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Objektive Realität

Thema erstellt von Scrluka 
Beiträge: 96, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Andre,

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Hallo Tom43,

Tom reicht, danke :-). Zumal ich inzwischen 44 bin.....

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Was ist von der Beobachtung unabhängig? Na, vielleicht der Vorgang des Beobachtens/Wahrnehmens selbst?
Da ist also etwas, das nicht wahrgenommen wird. Ich verstehe zum Beispiel nicht, wie man „Wahrnehmungen“ den Vorrang geben kann, wenn zu jeder Wahrnehmung auch ein Prozess gehört, der selbst nicht mit wahrgenommen wird.

völlig richtig. Aber was bedeutet das in Bezug auf unsere Wahrnehmungen?

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Die Gesellschaft funktioniert, ohne das ihre Elemente eine Vorstellung von ihrer Funktionsweise oder Struktur besitzen. Wir können sie natürlich untersuchen, stehen dabei aber immer vor dem Problem, dass man die Gesellschaft nur von Innen erforschen kann, dass man sich am Leben beteiligen muss, da man sonst die vielfältigen Bedeutungen nicht verstehen kann.
Dabei steht einem die Totalität der Gesellschaft niemals zur Verfügung, sie kann nicht beobachtet werden. Ja, was man jeweils nur hat, sind Vorstellungen über diese Gesellschaft... es geht hier also um ein Erkenntnisproblem.

Damit hast du sicher recht.

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Du musst doch aber zwischen deinem Wissen und dem Gegenstand des Wissens trennen. Wenn du der Meinung bist, dass es kein Wissen über die "objektive Realität" gibt, wäre das etwas anderes, als wenn du behauptest, die objektive Realität wäre mit meinen subjektiven Vorstellungen identisch.

So meine ich es auch nicht. Eher so, daß jede Aussage über eine objektive Realität sinnlos ist. Bereits die Annahme einer objektiven Realität ist eine Vorstellung, und damit subjektiv.
Die gesamte Wissenschaft aber beruht auf dieser Annahme. In der Tat aber untersuchen alle Wissenschaftler niemals etwas anderes als ihre eigenen Wahrnehmungen, sie untersuchen keine objektive Realität. Sie glauben nur, daß diese ihren Wahrnehmungen zugrunde liegt. Damit aber haben sie die Wirklichkeit in eine objektive Realität und eine subjektive Realität aufgeteilt und haben nun größte Schwierigkeiten, diese beiden wieder in einen sinnvollen Einklang zu bringen.

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Ich meine, dass musst du doch bei denen Überlegungen auch berüchsichtigen, dass man sich irren kann, dass man Halluzinieren kann.

Ist schon richtig, nur: worauf bezieht sich "Halluzination"? Angenommen du gehst nachts spazieren und siehst einen Baumstumpf, den du aber für einen Hund hältst. Du erschrickst, gehst langsam weiter und merkst, daß es nur ein Baumstumpf ist. Also sagst du, der Hund war eingebildet, der Baumstumpf ist dagegen real. Sicherlich, aber auch der Baumstumpf ist keine objektive Realität, sondern eine weitere Wahrnehmung. Er ist real bezogen auf dein weiteres Erleben, da du ihn auch spüren kannst, da ihn auch andere wahrnehmen.
Aber keiner sieht einen Baumstumpf-an-sich, auch die anderen nehmen nur wahr. Wobei auch die anderen wiederum deine Wahrnehmung sind :-).

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Warum ändert sich meine Wahrnehmung, wenn sich die Lichtquelle verändert? Oder warum ändert sie sich, wenn ich die Zusammensetzung der Atmosphäre ändere? Warum sehen die Farben mit meinem Linken Auge etwas anders aus, als mit meinem Rechten (eine kleine Abweichung ist ganz normal)

Worin liegt das begründet? In der realen Struktur meiner Augen? Was die Lichtquelle, die Emissions- und Absorbtionseigenschaften des gesehenen Gegenstandes betrifft, die Atmosphäre... irgendwie kann es doch nicht ganz stimmen, dass eine Wahrnehmung nur vom Subjekt abhängig ist.

Es ist nicht so, daß eine Wahrnehmung vom Subjekt abhängig ist im kausalen Sinne. Das Subjekt erschafft nicht das Objekt. Subjekt und Objekt bedingen sich, aber nicht kausal. Sie erscheinen gleichzeitig, übrigens genauso wie in einem Traum oder einem Gedanken. Wenn du dir z.B. ein Haus (also ein gedankliches Objekt) vorstellst, kreiert das Bewußtsein gleichzeitig ein Subjekt, einen imaginären Punkt, von dem aus das Haus gesehen wird.

Du mußt dir klarmachen, daß das Subjekt definitiv kein Objekt ist. Das heißt, Subjekt ist nicht der Körper oder ein Körperteil, da diese selbst nur Objekte der Wahrnehmung sind. Das wird immer wieder verwechselt. Wenn man das konsequent durchdenkt und untersucht, dann machen auch deine Einwände (z.B. bezüglich der Struktur deiner Augen) kein Problem mehr. Da ist kein Widerspruch. Übrigens kommt auch der berüchtigte Solipsismus nur zustande, weil Subjekt für ein Objekt gehalten wird.

In diesen Zusammenhang passt auch die Aussage von Wittgenstein ganz gut, daß das Subjekt sich nicht IN der Welt befindet. Nicht als ein Objekt unter anderen Objekten.

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Du kannst einen Menschen langweilig oder interessant nennen. Das Schnippchen, welches uns unsere Sprache hier schlägt, ist nur, dass wir diese Eigenschaften diesem Menschen meistens "an sich" zu sprechen, obwohl er langweilig oder interessant nur im Kontakt zu mir sein kann.
Das gleiche ist der Fall, wenn du sagst, ein Apfel schmeckt süß, ein Apfel ist rot etc.

Man kann dieses Problem ganz leicht umgehen, in dem man sagt... Für mich ist Jemand langweilig/Interessant. Der Apfel schmeckt für mich süß, sieht für mich rot aus. Und beide Empfindungen hängen natürlich noch von ganz anderen Faktoren ab...

Du hast recht, aber Eigenschaften sind ja nie Eigenschaften-an-sich, sondern Wahrnehmungen. Das Aussehen eines Menschen ist eine wahrgenommene Eigenschaft, wenn ich ihn nun langweilig nenne, ist das zusätzlich noch eine weitere subjektive Interpretation seiner Person.

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Ja, aber Bewusstein kann hier nicht das gleiche bedeuten, wie wenn wir von Lebewesen reden? Und Objekte im Bewusstsein? Hat man nicht immer nur "Bewusstsein von"?

Sicherlich. "Objekte im Bewußtsein" sollte man auch nicht wörtlich nehmen, denn es gibt keine Objekte und zusätzlich noch eine Art Behälter, welcher diese enthält. Es ist leider unsere Sprache, die immer wieder solche Dualismen erzeugt. Es gibt ja auch nicht den Gedanken zusätzlich zu seinem Inhalt. Der Gedankeninhalt IST der Gedanke.

Was meine ich nun mit Bewußtsein? Nicht das, was du dir wahrscheinlich darunter vorstellst, nämlich ein wie auch immer geartetes "etwas" in deinem Kopf. Ich meine aber auch nicht etwas außerhalb deines Kopfes :-). Im Grunde mußt du es nur selbst untersuchen, indem du mal alle Theorien kurz beiseite lässt, und nur siehst, was hier und jetzt ist. Und da wirst du nirgendwo ein Bewußtsein finden. Du weißt nur, daß du bewußt bist, und daß du wahrnimmst. Daß aber diese bewußte Anwesenheit und diese Wahrnehmungen zweierlei sind, erlebst du gar nicht so, nicht wahr? Du nimmst es nur an.

Es gibt ja Wissenschaftler, die behaupten, es gebe überhaupt kein Bewußtsein. So doof ist das gar nicht, denn in der Tat findet sich solch ein Ding nirgendwo. Auf der anderen Seite lässt sich aber meine bewußte Anwesenheit nicht leugnen, das wäre Schwachsinn. Was daraus folgt, ist für mich, daß es kein Bewußtsein IN der Wirklichkeit gibt, sondern daß diese Wirklichkeit eine bewußte Wirklichkeit ist, die sich letztlich selbst wahrnimmt. Und zwar mittels Lebewesen, mittels Sinnesorgane.

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Na ja... unser Denken funktioniert nach bestimmten Regeln... bis auf die Kreativität, neue Idee werden einem schlagartig bewusst, müssen dann aber nach bestimmten Kriterien aussortiert werden. Jedenfalls kann ich nicht den Weg zu einer bestimmten neuen Idee angeben.

Dann wären ja die Naturgesetze in deiner Weltsicht identisch mit den Denkgesetzen dieses "Bewusstseins" Und der Zufall wäre der kreative Moment? ;-)

Naja, man könnte es so ausdrücken :-). Wobei dieses Bewußtsein weder etwas innerhalb von mir ist noch außerhalb von mir. Ich BIN das. Insofern "denke" ich mir die Welt, ohne aber daß ich wüßte, wie und warum ich dies tue. Ich denke mir auch diese Person mitsamt ihren persönlichen Gedanken, oder sagen wir: sie entstehen aus mir. Mir ist schon klar, wie obskur das klingt :-).

Auch hier ein Vorschlag: untersuche mal, wie du denkst. Wenn du das genau und ehrlich betrachtest, wirst du finden, daß du gar nicht weißt, wie du denkst. Du weißt überhaupt nicht, wie du einen Gedanken erzeugen solltest. Jeder Gedanke ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Einfall. Natürlich findest du im Nachhinein eine Kontinuität, du kannst sagen, ich habe an dies gedacht, weil ich jenes gesehen habe. Aber daß du daran dachtest, ist von selbst geschehen, das hast du nicht getan. Ganz einfach, weil es dich als Denker überhaupt nicht gibt. Es gibt keinen Denker der Gedanken. Der vermeintliche Denker ist selbst nur ein Produkt des Denkens. Wie solltest du einen Gedanken absichtlich denken können? Um ihn absichtlich denken zu können, müßtest du ihn kennen, bevor du ihn denkst. Das aber geht nicht, denn wenn du ihn kennst, IST er bereits gedacht :-).

Diese überaus simple Tatsache beendet im Grunde sämtliche philosophischen Diskussionen über freien Willen oder Determiniertheit. Da es keinen separaten Denker gibt, gibt es auch keinen, der frei oder determiniert sein könnte. Denken geschieht aus sich selbst heraus, weder frei noch unfrei. Ich denke nicht Gedanken, ich habe sie nicht, ich BIN sie.

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Das Materielle und das Geistige kann jemand auch als zwei Aspekte seiner Erfahrung mit der Wirklichkeit beziehen, ohne das die "objektive Realität" selbst in diese Teilbereiche gespalten wäre... sie kann dann weder materiell noch mental sein.

So sehe ich das auch mit Subjekt und Objekt, mit Bewußtsein und Wahrnehmungen: zwei Aspekte einer untrennbaren Wirklichkeit. Ob ich die Wirklichkeit nun als materiell oder geistig bezeichne, ist nicht so wichtig, denn die Wirklichkeit ist eh nicht über einen Begriff zu erfassen. Schließlich entstehen alle Begriffe aus der Wirklichkeit.

Andre schrieb in Beitrag Nr. 868-17:
Das interessante dabei ist... bezogen auf den Alltag sind wir alle naive Realisten... und das auch noch sehr erfolgreich... warum?

Ich weiß nicht, wie erfolgreich du bist, aber ich würde sagen: weil es praktisch ist, und weil wir faule Säcke sind. Oder soll ich sagen, die Wirklichkeit ist ein fauler Sack? :-)))

viele Grüße,
Tom
Signatur:
Ich bin nicht, aber das Universum ist mein Selbst
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