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Gravitonen oder Raumkrümmung?

Thema erstellt von Molukkenpapa 
Beiträge: 9, Mitglied seit 18 Jahren
Meine Frage bzgl dieses Themas lautet, was nun die Gravitation ausmacht? Nach Einstein wird der Raum in seiner Geometrie durch die Anwesenheit von Massen gekrümmt, doch in der Quantenphysik hat man das hypothetische Graviton als Austauschteilchen eingeführt, wie es bei jeder Wechselwirkung Austauschteilchen gibt. Für mich sind diese beiden Erklärungen nicht miteinander vereinbar.
Ist das Graviton ein Raumteilchen oder besteht der Raum nur aus Gravitonen?
Hat dies etwas mit der Loop-Quantengravitation zu tun?

LG
Molukkenpapa
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Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
Molukkenpapa schrieb in Beitrag Nr. 1195-1:
Meine Frage bzgl dieses Themas lautet, was nun die Gravitation ausmacht? Nach Einstein wird der Raum in seiner Geometrie durch die Anwesenheit von Massen gekrümmt, doch in der Quantenphysik hat man das hypothetische Graviton als Austauschteilchen eingeführt, wie es bei jeder Wechselwirkung Austauschteilchen gibt. Für mich sind diese beiden Erklärungen nicht miteinander vereinbar. Ist das Graviton ein Raumteilchen oder besteht der Raum nur aus Gravitonen? Hat dies etwas mit der Loop-Quantengravitation zu tun?
Hallo Molukkenpapa,

Bis jetzt weiß niemand, was die Gravitation "ausmacht". Es gibt bisher nur eine anerkannte Theorie, in der die Gravitation beschrieben wird - Einsteins Gravitationstheorie, die ART. Sie macht Voraussagen, die durch Beobachtungen bestätigt wurden. Ich bin ebenfalls der Meinung wie du, dass Graviton und ART nicht miteinander vereinbar sind. Gesucht wird immer noch eine allumfassende Theorie, welche die ART und die Quantentheorie als Spezialfälle enthält.

In der String-Theorie wird postuliert, dass die Bestandteile der Materie keine punktförmigen Teilchen sind, sondern fadenförmige Anregungen - die Strings genannt werden. Aber diese Strings schwirren nach wie vor in der Raumzeit herum, das heißt, die String-Theorie fordert eine fest vorgegebene Raumzeit. Um aber die dynamischen Struktur der Raumzeit erklären zu können, darf eine Theorie die Raumzeit nicht als Hintergrund voraussetzen, sondern sie muss erklären, wodurch die Raumzeit konstituiert wird. Es gibt zwei Theorie-Kandidaten, welche hintergrundunabhängig sind und somit die Raumzeit nicht voraussetzen:

1. Die Schleifen-Quantengravitation, die du bereits als Loop-Quantengravitation erwähnt hast.

2. Eine Neu-Formulierung der Stringtheorie, die so genannte M-Theorie.

Diese Theorien sind bislang noch nicht anerkannt, weil es noch keine Experimente dazu gibt.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

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Der Kluge lernt aus allem und von jedem,
der Normale aus seinen Erfahrungen,
und der Dumme weiß alles besser.
Sokrates.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Bauhof am 24.06.2008 um 17:08 Uhr.
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Beiträge: 1.477, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Molukkenpapa,

zur Stringtheorie bzw. zur M-Theorie, die Eugen Bauhof erwähnte, kann ich das Buch von Brian Greene "Der Stoff aus dem der Kosmos ist" sehr empfehlen. Das Buch ist sehr aktuell (2. Auflage, 2006) und in vielen gut sortierten Buchläden zu haben. Eugen Bauhof erwähnte dieses Buch auch schon im Forum.
Allerdings wird die Schleifen-Quantengravitation hier nur kurz erwähnt und nicht weiter darauf eingegangen. Brian Greene ist offensichtlich ein euphorischer Verfechter der String-Theorie, das sollte man vielleicht beim Lesen nicht außer Acht lassen.

Hallo Eugen Bauhof,
kannst du, oder Irgendjemand aus dem Forum, Literatur über die Schleifen-Quantengravitation empfehlen? Ich wüßte gerne mehr darüber und finde nichts außer dass sie mal erwähnt oder kurz in einem Absatz abgehandelt wird. Nennung von Naturwissenschaftler, die in dieser Richtung aktiv sind, wäre auch schon eine Hilfe.

Übrigens ist es nicht unwahrscheinlich, dass in den nächsten Jahren Experimente möglich sind, bei der die Stringtheorie vielleicht bewiesen wird oder verworfen werden muss. Der neue Teilchenbeschleuniger im CERN müsste doch nun bald fertiggestellt sein, oder? Müsste der nicht "das Zeug dazu haben"?
Ob damit aber die "große vereinheitlichte Theorie" gefunden wird, wage ich zu bezweifeln. Sicher werden sich wieder neue Fragen stellen.

mfg okotombrok

Signatur:
"Der Kopf ist rund, damit die Gedanken die Richtung wechseln können"
(Francis Picabia)
Beitrag zuletzt bearbeitet von Okotombrok am 25.06.2008 um 00:06 Uhr.
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Beiträge: 9, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo ihr beiden!
Um die Gravitonen wirklich anzuerkennen, müsste man die ART also stark in Richtung Quantenphysik modifizieren, aha...alles schwierig, also ohne Stringtheorie keine Gravitonen.

Was unterscheidet die M-Theorie von der "normalen" Stringtheorie?

Und was macht es so schwierig, die Quantenwelt und Gravitation zusammen zu bringen? Man könnte doch einfach einen winzig kleinen Faktor in die Quantengeichungen einführen, der (außer bei großer Gravitation in der Nähe Schwarzer Löcher) vernachlässigbar klein ist, ich will wissen worin eigentlich dieses Problem liegt!

Okotombrok, ich weiß zwar nicht wie viel du über die Schleifen-Quantengravitation wissen möchtest, aber in einem Spektrum-Dossier (etwa 2-3 Jahre alt) steht ein guter Artikel darüber, ich finde es gerade nicht in einem chaotischen Zimmer.

Ich bin auch schon gespannt wir ein Flitzebogen, was die Experimente am CERN alles enthüllen werden, bzgl Higgs-Boson und supersymmetrische Teilchen...

Es grüßt euch
Molukkenpapa
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Beiträge: 1.375, Mitglied seit 16 Jahren
Okotombrok schrieb in Beitrag Nr. 1195-3:
Hallo Eugen Bauhof,
kannst du, oder Irgendjemand aus dem Forum, Literatur über die Schleifen-Quantengravitation empfehlen? Ich wüßte gerne mehr darüber und finde nichts außer dass sie mal erwähnt oder kurz in einem Absatz abgehandelt wird. Nennung von Naturwissenschaftler, die in dieser Richtung aktiv sind, wäre auch schon eine Hilfe.
Hallo Okotombrok,

Lee Smolin [1] hat die Schleifen-Quantengravitation entwickelt. Im Internet meistens unter den Stichwort "Loop" zu finden. Hermann Nicolai, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam, beschreibt im Gespräch mit "Spektrum der Wissenschaft" mögliche Wege, zu einer vereinheitlichten Theorie zu kommen. In diesem Interview [2] sind ebenfalls Infos über die Schleifen-Quantengravitation zu finden.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Lee Smolin
Quanten der Raumzeit.
Aufsatz in: Spektrum der Wissenschaft, März 2004, Seite 54 - 63.
Heidelberg 2004. Spektrum Akademischer Verlag.
http://www.spektrum.de/artikel/840299&_z=798888
(Für Abonnenten von Spektrum der Wissenschaft ist der Online-Zugriff kostenlos)
Hier eine kostenlose Leseprobe:
http://www.wissenschaft-online.de/spektrum/leseprob...

[2] Hermann Nicolai
Relativität, Quantentheorie und Große Vereinigung.
Interview in: Spektrum der Wissenschaft, Mai 2005, Seite 84-87
Heidelberg 2005. Spektrum Akademischer Verlag.
http://www.spektrum.de/artikel/837895&_z=798888
(Für Abonnenten von Spektrum der Wissenschaft ist der Online-Zugriff kostenlos)
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Molukkenpapa schrieb in Beitrag Nr. 1195-4:
Was unterscheidet die M-Theorie von der "normalen" Stringtheorie?
Hallo Molukkenpapa,

Im Jahr 1995 gab es fünf verschiedene String-Theorien. Dann erkannte man, dass diese verschiedenen String-Theorien nur Annäherungen an eine übergeordnete Theorie sind. Diese übergeordnete Theorie wurde M-Theorie genannt. Man sollte aber bedenken, dass das alles nur elegante mathematische Beschreibungen von möglichen physikalischen Abläufen sind, die noch durch keine Experimente belegt sind. Mathematische Eleganz allein belegt m.E. noch nicht die Richtigkeit einer Theorie. Leonard Mlodinow äußerte sich zur M-Theorie auf Seite 267 seines Buches [1] wie folgt:

"Im März 1995 hielt Witten auf einer Tagung an der University of Southern California einen Vortrag über die String-Theorie. Elf Jahre waren vergangen nach der Superstring-Revolution von Schwarz, und für viele schien sich die String-Theorie langsam zu entwirren. Wittens Vortrag veränderte von einem Tag auf den anderen die Lage. Was er mitteilte, war ein weiteres mathematisches Wunder: Alle fünf String-Theorien sind nur verschiedene Annäherungen an die eine und einzige übergeordnete Theorie: die M-Theorie. Die Zuhörer im Auditorium waren wie erschlagen. Nathan Seiberg von der Rutgers University, der als nächster reden sollte, war nach Wittens Vortrag so von Ehrfurcht ergriffen, dass er seufzte: 'Ich sollte besser Lastwagenfahrer werden.' " Zitat Ende.

Zitat:
Und was macht es so schwierig, die Quantenwelt und Gravitation zusammen zu bringen?
Die Quantenwelt wird nichtklassisch beschrieben, hingegen die Gravitation wird klassisch beschrieben. Und das geht bisher nicht zusammen. Denn Einsteins ART zählt zu den klassischen Theorien. Es gibt zwar bereits experimentell bestätigte Verbindungen zwischen Einsteins SRT und der Quantentheorie, aber meines Wissens gibt es noch keine Verbindungen zwischen Einsteins ART und der Quantentheorie, die auch durch Experimente belegt wären.

Mit freundlichen Grüßen
Eugen Bauhof

[1] Leonard Mlodinow
Das Fenster zum Universum. Eine kleine Geschichte der Geometrie.
Frankfurt/Main 2002. Campus-Verlag.
ISBN=3-593-36931-1
Nur noch antquarisch greifbar: http://www.zvab.com/showAdvancedSearch.do

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Bauhof am 27.06.2008 um 15:49 Uhr.
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Bauhof schrieb in Beitrag Nr. 1195-5:
Lee Smolin [1] hat die Schleifen-Quantengravitation entwickelt. Im Internet ...

Hallo Eugen,

vielen Dank für die ausführlichen Informationen!
Falls noch jemand interessiert ist, bei Ebay gibt's die erwähnten Ausgaben noch.

mfg okotombrok
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