Wie konnte die Natur Leben hervorbringen?
Hans-Peter-Dürr, argumentiert in seinen
Reflexionen eines Quantenphysikers in etwa wie folgt:
Das Phänomen "Leben" sollte man nicht mehr als außerhalb der übrigen, sogenannten "unbelebten" Natur angesiedelt sehen.
Im Kontext der alten, auf Determinismus gegründeten Naturauffassung war das nahezu unmöglich, da der Mensch sich stets instinktiv dagegen gewehrt hat, nur als voll deterministisch arbeitendes Uhrwerk eingeordnet zu werden. Solcher Unverträglichkeit zu entgehen, zog man einen deutlichen Trennungsstrich zwischen dem Menschen und der übrigen Natur.
Diese „
künstliche Trennung von Mensch und seiner Umwelt“ habe viel mit der ökologischen Krise zu tun, die heute die menschliche Zivilisation existentiell bedroht. Es ist dies eine Behauptung, die ich (grtgrt) nicht so recht nachvollziehen kann. Sehr überzeugend aber finde ich alles weitere:
Die neue Physik, so Dürr,
- gestatte uns, die störende Fessel der strengen Determiniertheit abzustreifen oder wenigstens zu lockern,
- sei aber zur Begründung der vermuteten Willensfreiheit des Menschen wohl noch nicht ausreichend.
Diese Freiheiten nämlich seien aufgrund der [durch Wellenfunktionen] fest vorgegebenen Wahrscheinlichkeiten prinzipiell und primär recht bescheiden und nahe daran durch die fast vollständige Ausmittelung der mikroskopischen "Lebendigkeit" bei makroskopischen Zusammenballungen vollends erdrückt zu werden.
Und dann kommt Dürr zu einem wirklich interessanten Punkt:
Eine vollständige statistische Ausmittelung jener Lebendigkeit erfolgt nur dann, wenn die ein Gesamtsystem bildenden Teile genügend unabhängig voneinander sind.
Da nun aber die Architektur jedes quantenmechanischen Systems nicht nur über die zwischen seinen Teilen wirksamen Grundkräfte bestimmt ist, sondern darüber hinaus durch Wahrscheinlichkeiten, die sich aus seiner Wellenfunktion ergeben, kann ein solches System nicht einfach nur als Summe seiner Teile verstanden werden — eine Tatsache, der man heute noch viel zu wenig Rechnung trägt:
- Bei der Beschreibung von Molekülen nehmen Chemiker als selbstverständlich an, daß man dabei i.W. mit den groben Approximationen auskommt, welche nur die Intensitäten aber nicht die Phasenbeziehungen der Materiewellen der Elektronen berücksichtigen.
- Ähnlich die moderne Biologie: Sie — so argumentiert Dürr — sei von den Erfolgen der analytischen Betrachtung des Lebendigen so beeindruckt, daß sie sich heute immer weiter von einer ganzheitlichen Betrachtungsweise entfernt. Sie tue dies in der Überzeugung, damit den Forderungen der exakten Naturwissenschaften am besten entgegenzukommem, übersehe aber, dass es hierfür einer geeigneten Ergänzung der heute dominanten rein analytischen Betrachtung bedürfte.
- Von welch zentraler Bedeutung eine solche Ergänzung sein kann, beweist die durch die moderne Chaostheorie aufgedeckte Tatsache, dass selbst schwächste Einwirkungen zu völlig verschiedenartiger Entwicklung führen können.
Wer darüber nachdenkt, ob Leben auf diese Weise entstanden sein könnte, müsste meiner Meinung nach aber mindestens noch mit berücksichtigen, was mein
Beitrag 1948-18 zu erklären versucht.
grtgrt
Beitrag zuletzt bearbeitet von Grtgrt am 11.11.2012 um 20:47 Uhr.
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