Was ist Zeit?
„Es gibt ein großes und doch alltägliches Geheimnis. Alle Menschen haben daran teil, jeder kennt es, aber die wenigsten denken je darüber nach...“ (Michael Ende)
Was ist eigentlich Zeit? Diese Frage wird sich wohl jeder schon einmal gestellt haben. Zeit ist heute wissenschaftlich gesehen die Vierte Dimension, Wissenschaftler glauben, dass man den Gegenstand, den man betrachtet, auch von der zeitlichen Position beschreiben sollte. Nur so könne bestimmt werden, wo genau sich ein Gegenstand in einem System befindet. Dabei lässt sich die Position des Gegenstandes im Raum (!) um so genauer feststellen, je weniger man die Zeit beachtet. Umgekehrt ist es genau so: je genauer der Zeitpunkt ermittelt wird, desto weniger kann die Position des Gegenstands im Raum bestimmt werden. Für mich ist diese Theorie sehr unvorstellbar, denn ich kann mir nicht vorstellen, wie man einen Gegenstand zeitlich betrachten soll. Sicher kann man darüber aussagen, wie alt der Gegenstand ist oder wie lange er schon an diesem Ort steht, aber wie soll man dessen zeitliche Position bestimmen? Man könnte sich das aber auch wie auf einem Zeitstrahl vorstellen: der Gegenstand ist jetzt genau im Jahre 2001. Aber wie schon gesagt, ist dies für mich eher unvorstellbar, denn wir sind ja auch im Jahr 2001.
Ich denke Zeit ist auch eine Sache des Empfindens, jeder hatte in seinem Leben schöne Momente. Aber auch häßliche und schlimme Momente. In schönen Situationen vergeht die Zeit, die man „fühlt“ viel schneller vorbei als in Momenten, wo man lange auf irgend etwas warten muss. So hatt es den Anschein, dass, wenn man zum Beispiel auf einem Rummel ist, eine Stunde vielleicht eine halbe dauert, zumindest fühlt man dies so. Wenn man nun aber beim Arzt sitzt, und darauf wartet, dass man dran kommt, so kann eine Stunde beispielsweise zwei „Fühlstunden“ dauern. Daran sieht man, das die Zeit relativ zum Empfinden ist. In Erinnerungen vergeht die Zeit rasend schnell, zumindest erinnert man sich, dass die Zeit so schnell verging. Wenn ich an meinen Lebenslauf zurückdenke, vergeht die Erinnerung in meinem Kopf sehr schnell oder nur einzelne „Filme“ oder Bilder werden festgehalten und langsam „abgespielt“, sobald ich nun aber an meine Zukunft denke, sage ich mir: ‚oh je, das dauert ja noch ewig, bis ich da bin!‘ Da kommt zunächst der Abiturabschluß und dann das Studium, und dann werde ich sehen, was ich dann machen werde. Mein Leben gleicht einem D-Zug, obwohl es in Wirklichkeit eher einer Schnecke gleicht. Ich denke, die Erinnerung ist auch ein Teil des Zeitempfindens. In der Erinnerung werden nur die wichtigen Ereignisse dauerhaft festgehalten, und somit das leben auf einen kurzen „Film“ zusammengefasst. Wenn die Erinnerungen zu alt sind und nicht mehr gebraucht werden, werden sie in einen hinteren Teil des Gehirns geschoben. Doch zurück zum Zeitempfinden. Interessant ist, dass ältere Menschen fühlen, dass die Zeit schneller vergeht, als früher. Es gibt dazu eine Volkstümliche Theorie-Rechnung. Es wird so erklärt, das ein Mensch, je nachdem wie alt er ist, sein Leben unterschiedlich fühlt. Dabei ist ein Jahr immer ein Bruchteil seines gesamten Lebenszeitraumes. Zum Beispiel ist ein Jahr bei einem Zehnjährigen ein Zehntel, bei einem 50-jährigen ein fünfzigstel seines Lebens. Dadurch wird es für uns verständlicher, warum die Zeit für ältere Menschen wesentlich schneller vergeht, als für jüngere.
Die Zeit fließt oder rennt oder geht, es gibt dafür sehr viele Bezeichnungen, immer weiter, sie ist unendlich, oder doch nicht? Vielleicht ist sie auch schon Morgen zu Ende oder im nächsten Jahr? Es gibt nur Vermutungen. Auf jeden Fall war Zeit schon immer da seit sich die Menschheit entwickelte, was davor liegt, weiß keiner genau. Ich glaube nicht an Gott, so denke ich auch nicht, dass Gott das Universum erschuf oder die Zeit. Ich glaube Zeit war schon immer da, noch vor dem Urknall, sonst hätte dieser gar nicht statt gefunden. Denn ohne Zeit steht alles still, weil ja alles Zeit braucht um sich zu bewegen, sich zu entwickeln und zu lernen. Ein Arm zum Beispiel, braucht eine gewisse Zeit um sich zu heben oder zu senken. Wenn nun aber die Zeit stillstände, wobei man das ja auch nicht sagen kann, weil man ja nicht weiß was Zeit ist, könnte sich auch der Arm nicht heben oder senken.
Ein Zitat von Anthony Grafton besagt: „Nichts unter allen Dingen ist ihr eigen, und doch ist alles in ihr; und sie immer bei allem.... Sie schafft alles und vernichtet alles, aus ihr entspringt das Leben und der Tod. So lang sie sich in Erwartung dehnt, um so kurz ist sie in Erinnerung. Und obwohl sie uns ständig begleitet, bleibt sie uns immer fremd. Und obwohl es so viel davon gibt, ist jeder Augenblick unwiederbringlich und unersetzlich. Daher ist der Verlust an Zeit bedeutender und zugleich gewöhnlicher als irgendein anderer Verlust, den wir erleiden können.“ Dieses Zitat finde ich sehr passend zur Zeit, es sagt viel aus über das, was wir kaum kennen und doch so genau. Zeit ist Erschaffer und Tod in einem, sie bestimmt über das Leben und über den Tod.
Zeit rinnt uns förmlich aus den Fingern: das Jetzt ist Jetzt, Vergangenheit ist vergangen, die Zukunft ist jetzt und das jetzt ist im nächsten Moment Vergangenheit. Es geht ständig weiter, Zeit achtet auf nichts, nichts kann sie aufhalten oder verlangsamen. Zeit ist das Allmächtige!
Die Zeit ist wie Luft, man kann sie nicht sehen und nicht schmecken, wohl aber fühlen und wir brauchen sie zum Leben.
Dass Zeit vergeht merkt man an vielen Dingen: Eisen rostet mit der Zeit und Menschen altern. Wenn man ein junges Mädchen und eine alte Frau miteinander vergleicht, merkt man, dass die Frau runzlige Haut hat und älter aussieht, als das Mädchen, das glatte Haut hat. Aber die alte Frau hat im Gegensatz zu dem Mädchen mehr Erfahrungen im Leben gesammelt, die das Mädchen gar nicht haben kann, weil sie noch nicht soviel Zeit hatte, diese zu sammeln.
Doch wie beendet die Zeit das Leben der Menschen? Zu diesem Abschnitt gibt es keine Beweise, und auch ich kann nur Vermutungen anstellen. Eine Überlegung wäre, dass jeder Mensch bei seiner Geburt einen „Punkt“ in der Zeit bekommt. Wenn die Zeit gekommen ist stirbt der Mensch dann genau an diesem Fest gelegten Punkt. Dieses bestätigt die Theorie vom Schicksal, denn man weiß nicht, wo b.z.w. wann dieser Punkt ist. Ein Beispiel: Ein Mann liegt (vermeintlich) im Sterben, weil ihn eine Krebskrankheit sehr geschwächt hat. Die Ärzte tun ihr möglichstes um den Patienten zu retten, und sie schaffen es. In diesem Fall war der „Punkt“ noch nicht erreicht, wo der Mann hätte sterben sollen. Genau so könnte es aber auch sein, das der Mann stirbt. Es ist eben Schicksal, wo der Punkt in der Zeit ist. So könnte es dann sein, dass der Mann gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden ist, ihn ein Lkw tot fährt, wie gesagt, es ist Schicksal.
„Die Zeit heilt alle Wunden“ dieser Spruch ist im Volksmund sehr verbreitet. Er ist in bestimmten fällen wahr, manchmal z.B. können, b.z.w. brauchen bei einer Krankheit keine Medikamente mehr helfen, man kann nur warten bis die Krankheit vorüber geht, dies kann Tage, Monate, in seltenen Fällen sogar Jahre dauern. Der Spruch kann aber auch anders gedeutet werden: b.z.w. ein Paar hat sich getrennt, weil die Frau den Mann nicht mehr liebt, aber der Mann liebt die Frau noch und ist sehr unglücklich, zumindest in der ersten Zeit, aber nach mehreren Wochen oder Monaten ist die „innere Wunde“ geheilt oder der „innere Schmerz“ gelindert und der Mann liebt nun eine andere Frau oder ist noch Solo.
Das Fazit dieser Erörterung zum Thema Zeit ist eigentlich schwer zusammen zu fassen. Zeit ist in einer Hinsicht etwas des Empfindens und in anderer Hinsicht etwas, worüber sich die Wissenschaft den Kopf zerbricht. Wir sollten alle so leben, das wir sagen können: „ Ich habe in meiner Zeit die ich auf Erden hatte etwas Gutes und Sinnvolles geleistet. Denn jeder Mensch hat nur eine bestimmte Anzahl von Zeit. Ich denke, ich habe die Zeit, die ich bisher in meinem Leben zur Verfügung hatte, optimal genutzt. An jedem Tag sollte man die Zeit seines Lebens bewußt genießen
„Was also ist die Zeit?
Wenn mich niemand fragt, weiß ich es.
Wenn ich es jemanden erklären will, der fragt, weiß ich es nicht.“
(Augustinus, Bekenntnisse)
Peter Seufert
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