Willkommen in Manus Zeitforum
InformationenAnmelden Registrieren

Erweiterte Suche

Was genau ist Philosophie?

Thema erstellt von Grtgrt 
Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
 
Henry schrieb in Beitrag Nr. 2028-6:
 
Ich möchte zu deiner Vorgehensweise allgemein etwas sagen. Man sollte annehmen, deine Weltanschauung – die Idee / der Geist als Urgrund allen Seins – brächte dich zu einem umfassenden Denken, will heißen, du gingest vom Allgemeinen aus und kämst so zu einzelnen Vorgängen.

Dem ist aber ganz und gar nicht so, ...


Richtig, Henry,

das ist ganz und gar nicht so, denn ich habe längst gelernt, dass erfolgreich zu denken,
  • weder mit strikter Top-Down-Analyse,
  • noch mit strikten Buttom-Up-Aufbauen

gut verträglich ist: Man muss beides parallel zueinander tun, da oft erst ein Beispiel zeigt, worin der allgemeine Gedanke zur Zwangsjacke oder gar zum Irrtum wurde.



Henry schrieb in Beitrag Nr. 2028-6:
 
Und dazu kommt noch, dass du alles aus der eingeengten Welt des Informatikers betrachtest.


Ja, ich betrachte alles aus einer Sicht, deren Existenz und Möglichkeiten uns erst die Informatik bewusst gemacht hat (mehr dazu auf meiner Seite Zum Wesen der Informatik).

Dass Du diese Welt als eine "eingeengte" siehst, enttäuscht mich tief.
Könnte es sein, dass nicht vielleicht Du es bist, der sie noch gar nicht so richtig verstanden hat?



Henry schrieb in Beitrag Nr. 2028-6:
 
Kurz zur Philosophie: Der Begriff "Philosophie" bedeute für sich erst einmal "Liebe zur Weisheit". Und philosophieren war ursprünglich gedacht als Erwerb von Wissen "um der Weisheit willen", der Zweck bestand ausschließlich in der Mühe um Verständnis der Welt, in die der Mensch gestellt ist.

Heute zu sagen, Philosophie sei dies oder jenes, übersieht, dass es diese Allgemeingültigkeit nicht mehr gibt. Es gibt nicht mehr "die Philosophie", sondern es gibt Philosophie in formulierten Zusammenhängen.


Beiden Aussagen stimme ich voll zu.

Und weil so insbesondere die zweite richtig ist, spreche ich ja heute — wo ich das Wesen von Philosophie, Mathematik, oder Informatik klar erkennbar machen möchte — nicht nur von  e i n e r  dieser Wissenschaften, sondern gleich  v o n  a l l e n  d r e i e n  zusammen:

Nicht um behaupten zu wollen, dass alle drei ein und dieselbe wären, sondern um klar zu machen, durch welche Schwerpunkt-Setzung sie sich unterscheiden, obgleich sie doch nun wirklich "ein Fleisch und Blut" sind: Die Philosophie ist sozusagen die Mutter von Mathematik und Informatik, und obgleich die Informatik der jüngste Spross dieser Familie ist, hat sie mit den beiden anderen extrem viel gemeinsam. Sie liegt sozusagen noch in Windeln, verspricht aber schon jetzt, das Genie der Familie zu werden — auf jeden Fall aber ihr mächtigstes Mitglied.

Informatik hat keine Hemmungen, die Grenzen zu ignorieren, die Philosophie oder Mathematik sich selbst setzen.

Das einzig wirklich große Problem, das die Informatik noch lange haben wird, ist ein Qualitätsproblem, welches vor allem deswegen existiert, weil die explosionsartige Entwicklung dieser Wissenschaft uns bislang viel zu wenig Zeit lies, es zu lösen.


Gruß, grtgrt
 
Beitrag zuletzt bearbeitet von Grtgrt am 20.03.2013 um 17:59 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 2.307, Mitglied seit 13 Jahren
Grtgrt schrieb in Beitrag Nr. 2028-21:

Gruß, grtgrt
 

Gebhard,

Irena hat ja Recht mit dem Weg, den du beschreitest. Ich möchte das aber erweitern, denn wir alle hier sind auf irgendeinem Weg, und alle Bastionen, die wir uns aufbauen und die wir mit Urgewalt verteidigen wollen, sollten nur vorübergehende Stützpunkte sein. Die Bastionen sind Formeln und Formalismen, Rituale und Naturgesetze, Gebote und Verbote, Vorurteile und Uneinsichtigkeit, Verachtung und Wissen. Wenn wir anfangen, uns einzurichten und den Weg vergessen, sind wir in Gefahr, denn das Leben ist auf Unsicherheit gebaut, das Unbestimmte ist das einzig Sichere. Dieses Unsichere und Unbestimmte anzunehmen ist unsere Herausforderung, Wir wissen gar nichts, wir können nur die Hoffnung haben, mit unserem Nichtwissen von der Wahrheit nicht allzu weit entfernt zu sein.

In Einsicht all dieser Unwägbarkeiten sollten wir unsere kleinen Streitigkeiten nicht allzu ernst nehmen, und DANN sind wir ein kleines Stück Wegs zu „wahren Philosophen“ schon gegangen.
Signatur:
Herr Oberlehrer

Die Wolken ziehen hin. Sie ziehen auch wieder her.
Der Mensch lebt einmal. Dann nicht mehr.

(Donald Duck)
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.503, Mitglied seit 17 Jahren
Zitat:
Die Philosophie ist sozusagen die Mutter von Mathematik und Informatik, und obgleich die Informatik der jüngste Spross dieser Familie ist, hat sie mit den beiden anderen extrem viel gemeinsam. Sie liegt sozusagen noch in Windeln, verspricht aber schon jetzt, das Genie der Familie zu werden — auf jeden Fall aber ihr mächtigstes Mitglied.

Was ist mit Physik, die uns ein Bild von unbelebten Materie liefert? Was ist mit Systemtheorie? was ist mit der Gesteswissenschaften, die den geschichtlichen Werdegang nachvollziehen lassen, die uns in der vielfältiger kulturellen Umwelt orientieren lassen (Kunststile, -epochen, weltanschauliche Systeme). Auch Rhetorik und Dichtung sind die Sproßen der Philosophie.

Wenn man in Gebirge steht, dann das näherste Berg der größter erscheint. Ich denke, es ist dein Problem. "auf jeden Fall aber ihr mächtigstes Mitglied"- na ja, sicher muss man stolz sein auf die Disziplin, die man gewält hat. Dennoch steht es in Wege objektiv zu beurteilen, wie mächtig sie wirklich ist. Es ist wie in Gebirge. Wenn du drin bist, scheint dir nächster Berg der größter zu sein. Gewinnt man ein Abstand, dann sieht man an Horizont, wo die größter Berg ist.

Insofern die Informationsverarbeitungssysteme in unsere Kommunikation an Bedeutung gewinnen, wächst sicher ihre Mächtigkeit. Aber eine angewandte Wissenschaft mit einer weltanschaulichen zu vergleichen, scheint mir mehr als übertrieben.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
 
Henry schrieb in Beitrag Nr. 2028-19:
 
Ich kann dir aber versichern, dass du auf dem Weg zur Weisheit noch ganz am Anfang stehst, und wenn du deine übertriebene Hoffnung auf Erkenntnis durch deine Definition von Logik nicht aufgibst, wirst du scheitern.


Danke, Henry, für deine offenen Worte.

Tatsache ist, dass auch ich überzeugt bin, niemals weise zu werden. Aber wem gelingt das heute schon noch?

Dennoch habe ich Freude daran, zu sehen, wie sich hier und dort vor meinen Augen Puzzlesteinchen definitiv zu größeren Mustern richtig zusammenfinden.

Das ist schön, da ich viele Jahre lang gar keine Zeit hatte, lange genug — oder genau genug — hinzusehen. Vorteil allerdings: Ich habe so wenigstens jede Menge spannender Beispiele kennengelernt. Einige davon nachträglich nochmals bewusst zu reflektieren, könnte wohl am ehesten Weisheit erzeugen.

Seltsamerweise scheint die heutige Welt am Erzeugen von Weisheit nicht interessiert zu sein (schon gar nicht, wenn damit Kosten verbunden sein könnten).
Wo früher Weisheit regieren konnte (soweit sie vorhanden war), regieren heute Zielvereinbarungen. Die neue Philosophie?

Es könnte gut sein, dass der Mensch sich zur Maschine degradiert haben wird, noch bevor es Robotern (Maschinen also) gelungen sein wird, Menschen zu ersetzen.


Gruß, grtgrt
 
Beitrag zuletzt bearbeitet von Grtgrt am 20.03.2013 um 20:34 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 13, Mitglied seit 10 Jahren
Im Gegensatz zu Glauben, reden Philosophen über Denken und Sein http://www.planet-wissen.de/laender_leute/griechenl... , die haben es nicht leicht.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
 
Irena schrieb in Beitrag Nr. 2028-20:
 
Ein guter Logiker ist keinesfalls ein Philosoph. Daher die Frage: Was ist genau die Philosophie? bleibt unbeantwortet.


Hi Irena,

da gebe ich dir recht. Aber vielleicht könnte man sagen:


Philosophie ist die gezielte Anwendung des menschlichen Verstandes hin zum Ziel, Antworten auf Fragen zu finden,

die dieser Verstand sich stellt,  o h n e  über die Freude nachvollziehbaren Verstehens hinaus weitere Belohnung zu erwarten.



Gruß, grtgrt

PS: Verstehen nenne ich genau dann nachvollziehbar, wenn die Argumentation, die zum Verständnis führt, anderen mitteilbar ist und ihnen hilft, schneller zur gleichen Einsicht zu kommen.
 
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 54, Mitglied seit 10 Jahren
Hallo zusammen,

die z.T. ja schon ältere Diskussion hat mein Interesse geweckt und ich will ein paar Gedanken beitragen.

Man kann bereits die Ausgangsfrage dieses Threads in einer Hinsicht kritisieren: „Was genau ist Philosophie?“. Diese Frage lässt sich – eben genau – nur beantworten, wenn man sagt: Es gibt heute keine allgemein akzeptierte, genaue Bestimmung der Philosophie! Man kann nur einkreisen, worum es geht.

Mir sind zwar manche Wikipedia-Einträge eher suspekt (das merkt man meist erst bei den Themen, bei denen man meint, sich selbst ganz gut auszukennen), aber den Eintrag „Philosophie“ (den ich nicht im Detail beurteilen kann) finde ich jedenfalls lesenswert für alle, die sich hier an der Diskussion beteiligen und das Thema spannend finden.

Denn wenn man ihn gelesen hat, kann man hier eigentlich nicht mehr mit „Definitionen“ punkten, die beanspruchen, allgemeingültig zu sagen, was „Philosophie ist….“.

Eine Reduktion auf Ansprüche von Logik hat zwar Tradition innerhalb der Philosophie, aber welcher heute lebende Philosoph würde noch ernsthaft behaupten wollen, es gäbe z.B. nur logisch-analytische Philosophie (selbst wenn er oder sie sich für dafür entschieden (!) hätte)?
Man kann also immer nur sagen: „Ich verstehe Philosophie als eine Wissenschaft, die...." oder noch plausibler: "Ich beziehe mich mit meinen Verständnis von Philosophie auf den XYZ-Zweig der Philosophie….“.

Reduzierte man die Philosophie insgesamt auf "Logik" und damit letztlich doch nur auf methodische Ansprüche (oder sogar auf einen "Zweck"), würde man nicht nur ganz viele Bereiche aus der Philosophie ausschließen, die es heute - empirisch! - als Philosophien gibt (Sozialphilosophie, politische Philosophie, Religionsphilosophie, philosophische Anthropologie, Ethik….), sondern man schlösse – ironischerweise – gerade jenes ganze Spektrum an Fragen aus der Philosophie aus, die sich kritisch mit instrumentellen Zweckvorstellungen, mit den Grenzen der Logik, den Grenzbereichen des Lebens, auch den Grenzbereichen des Wissens und des Denkens beschäftigen. Und mir scheint, von diesen Fragen lebt die heutige Philosophie, weil alle anderen Wissenschaften nicht über ihren Schatten springen können. Man wird einen Informatiker nicht von logischen Verknüpfungen abbringen, man wird einen Mathematiker nicht dazu bringen, nicht zu rechnen, man wird einen Juristen nicht dazu bringen, außerhalb der Kategorien des Rechts zu denken, usw. Aber ein Philosoph erlaubt sich, auch andere Fragen zu stellen…., auch in den Bereich des Normativen zu gehen (z.B. Ethik), was die meisten Wissenschaften - eben als solche - ablehnen.

Ohne persönlich provozieren zu wollen, will ich noch anmerken, dass ich die – hochselektive – Verbindung Philosophie, Mathematik, Informatik unter dem Gesichtspunkt des zuvor Gesagten und der Geschichte der wissenschaftlichen Disziplinen geradezu „zum Piepen“ finde! Es kann sich doch nicht jeder zurecht legen, was Philosophie ist! Und gerade die Informatik widerspricht doch im klassischen Sinne heute häufig dem Geist der "Liebe zur Weisheit", weil sie so anwendungsbezogen ist - und sie all die Folgen ihres - in der Tat "industrialisierten" - Tuns einfach anderen überlässt: seien es Soziologen, Ethiker, Pädagogen oder am Ende Ärzte.

Zugegeben, irgendwie hält sich jede Wissenschaft für die Königsdisziplin, aber wenn man zur Kenntnis nimmt, dass es in der modernen Gesellschaft sehr viele wissenschaftliche Disziplinen gibt (und auch immer mehr neue anwendungsorientierte „Fächer“ entstehen, die sich für bestimmte Gegenstände interessieren (und wenig für Weisheit), kann man nur sagen: das ist doch albern! Es gibt keine Königsdisziplin! Das bilden sich die Vertreter der Disziplinen und Fächer alle gerne ein!

Ich bin keine Wissenschaftsforscherin und -historikerin, aber man muss auch die historische Entwicklung im Verhältnis der wissenschaftlichen Disziplinen (Fakultäten, facultates) im Blick haben. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte die Philosophische Fakultät in den mittelalterlichen Universitäten (Bologna, Paris) zwar den Status einer Königsdisziplin im Verhältnis zu den artistischen Fakultäten (Medizin, Jurisprudenz, Theologie, die heute als klassische „Professionen“ gelten und sich mit den Weltverhältnissen des Menschen beschäftigten (dem Verhältnis zum eigenen Körper, zu anderen Menschen, zu Gott…)). Aber das ist heute Geschichte! Auch wenn Philosophen es natürlich nicht mögen, wenn man sie daran erinnert, dass ihr Status als „Königsdisziplin“ wissenschaftshistorisch schlicht vorbei ist. Und gerade die Philosophie ist wohl heute eine der Disziplinen, die ihre Problemstellung (!) gerade nicht mehr klar benennen kann. (Erinnert sei daran, dass man wissenschaftliche Disziplinen nicht nach ihrem Gegenstand oder ihrer Methode bestimmt, sondern nach ihrer Problemstellung, die sie dann auf – im Prinzip - jeden Gegenstand beziehen).

Entschuldigung, das ist jetzt sehr lang geworden, aber das floß grad aus einer nicht-reduktionistischen WissenschaftlerInnen-Seele.
Schönes Wochenende,
Emmins
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.729, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Emmins,

Emmins schrieb in Beitrag Nr. 2028-27:
„Was genau ist Philosophie?“. Diese Frage lässt sich – eben genau – nur beantworten, wenn man sagt: Es gibt heute keine allgemein akzeptierte, genaue Bestimmung der Philosophie! Man kann nur einkreisen, worum es geht.

Das sehe ich auch so: "Die Liebe zur Wahrheit" ist komplizierter als "Philosophie", bei letzterer hat man nur einen abstrakten Begriff.
Schliesslich ein Theologe würde davon ausgehehn, dass sich jeder der Begriffe "Liebe" und "Wahrheit" dem entzieht,
was man mit Worten beschreiben kann und damit der Philosophie.

In einer rationalen Philosophie wie der Mathematik würde man annehmen, dass die Gesamtheit der Assoziationen
zwischen zwei mächtigen Objekten mindestens so mächtig sei, als jedes der Objekte, weil
eine Assoziationsmatrix typisch mehr Elemente hat als Zeilen oder Spalten, die die Attribute der Objekte aufzählen.

Für die Philosophie aus Sicht der Theologe gilt das gerade nicht: Dort ist Philosopie qualitativ weniger als das, was sie beschreibt
und deswegen hat es die Theologie auch nicht nötig, sich gegen Mathematik oder Informatik abzugrenzen.

So verstehe ich, dass die Philosophen, die ich kenne, großen Respekt vor Disziplinen wie der Mathematik haben.
Es mag sogar sein, dass Ärzte an ihnen verloren gegangen sind.

lg
Thomas
Signatur:
Ich bin begeistert!
Beitrag zuletzt bearbeitet von Thomas der Große am 18.10.2013 um 23:53 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
 
Emmins schrieb in Beitrag Nr. 2028-27:
 
Eine Reduktion auf Ansprüche von Logik hat zwar Tradition innerhalb der Philosophie, aber welcher heute lebende Philosoph würde noch ernsthaft behaupten wollen, es gäbe z.B. nur logisch-analytische Philosophie (selbst wenn er oder sie sich für dafür entschieden (!) hätte)?

Man kann also immer nur sagen: "Ich verstehe Philosophie als eine Wissenschaft, die...."
oder noch plausibler: "Ich beziehe mich mit meinen Verständnis von Philosophie auf den XYZ-Zweig der Philosophie….".


Hallo Emmins,

man sollte nicht übersehen, dass » Philosophie « etwas ganz anderes ist als » eine Philosophie «.

Genauer:
  • Unter » Philosophie « verstehe ich tatsächlich nur das logisch analysierende Nachdenken über welchen Gegenstand auch immer.
  • Alles andere wäre mehr nur » eine Philosophie « (d.h. eine Menge von Grundsätzen und Prinzipien, die dem Zweck dienen, bestimmte Handlungsweisen als erwünscht oder nicht erwünscht, im Extremfall auch als gut oder böse, einstufen zu können).


Der Unterschied besteht darin, dass Philosophie im klassischen Sinne sich keinem bestimmten Zweck unterordnet, wohingegen jede konkrete Philosophie — so objektiv sie sich auch geben mag — etwas durchaus zweckgebunden Konstruiertes darstellt. Und natürlich gibt es da auch Mischformen ...


Gruß, grtgrt
 
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 54, Mitglied seit 10 Jahren
Hallo Gebhardt,

halt mich für blöd, aber ich hab es nicht verstanden! Im ersten Satz legst Du Dich auf "eine" Philosophie fest (was ja legitim ist), im zweiten Satz gibst Du zu, dass es auch andere Philosophien gibt.

Ist das nicht ein wundervolles Paradox? Was wäre die Einheit (Philsophie) des Verschiedenen (Philosophien), ohne sich in eine Paradoxie zu verstricken?

Gruß, Emmins
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
 
Emmins schrieb in Beitrag Nr. 2028-30:
 
Im ersten Satz legst Du Dich auf "eine" Philosophie fest (was ja legitim ist), im zweiten Satz gibst Du zu, dass es auch andere Philosophien gibt.

Ist das nicht ein wundervolles Paradox? Was wäre die Einheit (Philsophie) des Verschiedenen (Philosophien), ohne sich in eine Paradoxie zu verstricken?


Hi Emmins,

natürlich kann man es auch so sehen, dass selbst das, was ich als die ursprüngliche, nicht zweckgebundene Philosophie bezeichne, allein schon dadurch, dass ich sie zu kennzeichnen versuche, zu einer bestimmten  A r t  von Philosophie wird.

Eine bestimmte  A r t  von Philosophie ist aber immer noch was anderes als » eine bestimmte (zweckgebundene) Philosophie « (wie z.B. die, welche man Ethik nennt).


Wenn jemand von der Ferne einen Wald betrachtet, kann es sein, dass er ihn einfach nur schön findet und es ihm gleich ist, an welchen Stellen des Waldrandes er mehr oder weniger erkennt, trotzdem er ganz grundsätzlich möglichst viel erkennen möchte. Das wäre der Philosophie vergleichbar, die nur Erkenntnis um der der Erkenntnis willen sammelt.

Ganz anders jemand, der z..B. Jäger ist und jetzt an einer ganz bestimmten Stelle des Waldrandes möglichst viel erkennen möchte, da er glaubt, dass genau dort sich das Stück Wild rumtreibt, das er gerne abschießen möchte. Er betrachtet dann schon weit weniger unvoreingenommen — eben zu einem bestimmten Zweck.


Und noch ein Vergleich: Wenn man die Summe all dessen, was man als » Philosophie « bzw als » eine bestimmte Philosophie « bezeichnen kann, mit einem Kamm vergleichen wollte, so wären seine Zinken die unterschiedlichen Philosophienen, wohingegen der Teil des Kammes, dem sie alle entwachsen, die Philosophie schlechthin vertreten würde.


Genauer, so fürchte ich, werde ich's nicht erklären können.

Gruß, grtgrt


PS: Ich bin überzeugter Anhänger der Germanisten, die noch stutzen, wenn sie auf Stellenanzeigen treffen, die statt gutem Gehalt "ein" gutes Gehalt versprechen.
 
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 2.307, Mitglied seit 13 Jahren
Emmins schrieb in Beitrag Nr. 2028-30:
Hallo Gebhardt,

halt mich für blöd, aber ich hab es nicht verstanden! Im ersten Satz legst Du Dich auf "eine" Philosophie fest (was ja legitim ist), im zweiten Satz gibst Du zu, dass es auch andere Philosophien gibt.

Ist das nicht ein wundervolles Paradox? Was wäre die Einheit (Philsophie) des Verschiedenen (Philosophien), ohne sich in eine Paradoxie zu verstricken?

Gruß, Emmins

Hi, Emmins!

Nein, das ist kein Paradox. denn "eine" ist unbestimmt und kann verschiedene Arten von Philosophie meinen. Die Verwirrung liegt darin, dass ich sowohl "die Philosophie" als auch "Philosophie" sagen kann, wenn ich den "großen Überbau Philosophie" meine. Wenn eine bestimme Art von Philosophie oder eine bestimmte Richtung innerhalb der Philosophie gemeint ist, wendet man den Begriff "diese Philosophie" an.
Signatur:
Herr Oberlehrer

Die Wolken ziehen hin. Sie ziehen auch wieder her.
Der Mensch lebt einmal. Dann nicht mehr.

(Donald Duck)
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 2.307, Mitglied seit 13 Jahren
Thomas der Große schrieb in Beitrag Nr. 2028-28:
Das sehe ich auch so: "Die Liebe zur Wahrheit" ist komplizierter als ... verloren gegangen sind. (gesamten Text siehe dort, sonst werde ich wieder der ungebührlich langen Zitiererei geziehen)

lg
Thomas

Hi, Thomas!

Ich sehe nicht, weshalb die BEGRIFFE "Philosophie, Wahrheit, Liebe" in unterschiedlicher Stärke abstrakt sein sollten.

Wenn wir die Begriffe nicht als Substantive, sondern als Verben verwendeten, kämen wir der Sache näher, denn sie bezeichnen alle drei nichts, was ohne tätige Menschen vorhanden wäre, philosophieren, Wahrheit suchen ("wahrheiten" im Sinne von "nicht lügen" als Verb gibt es leider nicht, schade!), lieben sind Tätigkeiten, es gibt sie nur, wenn sie von Menschen gelebt werden.

Über das, was "Philosophie" ist, wird gerade diskutiert, offensichtlich bedarf das einer Klärung, und ich denke nicht, dass es einer Klärung dienlich ist, wenn man "Philosophie" VOR der Klärung schon als minderwertig hinstellt - zumindest aus Sicht der Theologie, wobei ich nicht glaube, dass das so allgemeingültig gesagt werden kann, schließlich gibt es auch theologisch begründete Philosophie - und philosophisch begründete Theologie. ICH vertrete sogar die Ansicht, dass - wenn man denn schon werten will - die THEOLOGIE nachgeordnet ist, denn auch die Theologie dient schließlich der Suche nach Wahrheit, die Frage ist: Wer ist Mutter, wer Tochter?, nicht wahr?

Wenn "die Theologie" behauptet, "sie sein qualitativ weniger, als das, was sie beschreibt", ist sie nur zu bedauern, eine der Wahrheit verpflichtete Theologie würde wohl kaum behaupten, dass Synthese notwendig nicht mehr sei als These und Antithese, auch dann nicht, wenn die Synthese aus der Philosophie entstammt (Ich glaube allerdings nicht, dass DIE Theologie das tut).
Signatur:
Herr Oberlehrer

Die Wolken ziehen hin. Sie ziehen auch wieder her.
Der Mensch lebt einmal. Dann nicht mehr.

(Donald Duck)
Beitrag zuletzt bearbeitet von Henry am 20.10.2013 um 10:59 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.128, Mitglied seit 13 Jahren
Philosophie ist für mich die Suche nach anderen Blickwinkeln und globalisierbaren neuen Herangehensweisen.
Signatur:
1=(h/s³)*(h/t) und 1/cc>0
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
 
Wrentzsch schrieb in Beitrag Nr. 2028-34:
 
Philosophie ist für mich die Suche nach anderen Blickwinkeln und globalisierbaren neuen Herangehensweisen.


Der Definition kann ich mich auch anschließen.

 
[Gäste dürfen nur lesen]
Beiträge: 1.444, Mitglied seit 15 Jahren
philosophie ist,wenn kinder sich die welt ohne Lehrer erklären.
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.729, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo Henry,

Henry schrieb in Beitrag Nr. 2028-33:
Ich sehe nicht, weshalb die BEGRIFFE "Philosophie, Wahrheit, Liebe" in unterschiedlicher Stärke abstrakt sein sollten.

Wenn wir die Begriffe nicht als Substantive, sondern als Verben verwendeten, kämen wir der Sache näher, denn sie bezeichnen alle drei nichts, was ohne tätige Menschen vorhanden wäre, philosophieren, Wahrheit suchen ("wahrheiten" im Sinne von "nicht lügen" als Verb gibt es leider nicht, schade!), lieben sind Tätigkeiten, es gibt sie nur, wenn sie von Menschen gelebt werden.

das ist sehr weise, die abstrakten Begriffe durch Tätigkeiten, bzw. Prozesse zu dualisieren.
Nehmen wir an, Liebe sei die Tendenz, sich mit dem erkannten Objekt zu vereinigen.
Ein Subjekt zu erkennen ist das, was es zum Objekt macht und es bedeutet, Wissen darüber zu haben.
Erkennen bedeutet mindestens, hinreichendes Wissen zu haben, um das Subjekt zu identifizieren. Das
leistet z.B. eine Personal-ID.
Ein Ziel ist das Kennen, als wesentlicher Aspekt der Vereinigung, was bedeutet, Wissen über die Qualität des Subjekts zu haben.

Nehmen wir ein tierisches Beispiel:

Ein Wildschwin ernährt sich gerne von Früchten, die von einem bestimmten Baum fallen.
Es findet die Früchte und stellt fest: "Das sind die von meinem Baum". Es erkennt den Baum an
den Früchten. Es kann sich mit den Früchten identifizieren, aber nicht mit dem Baum, den
im allgemeinen kann es nicht auf den Baum klettern, um diesen selbst zu studieren.
Es erkennt also den Baum, aber es kennt ihn nicht selbst.

Nehmen wir analog an, ein Philosoph sammle die Früchte vom Baum der Allwissenheit, so
kann er unendlich viel wissen haben und qualitativ doch nicht allwissend sein, solange er nicht
auf der Ebene des Baumes selbst ist.

Zitat:
ICH vertrete sogar die Ansicht, dass - wenn man denn schon werten will - die THEOLOGIE nachgeordnet ist, denn auch die Theologie dient schließlich der Suche nach Wahrheit, die Frage ist: Wer ist Mutter, wer Tochter?, nicht wahr?

So gibt es eine Ordnung in der Schöpfung. Alle lebenden Objekte der Schöpfung sind selbst schöpferisch
und jedes hat einen Schöpfer. Wir erkennen Pflanzen, Tiere und Menschen als Früchte der Schöpfung
und sie haben im allgemeinen Kinder, die ihnen ähnlich sind. Und wenn wir ihre Gesamtheit kennen,
dann kann es trotzdem sein, dass wir den Schöpfer nicht kennen.

Und genau da steht die Theologie über der Philosophie. Sie geht aus von der offenbaren Wahrheit von Gott
und wo diese gegeben ist, kann sie jedes Objekt und jeden Gedanken per Schöpfungsprozess von ihm ableiten,
aber das Wildschwein bleibt auf der Erde.

Zitat:
eine der Wahrheit verpflichtete Theologie würde wohl kaum behaupten, dass Synthese notwendig nicht mehr sei als These und Antithese, auch dann nicht, wenn die Synthese aus der Philosophie entstammt (Ich glaube allerdings nicht, dass DIE Theologie das tut).
Theologie beschäftigt sich nicht mit LEGO, d.h. passende Teile zu sammeln und zusammzufügen, um schliesslich zu sagen: "Das ist das Ganze!"

So ähnlich ist das Verhältnis von Philosophie und Mathematik. Letztere beschreibt den Unterraum der Welt der Ideen, die man
per Aussagen-Logik auf Axiome reduzieren kann. Und natürlich ist er ein echter Unterraum. Hier ist also die Mathematik das Wildschwein.

Wenn sich jemand zur Philosophie jenseits der Mathematik erheben will, dann tut er das aus der Einsicht heraus, dass es nix bringt,
auf dem Wildschwein herumzuhacken, sondern er wird zum Baum schauen und erkennen.

lg
Thomas
Signatur:
Ich bin begeistert!
Beitrag zuletzt bearbeitet von Thomas der Große am 10.12.2013 um 00:28 Uhr.
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 926, Mitglied seit 13 Jahren
Lieber Thomas

Ist es nicht eher so, dass eine abgehobene Theologie, vor lauter Bäumen, die Wildschweine nicht erkennt.

Liebe Grüsse
Harald
Signatur:
Es gibt nur eine Zeit - die aktive und die passive Gegenwart - und Gravitation
ist die Antwort der Gegenwart auf die Einwirkung vergangener Wichtigkeiten.
[Gäste dürfen nur lesen]
avatar
Beiträge: 1.729, Mitglied seit 16 Jahren
Harald Denifle schrieb in Beitrag Nr. 2028-38:
Lieber Thomas

Ist es nicht eher so, dass eine abgehobene Theologie, vor lauter Bäumen, die Wildschweine nicht erkennt.

Liebe Grüsse
Harald


Danke Harald,

das war genau meine Frage an die Philosophie nach Beitrag Nr. 2028-27.

lg
Thomas
Signatur:
Ich bin begeistert!
[Gäste dürfen nur lesen]
In diesem Forum dürfen nur Mitglieder schreiben. Hier kannst du dich anmelden
Zum Seitenanfang Nach oben