Willkommen in Manus Zeitforum
InformationenAnmelden Registrieren

Erweiterte Suche

Objektivität - Subjektivität

Thema erstellt von Maximilian 
Beiträge: 348, Mitglied seit 18 Jahren
Ich möchte mit diesen kurzen Worten wieder eine kleine Diskussion über Objektivität und Subjektivität ins Rollen bringen. Da das Thema sehr umfangreich ist, und spätestens die zweite Seite meist schon eine andere Fragestellung bearbeitet, als anfänglich vorgegeben, möchte ich hiermit nur eine kleine Anfangsfrage in den Raum stellen und der Diskussion den freien Raum lassen, den sie sich ansonsten erst schaffen würde:
Wo beginnt eine objektive Wahrheit, und wo hört eine subjektive auf?

Kurze Erläuterung:
Wir alle haben unsere Meinungen und Ansichten. Die einen verneinen eine Existenz Gottes, die anderen leben für sie. Einer meint die Welt sei unendlich, der nächste geht davon aus, dass sie geschaffen wurde. In der tiefen Philosophie gehen diese Meinungen immer weiter auseinander und oftmals treffen nur wenige aufeinander.
Doch inwiefern können scheinbar bewiesene Tatsachen ein Produkt der Fantasie sein? Wenn wir sagen, dass das Universum 15 Millarden Jahre alt ist und mit dem Urknall seinen Anfang gefunden hat, reden wir hierbei von einer bewiesenen Tatsache. Doch wenn unsere Sinne nicht die Objektivität wiedergeben und uns aus fehlerhaften Informationen Schlussfolgerungen schließen lassen? Können denn nicht auch allgemeingültige Ansichten - beispielsweise was die Lichtgeschwindigkeit betrifft - eine verbreitete subjektive Meinung sein, die man mit Hilfe von "Beweisen" in ein scheinbar richtiges Bild geschoben hat?
Weit verbreitet - der Skeptizismus, ist er die einzige Ansicht, die die fehlerhafte subjektive Meinung die nur auf wahrgenommenen Informationen, deren Verarbeitung und der anschließenden Schlussfolgerung basiert, berücksichtigt?

Beitrag zuletzt bearbeitet von Maximilian am 26.04.2006 um 07:31 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.177, Mitglied seit 18 Jahren
Zitat: "Wenn wir sagen, dass das Universum 15 Millarden Jahre alt ist und mit dem Urknall seinen Anfang gefunden hat, reden wir hierbei von einer bewiesenen Tatsache."

Wenn du es als bewiesene Tatsache hinstellst, unterscheidet sich Wissen nicht mehr von Meinungen und Überzeugungen.
Aber gerade dies ist das Urkall-Modell nicht, es ist weder eine Überzeugung, noch eine Meinung, sondern ein Modell der Wissenschaft, welches sich bisher recht gut geschlagen hat.

Es wäre unvernüftig, so ein Modell einfach so abzulehnen, nur weil man Überzeugungen und Meinungen hat, die sich nicht mit diesem Modell vertragen.
Ebenso unvernüftig wäre es, dieses Modell naiv mit einer Welt wie sie an sich ist gleichzusetzen, denn dann würde es zu einer bloßen Meinungen/Überzeugung werden und der Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft wäre dahin.


Zitat: "Können denn nicht auch allgemeingültige Ansichten - beispielsweise was die Lichtgeschwindigkeit betrifft - eine verbreitete subjektive Meinung sein, die man mit Hilfe von "Beweisen" in ein scheinbar richtiges Bild geschoben hat?"

Hier wurde doch auch niemals etwas bewiesen! Die Konstanz der Lichtgeschwinigkeit ist eines der zwei Postulate (also eine unbewiesene (wie sollte man sie beweisen können?) Annahme, die aber zumindest unserer Erfahrung nicht widerspricht, denn dann wäre so eine Annahme unsinn.)) der speziellen Relativitätstheorie.
Ein Grund für diese Annahme von Einstein war die Tatsache, dass die Maxwellschen Gleichungen nur unter den Lorentztransformationen gleich blieben... und diese Transformationen sind mit einer Größe verbunden, die sich nicht verändert.
Es ist also ganz vernünftig erst einmal die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit anzunehmen und dann über wenige solcher Postulate eine Theorie zu konstruieren, die dann zu Experimenten führt.

Dabei wird diese Theorie niemals bewiesen. Aber da Wissenschaftler auch nur Menschen sind, werden in ihren Köpfen Annahmen manchmal zu Meinungen und Überzeugungen... und an diesem Punkt unterscheiden sie sich nicht mehr von einem normalen Gläubigen.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 348, Mitglied seit 18 Jahren
Gibt es denn Objektivität?
Oder beruht denn nicht alles auf einer Meinung, die teils zu 100% in das Bild einer Wahrnehmung oder Vorstellung passt?
Letztlich können wir doch nur abwägen und bestimmen. Wir können sagen, dass dies möglich, wiederrum anderes nur wahrscheinlich und letztlich vieles schlichtweg unmöglich ist. Wir schaffen uns mit unseren Sinnen ein Weltbild - vielmehr eine Welt an sich - und auf dieser bauen wir auf und schlussfolgern.
Wir passen Meinungen an dieses Bild an, und welche, die in unserem Kopf auf keinen Wiederspruch treffen, sind für uns logisch, andere, die sich mit anderen Teilen des Bildes vereinen, bzw. verknüpfen lassen, sind bewiesen.
Werkzeuge und Hilfsmittel sind die Mathematik, und Ergebnisse der Physik und Chemie.

Natürlich könnte man mich jetzt fragen, warum ich daran zweifle, dass denn alles so ist, wie wir denken, doch daran zweifle ich keinesfalls, denn die Subjektivität ist unser einzig greifbares Mittel und wir leben von ihr. Daher ist die subjektive Welt die einzige Welt für uns, mit der wir was Anfangen können.
Doch ich mit skeptisch, da diese Welt nur auf Annahmen, Hypothesen und Meinungen beruhen, von denen viele in Urzeiten einmal Gestalt angenommen haben können und danach als selbstverständlich galten, was sie dann, für uns, noch heute sind.
Wissen wir denn, ob für anderes "Leben", welches, das wir womöglich nichteinmal als solchen erkennen würden, die Welt nicht ganz anders aussehen würde? Das sie nicht mal mehr etwas mit dieser hier zu tun hätte.
Ich glaube sogar, wir wären andere Lebewesen geworden, wenn sich ein paar wenige Meinungen in frühster Zeit nicht oder anders gebildet hätten. Wie ein Kind, das die deutsche Sprache lernt und letztlich nur sie als verbalen Ausdruck verwendet, lernten wir in erster Zeit einige Dinge, die uns bis heute prägen. Doch inwiefern dies nur eines von vielen Bilder bleibt - und uns die Sicht auf vielleicht andere Bilder versperrt - können wir doch nicht sagen.

Die zwei Beispiele mit Lichtgeschwindigkeit und Urknall sind wohl schlecht gewählt, da diese wirklich nicht bewiesen sind. Doch letztlich geht es auch gar nicht so sehr um konkrete Beispiele, sondern eher um die Aussage an sich, dass diese Welt unbestimmt und fehlerhaft ist/ sein kann.

Beitrag zuletzt bearbeitet von Maximilian am 27.04.2006 um 07:43 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 96, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Maximilian,

Objektivität ist eine subjektive Vorstellung, mehr nicht. Sie ist eine intersubjektive Vorstellung, wobei Intersubjektivität selbst auf einer subjektiven Wahrnehmung beruht.

Ist Objektivität nun Unsinn? Nicht unbedingt. Zu glauben, daß es Objektivität unabhängig von subjektiver Wahrnehmung gibt, ist Unsinn. Als subjektives "Instrument" wiederum ist Objektivität nützlich, um zu kommunizieren, um Übereinstimmung mit anderen zu bekommen. Würde ich mal spontan sagen....

viele Grüße,
Tom
Signatur:
Ich bin nicht, aber das Universum ist mein Selbst
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 348, Mitglied seit 18 Jahren
Was gab es auf dieser Welt, bevor das Subjekt kam? Oder war Subjekt ewig Teil dieser Welt?
Doch wenn eine Welt ohne Subjekt keine Bedeutung hat, dürfte doch auch nicht wahrgenommene Tatsachen nicht existent sein, oder?
Meine Meinung schildere ich dann nach Beantwortung dieser Frage.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.177, Mitglied seit 18 Jahren
Zitat:
Doch wenn eine Welt ohne Subjekt keine Bedeutung hat, dürfte doch auch nicht wahrgenommene Tatsachen nicht existent sein, oder?

Was hat Bedeutung mit Existenz zu tun? Und was verstehst du unter Subjekt? Mit Subjekt ist ja in der Philosophie nicht einfach nur eine Person gemeint.

Aber ganz richtig, ohne Subjekte gibt es keine Existenz, weil Existenz immer "Existenz für..." bedeutet. Existenz ist also etwas anderes, als das Sein. Meist verwendet man aber Existenz im Sinne der Ontologie, also als eine Seins-Aussage. Aber etwas ist ja für sich niemals so, wie es für mich ist. Existenz bezieht sich auf dieses "Für mich", deswegen existiert dieses "an sich" nicht, weil es so für nichts existiert.

Entschuldige... das muss alles etwas seltsam klingen, ist ja im Grunde nur eine philosophische Spielerei. Aber du hast ja auch keine Fragen bezogen auf den Alltag gestellt. Hier ergibt sich viel eher ein Problem mit der Wahrheit, zum Beispiel bezogen auf eine Straftat.

Zitat:
Was gab es auf dieser Welt, bevor das Subjekt kam? Oder war Subjekt ewig Teil dieser Welt?

Kommt darauf an, für was du dich entscheidest. Das 'erste' Subjekt betrachten manche als 'Gott', dann kann es natürlich kein Teil der Welt sein etc.

Wenn das Subjekt aber etwas ist, dass irgendwann in die Welt kam, dann ist die Welt an sich weder Subjekt noch Objekt... es gibt hier auch nichts, was wir wissen könnten. Man kann hier nur Überzeugungen haben.


Zitat:
Wir schaffen uns mit unseren Sinnen ein Weltbild - vielmehr eine Welt an sich - und auf dieser bauen wir auf und schlussfolgern.

Wie sollen wir mit unseren Sinnen ein Weltbild schaffen? Das Weltbild ist doch viel eher unser 'Deutungssystem', also wie wir zum Beispiel die Sinnenwelt deuten. (Naive Realisten deuten sie so, dass sie an sich so ist, wie wir sie sehen... die heutigen Neurowissenschaften sagen uns, dass dies nicht stimmen kann. Wobei dies bereits Philosophen vor 2500 Jahren ebenfalls gesagt haben.)

Zitat:
Doch ich mit skeptisch, da diese Welt nur auf Annahmen, Hypothesen und Meinungen beruhen

Na ja. Eine Meinung ist etwas ganz anderes als eine Annahme, oder eine Hypothese. Eine Annahme darf der Erfahrung nicht widersprechen. Eine Hypothese wird durch die Erfahrung verworfen.

Eine Meinung ist dagegen etwas unumstößliches, was die Erfahrung nicht verändern kann... ganz im Gegenteil, die Erfahrung wird entsprechend der Meinung gedeutet.
Zum Beispiel ist es eine bloße Meinung, wenn ich ohne es jemals an der Erfahrung zu überprüfen, an dem Grundsatz festhalte: "Betroffene Hunde bellen."
Das klingt vielleicht etwas lächerlich, aber sehr viele Menschen haben genau diese Meinung. Wer kennt das nicht, dass schon mal jemand gesagt hätte: "Das du dich aufregst zeigt doch nur, dass ich recht habe."

Zu einer Annahme wird dieses Meinung erst dann, wenn ich diese Meinung auch hinterfrage: "Ist es immer so, dass betroffene Hunde bellen. Wann trifft es zu? Wann nicht? etc."

Eine Hypothese kann daraus werden, wenn du diese Annahme dazu benutzt, bestimmte Phänomene zu erklären, wobei dies dann auch durch die Erfahrung überprüfbar sein sollte.
Und wenn es einige Überprüfungen bestanden hat, kann ich es Theorie nennen... das ist Wissen.

Wissen ist eben etwas ganz anderes als eine bloße Meinung. Wissen kann sich verändern, ist niemals fundamental.

Es war zum Beispiel ja nicht Einsteins Meinung, dass die Lichtgeschwindigkeit konstant ist. Dies war lediglich eine vernüftige Annahme, die sich durch Invarianz der Maxwellschen Gleichen gegenüber der Lorentztransformation und der damit verbundenen Invarianten ergab.
Diese Annahme und die Theorie wird noch heute immer wieder von neuem Überprüft.

Beitrag zuletzt bearbeitet von Andre am 28.04.2006 um 15:46 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 96, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo Maximilian,

Maximilian schrieb in Beitrag Nr. 830-5:
Was gab es auf dieser Welt, bevor das Subjekt kam? Oder war Subjekt ewig Teil dieser Welt?
Doch wenn eine Welt ohne Subjekt keine Bedeutung hat, dürfte doch auch nicht wahrgenommene Tatsachen nicht existent sein, oder?
Meine Meinung schildere ich dann nach Beantwortung dieser Frage.

Wenn du einen Gedanken hast, dir z.B. ein Haus vorstellst, dann "konstruierst" du (dein Geist, Bewußtsein, oder wie auch immer) in diesem Moment ein Objekt (das gesehene bzw. vorgestellte Haus) und gleichzeitig ein Subjekt (der Punkt, von dem aus du das Haus - scheinbar - siehst. Die Perspektive). Subjekt und Objekt erscheinen immer gleichzeitig, unmöglich kannst du dir ein Objekt vorstellen, ohne ein Subjekt zu schaffen.

Gleichzeitig ist aber klar, daß das Subjekt gar nicht "Teil" der vorgestellten Welt ist. Wenn Subjekt ein Teil der Welt wäre, wäre es kein Subjekt, sondern Objekt. Hier sollte man die Begriffe wirklich konsequent verwenden. (Wittgenstein sagte in etwa: das Subjekt ist nicht in der Welt, sondern stellt dessen Begrenzung dar)

Nicht-wahrgenommene Tatsachen sind keine Tatsachen, sie existieren nicht. Zumindest nicht als Tatsachen. Dennoch "sind" sie offenbar, in irgendeiner Weise, denn schließlich erscheinen sie ziemlich zuverlässig meist dort, wo wir sie vermuten. Dies erschließt sich einem nicht, wenn man zu sehr an den Begriffen Existenz und Nicht-Existenz festhält.
Beides sind lediglich Konzepte. Ich würde versuchen, es als Paradoxon auszudrücken:

Die Existenz von Dingen ist ebenso scheinbar wie ihre Nicht-Existenz.

viele Grüße,
Tom
Signatur:
Ich bin nicht, aber das Universum ist mein Selbst
[Gäste dürfen nur lesen]
In diesem Forum dürfen nur Mitglieder schreiben. Hier kannst du dich anmelden
Zum Seitenanfang Nach oben