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Wieviel Bit hat das Universum

Thema erstellt von Modran 
Beiträge: 683, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Ihrs!

Ich habe mir, wie viele andere auch, schon oft vorgestellt, das Universum wäre eine Computersimulation. A la Matrix.
Bisher habe ich aber immer nur über die philosophischen Konsequenzen davon nachgedacht, und die sind recht betrüblich.

Nun ist das aber eine unmittelbare Folge der Quantenphysik. In der "klassichen Zeit" waren alle Werte noch analog; ein X-Dimensionales Kontinuum mit unendlich hoch unendlich Möglichkeiten. Schon das Chaosprinzip verbietet, das ein binärer Rechner mit einer endlichen Genauigkeit diese schier unendliche Natur nach-berechnen kann (siehe Wettervorhersagen; an denen wurde die Chaosthorie überhaupt erst entdeckt).

Zum Glück gibt es die Quantenphysik: diese setzt der Genauigkeit der Natur eine Grenze, und somit ist eine Simulation per Rechner wieder vorstellbar. Leider - und zum Glück.

Dabei ist mir eine interessante Sache aufgefallen.

Nehmen wir an, wir wollen erstmal nur ein einziges Elektron im riesigen Universum simulieren.
Welche Variablen und welche Konstanten brauchen wir dafür?
Wir haben bereits gesagt, daß es ein Elektron ist, also stehen seine (Ruhe-)Masse und seine (coloumb-)Ladung fest.
(Nebenbei stehen auch weitere Eigenschaften fest, die uns aber noch nicht interessieren, wie die "Farb"-Ladung 0 = neutral).
Welche Variablen brauchen wir?
Der Unterschied zwischen zwei verschiedenen Elektronen wird festgelegt durch ihren Ort, ihren Impuls und ihren Spin. Und zwar alle im Rahmen der Heisenbergschen Unschärfe.
Wir brauchen für eine Simulation NICHT MEHR Bits, als das Unbestimmtheitsprinzip uns vorschreibt! Jedes weitere Bit wäre Verschwendung, da es selbst in der echten Natur überhaupt keine Information tragen könnte. Fragen wir ein solches Bit ab, erhalten wir mit 50% Wahrscheinlichkeit eine Null oder ein Eins - wir haben dann das Buch zu Ende gelesen und versuchen nur noch, die Anordnung der Flecken auf der Rückseite zu analysieren.

Laut Standardmodell kann der Spin des Elektrons nur "up" oder "down" sein, egal, in welcher Richtung man ihn mißt. Es gibt keinen Neutralen Punkt; also etwa eine Drehachse, auf die man senkrecht sehen könnte, um einen Spin von Null wahrzunehmen. Null gibt es nicht! Wann immer man den Spin abfragt, ist er "minus" oder "plus" - entweder in Uhrzeigerichtung oder dagegen.
Somit genügt ein Bit für den Spin (pro Raumachse).

Kommen wir zum Ort: Welche Beschränkungen haben wir da? Ich möchte sie erstmal nur sehr grob festlegen:
- die kleinste sinnvolle Orstangabe soll etwa der Planck-Länge entsprechen, während wir für die Größe des Universums etwa 30 Mrd. Lichtjahre annehmen. Wir kommen so (Universumsdurchmesser geteilt durch Planck-Länge) auf etwa 1,75 E10+61 verschiedene Mögliche Orte, an denen sich das Teilchen - in einer von drei Dimensionen - befinden kann; das entspricht einer Auflösung von etwa 200 bit.
(Exakt sind es 205 bit.)

Um auf der sicheren Seite zu sein, sagen wir, wir benutzen 400 bit. Damit können wir Strukturen auflösen, bei denen wir mehr komplette Universen in einem Wassertropfen darstellen könnten, als der ganze Ozean Wassertropfen besitzt.
400 bit ist also so hoch gegriffen, daß wir es als oberste Grenze definieren dürfen.

Bleibt noch der Impuls. Und jetzt kommts:
Der Impuls benötigt keine zusätzlichen bits!
Wenn ich den Impuls mit 100 bit Genauigkeit messe, muß ich diese Hundert bit Speicher von der Orts-Variable abknappsen. Dank Heisenberg. Der Ort läßt sich dann nur noch mit 300 bit Genauigkeit angeben.

Wir benötigen also keine weiteren Variablen, und haben den Informationsgehalt festgelegt:
Struct Elektron
Spin_x - 1 bit
Spin_y - 1 bit
Spin_z - 1 bit
Ortpuls_x - 400 bit
Ortpuls_y - 400 bit
Ortpuls_z - 400 bit
End Struct

Ortpuls ist dabei eine Variable, von der - je nach Art der Abfrage - entprechend viele bits den Ort angeben, und die restlichen bits enthalten den Impuls.

Die Computersimulation müßte nun so aussehen:
Wird irgendwann der Ort eines Elektrons mit 390 bit Genauigkeit abgefragt, und man fragt im selben Moment den Impuls ab, dann kommen 10 bits, die etwas über den Impuls aussagen, und jedes weitere abgefragte bit liefert nur noch zufällig 0 oder 1. Und umgekehrt.

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Ich leide nicht unter Realitätsverlust - ich genieße ihn!
Beitrag zuletzt bearbeitet von Modran am 07.05.2007 um 20:29 Uhr.
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Beiträge: 75, Mitglied seit 17 Jahren
Ein Elektron kann man aber nicht per Bit bestimmen.
Da es doch nur zu einer gewissen Wahrscheinlichkeit Existent ist bzw eine Position hat.
Das Elektron ist zu 2% hier und zu 0,1% dort usw...
Wie will man das mit einer Simulation ausdrücken in der es nur 0 und 1 gibt ?

Es gibt doch nur eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit mehr nicht.
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Die Zeit ist das Feuer in dem wir verbrennen. (Startrek 7^^)
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Beiträge: 726, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Modran,

schöne Rechnung, nur leider falsch :-)

Betrachten wir erst einmal den Spin. Es ist schon richtig, daß eine Messung des Spins in eine gegebene Richtung nur "up" oder "down" sein kann. Man kann aber nicht nur in die Koordinatenrichgtungen messen, sondern auch schief dazu! Dafür ist es so, daß zwischen den zueinander orthogonalen Spintichtungen eine Unschärferelation besteht, so daß z.B. die Kenntnis des z-Spins eine völlige Unkenntnis des x-Spins und des y-Spins bedeutet. Da zudem die Messung in die jeweils entgegengesetze Richtung auch das entgegengesetzte Ergebnis liefert (der Zustand, der in positive z-Richtung sicher Spin up liefert, liefert in negative z-Richtung sicher Spin down und umgekehrt), braucht man nur die Richtung, in der der Spin festliegt. Dummerweise benötigt man zur Angabe dieser Richtung bereits zwei reelle Zahlen (eine Richtung im Raum wird durch zwei Winkel festgelegt; z.B. kann man die Richtungen vom Erdmittelpunkt aus gesehen durch Längen- und Breitengrad des Punktes der Erdoberfläche angeben, der in der entsprechenden Richtung liegt). Somit benötigt man bereits für die Angabe des Spins zwei reelle Zahlen, die jede unendlich viel Bits hat. In diesen beiden reellen Zahlen ist die Richtung codiert, in die man den Spin zuletzt gemessen hat (in die also die nächste Messung ein vorhersehbares Resultat ergibt). Eine Spin-Down-Messung in einer bestimmten Richtung entspricht dabei einer Spin-Up-Messung in Gegenrichtung.

Nun könnte man von den unendlich vielen Bits wegkommen, indem man bedenkt, daß man ein einsames Elektron im Universum überhaupt nicht messen kann, denn um es zu messen, braucht man ein ebenfalls im Universum befindliches Meßgerät. Und das Meßgerät unterliegt selbstverständlich ebenfalls der Quantenmechanik, kann also nicht beliebige Messungen durchführen. Zumal, wenn wir die Quantisierung des Raumes annehmen: Dann haben wir ja nur eine endliche Anzahl von Punkten, und somit auch eine endliche Anzahl von Richtungen. Allerdings sind die Bits, die alleine für den Spin benötigt werden, damit bereits weit jenseits der 3 Bits, die Du ihnen zugestehst.

Aber es kommt noch schlimmer: Da Ort und Spin miteinander verschränkt sein können, muß für jeden Raumpunkt getrennt die Spinrichtung angegeben werden. Hinzu kommt, daß für jeden Punkt noch eine komplexe Zahl für die Ortswellenfunktion benötigt wird. Das Betragsquadrat dieser Zahl gibt die Wahrscheinlichkeit an, das Elektron an diesem Ort zu finden (die Unschärferelation gibt nur eine Untergrenze an; die tatsächliche Wellenfunktion kann durchaus z.B. fünf Peaks an fünf verschiedenen Orten haben), und die komplexen Phasen codieren letztlich die Impulsverteilung (wie man das jetzt anschaulich erklären könnte, weiß ich leider auch nicht). Eine komplexe Zahl entspricht zwei reellen Zahlen (Real- und Imaginärteil).

Kurz: Man benötigt 4 komplexe Zahlen pro Punkt, um den quantenmechanischen Zustand des Elektrons zu beschreiben, macht bei über 1,75·1061 Werten pro Koordinate also ca. 2·10184 komplexe Zahlen (nun ja, zwei Zahlen weniger wegen Normierung und einer frei wählbaren globalen Phase :-)). Selbst wenn man nun annimmt, daß jede dieser reellen Zahlen aufgrund der beschränkten Meßgenauigkeit nur 5 Bits lang sein muß (was sicher unterschätzt ist), dann käme man bereits auf rund 10185 Bits.

Also, wenn unser Universum eine Simulation ist, dann wird sicher nur die unmittelbare Umgebung der Erde quantengenau simuliert :-)
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Beiträge: 3.476, Mitglied seit 18 Jahren
Diese Codierungsfrage finde ich an sich schon interessant:

Ist das Universum eigentlich in irgendeiner Form codiert? Und wenn: Ist es "in sich" kodiert, oder irgendwie "außerhalb"?

Oder benötigt unser Universum keine Codierung?

Mal an einem einfachen Beispiel:

Ein Schmied erfindet eine geniale Waffe: das Schwert. Er schafft es allein aus seinen Gedanken heraus, also war es dort (in seinem Hirn) irgendwie "codiert", und zwar mit einem materiell/energetisch viel geringeren "Aufwand" als es das Schwert nachher darstellt.
Der Schmied macht keine Aufzeichnungen, noch hinterlässt er der Nachwelt irgendwelche Hinweise, wie er das Schwert geschaffen hat. Es ist natürlich das einzige Schwert, und bei seiner Erschaffung gab es keine Zeugen.
Nun stirbt der Schmied.
Ein Nachfahre findet das Schwert nach des Schmiedes Tod.
Nun kann der mit Talent und Geschick dieses Schwert nachbauen - dies dürfte leichter sein, als das Schwert zu erfinden.
Das Schwert ist also meiner Meinung nach "in sich" codiert, es liefert allein alle erforderlichen Parameter zum Nachbau.
Aber ausdenken musste sich das jemand vorher - wenigstens einmal. Oder?
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Diese Welt gibt es nur, weil es Regeln gibt.
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Beiträge: 31, Mitglied seit 17 Jahren
Siehe mal: http://www.quantenmaschine.at/Herleitung_exakten_Pl...

1.108e94 Photonen x 64 Informationen ~ 7e95 Bits
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Beiträge: 12, Mitglied seit 16 Jahren
Gibt es denn in der Welt der Wissenschaft eine Einigung über die Frage, ob das Universum "digital" oder "analog" ist ? Hier im Thread scheint es da ja unterschiedliche Auffassungen zu geben. Brauchen Winkelangaben reelle Zahlen oder lassen sie sich endlich ausdrücken ? Bei einer kleinsten Auflösung (Plancklänge) und einer endlichen Größe des Universums (Alter*Expansionsgeschwindigkeit*...) scheinen endliche Angaben zu reichen. Allerdings nur wenn man die Wahrscheinlichkeitsrechnungen der Quantenmechanik als echte Grundlage des Funktionierens in dieser Größenordnung wertet, nicht als Krücke um bisher unverstandenes kompensieren zu können. Wobei ich jetzt nicht einmal weiß, ob diese Wahrscheinlichkeiten nicht bereits reelle, und damit nicht mehr darstellbare, Werte sein können. (?)

Mir persönlich ist die Vorstellung einer Elektronensimulation suspekt, bei der dem Verhalten des Elektrons an irgendeiner Stelle eine Wahrscheinlichkeit zugesprochen wird, welche der statistischen Verteilund dieses Verhaltens für eine große Zahl von Elektronen entspricht. Das erinnert an einen Farbenblinden, der der Jeanshosenfarbe seines Gegenübers die Farbe Blau zuordnet.
Dann doch lieber verborgene Parameter, welche möglicherweise auch grundsätzlich unerkennbar sein könnten. Aber das ist nur meine Laienmeinung und weicht jetzt auch ein wenig von der Kernfrage ab.

Also nochmal: Lässt der Stand der Wissenschaft eine Antwort auf die Frage zu, ob das Universum vollständig quantisierbar ist oder Kontinuen beinhaltet ?

Signatur:
Das Ich als Sein betrachtet wird zum Wir.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Pax Domenic am 08.05.2007 um 20:40 Uhr.
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Beiträge: 8, Mitglied seit 17 Jahren
An Alle, die hierzu etwas geschrieben haben:

ich möchte nichts berichtigen, nichts widerlegen, schliesslich war ich von der Fülle der Gedanken und Vorschläge hier beeindruckt. Und vorweg gesagt: Ein Physiker oder Mathematiker bin ich nicht.

Mir fällt zu dieser Frage nur "Sein und Zeit" ein von Karl-Friedrich von Weizsäcker. Er nennt in diesem Buch das kleinste denkbare Partikel ein UR. Dann sagt er, eine vernünftige Schätzung in Größenordnungen ergebe insgesamt für das Universum 10 hoch 80 URE. Er billigt dann einem solchen UR einen Kontingenzspielraum (also das SEIN an möglichen ORTEN) von 10 hoch 40 zu. Woraus dann folgt, das es im Universum, beschreibt man die möglichen Orte, nur (!) zehn hoch 120 Möglichkeiten geben könne, ein ETWAS in ja/nein-Form unterzubringen.

Mit freundlichen Grüssen Rudi Sander (www.sinnweltentheorie.de)
Signatur:
Berliner
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Tomm
u.a. an Luhmannius

Die Frage scheint mir klein, denn was hilft eine solche Zahl? Das frage ich auf die Gefahr hin, dass eine solch dumme Frage bei manchem eher Kopfschütteln auslöst. "Sein und Zeit" ist doch wohl eher vom Martin Heidegger. Der Carl Friedrich schreibt sich mit C und sein Werk, auf das du, Luhmannius, dich vermutlich beziehst, scheint mir "Zeit und Wissen" zu heißen.

Gruß Tomm
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Beiträge: 683, Mitglied seit 17 Jahren
"Out of Memory Error ..." ;(

Aber vielen Dank für die vielschichtigen Antworten. Ich will mal versuchen, auf möglichst alle davon einzugehen.

@Muhhase: Ich halte es da mit der Kopenhagener Deutung. Eigenschaften, die prinzipiell nicht meßbar sind, besitzen demnach keine Entsprechung im Speicher des "Natur-Computers". Mein Elektron hat nur dann einen Ort, wenn er gemessen wird, und dann steht er (im Rahmen der jeweiligen Meßgenauigkeit) fest. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist eine Modellvorstellung, eine Interpretation - ein Wert, den man nicht messen kann. Wohlgemerkt: ich spreche nicht von einem Computerprogramm, welches zum Beipiel die unendlich vielen
"Feynmanschen Geschichten" übereinander summiert, um am Ende eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit anzugeben. Dafür wäre in der Tat auch unendlich viel Speicher nötig. Mein "Natur-Computer" besitzt aber keinen Speicher für Hilfsvariablen - er besitzt nur Parameter, die sich messen lassen.
Mein Computer-Programm spuckt also in zwei von hundert Fällen als Ergebnis Ort A aus, in einem von tausend Fällen Ort B; und wenn das Programm grad gar nicht nach dem Ort von dem Elektron befragt wird - dann spuckt es natürlich überhaupt nichts aus - genau wie die Natur. (Es spart viel Rechenpower, nur dann etwas zu sagen, wenn man gefragt wird ;)

@Timeout: Danke, was wäre das Zeitforum ohne Deine fundierten Profi-Infos? (Laß mich raten: Du hast das nicht nur studiert, sondern auch darin promoviert, richtig?)
"Da Ort und Spin miteinander verschränkt sein können, muß für jeden Raumpunkt getrennt die Spinrichtung angegeben werden." Nanu? Bedeutet eine Verschränkung nicht immer, daß wir mit weniger Speicher auskommen, anstatt mehr zu brauchen? Wenn z.Bsp. die Polarisation zweier Photonen verschränkt ist, dann muß ich doch nur noch eine der beiden Polariations-Variablen ermitteln - die andere ergibt sich dann automatisch daraus. Oder?
OK: die drei Bits für den Spin waren quatsch. Ich muß angeben, in welcher Raum-Richtung ich ihn gemessen habe. Doch benötige ich dazu wirklich eine (bzw. zwei) reelle Zahl(en)? - und da sind wir wieder bei der Ausgangsfrage.
Kann ich denn meine Meßapparatur um einen beliebig kleinen Winkel drehen? Das geht doch nur in der klassischen Theorie ...
Und schlimmer: ist es denn praktisch möglich, zwei Meßgeräte so aufzubauen, daß sie EXAKT orthogonal zueinander messen? Läßt sich ein Winkel von präzise "90 komma null periode null Grad" realisieren? Nö, oder?
Die Frage ist also: wie genau muß ein Winkel angegeben werden (können)? Wenn das Programm in einem von 2^100 Fällen falsch rechnet, kann ich damit leben. :)
Interessant erscheint mir dabei, daß - wieder dank der Unbestimmtheit - eine sehr kleine Änderung in der Richtung der Meßapparatur viel weniger Einfluß auf das Ergebnis hat, als dies in einer deterministischen ("lokal realistischen") Theorie der Fall wäre (Bellsche Ungleichung)!
Und letztlich will ich ja auch sogar einstellen können, mit welcher Genauigkeit der Winkel der Meßapparatur selbst feststeht. Bei jeder Interaktion zwischen Teilchen werden mehr oder weniger Ungenaue Fragen gestellt, und entprechend genau oder ungenau ist dann die Antwort. Nur im Extremfall werden alle Bit der Variable ausgereizt - sollten dann ca. 400bit nicht wiederum ausreichend sein?
Aber zu keinem Zeitpunkt darf an irgendeiner Stelle in meinem Computer so etwas wie eine "komplexe Ortswellenfunktion" abfragbar sein (höchstens als Meta-Phänomen). Er kennt nur Observablen!
Man kann die Quantenwelt unmöglich korrekt simulieren, wenn an irgendeiner Stelle mehr Information existiert als erlaubt ist (siehe wieder die Bellsche Ungleichung).

@stueps: Jawoll, "Information" ist die zentrale Frage. Wann ist etwas Information, und wann ist es keine? Und wann liegt sie doppelt und dreifach vor (und kann daher wegrationalisiert werden)?

@Pax Domenic: Ich sehe, wir verstehen uns. ;)

@Tomm: "was hilft eine solche Zahl?"
Beim Versuch, sie immer weiter zu verkleinern, könnte man viel über die Art und Weise erfahren, wie die Welt funktioniert. ;)
"... und vielleicht wird eines Tages jemand eine Steuer darauf erheben." (frei nach Faraday)

Ich versuche, den Natur-Computer etwas genauer zu definieren:
Sein Programm besteht (auf "Ebene 1", s.u.) aus "atomaren Funktionen", die so einach wie nur irgendmöglich sind. Sprich: jede Funktion wird solange in kleinere Einzel-Funktionen zerlegt, bis es nicht mehr geht.
Jede Funktion bekommt als Input eine Genauigkeit, die festlegt, wieviele bits das Output haben soll. Ist die erfragte Genauigkeit größer als erlaubt, werden die überschüssigen bits mit Zufallswerten aufgefüllt.
Gleichzeitig wird dabei festgelegt, wieviele bits die gleichzeitige Abfrage einer komplementären Eigenschaft haben darf.
Im Programm ist es nun ganz logisch - während man in der Natur immer wieder darüber staunt - daß jede Eigenschaft nur dann einen Wert hat, wenn dieser auch abgefragt wird.
Gerade das reizt mich so an dieser Vorstellung: während man es sich in der Natur nur so schrecklich schwer vorstellen kann, daß viele Eigenschaften zu vielen Zeiten schlicht und einfach nicht festgelegt sind, ist gerade dies beim Programmieren von herkömmlichen Computern die normalste Sache der Welt! *g*

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Modran am 10.05.2007 um 00:09 Uhr.
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Fein, Dank Eurer Hilfe kann ich meine Idee nun präziser formulieren. ;)

Wie gesagt, es geht um ein Computerprogramm.
Nun sind Computerprogramme sehr vielschichtige Spezies:

- da gibt es die allerunterste Ebene, auf der der heutige Computer nichts weiter kann als zwei einzelne Bits einer NAND-Verknüpfung zu unterziehen (oder einer NOR-Verknüpfung. Oder, wenn man's unbedingt kompliziert haben will: einer Kombination aus OR- , AND- "und/oder/oder nicht" NOT-Verknüpfungen. Die Schaltpläne dafür sehen alle völlig unterschiedlich aus, tun aber immer genau das selbe:
"Zwei gehen rein, einer kommt raus!" (Thunderdom, Mad Max III)
Sie hat nicht das geringste mit "Ebene 1" zu tun, außer das Fundament zu liefern (sie ist die "mathematik", die unverständlicherweise auf die "physik" anwendbar ist).

- auf "Ebene 1" gibt es nur Observablen. Mann kann hier genau jene Werte mit genau der Genauigkeit abfragen, mit der dies auch in der Natur geht. Ebene 1 - und NUR Ebene 1! - verkörpert die Natur. Unsere vielgeliebte Natur, in der wir Exprimente arrangieren und somit Fragen stellen können. Die Frage des Topics lautet also "Wieviele Bits muß Ebene 1 haben?"

- die oberste Ebene ist die, auf der die Daten dem Auge schmackhaft gemacht werden. Dreidimensionale Grafiken, Animationen - und per Audio könnte man noch drei weitere, unabhängige Dimensionen erfahrbar machen. Und hundert weitere durch Geruch ...
Sie hat nicht das geringste mit "Ebene 1" zu tun, außer daß jede "Anzeige auf dem Schirm" das Ergebnis einer bestimmten, endlichen (meistens aber sehr "schrägen bzw. skurilen") Abfrage an die Parameter von "Ebene 1" ist.
ABER: Im Gegensatz zur echten Natur könnte man im Programm entscheiden, ob die Abbildung auf die höchste Ebene einem Meßvorgang entspricht (also Einfluß auf "Ebene 1" nimmt), oder nicht.
NEIN! Das ist kein Vorteil, sondern ein Nachteil! Dieses "Feature" muß unbedingt entfernt werden, denn eine Quantensimulation, die zuviel Information lesbar macht, macht die Simulation "lokal realistisch" - was den bekannten Experimenten widerspricht.

Eine klassische Simulation macht die Prognosen nur dann ungenau, wenn man zu wenige Dezimalstellen benutzt.
Eine Quanten-Simulation macht die Prognosen auch dann ungenau, wenn man ZU VIEL Information zwischenspeichert!
Die (ja, schon wieder ...) "Bellsche Ungleichung" ERZWINGT eine Obergrenze an Informationserhaltung!
Die Frage des Topics lautet also auch "Wieviele Bits DARF Ebene 1 haben?"

Daraus leite ich ab (@Pax Domenic): "JA, ich glaube daran, daß im Universum nur ein endliches Maß an Information vorhanden ist".

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Modran am 10.05.2007 um 01:20 Uhr.
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Modran schrieb in Beitrag Nr. 1060-9:
@Timeout: Danke, was wäre das Zeitforum ohne Deine fundierten Profi-Infos? (Laß mich raten: Du hast das nicht nur studiert, sondern auch darin promoviert, richtig?)
In der Tat.
Zitat:
"Da Ort und Spin miteinander verschränkt sein können, muß für jeden Raumpunkt getrennt die Spinrichtung angegeben werden." Nanu? Bedeutet eine Verschränkung nicht immer, daß wir mit weniger Speicher auskommen, anstatt mehr zu brauchen? Wenn z.Bsp. die Polarisation zweier Photonen verschränkt ist, dann muß ich doch nur noch eine der beiden Polariations-Variablen ermitteln - die andere ergibt sich dann automatisch daraus. Oder?
Nein, jeder reine Zustand benötigt dieselbe Informationsmenge zur Beschreibung. Nehmen wir z.B. den Zustand eines Elektrons, nachdem es eine Stern-Gerlach-Apparatur für die z-Richtung durchlaufen hat. Wenn es vorher z.B. in positive x-Richtung polarisiert war, dann ist es jetzt in einer Überlagerung aus "Teilchen oben, z-Spin +1/2" und "Teilchen unten, z-Spin -1/2". Wenn wir nun erst den Ort des Teilchens messen, und dann den Spin in z-Richtung, dann muß auf das Meßergebnis "oben" das Meßergebnis "+1/2" folgen, auf das Ergebnis "unten" hingegen das Ergebnis "-1/2". Der Computer muß sich also für "oben" und "unten" getrennt die Spin-Richtung merken (und zwar die gesamte Spin-Richtung, weil wir ja zusätzlich noch oben und unten unterschiedliche Spin-Drehungen ausführen könnten). Andererseits kann der Computer auch nicht einfach schon beim Durchgang durch die Stern-Gerlach-Apparatur eines der beiden Ergebnisse zufällig auswählen, denn wir könnten stattdessen das Teilchen wieder durch eine umgekehrte Stern-Gerlach-Apparatur schicken, und dann sollte wieder ein Elektron mit Spin in positive x-Richtung herauskommen (Messung in x-Richtung gibt mit Wahrscheinlichkeit 1 den Wert +1/2); bei der zufälligen Auswahl wäre der Spin hier aber entweder in positive oder negative z-Richtung (Messung in x-Richtung gibt mit 50% Wahrscheinlichkeit den falschen Wert -1/2). Dasselbe gilt auch für die zwei verschränkten Teilchen: Solange sie getrennt sind, kann man in der Tat nur ein Bit an Information "auslesen". Aber wenn man sie wieder zusammenbringt, dann kann man die "verlorene" Information wieder zurückgewinnen. Das benutzt man z.B. beim "dense coding", bei dem man in einem Qubit zwei klassische Bits übertragen kann (obwohl das Auslesen eines einzelnen Qubits maximal 1 klassisches Bit liefern kann), sofern der Empfänger bereits ein mit dem gesendeten Qubit verschränktes Qubit besitzt.
Zitat:
OK: die drei Bits für den Spin waren quatsch. Ich muß angeben, in welcher Raum-Richtung ich ihn gemessen habe.
Dies zeigt übrigens sehr schön, daß der Computer mehr Information speichern muß, als ich durch Messung erhalten kann: Jede Messing des Spins kann für ein Elektron maximal ein Bit liefern. Wenn ich aber schon weiß, in welchem Zustand es sich befinden sollte, dann kann ich das mit wesentlich höherer Genauigkeit überprüfen.
Zitat:
Doch benötige ich dazu wirklich eine (bzw. zwei) reelle Zahl(en)? - und da sind wir wieder bei der Ausgangsfrage.
Kann ich denn meine Meßapparatur um einen beliebig kleinen Winkel drehen? Das geht doch nur in der klassischen Theorie ...
Und schlimmer: ist es denn praktisch möglich, zwei Meßgeräte so aufzubauen, daß sie EXAKT orthogonal zueinander messen? Läßt sich ein Winkel von präzise "90 komma null periode null Grad" realisieren? Nö, oder?
Die Frage ist also: wie genau muß ein Winkel angegeben werden (können)? Wenn das Programm in einem von 2^100 Fällen falsch rechnet, kann ich damit leben. :)
Diesen Ausweg habe ich ja bereits in meinem Post angedeutet. Die möglichen Drehungen hängen allerdings vom Meßinstrument ab, und für makroskopische (klassische) Meßinstrumente kann man den Winkel theoretisch extrem genau einstellen (da sind die praktischen Meßfehler wesentlich größer). Aber mit der Fehlertoleranz von 1/2^100 kann man doch schon mal etwas anfangen :-) Für kleine Abweichungen vom korrekten Winkel für eine sicher vorhersagbare Messung ist die Wahrscheinlichkeit für das falsche Ergebnis proportional zum Quadrat des Winkels in Bogengrad. Das heißt, wir dürfen eine Abweichung von maximal 2^-50 Bogengrad haben. Da der Vollkreis 2π Bogengrad hat, bedeutet das etwa 3*2^49 Stellen für den Winkel; wenn man auf ganze Bits aufrundet, müsste man also 51 Bits rechnen. Für die Raumrichtung (also beide Winkel zusammen) gibt das dann 101 Bits (weil der "Breitengrad" nur halb so weit geht wie der "Längengrad"). Jedenfalls deutlich mehr als die 2*5=10 Bits, die ich in meiner Abschätzung hierfür veranschlagt habe :-)
Zitat:
Interessant erscheint mir dabei, daß - wieder dank der Unbestimmtheit - eine sehr kleine Änderung in der Richtung der Meßapparatur viel weniger Einfluß auf das Ergebnis hat, als dies in einer deterministischen ("lokal realistischen") Theorie der Fall wäre (Bellsche Ungleichung)!
Mit der Bellschen Ungleichung hat das nichts zu tun (wir haben ja an dieser Stelle überhaupt nur einen Spin). Klassisch könnte man mit einer kleinen Verdrehung niemals einen Spin in die entgegengesetzte Richtung messen. Klassisch hätte man einen leicht verdrehten Drehimpuls, den man je nach Meßgenauigkeit feststellen könnte oder nicht. Quantenmechanisch hat man im Fall von Spin 1/2 nur ein Ja/Nein-Ergebnis; was der Drehwinkelfehler verändert, ist die Wahrscheinlichkeit, einen Spin in der "falschen" Richtung zu messen. Bei größeren Drehimpulsen geht das Ergebnis ins klassische Verhalten über (Korrespondenzprinzip!)
Zitat:
Und letztlich will ich ja auch sogar einstellen können, mit welcher Genauigkeit der Winkel der Meßapparatur selbst feststeht. Bei jeder Interaktion zwischen Teilchen werden mehr oder weniger Ungenaue Fragen gestellt, und entprechend genau oder ungenau ist dann die Antwort. Nur im Extremfall werden alle Bit der Variable ausgereizt - sollten dann ca. 400bit nicht wiederum ausreichend sein?
Nur für den Spin: Definitiv. Aber wir haben ja auch den Ort, und wie oben dargelegt, muß der Spin wirklich für jeden Ortspunkt getrennt gespeichert werden (zumindest für jeden, an dem man das Elektron eventuell finden könnte).
Zitat:
Aber zu keinem Zeitpunkt darf an irgendeiner Stelle in meinem Computer so etwas wie eine "komplexe Ortswellenfunktion" abfragbar sein (höchstens als Meta-Phänomen). Er kennt nur Observablen!
Aber jede Eigenschaft der komplexen Ortswellenfunktion kann man als Observable zugänglich machen. Das ist wie beim Spin: Man kann zwar mit einer einzelnen Messung nicht die gesamte Information erfahren, aber man kann die gesamte Information verifizieren.
Zitat:
Man kann die Quantenwelt unmöglich korrekt simulieren, wenn an irgendeiner Stelle mehr Information existiert als erlaubt ist (siehe wieder die Bellsche Ungleichung).
Es muß jegliche Information gespeichert sein, die wir verifizieren können, selbst wenn wir sie nicht durch Messung in Erfahrung bringen könnten. Nur für Information, die wir nicht haben, kann auf die Speicherung verzichtet werden (und wenn solche unbekannten Systeme unsere gemessenen Systeme beeinflussen, dann verlieren diese Systeme für uns Information; das nennt man dann Dekohärenz).

Kurz gesagt: Der Computer muß exakt das speichern, was wir über das System wissen. Nicht mehr, nicht weniger. Nicht mehr, weil das, was wir nicht wissen, auch nicht von uns überprüft werden kann (es kann also im Fall einer Messung problemlos neu generiert werden), und nicht weniger, weil alles, was wir über das System wissen, prinzipiell überprüft werden kann. Im Fall maximalen Wissens wird das System durch eine Wellenfunktion beschrieben; jede Eigenschaft dieser Wellenfunktion kann (im Rahmen der Meßgenauigkeit) prinzipiell durch Messung überprüft werden (praktisch kann das natürlich Probleme machen; z.B. eine Messung im Andromedanebel ist uns aus begreiflichen Gründen nicht möglich). Im Fall nichtmaximalen Wissens wird das System durch eine Dichtematrix beschrieben; die ist noch etwas komplizierter als eine Wellenfunktion, aber nur deshalb, weil sie auch eine klassische Wahrscheinlichkeitsverteilung enthält. Das heißt, diese zusätzliche Komplexität kann z.B. durch Auswahl einer zufälligen Wellenfunktion mit passenden Wahrscheinlichkeiten vermieden werden (bzw. wenn es sich um eine Dichtematrix für vollständige Unkenntnis handelt, dann könnte das System die Information natürlich gleich ganz wegoptimieren). Teilsysteme von Quantensystemen, die mit Sicherheit nie mehr Einfluß auf eine unserer Messungen haben können natürlich in der Simulation gelöscht werden; wenn so ein System mit einem von uns meßbaren System verschränkt war, kann diese Verschränkung durch einen Zufallsprozeß entfernt werden (formal kann man das so behandeln, als ob das "verlorene" System gemessen worden wäre, bevor es verloren ging, ohne daß uns aber das Meßergebnis mitgeteilt wird).
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Beiträge: 683, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Timeout.

Danke für Deine Antwort. Ich gebe mir wirklich Mühe, sie zu 100% zu verstehen - doch realistisch gesehen muß ich erstmal mit den 70% auszukommen, die ich erreiche. ;)

Theoretisch dürfte es für Dich leichter sein, Dich auf mein Level zu begeben (wenn auch immer noch schwer), als umgekehrt. Klar!
Deshalb kann ich nur versuchen, die erhaltenen Informationen in Kategorien zu unterteilen - und meine Gedanken ebenfalls - um dann die Schnittmenge zu ermitteln (oder die Kategorie-Grenzen anzupassen).

Ich habe da diese "Ebene 1". Dort sollen sich - nach Definition - nur Informationen befinden, die sich auch mit einem Experiment in der echten Natur ermitteln lassen. Also nur Observablen. (Hier rechne ich mit einer endlichen Anzahl an benötigten Bits).

Dann gibt es die Ebenen darüber und darunter. Es würde mir viel helfen, wenn wir für jede Information festlegen können, ob sie IN "Ebene 1" liegt, oder darüber, oder darunter (oder wo oder wie?)
Die unteren Ebenen können wir in beliebig (unendlich) viele Teil-Ebenen strukturieren (dort können auch "Superpositionen" auftreten).
Ebenso die oberen Ebenen.
Nur nicht Ebene 1 - diese ist eine einzige, ungeteilte Ebene, wie wir sie im Experiment erfahren. Dort gibt es keine Superpositionen, sondern nur "Observable" - mit einer Genauigkeit, die (unter anderem) durch die Art der Fragestellung begrenzt wird - und stets endlich ist!

Timeout: "Mit der Bellschen Ungleichung hat das nichts zu tun (wir haben ja an dieser Stelle überhaupt nur einen Spin)."
Laß uns gleich mal mit dieser Sache anfangen:
Ich bezog mich damit nicht auf die originale, sondern auf eine heute sehr bekannte Art der BU:

A.........C..........E

Das Experiment dazu sieht folgendermaßen aus:
- A ist eine Quelle für unpolarisierte Photonen
- b ist die Strecke von A zu einem Polarisationsfilter C
- C ist ein hochpräzise senkrecht justierter Polarisationsfilter
- d ist die Strecke zwischen C und E (einem weiteren Filter)
- E ist ein Polarisationsfilter, den wir (angeblich) in jeden beliebigen Winkel gegenüber C justieren können.
Du kennst diese Anordnung, gell? Ich versuche mal, die Ergebnisse, so wie ich sie kenne, aufzuzählen (bitte berichtige mich):

- vor Filter C (auf Strecke b) tummelt sich eine beliebig große Anzahl an Photonen, deren Eigenschaft "Polarisation" keine Information enthält (= unbestimmt ist). Die sind uns allesamt wurscht!
- hinter Filter C (auf Strecke d) befindet sich danach eine (theoretische) Anzahl "n" von Photonen, die nun allesamt senkrecht polarisiert sind
- sind Filter E und Filter C EXAKT gleich ausgerichtret, so finden wir hinter E so viele Photonen, wie sich zuvor in d befanden ("n" Stück - alle kommen durch)
- ist Filter E jedoch um 90° gegenüber Filter C verdreht, werden wir dahinter nicht ein einziges Photon finden (keiner kommt durch)

Korrekt soweit?

Nun zum Unterschied zwischen Quantenphysik und "lokal realistischen" Theorien, wie ich sie kenne:
- Ich drehe Filter E um 9 Grad gegenüber Filter C
- der "lokal realistischen" Theorie zufolge finde ich hinter E noch 90% von "n" (90% der Anzahl an Photonen, die sich zuvor in b befanden)
- der Quantenphysik und dem Experiment zufolge werden es mehr als 90% sein.

Ich stoppe hier erstmal - bitte sag Bescheid, wenn etwas davon falsch (oder ungenau ist).

(p.s.: "Aber jede Eigenschaft der komplexen Ortswellenfunktion kann man als Observable zugänglich machen" - Genau. Jede Einzeln. Nacheinander. Oder, wie es in "Contact" heißt: "Schritt ... für ... Schritt.")

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Modran am 10.05.2007 um 03:55 Uhr.
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Modran schrieb in Beitrag Nr. 1060-12:
Hallo Timeout.

Danke für Deine Antwort. Ich gebe mir wirklich Mühe, sie zu 100% zu verstehen - doch realistisch gesehen muß ich erstmal mit den 70% auszukommen, die ich erreiche. ;)

Theoretisch dürfte es für Dich leichter sein, Dich auf mein Level zu begeben (wenn auch immer noch schwer), als umgekehrt. Klar!
Das ist gar nicht so leicht, wie man meinen könnte, denn Dinge, die einem selbst selbstverständlich (geworden) sind, setzt man zu leicht unbewußt voraus. Es ist durchaus nichttrivial, alle solchen impliziten "Selbstverständlichkeiten" aufzuspüren.

Zitat:
Deshalb kann ich nur versuchen, die erhaltenen Informationen in Kategorien zu unterteilen - und meine Gedanken ebenfalls - um dann die Schnittmenge zu ermitteln (oder die Kategorie-Grenzen anzupassen).

Ich habe da diese "Ebene 1". Dort sollen sich - nach Definition - nur Informationen befinden, die sich auch mit einem Experiment in der echten Natur ermitteln lassen. Also nur Observablen. (Hier rechne ich mit einer endlichen Anzahl an benötigten Bits).

Dann gibt es die Ebenen darüber und darunter. Es würde mir viel helfen, wenn wir für jede Information festlegen können, ob sie IN "Ebene 1" liegt, oder darüber, oder darunter (oder wo oder wie?)
Die unteren Ebenen können wir in beliebig (unendlich) viele Teil-Ebenen strukturieren (dort können auch "Superpositionen" auftreten).
Ebenso die oberen Ebenen.
Nur nicht Ebene 1 - diese ist eine einzige, ungeteilte Ebene, wie wir sie im Experiment erfahren. Dort gibt es keine Superpositionen, sondern nur "Observable" - mit einer Genauigkeit, die (unter anderem) durch die Art der Fragestellung begrenzt wird - und stets endlich ist!
Ehrlich gesagt, bin ich nicht sicher, daß diese Aufteilung so sinnvoll ist. Die Observablen selbst sind (zumindest im Schrödingerbild, das ich hier konsistent verwende) keine Information, sie sind "Informationskanäle", Wege, wie man Information erhält. Die Information steckt im quantenmechanischen Zustand. Oder meinst Du, die Ebene 1 soll speichern, welche Observablen sichere Ergebnisse liefern (und wenn ja, welche)? Dann speichert die Ebene 1 gerade die Wellenfunktion, denn diese liefert (für einen reinen Zustand) genau diese Information, nicht mehr und nicht weniger.

Zitat:
Timeout: "Mit der Bellschen Ungleichung hat das nichts zu tun (wir haben ja an dieser Stelle überhaupt nur einen Spin)."
Laß uns gleich mal mit dieser Sache anfangen:
Ich bezog mich damit nicht auf die originale, sondern auf eine heute sehr bekannte Art der BU:

A.........C..........E

Das Experiment dazu sieht folgendermaßen aus:
- A ist eine Quelle für unpolarisierte Photonen
- b ist die Strecke von A zu einem Polarisationsfilter C
- C ist ein hochpräzise senkrecht justierter Polarisationsfilter
- d ist die Strecke zwischen C und E (einem weiteren Filter)
- E ist ein Polarisationsfilter, den wir (angeblich) in jeden beliebigen Winkel gegenüber C justieren können.
Du kennst diese Anordnung, gell? Ich versuche mal, die Ergebnisse, so wie ich sie kenne, aufzuzählen (bitte berichtige mich):

- vor Filter C (auf Strecke b) tummelt sich eine beliebig große Anzahl an Photonen, deren Eigenschaft "Polarisation" keine Information enthält (= unbestimmt ist). Die sind uns allesamt wurscht!
- hinter Filter C (auf Strecke d) befindet sich danach eine (theoretische) Anzahl "n" von Photonen, die nun allesamt senkrecht polarisiert sind
- sind Filter E und Filter C EXAKT gleich ausgerichtret, so finden wir hinter E so viele Photonen, wie sich zuvor in d befanden ("n" Stück - alle kommen durch)
- ist Filter E jedoch um 90° gegenüber Filter C verdreht, werden wir dahinter nicht ein einziges Photon finden (keiner kommt durch)

Korrekt soweit?
Absolut. Nur mit Bell hat das nichts zu tun.

Zitat:
Nun zum Unterschied zwischen Quantenphysik und "lokal realistischen" Theorien, wie ich sie kenne:
- Ich drehe Filter E um 9 Grad gegenüber Filter C
- der "lokal realistischen" Theorie zufolge finde ich hinter E noch 90% von "n" (90% der Anzahl an Photonen, die sich zuvor in b befanden)
Hier irrst Du Dich. In der Tat gibt es für dieses Experiment überhaupt keine Wahrscheinlichkeitsverteilung, die nicht durch eine lokal-realistische Theorie beschrieben werden könnte.
Zitat:
- der Quantenphysik und dem Experiment zufolge werden es mehr als 90% sein.
In der Tat sind es 97,6%.

Zitat:
Ich stoppe hier erstmal - bitte sag Bescheid, wenn etwas davon falsch (oder ungenau ist).
Falsch ist Deine Annahme, daß dieses Experiment nicht durch lokal-realistische Theorien beschrieben werden könnte. Eine Bell-Ungleichung gibt es nicht für dieses Experiment.

Zitat:
(p.s.: "Aber jede Eigenschaft der komplexen Ortswellenfunktion kann man als Observable zugänglich machen" - Genau. Jede Einzeln. Nacheinander. Oder, wie es in "Contact" heißt: "Schritt ... für ... Schritt.")
Nun, es gibt für jeden quantenmechanischen Zustand (also jede Wellenfunktion) im Prinzip ein Experiment, das (ideal durchgeführt) bei Vorliegen genau dieses Quantenzustands ein ganz bestimmtes Ergebnis, und nur dieses, haben kann, während bei jedem anderen Quantenzustand zumindest die Möglichkeit besteht, daß etwas anderes herauskommt. Und deshalb kann der hypothetische Computer von der Wellenfunktion keinerlei Information weglassen (wenn wir mal von Meßungenauigkeiten absehen), ohne Gefahr zu laufen, ein falsches Ergebnis zu liefern.

Das sieht man ja gerade am Spin sehr schön (weil man beim Spin-1/2-Teilchen jeder Observablen eine Raumrichtung zuordnen kann): Wenn ich z.B. in x-Richtung gemessen habe, dann habe ich in x-Richtung einen Eigenzustand (also entweder "up" oder "down"), aber in z-Richtung habe ich eine Superposition von Zuständen (zu gleichen Anteilen "up" und "down"). Superposition läßt sich in der Quantenmechanik prinzipiell nicht vermeiden, weil es für jeden Zustand eine Observable gibt, für die der Zustand eine Superposition von Eigenzuständen ist. Beispielsweise ist ein Ortseigenzustand eine Superposition von Impulseigenzuständen und umgekehrt. Genau darin liegt ja das Geheimnis der Komplementarität: Ein Zustand ist niemals sowohl Ortseigenzustand (scharf definierter Ort) und Impulseigenzustand (scharf definierter Impuls). Superpositionen sind in der Quantenmechanik der Normalfall. Andererseits gibt es für jeden reinen Quantenzustand aber eben auch eine Observable, zu der er Eigenzustand ist, beim Spin ist das eben gerade die Messung in eine durch den Zustand bestimmte Raumrichtung.
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Hallo Timeout (et al)

Vielleicht sollte ich besser keine Beiträge mitten in der Nacht schreiben. :)
Der Effekt, auf den ich hinauswollte, läßt sich zum Beispiel hier nachlesen:
http://www.mathpages.com/home/kmath521/kmath521.htm
Was in meiner Beschreibung noch dringend fehlte, dürfte wohl die Verschränkung sein.
Dieses Diagramm hier zeigt sehr gut, was ich eigentlich meinte als ich sagte, daß in der QT sehr kleine Winkelabweichungen weniger Effekt haben, als man klassisch meinen sollte:
http://www.mathpages.com/home/kmath521/kmath521_fil...
Hier sollte vor allem ICH mal darauf achten, mich an meinen eigenen Level anzupassen! :)
Doch das hat die Quantenphysik so an sich: man hat sich viel schneller verirrt, als man merkt.

Aber zurück zum Computer und seinen Programm-Ebenen, dort finde ich wieder festen Boden und will versuchen, diesen zu vermitteln:


Zitat:
Ehrlich gesagt, bin ich nicht sicher, daß diese Aufteilung so sinnvoll ist.
Ich auch nicht. Genau das möchte ich aber herausfinden. :)
Dazu müssen wir (zumindest vorübergehend) Ebene1 so präzise wie möglich definieren - und zwar dergestalt, daß ein virtuelles Experiment in Ebene1 dieselben Ergebnisse liefert wie ein echtes Experiment in der Natur.
Bzw. - da dies aufgrund des Zufalls nicht geht - soll die mehrfache Ausführung des Experiments ein möglichst gleiches Spektrum an Ergebnissen liefern wie in der Natur.
Das heißt zum Beispiel: wenn das Programm zu einem Zeitpunkt eine sehr genaue Angabe über den X-Spin macht, dürfen zur selben Zeit nirgendwo in Ebene1 Informationen über Y- und Z-Spin vorhanden sein.
Mir gefällt diese Aufgabenstellung auch nicht besonders - doch die Natur verhält sich nunmal nicht so, wie ich das gern hätte...
Ebene 1 soll also ein möglichst exakter Spiegel der erfahrbaren Natur sein, und zwar nur in Form von bits, die die reine Datenebene darstellen. Klassische Bits - keine Qubits! Wenn ein Bit abgefragt wird, liefert es Null oder Eins. Wenn es nicht abgefragt wird, liefert es nichts. ;)
Wir können einzelne bits auch festsetzen - ebenfalls entweder auf Null oder Eins. Diesen Vorgang nennen wir "Versuchsaufbau" (keine Sorge wegen der möglichen Unschärfe dabei - die kommt von anderer Seite ins Spiel).

Die Wellenfunktion legen wir kurzerhand mal auf eine Ebene namens Null (nach unten und oben haben wir beliebig viele Ebenen. Notfalls können wir also später noch eine Ebene 0.5 dazwischenlegen). Sie enthält quasi den Programmcode, der direkten Einfluß auf die Bits von Ebene1 hat - (und seine Informationen ausschließlich aus Ebene1 bekommt? Oder auch von woanders? Diese Frage ist fundamental.)
Auf Ebene 0 können wir beliebig viele Feynman-Pfade integrieren, Wahrscheinlichkeitsamplituden definieren oder was immer uns Spaß macht - oder wir für Erfolgversprechend halten, damit sich Ebene1 korrekt verhält.

Wenn wir im Experiment irgendwelche Bits von Ebene1 abfragen oder festsetzen, dann springen auf Ebene 0 irgendwelche Programme an, manipulieren die Daten auf irgendeine Art und geben danach das Ergebnis (wieder in Ebene1) frei.

Zitat:
Dann speichert die Ebene 1 gerade die Wellenfunktion, denn diese liefert (für einen reinen Zustand) genau diese Information, nicht mehr und nicht weniger.

Wenn das exakt so ist, dann hieße dies, daß Ebene 1 und Ebene 0 identisch sind - also exakt dieselben Informationen enthalten, habe ich das richtig verstanden?
Ich möcht das jedoch nicht unbedingt voraussetzen - sondern untersuchen.

Wenn man - wie zum Beispiel Anton Zeilinger - davon ausgeht, daß Dinge wie Wahrscheinlichkeitswellen reine mathematische Konstrukte sind, dann existieren sie in Zeilingers Natur-Computer nicht auf Ebene1. Zeilingers Wahrscheinlichkeitsamplituden sind auf einer Ebene oder mehreren, die zu suchen auch sehr interessant ist, aber Ebene1 ist es nicht.

Ganz anders dagegen Hugh Everetts "Viele Welten". Dort werden Superpositionen als "quasi" real angenommen. Everetts Amplituden befinden sich aber auch nicht in Ebene1 - sondern verteilt auf eine riesige Anzahl verschiedener "Ebene1en". ;)

Dennoch sollten sich Everetts und Zeilingers Natur-Computer völlig gleich verhalten (wenn man jeweils nur EINE Ebene 1 nimmt und vergleicht).

Da stellen sich zwei Fragen:
- gibt es wirklich keine Unterschiede, und
- welcher von beiden Typen läßt sich leichter bauen?

Jedenfalls: In der Sprache eines Technikers würde ich sagen, daß Ebene1 die I/O-Einheit ist - die Anzahl der Bits, die in einer Schnittstelle vorhanden sind. Auf der einen Seite sitzt der Experimentator, auf der anderen die Naturgesetze. Ebene1 ist die Schnittstelle zwischen beiden - der Flaschenhals, durch den jede Information durchmuß. Ebene1 enthält exakt so viele bits, wie sich in einem gleichzeitigen(!) Experiment erfahren lassen. Weniger bits wären schlecht - mehr aber ebenfalls.

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Modran am 12.05.2007 um 03:31 Uhr.
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p.s.: Ich glaube, die Verschränkug von Eigenschaften sollten wir uns sorglos für einen späteren Zeitpukt aufeben. Nicht nur, weil ich sie bei weitem noch nicht verstanden habe. Sondern: sie stört auch nicht.
Nehmen wir an, ich bringe eine 400bit-Information nicht nur einmal, sondern zweimal in Ebene1 unter. Oder hundertmal. (... und mit je tausend bit.) Theoretisch könnte ich sie sogar unendlich mal hineinstecken, und damit E1 unendlich aufblasen.
Das macht überaupt nichts, denn wir werden E1 zu einem späteren Zeitpukt natürlich auf seine "Komprimierbarkeit" überprüfen. ;)

(Die Komprimierbarkeit ist zwar kein absolutes, aber doch ein sehr gutes Maß dafür, auf wieviele Bits wir verzichten können.)

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Modran am 12.05.2007 um 02:00 Uhr.
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Das letzte Beispiel gefällt mir intuitiv. Eignet sich der Grundgedanke möglicherweise als Erklärungsidee der Multiwelteninterpretation ? Also in etwa eine Modellvorstellung des Universums als komprimierter Datensatz der unendlich viele komprimierte Datensätze enthält, welche unendlich viele komprimierte Datensätze enthalten usw. in ewiger Rekursion. Mit den Maßgaben, daß jeder Datensatz von seinem Nachbarn der gleichen Packebene nur infinitesimal unterschieden sei, jede Form der Wechselwirkung ausschließlich mit den beiden Nachbarn der angrenzenden Packebenen möglich und der erste Datensatz -- so ein solcher definiert werden kann/sollte/muss -- unendlich groß sei. Wenn wir die Ebenen Zeit, die Wechselwirkung Kausalität und den Entpackalgorithmus Logik nennen, so klingt das wirklich hübsch - finde ich. Oder ?

Ich glaube, um die Bits die du für genaue Modellierung explizit nicht speichern willst, musst du dir gar keinen Kopf machen. In heutigen und allen zukünftigen Computern, die Rechenlogik und Speicher trennen, existiert jedes Bit ja ohnehin nur dann wirklich in der Simulation, wenn es im momentanen Prozessortaktschritt teil der Verarbeitung ist oder just in selbigem ins Register geladen wird. In allen anderen Situationen sind die Daten im Speicher ja ohnehin aus Sicht der Simulation nur latent vorhanden und üben keinen Einfluss aus. Oder hab ich dich da irgendwie grundsätzlich falsch verstanden ?

ps: (zu Nr. 1060-10) Den Glauben teil ich wohl, allein mir fehlt das Wissen :)

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Pax Domenic am 12.05.2007 um 23:03 Uhr.
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Zitat:
In heutigen und allen zukünftigen Computern, die Rechenlogik und Speicher trennen, existiert jedes Bit ja ohnehin nur dann wirklich in der Simulation, wenn es im momentanen Prozessortaktschritt teil der Verarbeitung ist oder just in selbigem ins Register geladen wird. In allen anderen Situationen sind die Daten im Speicher ja ohnehin aus Sicht der Simulation nur latent vorhanden und üben keinen Einfluss aus.
Das ist die wichtigste Lehre, die ich bisher aus diesem Thread bezogen habe: ein Computer ist zwar dazu geschaffen, boolsche Logik zu berechnen. Also eine zweiwertige Logik, die nur 0 ODER 1 kennt. Doch in der Praxis existiert immer auch ein dritter Wert für ein bit: "Nicht abgefragt". (Muß aber nicht! Auf Ebene1 sollen wir grundsätzlich ALLE bits gleichzeitig abfragen dürfen. Es wäre also prinzipiell vermeidbar, daß ein bit den Zustand "nicht abgefragt" hat.)

Mit dreiwertiger Logik ist aber nun eine viel komplexere Mathematik möglich als beim "ausgeschlossenen dritten". Deshalb beabsichtige ich durchaus, sie bis zum Exzess auszureizen. ;)

"Nicht abgefragt" könnte man mit einer fifty-fifty-Superposition des Bits interpretieren (muß man aber nicht). Viele philosophische Erklärugsversuche der Quantenphsik sind darauf aus, dies zu tun: sie bestehen darauf, einem nicht abgefragten Bit einen Wert zuzuweisen. "Irgendeinen Wert muß es doch haben, auch wenn der nicht Null oder 1 ist", sagen sie. Und behaupten dann, daß ein Elektron (oder gar ein Fulleren) durch zwei Spalte im Doppelsspaltexperiment gleichzeitig geflogen sei.
Sie spekulieren über den Zustand des bits, ohne es abgefragt zu haben.

Im klassischen Computer haben sie - im Prinzip - recht! Das nicht abgefrgte bit hat tatsächlich einen Zustand. Es ist tatsächlich entweder Null oder Eins. Jemand, der den Computer bedient, also in die Simulation hineinschauen kann, würde es sehen.
Dennoch besitzt das bit für den Experimentator INNERHALB der Simulation den Zustand "nicht abgefragt" - und das hat eine zusätzliche Auswirkung: wenn er den Zustand abgefragt HÄTTE, wäre dies nicht ohne Auswirkung auf die anderen bits von E1 - und auf das bit selbst - geblieben.
Wenn das Bit also 1 ist (und zwar steht das völlig fest, daß es eins ist), und der Experimentator es abfragt, um diesen Zustand zu bezeugen, dann verändert er bei der Abfrage auch alle möglichen bits, eventuell auch das abgefragte bit selbst. Er könnte also eine Null erhalten.
Wenn er aber eine Null - als definitive Antwort - erhalten kann, wo wir doch wissen, daß es in Wirklichkeit eine 1 war: welchen Wert hat diese (falsche) Information dann überhaupt für ihn?

Der dritte Zustand - nicht abgefragt - ist also keine triviale Nichtigkeit, sondern ein Tor in völlig neue Phantasie-Welten. ;)

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Modran am 13.05.2007 um 02:34 Uhr.
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Modran schrieb in Beitrag Nr. 1060-14:
Aber zurück zum Computer und seinen Programm-Ebenen, dort finde ich wieder festen Boden und will versuchen, diesen zu vermitteln:


(quote)Ehrlich gesagt, bin ich nicht sicher, daß diese Aufteilung so sinnvoll ist.(/quote)
Ich auch nicht. Genau das möchte ich aber herausfinden. :)

Ich denke, es ist sinnvoller, vom "Benutzerinterface" auszugehen. Also, was kann der Benutzer tun, und welche Rückmeldung kann er bekommen. Insbesondere muß für jedes Experiment, das eine sichere Antwort liefert, die nötige Information gespeichert werden. Und das beinhaltet eben insbesondere die Information, welche Experimente das sind.

Zitat:
Dazu müssen wir (zumindest vorübergehend) Ebene1 so präzise wie möglich definieren - und zwar dergestalt, daß ein virtuelles Experiment in Ebene1 dieselben Ergebnisse liefert wie ein echtes Experiment in der Natur.
Bzw. - da dies aufgrund des Zufalls nicht geht - soll die mehrfache Ausführung des Experiments ein möglichst gleiches Spektrum an Ergebnissen liefern wie in der Natur.
Das heißt zum Beispiel: wenn das Programm zu einem Zeitpunkt eine sehr genaue Angabe über den X-Spin macht, dürfen zur selben Zeit nirgendwo in Ebene1 Informationen über Y- und Z-Spin vorhanden sein.
Mir gefällt diese Aufgabenstellung auch nicht besonders - doch die Natur verhält sich nunmal nicht so, wie ich das gern hätte...
Ebene 1 soll also ein möglichst exakter Spiegel der erfahrbaren Natur sein, und zwar nur in Form von bits, die die reine Datenebene darstellen. Klassische Bits - keine Qubits! Wenn ein Bit abgefragt wird, liefert es Null oder Eins. Wenn es nicht abgefragt wird, liefert es nichts. ;)
Klar :-)
Zitat:
Wir können einzelne bits auch festsetzen - ebenfalls entweder auf Null oder Eins. Diesen Vorgang nennen wir "Versuchsaufbau" (keine Sorge wegen der möglichen Unschärfe dabei - die kommt von anderer Seite ins Spiel).
Ich denke, auch hier sollten wir bei der Natur bleiben: Wir können Systeme messen, und bestimmte Änderungen daran vornehmen, aber wir können es nicht einfach in einen Zustand zwingen, ohne den vorherigen Zustand zu kennen. Stell Dir einen Drehknopf vor: Wenn ich den Drehknopf in eine bestimmte Position bringen will, dann muß ich vorher nachsehen, in welcher Position er steht; wenn ich die momentane Position nicht kenne, kann ich ihn um einen bestimmten Winkel drehen, aber nicht auf eine bestimmte Position bringen. Da in der Quantenmechanik eine Messung das System verändert, sollte man ihre Notwendigkeit nicht vernachlässigen.

Zitat:
Die Wellenfunktion legen wir kurzerhand mal auf eine Ebene namens Null (nach unten und oben haben wir beliebig viele Ebenen. Notfalls können wir also später noch eine Ebene 0.5 dazwischenlegen). Sie enthält quasi den Programmcode, der direkten Einfluß auf die Bits von Ebene1 hat - (und seine Informationen ausschließlich aus Ebene1 bekommt? Oder auch von woanders? Diese Frage ist fundamental.)
Auf Ebene 0 können wir beliebig viele Feynman-Pfade integrieren, Wahrscheinlichkeitsamplituden definieren oder was immer uns Spaß macht - oder wir für Erfolgversprechend halten, damit sich Ebene1 korrekt verhält.
Ich schätze, mir ist noch immer nicht wirklich klar, was Du Dir unter Ebene 1 genau vorstellst.

Zitat:
Wenn wir im Experiment irgendwelche Bits von Ebene1 abfragen oder festsetzen, dann springen auf Ebene 0 irgendwelche Programme an, manipulieren die Daten auf irgendeine Art und geben danach das Ergebnis (wieder in Ebene1) frei.
Hier muß man aber vorsichtig sein, denn aus Ebene 0 soll ja (wenn ich Dein Konzept richtig verstehe) keine Information nach Ebene 1 "einsickern".

Zitat:
(quote)Dann speichert die Ebene 1 gerade die Wellenfunktion, denn diese liefert (für einen reinen Zustand) genau diese Information, nicht mehr und nicht weniger.(/quote)

Wenn das exakt so ist, dann hieße dies, daß Ebene 1 und Ebene 0 identisch sind - also exakt dieselben Informationen enthalten, habe ich das richtig verstanden?
Ja. Das heißt, die Wellenfunktion hat eigentlich exakt zwei Zahlen zu viel (Sie gibt einen Vektor an, wo wir uns nur für dessen Richtung interessieren; da quantenmechanische Zustände in einem komplexen Vektorraum leben, ist auch der überflüssige Faktor komplex). Das heißt, der Spinzustand für Spin 1/2 hat zwei komlexe Komponenten (entspricht 4 rellen Zahlen), obwohl wir nur zwei reelle Winkel benötigen, um den Spin in Isolation zu beschreiben. Allerdings werden die überflüssigen Zahlen nicht mehr; Zwei Spins werden mit 2*2=4 komplexen Zahlen, also 8 reellen Zahlen beschrieben; davon sind aber immer noch nur zwei überschüssig, und nicht etwa vier; zur Beschreibung zweier Spins benötigt man also 6 reelle Zahlen (die zwei "zusätzlichen" Zahlen erlauben gerade die Verschränkung). Für drei Spins benötigt man bereits 2³=8 komlexe Zahlen, was 14 benötigte reelle Zahlen bedeutet; es stehen also sozusagen 8 Zahlen für die Verschränkung zur Verfügung.

Zitat:
Ich möcht das jedoch nicht unbedingt voraussetzen - sondern untersuchen.
Ok.

Zitat:
Wenn man - wie zum Beispiel Anton Zeilinger - davon ausgeht, daß Dinge wie Wahrscheinlichkeitswellen reine mathematische Konstrukte sind, dann existieren sie in Zeilingers Natur-Computer nicht auf Ebene1. Zeilingers Wahrscheinlichkeitsamplituden sind auf einer Ebene oder mehreren, die zu suchen auch sehr interessant ist, aber Ebene1 ist es nicht.
Ich habe ja immer den Verdacht, daß hier, um im Bilde zu bleiben, einfach Ebene1 in EbeneXY umbenannt wurde, ohne das Programm zu ändern :-)

Zitat:
Ganz anders dagegen Hugh Everetts "Viele Welten". Dort werden Superpositionen als "quasi" real angenommen. Everetts Amplituden befinden sich aber auch nicht in Ebene1 - sondern verteilt auf eine riesige Anzahl verschiedener "Ebene1en". ;)
Jein. Bei Everett ist der Benutzer selbst Teil der Simulation. Sprich, das Modell eines externen Benutzers, der das System von außen bedient, widerspricht dem Everett-Konzept bereits.

Zitat:
Dennoch sollten sich Everetts und Zeilingers Natur-Computer völlig gleich verhalten (wenn man jeweils nur EINE Ebene 1 nimmt und vergleicht).

Da stellen sich zwei Fragen:
- gibt es wirklich keine Unterschiede, und
- welcher von beiden Typen läßt sich leichter bauen?
Am leichtesten läßt sich wohl der Typ "Dualismus" bauen: Da hier der Geist eine von der Physik getrennte Einheit ist, paßt sie exakt auf das Computermodell (der Geist ist der Benutzer, der vor dem Computer sitzt, also außerhalb der Quantenwelt).

Zitat:
Jedenfalls: In der Sprache eines Technikers würde ich sagen, daß Ebene1 die I/O-Einheit ist - die Anzahl der Bits, die in einer Schnittstelle vorhanden sind. Auf der einen Seite sitzt der Experimentator, auf der anderen die Naturgesetze. Ebene1 ist die Schnittstelle zwischen beiden - der Flaschenhals, durch den jede Information durchmuß. Ebene1 enthält exakt so viele bits, wie sich in einem gleichzeitigen(!) Experiment erfahren lassen. Weniger bits wären schlecht - mehr aber ebenfalls.
Wir haben ja schon festgestellt, daß bereits für den Spin eines Spin-1/2-Teilchens mehr Bits benötigt werden, als man durch eine Messung erhält (Speichern: Richtung der letzten Messung; Messen: Nur 1 Bit).

Man kann das vielleicht ganz grob mit der Paßworteingabe beim Login am Computer vergleichen: Du kannst das Paßwort nicht auslesen (sonst wäre es ja kein Schutz), sondern bekommst nur eine Ja/Nein-Antwort (Ja, Paßwort ist richtig/Nein, Paßwort ist falsch). Dennoch muß der Computer mehr als ein Bit speichern, wenn er Dein Paßwort korrekt überprüfen will.
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Zitat:
Am leichtesten läßt sich wohl der Typ "Dualismus" bauen: Da hier der Geist eine von der Physik getrennte Einheit ist, paßt sie exakt auf das Computermodell (der Geist ist der Benutzer, der vor dem Computer sitzt, also außerhalb der Quantenwelt).
Da müssen wir aber erst nochmal Ockhams Messer drüberjagen. Ich denke nicht, daß ein Benutzer von außerhalb für die Funktion des Modells nötig ist. Trotzdem kann man seine Existenz annehmen, und sei es nur, um das Geschehen aus seiner Perspektive zu beschreiben. ("Theorie" bedeutet ja wortwörtlich "Gottessicht".)
Dieser Benutzer könnte Experimente im Computer vornehmen, das wäre die Kür.
Die Pflicht ist aber, daß die Bits von E1 selber mit sich und ihren Nachbarn Experimente veranstalten.

Ein Teil der Bits auf E1 bildet einen Experimentator, der Einfluß auf einen (nicht notwendigerweise) anderen Teil der Bits nimmt. Sagen wir, er legt die Richtung eines Spin-Tests fest (und erhält als Ergebnis dann exakt ein Bit).
Um die Richtung des Spintests festzulegen, muß er also eine bestimmte Zahl an Bits von E1 festlegen.
Ich gehe davon aus, daß diese Anzahl prinzipiell endlich ist, und hatte 400 als Maximum vorgeschlagen, was im Notfall auch mühelos auf 4000 oder fünf gogol erweiterbar ist.

Egal, er will die Zahl gar nicht ausreizen, sondern im Gegenteil die Richtung der Messung so ungenau wie möglich festlegen: mit nur einem Bit: Messe ich von links oder rechts. Kann er machen: umso mehr bit bleiben für gleichzeitige Messungen in den anderen zwei Raumdimensionen übrig, richtig?

Im Moment der Messung kennt er also den gleichzeitigen Zustand zweier Bits: das Experiment-Bit, das er gesetzt hat, und das Ergebnis-Bit, den Spin des Teilchens (hoch oder runter).

Er kann nun das Experiment genauer machen, die Richtung bis zu 400 bits genau festlegen, dann hätte er am Ende die Information über 401 gleichzeitige Bits.
Dann hat er aber keinerlei Möglichkeit mehr, den Spin gleichzeitig in orthogonaler Richtung zu messen.
Es ist fast so, als ob der Experimentator nicht nur den Inhalt eines Bits festlegt, sondern auf einer anderen Ebene auch dessen _Bedeutung_.
Kann das sein? Wenn die "Bedeutung" von Bits Einfluß auf das Verhalten hat, dann muß auch die Bedeutungs-Zuordnung vollständig in E1 abgebildet sein. Aber hat sie denn überhaupt Einfluß?

Wenn der Experimentator die Richtung des Experiments mit exakt Null bit Genauigkeit festlegt, dann erhält er doch trotzdem genau 1 Bit Ergebnis - nur hat dieses Ergebnis dann keinerlei Bedeutung.

Ich würde daraus gerne schlußfolgern: auch für jedes Experiment, welches wir NICHT durchführen, erhalten wir Ergebnis-Bits, die jedoch keine Bedeutung für uns haben, weil wir die Frage nicht kennen. 42. ;)
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Kleines Essay:

"Zahl ist alles", sagten die Phytagoräer, und meinten damit die rationale Zahl.
Es gibt unendlich (sprich: beliebig) viele ganze Zahlen, und wenn man dann auch noch zwei davon miteinander ins Verhältnis setzt, sollte sich jeder denkbare - in Zahlen repräsentierbare - Zustand oder Vorgang in der Natur darstellen lassen.

So dachten sie - und so hätten sie gern weiter gedacht.
Doch ausgerechnet in ihrem eigenen Symbol - dem Pentagramm - entdeckten sie eine Zahl, die sich nicht rational darstellen ließ. (Man kennt sie heute als Phi oder "goldener Schnitt".)
Das war die Geburtsstunde der reelen Zahlen - einem Kuckuckskind.
Die Phytagoräer hielten sie geheim, und sollen sogar um des Geheimnisses wegen gemordet haben.
(Seitdem gilt das Pentagramm mit der Spitze nach unten - der Beweis für Phi - als Zeichen des Bösen.)

Das war damals.
Heute wissen wir: man kann die Linien eines Pentagramms zwar in Gedanken beliebig vergrößern und ineinander kopieren, aber nicht in der Praxis. Jede Linie - also jede kürzeste Verbindung zwischen A und B - wird unter jedem noch so guten Mikroskop irgendwann zu "Wischiwaschi" - einem Gebilde ohne erkennbare Richtung. Irgendwann ist nichtmal mehr klar, was eigentlich eine sogenannte "Richtung" sein soll. Die Bedeutungsebene selbst wird unscharf und verschwindet.

Ich denke, der alte Pythagoras hätte mehr als seine Freude daran ... er würde seinen Glauben an die Vernunft der Natur zurückgewinnen. ;)

Die "komplexen Zahlen" hingegen würde er - so glaube ich - locker wegstecken. Die komplexen Zahlen verhalten sich zu den reellen wie die rationalen zu den ganzen: man braucht jeweils lediglich doppelt so viel Platz, sie aufzuschreiben.
Und wenn sich die "reellen" letztlich schon als "nicht real" erwiesen haben, dann sind auch die komplexen sicher gar nicht so komplex, wie sie aussehen ...
Wir wissen ja bereits, daß e (hoch pi mal i) + 1 gleich 0 ist.
Zwar kennt noch niemand die Bedeutung davon, aber irgendeine muß es ja haben ...

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Beitrag zuletzt bearbeitet von Modran am 25.05.2007 um 06:53 Uhr.
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