen zur Beschreibung wählen.

Zitat:
Ich hoffe, ich habe meine Ansicht verständlich machen können.
Aus meiner Sicht auf jeden Fall. Wobei Du damit begründet hast, warum es eben in Wirklichkeit nicht von der Perspektive abhängt, wer jünger und wer älter ist - sondern dass es eindeutig feststellbar ist.


mfG,
parad0x
Signatur:
remember: 21 is just half of the truth...
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
Hans-m schrieb in Beitrag Nr. 1453-8:
Soweit ich mich erinnere, altert der schneller, der, sein Bezugssystem nicht ändert. Das wäre in dem Falle mein Namensvetter Hans.
Hallo Hans-m,

das ist schon mal ein guter Ansatz.
Allein die Bezugssystem-Änderung reicht noch nicht ganz für die Erklärung. Die Bezugssystem-Änderung ist der Grund, warum die Alterung der Zwillinge überhaupt unsymmetrisch erfolgt.

Erinnern wir uns an das klassische Zwillingsexperiment von Einstein. Dort war der Grund für die Alters-Asymmetrie, dass der reisende Zwilling umkehrt und dabei sein Bezugsystem wechselt. Das allein liefert aber noch keinen Hinweis darauf, wer von beiden nun "schneller altert".

Berta kehrt zwar nicht um, aber sie wechselt während der Reise ständig das Bezugsystem (infolge der Beschleunigung). Deshalb entsteht auch hier eine Alters-Asymmetrie zwischen Hans und Berta, weil Hans im Gegensatz zu Berta sein System nie wechselt. Damit scheidet zunächst mal die Lösungsmöglichkeit (a) aus.

Einen Hinweis, wer nun von beiden "schneller altert", liefert die Länge der Weltlinie, die jeder durchläuft. Du musst beachten, dass die Zwillinge nicht allein den Raum durchlaufen, sondern die Raumzeit [1]. Eine Weltlinie, die im Minkowski-Diagramm als die längere erscheint, entspricht einer kürzeren Eigenzeit. Also ist Berta im Punkt B jünger als Hans. Siehe dazu auch den Beitrag-Nr. 1453-11 von Okotombrok, der alles bereits richtig erklärt hat.

Das heißt, die Lösung (b) ist richtig. Hans ist älter als Berta, wenn sich beide in B treffen. Falls es keine weiteren Fragen zur Eigenzeit gibt, werde ich im nächsten Beitrag den Begriff "Raumzeitintervall" [2] näher beleuchten. Der führt und dann letztendlich zum umstrittenen Begriff der "Nullzeit-These"

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Weil die Minkowski-Raumzeit nichteuklidisch ist. Die Signatur der "Metrik" der Raumzeit ist anders als die Metrik des euklidischen Raumes.

[2] Ich bitte Okotombrok, Parad0x und Thomas um Entschuldigung, dass ich nur so langsam und schrittweise vorgehe, denn ich möchte auch diejenigen "mitnehmen" die in der SRT noch nicht so firm sind wie ihr. Beispiel: Stueps versteht bis jetzt beim Thema SRT immer nur Bahnhof statt Bauhof...☺ Siehe dazu seinen Beitrag-Nr. 1291-33.
Signatur:
Der Kluge lernt aus allem und von jedem,
der Normale aus seinen Erfahrungen,
und der Dumme weiß alles besser.
Sokrates.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 200, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Eugen,


ich hab noch eine Frage:
Zitat:
Berta kehrt zwar nicht um, aber sie wechselt während der Reise ständig das Bezugsystem (infolge der Beschleunigung).
Müsste man denn nicht korrekterweise sagen, sie wechselt während ihrer Reise in jedem Punkt lediglich das inertiale Bezugssystem? Denn es gibt tatsächlich auch ein Bezugssystem, in welchem Berta in Bezug auf sich selbst ruht. Nur ist dieses kein Bestandteil der SRT. Wendet man dennoch die Gleichungen der SRT auf Bertas Bezugssystem an, führt das tatsächlich zum Widerspruch - dem Zwillingsparadoxon.

Berta wird in ihrem (ruhenden) Bezugssystem aber tatsächlich feststellen (also in der "Wirklichkeit", so wie sie Harti versteht), dass Hans nicht wie in der SRT zu erwarten einen kürzeren Weg durch die Raumzeit zurücklegt (was zum Zwillingsparadoxon führen würde), sondern tatsächlich einen längeren als sie. Nur dass sie die Bewegung von Hans mit allgemeineren Gleichungen beschreiben muss, damit ihr Bezugssystem als ruhend gelten kann.

Warum ich auf dieses kleine Detail eingehe ist, weil mir dort das grundlegende Mißverständnis zu liegen scheint. Wenn Du vom Wechsel des Bezugssystems sprichst, fragt sich jemand anderes, wie sich das mit der Vorstellung verträgt, dass es auch eine Sicht für Berta geben muss - sie aus ihrer Sicht also das Bezugssystem nie wechselt.


mfG,
parad0x

P.S:
Zitat:
[2] Ich bitte Okotombrok, Parad0x und Thomas um Entschuldigung, dass ich nur so langsam und schrittweise vorgehe, denn ich möchte auch diejenigen "mitnehmen" die in der SRT noch nicht so firm sind wie ihr.
Ich hoffe, ich halte dadurch weder die Diskussion auf noch greif ich irgendwie vor?
Signatur:
remember: 21 is just half of the truth...
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
Parad0x schrieb in Beitrag Nr. 1453-18:
Müsste man denn nicht korrekterweise sagen, sie wechselt während ihrer Reise in jedem Punkt lediglich das inertiale Bezugssystem?
Hallo Parad0x,

du hast recht, das war eine Ungenauigkeit von mir. Berta wechselt kein Bezugssystem, sondern in jedem Augenblick das Inertialsystem. Nur für einen infinitesimal kleinen Eigenzeitabschnitt kann man sie als in einem Inertialsystem befindlich betrachten. Die Summe dieser infinitesimal kleinen Eigenzeitabschnitte ergibt ihre gesamte Eigenzeit. Mit dieser Formulierung einverstanden?
Zitat:
Warum ich auf dieses kleine Detail eingehe ist, weil mir dort das grundlegende Mißverständnis zu liegen scheint. Wenn Du vom Wechsel des Bezugssystems sprichst, fragt sich jemand anderes, wie sich das mit der Vorstellung verträgt, dass es auch eine Sicht für Berta geben muss - sie aus ihrer Sicht also das Bezugssystem nie wechselt.
So ist es. Berta spürt ständig die Beschleunigung, deshalb kann sie nicht behaupten, dass sie sich ständig in einem Inertialsystem befindet.
Zitat:
Ich hoffe, ich halte dadurch weder die Diskussion auf noch greif ich irgendwie vor?
Nein, du hast die Diskussion damit fortgesetzt und du greifst auch nicht vor. Danke für deine Berichtigung.

M.f.G Eugen Bauhof
Signatur:
Der Kluge lernt aus allem und von jedem,
der Normale aus seinen Erfahrungen,
und der Dumme weiß alles besser.
Sokrates.
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.052, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Bauhof,

muß man einen Beobachter in A ausschließen, um die Aufgabe zu lösen ?
Ich als Denker der Aufgabe bin doch nicht mit geflogen ...

Auch frag ich mich schon jetzt, ob du nur vorrechnen wirst,
oder auch den Bezug zur Wirklichkeit herstellst.
Das fänd ich zumindest gut.
Denn rechnen ist nicht die Realität.

Siehe - http://www.youtube.com/watch?v=InQ63s7kKsI&NR=1

Gruß
Signatur:
All sind alle
[Gäste dürfen nur lesen]
In diesem Forum dürfen nur Mitglieder schreiben. Hier kannst du dich anmelden
Zum Seitenanfang Nach oben