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Logik der Kreter

Thema erstellt von Thomas der Große 
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Beiträge: 1.729, Mitglied seit 16 Jahren
Hallo,

das wohl berühmteste Beispiel für sprachlogische Kritik ist der Satz
Zitat:
Ein Kreter sagt: "Alle Kreter lügen!".

Nach den mir bekannten Interpretationen ist er ein Widerspruch in sich.

Seht Ihr das auch so oder steckt vielleicht doch eine sinnvole Aussage dahinter?
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Beitrag zuletzt bearbeitet von Thomas der Große am 28.07.2018 um 19:46 Uhr.
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Beiträge: 3.476, Mitglied seit 18 Jahren
Hm,

versteh ich nicht. Es heißt ja nicht: "Alle Kreter lügen immer!" Somit kann die o.g. Aussage wahr sein, und der Kreter kann sonst lügen.

Aber ick weiß natürlich, was du willst. Verzwickt, verzwickt...

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Diese Welt gibt es nur, weil es Regeln gibt.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Stueps am 28.10.2007 um 20:22 Uhr.
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Beiträge: 121, Mitglied seit 18 Jahren
Hallo....

Eine Ableitung des Satzes " Alle Kreter lügen "...lautet :

" Ich lüge , ich sage die Wahrheit. "

Soll man jetzt die Aussage als Solche hinnehmen..? Oder muß man die Bestätigung anzweifeln...
Verzwickt..verzwickt..
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Beiträge: 1.503, Mitglied seit 17 Jahren
Die die Aussage "alle Kreter lügen" beinhaltet, dass der Kreter, der es sagt, lügt.
Also, es wäre dann, dass "nicht alle Kräter lügen" oder "alle Kräte lügen nicht".
Beide Schlüssfolgerungen widersprechen ursprunglicher Aussage.

---------------------------------------------------------------
@Stueps
Ich neige auch, dieses Satz nicht unbedingt als gelungenes Beispiel für Widersprüchlichkeit zu bezeichnen. Es liegt an Flexibilität der Sprache. Erstens, der Verb in Gegenwart bezeichnet nicht unbedingt die augenblickliche Tätigkeit. "Ich arbeite", wenn ich auf der Sofa liege, ist nicht unbedingt ein Widerspruch. Es bedeutet, dass ich arbeite allgemein (also bin nicht arbeitslos).

Aus diesem Sichtpunkt betrachtet: wer ist Lügner? Der immer lügt? Der Mensch, der immer lügt, also sagt nicht, was er meint, kann überhaupt nicht überleben. Wenn er will essen, dann muss er dass Gegenteil behaupten...

Noch interessanter wird es, wenn ganze Gemeinschaft lügt. Kann so eine Gemeinschaft existieren? Sagen wir ich bin ein Lügner, ein Mensch der absichtlich Wahrheit verschleicht. Wenn alle so wäre, dann relativ schnell käme dazu, dass alle Gemeinschaftsmitglieder würden unter Aussagen die Lüge vermuten und entsprechend reagieren. Also die Lügensprache würde sich als ganz normale Sprache äussern. Also man würde mir beim Satz "Ich habe kein Durst" ein Glas Wasser reichen. Kann man dann überhaupt meine Lüge als Lüge bezeichnen? Die Lüge beinhaltet doch die Täuschung. Wenn aber die Lügnesprache allen ist offen, dann ist es keine Lüge.
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Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Wie wär´s mit folgendem Versuch zur Ableitung einer sinnvollen Aussage:

Um festzustellen, dass alle Kreter lügen, muss man alle Kreter gehört haben und deren Aussagen geprüft haben.

Sind alle Aussagen der Kreter falsch, so ist es wahr, dass alle Kreter lügen.

Wenn ich nun alle Kreter bis auf einen geprüft habe, so muss ich nun nur noch die Aussage des letzten Kreters die da lautet "Alle Kreter lügen." prüfen.

Dies ist aber nicht möglich, da die Prüfung dieses Satzes voraussetzt, dass bereits alle Kreter geprüft sind, was jedoch nicht der Fall ist: Der letzte Kreter fehlt ja noch.

Als sinnvolle Aussage lässt sich somit feststellen, dass in diesem Fall nicht entschieden werden kann, ob die Aussage des Kreters wahr oder falsch ist.
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Beiträge: 1.503, Mitglied seit 17 Jahren
Dieser Satz ist ein Klassiker für unentschiedbaren Sätzen in der Logik.

Ich verfolge aber andere Schema. Es interessiert mich, ob selbst die Sprache sich so einfach in der logische Grenze einzwingen lässt.
Was ist gemeint mit dem "lügen"? Was bezeichnet es? Eine totale Eigenschaft, die bei jeder Aussage zu Vorschein kommt oder nur überwiegende. Totale es kann nicht sein (hatte in vorigen Post beschrieben). Dann ist es überwiegende, aber nicht zwangsläufig immer sich präsentierende.
In dem Sinne es gibt kein Widerspruch.

Wenn wir nehmen aber den Grenzfall und nehmen an, dass "das Lügen" ist eine totale Eigenschaft alle Kräter. Mir persönlich sticht in Auge die Unmöglichkeit solche Behauptung. Also brauch man nicht den ganzen Satz weiter auf logische Konsistenz zu prüfen. Schon sein Teil erhält logische unkonsistenz, ist falsch.

Ich meine damit, dass Sprache ist viel flexibler, sie hat viel Mehrdeutigkeit, viel Raum für Interpretationen. Es ist das Schatz der Sprache, die z.B. Mathematik nicht hat. Aber auch ihr Fluch.
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Beiträge: 1.729, Mitglied seit 16 Jahren
@Stueps
Meine Frage war, ob der Satz in irgendeiner Art sinnvoll sein kann.
Tatsächlich kam ich auch zu einem positivien Ergebnis,
wobei ich mich aber auf den Zeitpunkt beschränkt habe, in dem die Aussage gemacht wird:

Den Kreter, der die Aussage macht, nenne ich Vassilis, um ihn von anderen Kretern zu unterscheiden.
Wie haben also:
Zitat:
Vassilis sagt: "Alle Kreter lügen".

Mit der Annahme, dass Vassilis lügt, folgt, dass seine Aussage falsch ist.

Die möglichen Negationen von "Alle Kreter lügen" hat die ehrenwerte Irena aufgezählt:
Zitat:
"nicht alle Kräter lügen" oder "alle Kräte lügen nicht".

Der Fall "alle Kreter lügen nicht" ist ein Widerspruch zur Annahme "Vassilis lügt".
Der Fall "nicht alle Kreter lügen" bedeutet, daß es Kreter gibt, die nicht lügen.
Weil Vassilis per Annahme lügt, gibt es einen weiteren Kreter, der nicht lügt.
Und das ist kein Widerspruch!
Dabei spielt es keine Rolle, ob bei dem 2. Kreter das Lügen beobachtbar ist oder nicht.

Wir haben also eine Annahme, die nicht zum Widerspruch führt und das
verstehe ich als Gehalt des Satzes.

Folgen:
Es gibt 2 Gruppen von Kretern: Die Lügner und die Philosophen.
Damit sind die Aussagen "Alle Kreter sind ehrlich" und "Alle Kreter sind Lügner" beide falsch.
Vassilis gehört zu den Lügnern.

Faszinierend an dem Satz finde ich, dass Vassilis mit seiner Aussage sich selbst bezeichnet,
eine interessante Formulierung der Projektion: Was man sagt, das ist man selbst.

Gruß
Thomas

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Ich bin begeistert!
Beitrag zuletzt bearbeitet von Thomas der Große am 30.08.2008 um 09:34 Uhr.
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Beiträge: 2.420, Mitglied seit 17 Jahren
Ähnliches folgt, wie ich mir im Nachhinein überlege, auch aus meinem Vorschlag zur "praktischen Überprüfung" des Wahrheitsgehaltes des Satzes von Vassili.

Viel wahrscheinlicher als der oben beschriebene Ausgang des Versuchs, bei dem man keine Aussage über den Wahrheitsgehalt machen kann, ist nämlich der Fall, dass man im Verlauf der Überprüfung der Aussagen aller Kreter einen einzigen Kreter findet, der die Wahrheit sagt.

In diesem Fall ist Vassili eindeutig der Lüge überführt.
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Beiträge: 1.503, Mitglied seit 17 Jahren
Jetzt hatte ich gefunden "Original" von "Lügnerparadoxie":

Es war Epimenides, ein Kreter, der ausrief:
"Ich bin ein Lügner!"

Wie ihr sieht, es gibt keine zwei "Negative" von dem Satz. Überprüfen kann (und braucht) man auch nicht.
Welche auch Annahme man anfänglich macht (falsch oder wahr), der Satz dem widerspricht .

Beitrag zuletzt bearbeitet von Irena am 30.10.2007 um 18:00 Uhr.
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Beiträge: 3.476, Mitglied seit 18 Jahren
Wahrscheinlich ist der Satz nur auf einer übergeordneten Ebene widerspruchsfrei und sinnvoll.
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Beiträge: 19, Mitglied seit 17 Jahren
Es handelt sich um ein Paradoxon, welches ein geschlossenes System voraussetzt. Von aussen ist diese Aufgabe zu lösen. Ein anderes Beispiel eines geschlossenen Systems ist die Geschichte des Barons von Münchhausen, der sich selbst an den Haaren aus dem Sumpf zieht.

Google mal unter Lügnerpradoxon. Da gibt es unzählige Abhandlungen im Internet.

Aber deshalb bin ich ja gar nicht hier, ich wollte mal einen Thread zum Thema "Hallo Manu, ich bin zufällig auf deine Seite gekommen" aufmachen. Das steht dann aber nicht mehr hier ;-)
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Die Gegenwart existiert nur als Grenze zwischen Vergangenheit und Zukunft.
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Tomm
Schönes Beispiel, wie unsinnig Logik sein kann. Denn wenn der Kreter einen Athener damit beauftragt hat festzustellen, ob alle Kreter lügen, und der Athener zu eben diesem Ergebnis kommt, dann darf kein Kreter mehr diesen wahren Satz sagen, nur weil die dämliche Logik es ihm verbietet.

Gruß

Tomm
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Beiträge: 1.503, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Tomm,

erstens ich bin froh Dich wieder zu treffen.

Zweitens, ich denke, Dir ist eine Fehler unterlaufen. Du täuscht Logik mit Handeln.

Logik ... ist die Lehre des vernünftigen (Schluss-)Folgerns. Die Logik untersucht die Gültigkeit von Argumenten hinsichtlich ihrer Struktur unabhängig vom konkreten Inhalt der eigentlichen Aussagen. (WIKI)

Den Satz:
Ein Kreter sagt: "Alle Kreter lügen"
untersuchen nach Logik, in dem eigentlichen Satz wird geändert:
Ein Athener sagt: "Alle Kreter lügen"
und aus den schlußfolgern, dass er (der Satz) verbietet den Kretern die Wahrheit zu sagen -
es ist weit entfern von logischer Analyse eines Satzes (sorry..).

Gruß
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Tomm
Hallo Irena,

die Freude ist ganz meinerseits.

Gut, ich will mal schauen, ob Du Recht hast. Also Claus hat ja schon die logisch richtige Ableitung geliefert. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Insofern hast Du natürlich Recht. Und Du hast auch Recht, dass mit der Einführung des Atheners sich die Logik ändert.

Aber mir scheint, dass der eindeutige Gebrauch des Begriffs "Lügner" fragwürdig ist, denn m.E. ist er mindestens zweideutig, wenn nicht mehrdeutig, und entzieht sich daher der Exaktheit, wie sie die Logik verlangt. Stueps hat darauf hingewiesen. Lügt ein Lügner unablässig, also immer? Nur wenn man von dieser Konvention ausgeht, muss man zu dem Ergebnis der Untenscheidbarkeit des Satzes kommen.

Jetzt sehe ich erst, dass Du das ja selbst auch schon angemerkt hast. Na ja, hab wieder mal 'n lange Leitung.

Gruß

Tomm
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Beiträge: 1.503, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo,

na ja, Claus hat großen Umweg gemacht in dem er alle Bewohner prüfen will. Es ist gar nichts norwendig. Man kann (und muss) bei der Aussage, bzw. Satz bleiben:
- wenn alle Kreter lügen, dann selbst der Autor lügt;
- wenn Autor lügt, dann entweder nicht alle Kreter lügen oder alle Kreter sagen nur Wahrheit; beide Negationen widersprechen ursprünglicher Aussage;

Ich hatte schon detailierter Lügnerparadoxie gefunden ( http://www.philognosie.net/index.php/article/aticle... ), wo das Missverständnis in der Interpretation des Begriff "lügen" gelösst wird. Es wird nur auf Behauptungen eingeschränkt:
"Ein Kreter, sagte, alle Kreter wären Lügner und alle sonst von Kretern aufgestellten Behauptungen wären gewiss Lügen."

Es gibt auch ein Klassiker - eine Paradoxie des Barbiers:

Alle Männer, die sich nicht selbst rasieren, werden vom Barbier rasiert

Frage: wer rasiert den Barbier? Er rasiert nur die Männer, die sich selbst nicht rasieren. Also, er dürfte sich selbst rasieren nur wenn er sich selbst nicht rasiert.

Es ist schon wieder ein Fall Selbstbezüglichkeit, wie auch mit Kreter.

Gruß, Irena
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Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
Thomas der Große schrieb in Beitrag Nr. 1107-1:
Hallo,

das wohl berühmteste Beispiel für sprachlogisch Kritik ist der Satz
Zitat:
Ein Kreter sagt: "Alle Kreter lügen!".

Nach den mir bekannten Interpretationen ist er ein Widerspruch in sich.

Seht Ihr das auch so oder steckt vielleicht doch eine sinnvole Aussage dahinter?

Hi Thomas,

es handelt sich hier NICHT um einen Widerspruch in sich.

Eine ausführliche Begründung (und sonst noch einiges zum Thema Paradoxa) findet sich auf dieser Seite.

Gruß, grtgrt
 
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Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
Irena schrieb in Beitrag Nr. 1107-15:
Hallo,

Es gibt auch ein Klassiker - eine Paradoxie des Barbiers:

Alle Männer, die sich nicht selbst rasieren, werden vom Barbier rasiert

Frage: wer rasiert den Barbier? Er rasiert nur die Männer, die sich selbst nicht rasieren. Also, er dürfte sich selbst rasieren nur wenn er sich selbst nicht rasiert.

Es ist schon wieder ein Fall Selbstbezüglichkeit, ...

Gruß, Irena

Hi Irena,

diese Aussage ist nur scheinbar eine paradoxe — ihr Wahrheitswert ist FALSE, wie man leicht durch Anwendung des Axioms vom Widerspruch beweisen kann.

Details dazu finden sich auf Seite Paradoxa sind stets Folge von Denkfehlern.

Gruß, grtgrt
 
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Beiträge: 1.503, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Doppel-grt,

Die Tatsache, dass du sprichst über die Denkfehler, beweist nämlich, dass du den Kernproblem des Paradoxon nicht erfasst hast. Man kann zwar anderen unterstellen, dass sie etwas übersehen, aber man muss sich auch selbst klar sein, dass der Grund vielleicht in eigenem blinden Fleck liegt.

Es geht hier um ein tiefer liegendes Problem als ein Denkfehler. In Folgendem nutze ich Beispiele aus Simon Singh Buch „Fermats letzter Satz“. In Mathematik geht es um ein Paradoxon über die Mengen, die sich selbst erhalten. Z.B. es gibt eine Menge, die sämtlichen Teelöffeln erhält. Diese Menge selbst ist kein Teelöffel, folgend - sie sich nicht selbst erhält. Es gibt auch eine Menge von sämtlichen Dingen, die Nicht-Teelöffel sind. Ersichtlich ist diese Menge selbst ein Ding, das Nicht-Teelöffel ist. Die Menge ist also sich selbst erhaltend. Anfangs sieht es als eine harmlose Feststellung. Die Paradoxie, die Russell Anfang 20 Jhd. entdeckt hat, wird veranschaulicht durch den Beispiel mit fleißigen Bibliothekar, der auf den Regalen eine Sammlung von Katalogen entdeckt hat, die Bücher verschiedene Richtungen auflisteten, z.B. Krimi, Lyrik, Sachbücher etc. Er stellt fest, dass manche Kataloge sich selbst auflisten, andere dagegen nicht. Um das System zu vereinfachen entschied Bibliothekar die sämtliche Kataloge in zwei weiteren Katalogen auflisten: in einem, der sich selbst auflisten, und weiterem, die sich selbst nicht auflisten. Der letzte Katalog ist für unsere Analyse interessant, da nach der Vorgabe müsste er sich selbst auflisten, weil er eben die Liste von Katalogen enthält, die sich nicht auflisten. Wenn er sich auflistet, dann widerspricht er sich selbst. Egal wie auch der Bibliothekar vorgeht, kommt es zu einem Widerspruch.

Es geht hier nicht um einen Denkfehler. Es ist eben die objektive Situation einer Aussage über die Menge, die sich selbst erhält. Das Lügner-Paradoxon gehört dazu. Statt antiken Philosophen ein Denkfehler zu unterstellen, müsste man sich faszinieren, mit solch einfachen Methoden sie das Kernproblem erfassten, den die Mathematik nur ein paar Jahrtausende später formuliert hat.

Für dein Artikel „Paradoxa sind stets Folge von Denkfehlern“ würdest du von mir nur Fünf bekom-men. Ein Punkt gebe ich dafür, dass du ein Suchender bist und schon diese Eigenschaft allein müsste belohnt werden. Dennoch wünsche ich dir viel mehr kritischen Umgang mit eigenen Aussagen, Formulierungen.

Gruß
Beitrag zuletzt bearbeitet von Irena am 26.08.2012 um 11:17 Uhr.
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Beiträge: 1.566, Mitglied seit 11 Jahren
 
Liebe Irena,

bitte lies mal den Abschnitt  [Argument 3]  auf meiner Seite Mathematik im Spannungsfeld von Physik und Informatik.

Dort spreche ich über Russels Beispiel.

Bitte lass' dir auch die letzten beiden Absätze auf dieser Seite gut durch den Kopf gehen.

Danach dann nochmals (diesmal ganz in Ruhe, gründlch, und vor allem  u n v o r e i n g e n o m m e n ) die Seite Paradoxa sind stets Folge von Denkfehlern zu lesen, wird dir sicher klar machen, wovon ich spreche.

Die Lösung des Lügner-Paradoxons übrigens ist auch in Kommentar 1 auf Seite philo42 gut erklärt (umgangssprachlich und auch strikt formal).
Kommentar 2 und 3 auf jener Seite sind sicher auch hilfreich.

Beste Grüße,
grtgrt

PS: Darf ich fragen, welchen Beruf du hast (oder was dein Studienfach war oder ist)?

 
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Beiträge: 1.503, Mitglied seit 17 Jahren
Hallo Doppel-grt,
ich denke, dass es gerade du muss über den Kopf gehen lassen, da das Problem der Selbstbezüglichkeit ist KEIN Denkfehler. Es ist objektive Gegebenheit. Du schreibst den Unvollständigkeit Satz zwar auf, dennoch ziehst von ihm keine Schlussfolgerung. Im Gegenteil, du läufst mit Flage, auf der „der Denkfehler“ - also subjektive Gegebenheit - geschrieben ist.

Zitat:
Das also zur Verlässlichkeit heute üblicher mathematischer Denkwerkzeuge!

So viel Emotionen!..

Ich sehe es überhaupt nicht so tragisch wie du. Mathematiker haben in Jahrtausenden ihre Gebäude gebildet und diese Gebäude sich als verlässlich aufweist. Deine Verallgemeinerung der Unzuverlässlichkeit der mathematischen Werkzeuge ist von dir stark übertrieben. Für mich die Un-vollständigkeitsätze von Gödel nur eines bedeuten, eben das, was ich schon vorher geschrieben habe: die Mathematik ist ein Medium, das physikalische Realität widerspiegelt. Ähnlich stoßt auch Physik an ihre Grenzen: der Messungsgrenzen, der Grenzen der physikalischen Realität.

Es ist ein schönes Satz von Andre Weil, der gesagt haben soll: „Gott existiert, weil Mathematik kon-sistent ist, und Teufel existiert, weil wir das nicht beweisen können“.

Zu der subjektiven Grundlage der Mathematik. Da wir obendrauf ein objektives Gebäude haben, dann wird wohl das Subjektive an das Objektive anpassen müssen. Daher hat das Subjektive auch nicht volle Freiheit. Oder wenn Mathematiker eigenen subjektiven Empfindungen nachgeht, kann er vielleicht ein anderes Gebäude nebenan schaffen. Auf die Weise mathematische „Stadt“ nur gewinnt. Daher bitte hier keinen Weltuntergang sehen.

Zitat:
Mathematische Beweise im Bereich nicht konstruktiver Mathematik sind aber nur Zerlegung großer Gedankensprünge in zunehmend kleinere bis hin zu einem Punkt, an dem der Zuhörer der Mei¬nung ist, jeder dieser kleinen Gedankensprünge bedürfe keines Beweises mehr, sondern behaupte offensichtlich Wahres. Wo dieser Punkt erreicht ist, muss subjektiv entschieden werden und hängt sehr von der Vorbildung des Zuhörers ab sowie von seiner Kritikfähigkeit.

Ich denke, dass „wo dieser Punkt erreicht wird“ hängt nicht von der Subjektiven. Du übersiehst nämlich, dass Mathematik ist s. z. gemeinschaftliches Produkt. Wie in jedem Gemeinschaftsprodukt, muss das Erreichte von einem durch anderen geprüft werden.

Zitat:
Der allseits geachtete Physiker Steven Hawking scheint zu denken, jedes mathematische Modell sei auch ein physikalisches.

Passt auf wie dein Satz ändert, wenn du statt Begriff „ist“ (was einer Äquivalenz zeigt) den Begriff „entspricht“ nutzt. „Jedes mathematische Modell entspricht einem physikalischen“. Andere Begriff zeigt auf den Bezug, nicht Äquivalenz.

Wobei auch hier ein Denkfehler, weil es ein Gegenteil richtig ist: jedes physikalischen Model entspricht dem mathematischen, da wir wissen, es gibt mathematische Modelle, die die Naturwissenschaft Physik „sprengen“. Die Anwendung in Quantenmechanik verschiedener mathematische Modelle zeigt nur innere Beziehung der mathematischen Modelle.

Zuletzt ein Beispiel, der mich auf Palme bringt, wenn es lese (bei deinen Ausführungen leider zu viel ähnliches Textes). Nehmen wir den folgenden Absatz zur Analyse:
Zitat:
Ein Vergleich der Ergebnisse von Kurt Gödel einerseits und Gerhard Gentzen sowie Paul Lorenzen andererseits zeigt meiner Ansicht nach deutlich, dass konstruktive und nicht konstruktive Modelle grund¬sätzlich verschiedener Natur sind. Der Unterschied besteht darin, dass viele Ergebnisse indirekter Beweis¬führung schon ihrer Natur nach nicht Ergebnis rein konstruktiver Mathematik sein können. Es bleibt offen, ob man auch sie als mathematische Wahrheiten sehen kann, die mehr sind als nur eine gedankliche Kon-struktion.

Zitat:
...konstruktive und nicht konstruktive Modelle grundsätzlich verschiedener Natur sind.

Okay, nehmen wir es an. Es ist mir hier die Richtigkeit der Annahme von sekundäre Bedeutung ist.

Zitat:
Der Unterschied besteht darin, dass viele Ergebnisse indirekter Beweis¬führung schon ihrer Natur nach nicht Ergebnis rein konstruktiver Mathematik sein können.
Bitte liest dein Satz aufmerksam. Wie sprechen über grundsätzliche Unterschiede, oder? Wenn man spricht über „viele“, bedeutet es nicht an „alle“ anwendbar und daher nicht grundsätzlich sein kann.

Nächste Vorwand. Mit dem Satz solltest du den ersten Satz erklären bzw. erweitern. Du machst aber Zirkelsprung und erklärst die Annahme durch sie selbst.

Drittens, wie wegweisend ist eine Behauptung, die feststellt, dass A ist nicht gleich B. Übrigens der Tisch ist nicht gleich Stuhl, gehören beide aber zu Möbel. „Die Natur“ von beiden sicher verschieden ist: auf einem sitzen wir, auf anderen essen. Dennoch durch eine übergeordnete Klasse „das Möbel“ zeigen sie ihre gemeinsame „Natur“. Ähnlich ist mit der direkten und indirekten Beweisführung.

Zitat:
Es bleibt offen, ob man auch sie als mathematische Wahrheiten sehen kann, die mehr sind als nur eine gedankliche Konstruktion.

„Sie“ muss wohl indirekte Beweisführung sein. Ist direkte Beweisführung etwas anders als gedankliche Konstruktion?! Da musst du wohl erklären, da für mich es offensichtlich ist. Wenn ich auch semantischen Inhalt dieses Satzes ein Augenblick nicht beachte, dann trotzdem ist mir nicht klar, warum aus den vorhergehenden Kontext muss etwas „offen bleiben“. Aus der vorigen Sätze folgt keinesfalls die Offenheit des Problems.

u. s. w.
Beitrag zuletzt bearbeitet von Irena am 27.08.2012 um 12:35 Uhr.
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