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Number forms (Zeitsynästhesien)

Thema erstellt von Emeraldglow 
Beiträge: 3, Mitglied seit 14 Jahren
Hallo liebes Forum,

im Forum bin ich neu, und hoffe, dass mein Thema bislang nicht schon diskutiert wurde - zumindest habe ich es über die Suche nicht gefunden.

Ich möchte einfach einmal etwas beschreiben :-)

Es geht mir um Synästhesien - genauer: um Zeitsynästhesien. Jedoch nicht in literarisch-metaphorischer Hinsicht, sondern im Blick auf das biologische Phänomen Synästhesie.

Da vielleicht nicht alle mit Synästhesie so vertraut sind, eine kurze Erklärung:

Synästhesien sind in etwa "kombinierte Sinneserlebnisse" - abgeleitet von "syn" (griech.: zusammen) und "aesthesie" (von "aisthesis", griech.: Sinnesempfindung oder -wahrnehmung).
Das bedeutet, dass bei der Aktivierung eines Sinnes parallel ein weiterer, nicht angesprochener Teil desselben Sinnes oder auch ein anderer Sinn aktiviert wird.
Beispiel: Wenn einige Synästhetiker (oder Synästheten) einen Klang hören oder eine Zahl lesen, sehen sie unmittelbar auch eine (synästhetische) Farbe, und zwar entweder vor "dem inneren Auge" oder auch direkt auf der geschriebenen Zahl. Neben synästhetischen Farben können sie auch synästhetische Formen, Geschmäcker, Gerüche, Klänge, Berührungen usw. erleben.
Das ist keine Krankheit, sondern eine neurologische Besonderheit, die sich in bildgebenden Verfahren als Aktivierung zusätzlicher Gehirnareale zeigt. Synästhesie lässt sich noch nicht erklären (vermutlich gibt es mehrere Erklärungen, eine davon ist die Annahme zusätzlicher "Verdrahtungen" im Gehirn). Die Befähigung zu Synästhesie ist angeboren, vermutlich vererbbar. Synästhesien erscheinen automatisch und sind nicht veränderbar. Es berichten mehr Frauen als Männer davon.
Die Definition von Synästhesie wurde in den letzten Jahren von Wissenschaftlern dahingehend erweitert, dass Synästhesien auch durch Gefühle oder durch kognitive Auslöser (z.B. das Konzept der 12 Monate, die ein Jahr bilden) herbeigeführt oder beeinflusst werden können.

Entschuldigt diese lange Vorrede - aber nun bin ich beim Punkt:
Zeitkonzepte, wie Tageszeiten oder Jahre, können bei Synästhetikern nicht nur Farben auslösen, sondern auch eine bestimmte Lokalisierung/Anordnung im Raum. Das nennt man Number forms (die auch andere ähnliche Konzepte umfassen).
Mehr dazu, auch zwei Bilder:
http://en.wikipedia.org/wiki/Synesthesia#Number_for...
Hier ist die Annahme, dass diese Konzepte, wenn man sie als Kind lernt, sozusagen das "Futter" sind, auf die sich ein entsprechend synästhesiebegabtes Gehirn "stürzt", und sich Number forms ausbilden. Manchmal ähneln sie den schulischen Vorgaben auffallend (z.B. kreisförmige Monate), manchmal sind sie komplett anders. Eins ist aber immer gleich: sie sind keine gedankliche Vorstellung, sondern tatsächlich visualisiert (also "man sieht sie wirklich").

Könnt Ihr Euch das in etwa vorstellen?

Es gibt also Menschen, die mit inneren Zeitvisualisierungen aufwachsen, in denen Zeit automatisch mit einer räumlichen Verortung einhergeht, und in denen Zeit weder linear noch regelmäßig ist ;-)
Und es bringt irgendwann die Erfahrung mit sich, dass diese "Zeit" individuell ist und andere eine andere haben, die man dann "lernt", um sich mit ihnen verständigen zu können.

Liebe Grüße
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Beiträge: 473, Mitglied seit 14 Jahren
Also diesen Begriff höre ich zum erstem mal.
Das es sowas gibt, kann ich mir aber vorstellen. Und wie du richtig sagtest ist es bestimmt keine Krankheit.

Ich könnte mir vorstellen, das solche Menschen mehr zugriff auf ihr Gesamtbewusstsein haben, als wir. Sie nehmen Dinge ausserhalb unserer RaumZeit wahr und wandeln das in Raumzeitliche Begriffe um. Wir alle nehmen ja im Schlaf Dinge wahr, die mit unserer Raumzeit nichts zutun haben. Doch wir vergessen das wieder.
Vielleicht ist ihre Wahrnehmung gewisser Dinge so, wie sie in anderen Bereichen ( z.B. Parallelunivesen ) gang und gäbe sind.
Wissen tu ich das ganze aber nicht.
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Beiträge: 1.052, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Emeraldglow,

Zitat:
Zwar stellt sich kein konkretes Bild beim Lesen des Verses ein, aber er gibt trotz allem etwas zu verstehen. Dabei ist das was er aussagt eindeutig, obwohl ihm kein Gegenstand in der Welt unserer Erfahrung korrespondiert. Dies daher, da sich sinnliches und inhaltliches in solcher Dichtung nicht trennen lassen: Es gibt keine »Aussage« des Gedichts, die unabhängig von ihrer sprachlichen Form wäre. Nicht erst hat der Dichter eine »Idee«, die er dann versprachlicht, sondern in der Sprache selbst geschieht das ver-dichten.

Für räumliche Bilder im Gehirn sind wohl die Stirnlappen zuständig.
In ihnen projekzieren wir unsre Umwelt. die durch unsere Sinnes-Organe aufgenommenen Singnale setzen sich dort als
"virtuelles" Bild zusammen.

Das wir aus dieser zusammengesetzten Information Schlüße und Reaktionen ziehen ist ein Dimensions-sprung.
Erkenntnisse , Erinnerungen und alle Wahrnehmung des Verstandes sind vierdimensional.

Auch ausgedachte Bilder (Phantasie) sind vierdimensional und können als Impuls-gebende Idee in der dreidimensionalen Realität zB. zu selbstgemalten Bildern , Texten oder sonstwas werden, das realen Bestand hat.

Natürlich können Menschen ihre Vorstellung zu einem bestimmten Singnal erweitern und so auch die Temperatur einer Farbe empfinden.

Solche Kombinationsmöglichkeiten sind nur der Naturwissenschaft unerklärlich, da sie jegliches Bewustsein als nicht real klassifiziert und eine Wechselwirkung mit der vierten Dimension somit als nicht real bezeichnet.

Die Naturwissenschaften verbieten sich selbst philosophisch zu sein, um sich gegen die Philosophie abzugrenzen.
Das muß so sein ... und hat halt Konsequenzen.

Wissenschaft ohne philosophischen Hintergrund ist unsinn und führt ins Nichts.

Wissenschaft liefert nur Fakten, die der Betrachter selbst werten muß und darüber Erkenntnisse erlangen kann.

Zitat:
Der synästhetische Charakter der Dichtung ist also aufs Engste mit der Alltagssprache verbunden, die – anders als wissenschaftliche analytische Begriffe – die Welt unserer Erfahrung stets in ihrer Mannigfaltigkeit abbildet, ohne dabei grundsätzlich zwischen verschiedenen physikalischen Sinnesregionen zu trennen. Eine solche scharfe Trennung bringt erst die wissenschaftliche Erfassung der Welt, indem sie die Begriffe von Raum und Zeit zu ihren obersten Maßstäben macht unter denen von nun ab alles verortet wird. Nach Martin Heidegger ist jedoch eine solche raum-zeitliche Trennung, eine metaphysisch-philosophische Annahme, ein Dogma, welches die Welt in einem verzerrten Lichte zeigt. Denn seine Rechtmäßigkeit erweist der Primat von Raum und Zeit nur am praktischen Erfolg der Wissenschaften, also der Naturbeherrschung, dass er aber als metaphysische Ansicht den einzig wahren Zugang zur Welt darstellt kann er nicht aus sich selbst erweisen.[6] Heideggers Ansprüche die metaphysische Betrachtung zu überwinden reichen jedoch weit über das wissenschaftliche Konzept der Synästhesie hinaus, da diese ja trotz möglicher Vermischungen immer noch von einer grundsätzlichen Scheidung der Sinnesbereiche ausgeht.
Zitate aus : http://de.wikipedia.org/wiki/Syn%C3%A4sthesie#Philo...

Real
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Beiträge: 1.477, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Emeraldglow,

willkommen im Forum.

Emeraldglow schrieb in Beitrag Nr. 1451-1:
Synästhesien sind in etwa "kombinierte Sinneserlebnisse" - abgeleitet von "syn" (griech.: zusammen) und "aesthesie" (von "aisthesis", griech.: Sinnesempfindung oder -wahrnehmung).
Das bedeutet, dass bei der Aktivierung eines Sinnes parallel ein weiterer, nicht angesprochener Teil desselben Sinnes oder auch ein anderer Sinn aktiviert wird.


Wenn ich rein visuell ein saftiges Schnitzel wahrnehme, dann wird mein Geschmackssinn ebenfalls aktiviert und das Wasser läuft mir im Munde zusammen.
Ist es das, was mit Synästhesie gemeint ist?

mfg okotombrok

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"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können"
(Francis Picabia)
Beitrag zuletzt bearbeitet von Okotombrok am 12.07.2009 um 15:06 Uhr.
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Beiträge: 200, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Emeraldglow,

ich kann den von Dir beschriebenen Effekt aus meiner eigenen subjektiven Wahrnehmung bestätigen. Von je an assoziiere ich vor meinem "geistigen Auge" Zahlen mit Farben. Besser gesagt, die Ziffern. Zum Bsp. ist für mich die Ziffer 1 stets dunkelgelb, die 2 weiß, die 3 rot usw. usf. ...das führt dazu, dass "Lieblingszahlen" auch von der farblichen Zusammensetzung beeinflusst werden. Die Zahl 15 besteht für mich aus der gelben 1 sowie der orangen 5, was farblich harmoniert und einen besonders "warmen" Eindruck hinterlässt. 29 hingegen erscheint mir weiß für die 2 und dunkelblau für die 9. Ist also eher eine "kalte" Zahl. Bei mir ist es aber nicht so weit ausgeprägt, dass ich beim Betrachten oder Schreiben von Zahlen deren Farbeindrücke "physisch" sehe - hier auf dem Monitor sind die Ziffern nach wie vor weiß. Je mehr ich mich natürlich beim Lesen damit beschäftige, umso "plastischer" wird dann auch der Eindruck. Bei Buchstaben geht es mir übrigens ähnlich.


mfG,
parad0x
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remember: 21 is just half of the truth...
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Beiträge: 3, Mitglied seit 14 Jahren
Hallo zusammen,

lieben Dank für Eure Antworten!

Solo1,
auffallend ist, dass es kaum zwei Synästhetiker dieselben Number forms haben. Selbst wenn die Form (z.B. kreisförmig) bei mehreren vorkommt, sind die Details meist verschieden, z.B. was ist an welcher Position? welche Farben, oder gar keine? welche Größe? bewegt sich das Ganze, und wenn ja, wie?
Dann wären die "Dinge außerhalb unserer RaumZeit" - oder genauer, wie sie individuell erlebt werden ;-) - individuell sehr verschieden.
Passt das zu Deinen Gedanken?

Real,
dass die Naturiwssenschaften die Philosophie gern außen vor" lassen, sehe ich auch.
Dabei sind Synästhesien gerade für das Binding-"Problem" spannend... (H.M. Emrich, emeritierter Prof der Medizinischen Hochschule Hannover, sprach bei Synästhesie einmal von "Hyper-Binding";-)

Oktombrok,
es wäre eine Synästhesie, wenn Du beim Anblick eines Schnitzel (oder beim Denken/Lesen des Wortes Schnitzel) den Geschmack von Holz empfindest, ohne dass Du tatsächlich Holz im Mund hast ;-)
Ganz im Ernst: gerade bei Geschmackssynästhesien passen Auslöser und synästhetischer Geschmack meist nicht zusammen.
Du sprichst aber zugleich einen spannenden Punkt an: Geruchs- und Geschmackssinn sind eng gekoppelt, das heißt, wenn Menschen den Geruchssinn verlieren, schmeckt vieles plötzlich nach nichts. Und der Geruchssinn kann uns in die Irre führen, was wir gerade essen.
Es ist schon der Gedanke aufgekommen, ob nicht alle Menschen hinsichtlich Geruchs- und Geschmackssinn Synästhetiker sind. Aber hier kann auch eher der Punkt sein, dass beides nicht so strikt getrennt definiert werden kann wie z.B. Hören und Schmecken.
Die Synästhesiesforschung ist ein aufblühender Wissenschaftzweig und da wird noch manche Theorie geboren und verworfen werden...

Parad0x,
Ich schicke Dir gleich mal eine Mail dazu :-)

Meiner Ansicht nach sind Synästhesien eine zusätzliche - wenn gleich individuelle und nicht mit anderen teilbare - Art, sich im Leben zu orientieren.
Mit "nicht teilbar" meine ich, dass andere es so nicht erleben. So, wie wir nicht wissen, wie es ist, eine Fledermaus zu sein.
Mit orientieren meine ich, dass sich zahlreiche Synästhetiker z.B. beim Nachdenken über Vergangenes und beim Organisieren von Zukünftigem nach ihren individuellen Visualierungen richten und nicht nach dem allgemeinen Kalender.

Dass das Zeit- und Raumempfinden individuell sehr verschieden sein kann, ist sicher klar.
Manche Menschen gehen dagegen tagtäglich bewusst mit zwei merh oder weniger verschiedenen Zeitsystemen um. Ich denke mir, dass das, weil es schon seit der Kindheit ist, ein relativeres Verhältnis zu Zeit und vielleicht auch Raum mit sich bringen kann.

Liebe Grüße
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Beiträge: 473, Mitglied seit 14 Jahren
Zitat:
Solo1,
auffallend ist, dass es kaum zwei Synästhetiker dieselben Number forms haben. Selbst wenn die Form (z.B. kreisförmig) bei mehreren vorkommt, sind die Details meist verschieden, z.B. was ist an welcher Position? welche Farben, oder gar keine? welche Größe? bewegt sich das Ganze, und wenn ja, wie?
Dann wären die "Dinge außerhalb unserer RaumZeit" - oder genauer, wie sie individuell erlebt werden ;-) - individuell sehr verschieden.
Passt das zu Deinen Gedanken?

Ja eigentlich schon.

Jeder Mensch und jedes Bewusstsein macht ja verschiedene Erfahrungen. Der eine sieht es so und andere anders. Auch ausserhalb von Raum und Zeit macht jedes Bewusstsein andere Erfahrungen. Die Synästhetiker sehen zum Beispiel in Zahlen farben, die ein anderer Mensch nicht sehen kann, obwohl er vielleicht direkt daneben steht. Vielleicht ist das etwas was aus einem anderen parallelen Universum kommt bzw. Wahrgenommen wird, denn ein "normaler" Mensch nimmt diese Sachen ja nicht wahr.
Ist aber alles reine Spekulation.
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